Taufe – Sinn und Gehalt

Taufe – Sinn und Gehalt
Kindertaufe oder Erwachsenentaufe?
Im Neuen Testament finden sich viele Stellen, die von der Taufe handeln, aber kein
ausdrückliches Wort zur Kindertaufe. Bei uns ist hingegen die Säuglingstaufe der
Normalfall. Dies hat geschichtliche Gründe: In den ersten Jahrhunderten des
Christentums, als dieses noch eine Minderheit war und die Mehrheit die römischen
Göttern anbetete oder jüdischen Glaubens war, brauchte es einen persönlichen,
folgenreichen Entschluss, Christin oder Christ zu werden; man setzte u.U. Leib und
Leben aufs Spiel. Der Taufe war damals eine Unterweisung vorgeschaltet, in der die
Taufbewerber im christlichen Glauben unterrichtet und von der Gemeinde
hinsichtlich ihres Glaubens und Lebenswandels geprüft wurden. Nach dieser
Unterrichts- und Bewährungszeit wurde dann – oft in einer Nachtfeier an Ostern –
die Taufe an den ‚Wiedergeborenen‘ vollzogen. Die Täuflinge empfingen die
Vergebung der Sünden, wurden von der Gnadengabe des Heiligen Geistes erfüllt und
damit Glieder am Leib Christi, der christlichen Gemeinde. Darum praktizieren viele
Freikirchen bis heute ausschliesslich die Erwachsenentaufe als Bekenntnistaufe. War
der Täufling ein Familienvater, so wurde in der Regel sein ganzes Haus mitgetauft,
also auch Säuglinge, Kinder und sogar Sklaven.
Vom späteren Altertum an war die Situation anders. Das Christentum wurde zur
Staatsreligion und zur grossen Mehrheit. Nun galt jeder Mensch als ein Christ, man
zog nicht in Betracht, dass jemand eine andere Religion haben könnte. Deshalb war
die Säuglingstaufe normal oder sogar obrigkeitlich vorgeschrieben. Ein Kind nicht zu
taufen, und zwar möglichst früh, galt als eine schwere Verfehlung gegen das Kind
selbst, denn das ewige Seelenheil hing gemäss damaliger Lehre davon ab. Sollte es
ungetauft sterben, so drohten ihm Höllenstrafen. So wurde jeder Säugling in seinem
eigenen Interesse ‚zwangsgetauft‘. Das auch heute weit verbreitete Gefühl, dem Kinde
fehle etwas, wenn es nicht getauft sei, führt dazu, dass auch Eltern ihre Kinder taufen
lassen, die der Kirche eher fern stehen. Viele Eltern spüren bei der Geburt ihres
gesunden Kindes ein elementares Gefühl von Dankbarkeit, aber auch von
Unsicherheit: Was wird aus dem Kind werden? Können wir ihm geben, was es zum
Aufwachsen braucht? Bleibt es gesund? Ihnen wird bewusst, wie wenig sie in den
eigenen Händen haben. Diese Erfahrung weckt die Frage nach Gott. Viele junge
Mütter und Väter beginnen wieder zu beten.
Die Taufe – das Versprechen Gottes
Die Taufe ist das unbedingte, d.h. an keine Bedingung geknüpfte, Versprechen
Gottes, diesen einen Menschen, der getauft wird, als sein Kind anzunehmen und in
seine Barmherzigkeit und Gemeinschaft aufzunehmen. Der Getaufte lebt fortan mit
Gott und der christlichen Gemeinde. Diese Verheissung und die Verpflichtung seitens
des Menschen sind nicht beschränkt auf einen einmaligen, äusserlichen Taufakt. Aber
sie finden im Taufakt ihren anschaulichen Ausdruck: das Zeichen der Waschung mit
Wasser und die Ausrufung des Namens des Vaters, des Sohnes und des Heiligen
Geistes (vgl. Matthäus-Evangelium 28,19) sind einmalige Symbolhandlungen. Gottes
Treueversprechen ist unlöslich und unwiderruflich mit ihnen verbunden und behält
für immer seine Geltung. Was die Art der Symbolhandlung betrifft, so kann man die
Taufe mit der Krönung eines Königs vergleichen. Sie ist eine Eröffnungsfeier. Das,
was eröffnet wird, ist die besondere Beziehung Gottes zu diesem einen, einzigartigen
Menschen. Die Taufe ist die konkrete Bestätigung der Zusage Gottes, wie eine gute
Mutter, wie ein guter Vater für diesen Menschen zu sorgen und – komme, was wolle –
zu ihm zu stehen.
