03.12.2015 Vereinigte Hagel VVaG Bezirksversammlung, 01.12.2015, Fichtwald Aktuelles Steuerrecht, insbesondere Reform der Erbschaftsteuer in der Land- und Forstwirtschaft Simon Beyme StB / RA / FAnwStR / Landw. Buchstelle Geschäftsführer Steuerberaterverband Berlin-Brandenburg e.V. 1 Reform der Erbschaftsteuer: Bundesverfassungsgericht vom 17.12.2014 Inhalt der Entscheidung • Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz ist teilweise verfassungswidrig • Verschonung von Unternehmensübergängen bei LuF und KMU grds. nicht zu beanstanden (Problem: „Großbetriebe“) • bewertungsrechtliche Regelung – typisiertes Verfahren bei LuF Betrieben – ist ok • „nur“ Einzelaspekte sind verfassungswidrig: Lohnsumme / Verwaltungsvermögensregelung / Mißbrauchsgestaltungen 2 1 03.12.2015 Reform der Erbschaftsteuer: Bundesverfassungsgericht zur LuF: „Die generelle Begünstigung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens in § 13b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ist im Hinblick auf die Besonderheiten von Landund Fortwirtschaft verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber durfte mit Rücksicht darauf, dass land- und forstwirtschaftliche Betriebe, wie der Deutsche Bauernverband in seiner in diesem Verfahren abgegebenen Stellungnahme substantiiert und plausibel dargelegt hat, nach wie vor in besonders hohem Maße als Familienbetriebe ohne größere Kapitaldecke geführt werden, ohne weiteres von einer unternehmerischen Einbindung jeglicher Beteiligung an einem solchen Betrieb ausgehen. Hinzu kommen die bekannten strukturellen Besonderheiten, welche die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe aufweisen und die eine Beteiligung daran allein zum Zwecke der Geldanlage eher fernliegend erscheinen lassen. Der Gesetzgeber durfte daher land- und forstwirtschaftliches Vermögen dem betrieblichen Vermögen im Hinblick auf die generelle Förderungswürdigkeit gleichstellen und dadurch insoweit besser behandeln als nicht betriebliches Vermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften unterhalb der Mindestbeteiligungsgrenze.“ (Rz. 199 ff.) 3 Reform der Erbschaftsteuer: Hintergrund Auftrag des Bundesverfassungsgerichts • Korrektur der verfassungswidrigen Regelungen des Erbschaftund Schenkungsteuerrechts bis 30. Juni 2016 (Reparaturfrist) • kein Vertrauensschutz auf bis dahin weiterhin anwendbare Regelungen bei rückwirkender Änderung im Falle von „extensiven Steuergestaltungen“ • Gesetzgebungskompetenz für Erbschaft– und Schenkungsteuer liegt beim Bund, obwohl Einnahmen ausschließlich den Ländern zustehen 4 2 03.12.2015 Reform der Erbschaftsteuer: Hintergrund Verfassungswidrige Verschonungs“überprivilegierungen“: • Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten von Lohnsummenprüfung (Erhalt Arbeitsplätze) • Regelung, dass Verwaltungsvermögen ( = nicht produktives Vermögen, z.B. Bargeld) bis 50 % des Unternehmenswertes betragen darf • Freistellung „großer“ Unternehmen von der Erbschaftsteuer ohne besondere „Bedürfnisprüfung“ • Gestaltungsmöglichkeiten bei Lohnsummenregelung oder Verwaltungsvermögen 5 Reform der Erbschaftsteuer: Verschonung Weiterhin möglich bei KMU und LuF: Steuerbefreiung durch Verschonungsabschläge 85 % (Regelverschonung) § 13 a Abs. 1 5 Jahre Betriebsfortführung 100 % (Optionsverschonung) § 13 a Abs 10 7 Jahre Betriebsfortführung 6 3 03.12.2015 Reform der Erbschaftsteuer: Verschonung Künftige Lohnsummenklausel (Stand 30.11.2015): Saison-AK zählen derzeit nicht mit. Künftig? 7 Reform der Erbschaftsteuer: Zeitplan Ursprünglicher Zeitplan: • keine grundsätzliche Reform, sondern „minimalinvasiv“ • geplant war Abschluss im Lauf des Jahres 2015 (8.7.: Gesetzentwurf; 6.11.: Bundestag; 27.11.2015: Bundesrat) • weiterhin Verschonung für LuF-Betriebe, Betriebsvermögen und Gesellschaftsanteile > 25 % • Bedürfnisprüfung für Großbetriebe ab 26 Mio. € Unternehmenswert • keine Rückwirkung Aktueller Zeitplan: ???....reicht‘s bis 30.06.2016? 