Mit offenen Augen geträumt

Basel.Stadt.
Mit offenen Augen geträumt
| Montag, 15. Juni 2015 | Seite 13
Stadtjäger
Der Circus Knie ist in der Stadt: Manege frei für die wunderbare Welt der Artisten
Schneiden
und teilen
Von Stephanie C. Weiss
Von Dominik Heitz
Basel. Freitagabend auf der Rosental-
Als sich der deutsche Maler Ernst Ludwig Kirchner im beginnenden 20. Jahrhundert in Davos aufzuhalten begann,
geriet er auch in den Fokus von Basler
Künstlern – erst recht mit einer Ausstellung in der Kunsthalle im Jahr 1923.
Hermann Scherer wurde zu Kirchners
«Schüler» ebenso wie Albert Müller,
Paul Camenisch und Werner Neuhaus.
Ein weiterer hiess Hans Friedrich
Rohner (1898–1972). Der Basler Maler
besuchte Kirchner jahrelang im Sommer in Frauenkirch bei Davos, malte
mit diesem gemeinsam nach Figur und
Landschaft. Und zusammen mit seiner
Frau stand er Kirchner gerne und oft als
Modell zur Verfügung.
Rohners Basler Zeit – sie dauerte bis
1923, dann zog er nach München und
Zürich – war noch frei von kirchnerschen Einflüssen. Das zeigt sich in
einem Wandbild, das er 1920 über das
Südportal der Martinskirche malte. Es
zeigt den heiligen Martin, wie er seinen
Mantel mit dem Schwert zweiteilt und
Fotos Dominik Heitz
anlage bei Gewitterstimmung. Der
Startschuss für das Gastspiel in Basel ist
gefallen. Das Zelt ist am Premierenabend bestens besetzt. Vorwiegend
Erwachsene finden sich an diesem
Abend ein. Kindheitserinnerungen werden wach. «Seit meiner Kindheit habe
ich kaum eine Vorstellung verpasst»,
sagt eine ältere Dame, die mit der
Knie-Familie auch freundschaftlich verbunden ist. Insbesondere die legendären Pferdeshows haben es ihr angetan. Endlich ist es so weit: Das ukrainische Circus Theater Bingo stürmt in die
Manege. Die sechs Vollblutartisten bieten eine rockig-lässige Variétée-Show,
spielen mit Laser- und UV-Licht. Der
Traditionszirkus ist in der Gegenwart
angekommen. In rasantem Tempo geht
es weiter mit Speed-Jongleur Mario
Berousek. Er ist mehrfach im «Guinness-Buch der Rekorde» vertreten und
gilt als schnellster Jongleur der Welt.
Nicht fehlen dürfen die jedes Jahr
neu einstudierten Pferde- und Elefantennummern. Fredy Knie junior kommentiert die Ausbildung der jüngsten
Pferde im Marstall des Circus Knie. Die
jungen Andalusier stiessen im Winter
2014 zur Knie-Familie und geben in diesem Jahr ihr Manegendebüt. Er legt
Wert darauf, aufzuzeigen, wie gut es
die Pferde im Circus Knie haben. Ob
dies wohl in Zusammenhang steht mit
den Gegnern von Zirkus-Tieren, welche
vor der Vorstellung im Eingangsbereich
Flyer verteilt haben? Géraldine Knie
verneint. «Meinem Vater ist es ein grosses Anliegen, zu demonstrieren, wie die
Pferde lernen. Als Dresseur muss man
dafür viel Fingerspitzengefühl und
Geduld aufbringen. Das interessiert das
Publikum sehr.» Anhand der jungen,
noch sichtbar stürmischen Andalusier
lasse sich das sehr gut aufzeigen. Oft
werde sie auch gefragt, ob die Pferde
zwischendurch auch richtiges Gras zu
sehen bekommen. «Einen Kilometer
entfernt haben wir eine Weide gemietet, auf die wir die Pferde regelmässig
bringen. Heute Nachmittag haben mein
Vater und ich die Pferde in Vierergruppen auf die Weide hin und zurückgefahren. Diese Möglichkeit bieten wir in
jeder Stadt.»