Die Taufe – die Verpflichtung des Menschen
Die Taufe ist aber auch ein Versprechen des Menschen. Der Täufling gibt gegenüber
Gott eine Treuerklärung ab. Er bekräftigt, die Zusage Gottes annehmen, auf Gottes
Wort hören, Gott gehören zu wollen. Darum ist das Glaubensbekenntnis ein fester
Bestandteil des Taufaktes. Nun ist aber ein Säugling dazu nicht in der Lage. Die
Eltern, Taufpaten und die Gemeinde treten an seine Stelle und geben die Antwort des
Glaubens. Die Eltern übernehmen die Verpflichtung zur Erziehung im Glauben,
indem sie für ihr Kind und mit ihm beten, ihm von Gott erzählen und mit ihm in der
Liebe Gottes leben wollen. Die Eltern bezeugen, dass sie das Kind als Geschenk
Gottes annehmen und die Verantwortung des Elternseins übernehmen wollen – auch
dann, wenn das Kind ihnen einmal grossen Kummer bereiten sollte. Dieses Ja zum Ja
Gottes bekunden Eltern, Gotte und Götti im Taufgottesdienst vor Gott und vor der
versammelten Gemeinde.
Getauft in Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist
Wir taufen auf den Namen des dreieinigen Gottes: des Vaters und des Sohnes und es
Heiligen Geistes. Der Gott, an den wir Christen glauben, ist nicht einfach das, was
man sich so ungefähr unter Gott vorstellt – oder eben schlecht vorstellen kann. Er ist
der Vater Jesu Christi. Durch ihn, den Sohn, den Menschen Jesus von Nazareth, hat
Gott uns seine unverbrüchliche Treue versiegelt. Jesus hat uns endgültig und für
immer durch sein Wort und sein Wirken, durch seinen Tod am Kreuz und seine
Auferweckung von den Toten die Vatertreue Gottes bestätigt. Gott kommt zu uns im
Wort. Gott spricht uns an. Damit wir Gottes Wort verstehen, braucht es den Heiligen
Geist, den Geist des Vaters und des Sohnes. Sein Kommen spüren wir, wenn wir zu
vertrauen und zu glauben anfangen. Um dieses Kommen bitten wir für uns und für
das Kind, wenn wir es zur Taufe bringen.
Getauft mit Wasser
Das ursprüngliche Begiessen mit Wasser deutet eine Reinigung an, die Gott, unser
Vater, durch seinen Sohn im Geist allein wirken kann: die Reinigung nicht bloss von
äusserer Verschmutzung, auch nicht allein von bewussten bösen Taten (für die man
ein kleines Kind ja gar nicht verantwortlich machen könnte), sondern des tiefsten
Innern, dort, wo unsere Schuld und unser menschlicher Unglaube sind. Die
Taufhandlung als Reinigung von dieser Schuld, als Befreiung aus Verkehrtheit und
zugleich als Übereignung an den Gott Jesu Christi im Heiligen Geist überwindet die
Trennung von Gott, heilt den Unglauben: Was ein für allemal in der Taufe vollzogen
wird, soll jeden Tag innerlich, im Andenken an die Taufe und im Bittgebet zu Gott
nachvollzogen werden, z.B. mit dieser Bitte: „Komm, Schöpfer Geist, kehr bei uns ein
und lass uns deine Wohnung sein, erfüll die Herzen, dein Gebild, mit allen
Himmelsgaben mild. Amen.“
Pfarrer Adrian M.Berger, ref. Kirchgemeinde Wallisellen, [email protected]