8 4 03.12.2015 Reform der Erbschaftsteuer: Beispiel Beispiel Bewertung LuF: Agrar-GmbH Brandenburg 1240 ha bewirtschaftet, 1000 ha Pacht, 450.000 € Schulden Mindestbewertung (in 99 % LuF-Fälle anzuwendender Wert) LuF Nutzung Wert €/ha lt. Tabelle Kap. Faktor Mindestwert GruBo Ackerbau > 240 ha 100 EGE Eigentum 126 18,6 562.464 € Besatzkapital Ackerbau > 100 EGE 57 18,6 1.314.648 € ./. Verbindlichkeiten 1240 ha bewirtschaftet ./. 450.000 € Mindestwert 1.427.112 € 9 Steueränderungsgesetz 2015 10 5 03.12.2015 Steueränderungsgesetz 2015: § 7g EStG I § 7g EStG Investitionsabzugsbetrag (IAB) für KMU (früher: „Ansparabschreibung“) Wirkungsweise: • für anzuschaffende Wirtschaftsgüter (neu od. gebraucht, mind. 90 % betriebl. Nutzung) können bis zu 3 Jahre vor Anschaffung 40 % der voraussichtl. Anschaffungskosten abgezogen werden • Im Jahr der Anschaffung wird IAB gewinnerhöhend hinzugerechnet; Erhöhung kann i.d.R. durch (Sonder-)Abschreibung kompensiert werden • Erfolgt keine Anschaffung, muss IAB rückwirkend + verzinst (6 % p.a. ) hinzugerechnet werden, keine Kompensation möglich • Problemfall bisher: anstelle des beabsichtigten WG muss ein anderes, Ersatz-WG angeschafft werden, für das aber kein IAB gebildet wurde -> IAB wird rückwirkend + verzinst hinzugerechnet 11 Steueränderungsgesetz 2015: § 7g EStG I NEU für nach dem 31.12.2015 endende Wirtschaftsjahre • Abschaffung Funktionsbenennungserfordernis : weder Funktionsangabe noch Nachweis Investitionsabsicht mehr notwendig -> „freie Verwendung“ des IAB für betriebl. Anschaffungen • betriebsbezogene Zugangsgrenzen (LuF: Ersatzwirtschaftswert 125.000 €; Gewerbebetrieb: BV 235.000 €) und Höchstbetrag alle IAB (200.000 €) bleiben 12 6 03.12.2015 Steueränderungsgesetz 2015: § 7g EStG III Beispiel LuF Betrieb Brandenburg Ackerbau GbR, 2 Gesellschafter, 25 BP Bewirtschaftete Fläche: 1.240 ha, 1.000 ha gepachtet Ersatzwirtschaftswert: 590.550 € Umrechnung nach Eigentumsverhältnissen Gesamthandsvermögen GbR: 10 ha Eigentum Gesellschafter 1: 130 ha Eigentum Gesellschafter 2: 100 ha 590.550 € / 1.240 ha x 240 ha = 114.300 € EWW < 125.000 € -> § 7g EStG möglich! 13 Steueränderungsgesetz 2015: § 6b EStG Übertragung stille Reserven nach § 6b EStG: Ausweitung EU • Reinvestition Veräußerungserlös aus Grund und Boden in Grund und Boden § 6b EStG bislang auf Inland beschränkt • Reinvestition in EU bisher nicht begünstigt -> EU-widrig, EuGH Urteil vom 16. April 2015, Rs. C 591/13 • Anpassung § 6b EStG: bei Ersatzinvestition in EU kann Gewinn gleichmäßig auf 5 Jahre verteilt werden • keine Gleichstellung mit Inlandsfällen (vollständige Gewinnübertragung), aber wohl EU-konform • Rückwirkend anwendbar in allen noch offenen Fälle 14 7 03.12.2015 Weitere (Steuer-)Gesetze 2015/2016 15 Weitere (Steuer-)Gesetze 2015 / 2016 I Bürokratieentlastungsgesetz • Anhebung Schwellenwerte für steuer- und handelsrechtliche Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten: Jahresgewinngrenze: 50.000 € (alt) -> 60.000 € (neu) Jahresumsatzgrenze: 500.000 € (alt) -> 600.000 € (neu) • für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2015 beginnen • unterhalb der Grenze: Einnahme-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) statt Bilanzierung (u.a. keine Inventur) möglich 16 8 03.12.2015 Weitere (Steuer-)Gesetze 2015 / 2016 II Gesetz zur Anhebung des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags 17 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 18 9
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