Die Pony-Show mit dem Jö-Faktor
In der Folge führen mehrere Mitglieder der Familie Knie ihre Pferdenummern vor. Das Pferdekarussell mit 28
Pferden und acht Ponys füllt die Manege
bis zum letzten Zentimeter. Der
Zuschauer fragt sich verwundert, wie es
Maycol Errani gelingt, in diesem
Getümmel noch das Kommando an das
einzelne Pferd zu bringen. Bereits im
zarten Alter von vier Jahren präsentiert
anschliessend Chanel Marie ihre
Pony-Show. Fredy Knie juniors Enkelin
führt gekonnt und mit viel Charme ihre
Ponys durch die Manege und zeigt
kleine Kunststücke. Dass sie dabei
schon richtig routiniert wirkt, verwundert nicht, hatte das jüngste ArtistenMitglied des National-Circus doch
bereits im letzten Jahr ihr Debüt.
Weiter geht es mit einer bunten
Abfolge von Darbietungen. Insgesamt
42 Spitzenartisten aus aller Welt, viele
davon preisgekrönt, sorgen für atemberaubende Unterhaltung. Die Schleuderbrett-Akrobaten
der
13-köpfigen
Truppe Sokolov und das Duo Desire of
Flight waren Sieger am internationalen
Zirkusfestival von Monte Carlo 2014.
Auch der chinesische Äquilibrist und
Handstandakrobat Cai Young und die
Fratelli Errani holten sich Preise in
Monte Carlo ab und reissen auch das
Basler Publikum mit.
Der 1803 von Friedrich Knie gegründete Circus Knie hat auch für diese
Tournee eine sorgfältige und von langer
Hand vorbereitete Auswahl getroffen.
Mit einer gelungenen Mischung aus
artistischen Höchstleistungen und feinen Humoreinlagen durch Clown Rob
Torres und dem Bauchredner Willer
Nicolodi verführt der National-Circus
das Publikum und lässt es abtauchen in
eine glitzernde Traumwelt.
Die 97. Tournee ist auf der Rosentalanlage
noch bis am 24. Juni zu sehen. Am 21. 6. dürfen Zuschauer Dressurproben beiwohnen.
den einen Teil einem bettelarmen,
nackten Manne gibt. Drei umstehende
und gut bekleidete Frauen offenbaren
anhand ihrer Gesten, was sie von dieser
grosszügigen Aktion des Martin halten;
sie sind entweder irritiert, entsetzt oder
geben sich abschätzig.
Nicht alle mochten sich über das
Bild freuen. Die Denkmalpflege war
über den Entscheid des Kunstkredits,
Rohners Entwurf ausführen zu lasssen,
nicht glücklich und bat den Regierungsrat, «dass die Kommission für den
Staatlichen Kunstkredit … sich auf
neuere Bauten beschränken möge».
Ein anderer dagegen freute sich
über das Bild: der deutsche Staatsmann
Gustav Stresemann, als er 1926 Basel
besuchte. In den Basler Nachrichten
vom 8. März jenes Jahres ist zu lesen:
«Wir haben nur einen kurzen Besuch
im Salonwagen bei den Herren Luther
und Stresemann gemacht und dabei
keine politischen Bohrversuche unternommen. Aber es interessiert, freut
oder ärgert vielleicht manchen Basler
Leser, dass uns der Reichskanzler spontan sein wahrhaftes Entzücken über
das Fresko an der Martinskirche ausgesprochen hat. Er finde darin eine wundervolle Stimmung und vornehme
Anpassung an den Charakter eines
alten christlichen Gotteshauses.»
Glückwunsch
Eiserne Hochzeit
Von lustig bis exotisch. Der Circus Knie gastiert seit letztem Freitag auf der Rosentalanlage; mit dabei sind auch in diesem
Jahr wieder zahlreiche preisgekrönte Artisten und natürlich Knie-Nesthäkchen Chanel Marie mit ihrer Pony-Show.
Basel. Zu ihrem 65-Jahre-Hochzeitsjubiläum möchte die Basler Zeitung
den Eheleuten Eugenie und Ruedi
Gasser-Gilg herzlich gratulieren und
ihnen die besten Glückwünsche für die
gemeinsame Zukunft entbieten.
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