Sina Böhling

RISE worldwide - Abschlussbericht
University of St Andrews, Großbritannien
In diesem Abschlussbericht möchte ich einen Eindruck von meinem Praktikum in theoretischer
Physik am Departement of Physics and Astronomy an der University of St Andrews geben.
Vorbereitung des Praktikums
Die Vorbereitung auf das Praktikum verlief sehr unbürokratisch, da für Großbritannien kein Visum
notwendig ist. Daher blieb mir etwas mehr Zeit, um mich schon in einige Paper einzulesen.
Ansonsten bleibt als Hinweis vielleicht noch zu sagen, dass ich sehr froh war, meinen eigenen
Laptop dabei zu haben, weil ich viel numerisch gearbeitet habe und sonst auf den Computerraum
der Uni angewiesen gewesen wäre.
Da ich gern Bus fahre und Fahrkarten (z.B. von Megabus) sehr günstig sind, reiste ich mit dem Bus
nach St Andrews, was ungefähr 1,5 Tage dauert. Man kann die Stadt aber auch sehr gut vom
Flughafen in Edinburgh erreichen. Eine gute Möglichkeit, um die beste Busverbindung innerhalb
von Schottland zu finden, ist die Seit travelinescotland.com.
Mein Betreuer hatte mir bereits im Frühjahr ein Formular zukommen lassen, durch das mir ein
Zimmer im Studentenwohnheim zugeteilt werden konnte. Dort kam ich für den ersten Monat unter,
danach musste ich Platz machen für Studenten, die Anfang September aus ihren Ferien
zurückkehrten. Die Stadt ist sehr klein, so dass man die Uni eigentlich von überall aus sehr schnell
erreicht, man ist selten länger als eine halbe Stunde zu Fuß unterwegs. Auch von meinem
Wohnheim am Stadtrand war ich bereits nach 10 Minuten Fußweg in meinem Projekt angekommen.
Leider sind die Mieten in St Andrews sehr hoch, so dass es finanziell etwas knapp werden kann.
Mein Zimmer im Studentenwohnheim kostete etwas mehr als 600 Pfund für einen Monat. Viele
Vermieter nutzen die Not der Studierenden aus und vermieten ihre Zimmer oder Wohnungen zu
sehr hohen Preisen und verlangen oft eine Menge verschiedener Nachweise, wie bis zu drei
britische Bürgen, falls man als Ausländer nach einem Zimmer sucht. Noch schwieriger ist es, wenn
man nur für kurze Zeit, wie in meinem Fall, bleiben möchte. Insgesamt würde ich empfehlen, sich
entweder ein Zimmer in einem der wesentlich günstigeren Nachbardörfer zu suchen, oder – wenn
man der Typ dafür ist – im St Andrew Tourist Hostel in der Market Street zu wohnen.
Ich habe mich für letzteres entschieden und den zweiten Monat meines Praktikums dort verbracht
und war damit sehr zufrieden. Hier kann man wesentlich günstiger wohnen (je nach Saison etwa 13
Pfund pro Nacht) und trifft leicht neue Leute. Jemand, der einen sehr leichten Schlaf hat, sollte sich
allerdings lieber nicht zu lange dort einquartieren, da man sein Zimmer mit bis zu sieben anderen
Leuten teilt und rund um das Hostel herum auch nachts viel Musik zu hören ist.
Erfahrungen in St Andrews
St Andrews ist eine picturesque Stadt am Meer mit einer Schlossruine und einer alten Kathedrale.
Viele bezeichnen St Andrews auch als „the bubble“, weil die Stadt etwas sehr Eigenes – vielleicht
auch etwas Elitäres – hat. Es ist als „Home of Golf“ bekannt und Magnet für Golfer aus der ganzen
Welt. Wegen der Universität ist die Stadt sehr international. Ein großer Teil der Bewohner arbeitet
oder studiert an der University of St Andrews, zu der viele historische Gebäude gehören, aber auch
der eher moderne Komplex, an dem sich auch mein Institut befindet. Mir gefiel die Atmosphäre im
Departement of Physics and Astronomy, wo ich arbeitete, sehr gut. Alle Mitarbeiter treffen sich
täglich um 11:00 und um 16:00 für eine gemeinsame Teepause und jeder nennt den anderen beim
Vornamen.
Leider waren im ersten Monat viele Mitglieder der Gruppe für Condensed Matter Physics, zu der
ich dort auch gehörte, nicht an der Uni, so dass wir uns erst im September nach und nach
kennenlernen konnten. Allerdings kam ich zusammen mit einem anderen Besucher an, mit dem ich
in den ersten Wochen auch privat viel unternehmen konnte. Mein Eindruck von den Kollegen an der
Uni war, dass alle sehr hilfsbereit und freundlich waren, aber immer Wert auf eine höfliche Distanz
legten. Aber das kann auch damit zu tun haben, dass ich mit vielen leider nur in den letzten Wochen
arbeiten konnte und dass ein großer Teil gerade erst frisch in St Andrews angekommen war oder
bereits in den letzten Zügen einer Abschlussarbeit steckte.
Dennoch konnte ich mich jederzeit mit meinen Fragen an meinen Betreuer wenden und habe mein
Praktikum dort sehr genossen.
Besonders bemerkenswert an St Andrews ist für mich, wie sich die Stadt über Nacht völlig
verändert, wenn die Studenten aus den Ferien zurückkehren. Der Altersdurchschnitt fällt drastisch
und plötzlich gibt es eine Menge Leben und Veranstaltungen – nicht zu vergessen die alljährliche
Fresher's Week, in der sich die verschiedenen Studentenvereinigungen vorstellen und um Mitglieder
werben.
Ausflüge
Dank der guten Busanbindung ist es ein Leichtes, Dörfer und Städte um St Andrews herum zu
erreichen. In etwa 30 Minuten ist man in der nächsten großen Stadt Dundee, die ebenfalls am Meer
liegt und eine ganz andere Atmosphäre hat als St Andrews. Auch nach Edinburgh kommt man in
knapp zwei Stunden direkt mit dem Bus oder mit der Bahn aus dem Nachbardorf Leuchars.
Allerdings sind auch die Dörfer um St Andrews herum einen Besuch wert, wie z.B. das für Fish and
Chips in der ganzen Region bekannte Anstruther. Außerdem verläuft durch St Andrews der Fife
Coastal Path, den man von Dundee bis Edinburgh entlang der Küste wandern kann. Besonders
Richtung Süden kann ich diesen Ausflug jedem ans Herz legen. Auch Tentsmuir Forrest etwa 15
Minuten nördlich von St Andrews ist einen Tagesausflug wert.
Fachlicher Teil
In meinem Projekt beschäftigte ich mich mit der quantenmechanischen Betrachtung von zweidimensionalen Übergangsmetalldichalcogeniden, die in ihrer Struktur Graphen ähneln, aber sich
z.B. durch ihre direkte Bandlücke im K und K' Punkt profilieren. Anfangs habe ich sehr viel Zeit
damit verbracht, passende Paper und Bücher zu lesen und das verwendete Modell zu verstehen. Als
das geschafft war, konnte ich damit beginnen, das Problem numerisch zu lösen, wozu ich die
Sprache Python verwendete.
Ich habe viel gelernt – zum analytischen Vorgehen sowie zu numerischen Verfahren – und würde es
auf jeden Fall anderen Studierenden ans Herz legen, denen theoretische Physik Spaß macht und die
auch Lust haben, sich mit der Numerik zu beschäftigen.
Alles in allem war es eine sehr bereichernde Erfahrung, zu sehen, wie andere Arbeitsgruppen
funktionieren und wie der Alltag als Physiker an der Uni abseits der Lehre tatsächlich aussehen
kann.
Zum Abschluss ein paar Bilder aus St Andrews und Umgebung
St Andrews
Fife Coastal Path