Rückblick auf das Storchenjahr 2015 in der Region Nordwestschweiz („Region Gelb“ von Storch Schweiz) 12. Dezember 2015 Liebe Storchenfreundinnen und Storchenfreunde, liebe Interessierte Es freut mich, Euch erneut die Ereignisse im Jahreslauf der Nordwestschweizer Störche zusammenfassen zu dürfen: Genau wie im vergangenen Jahr, konnten wir auch 2015 in 80 Horsten in der „Region Gelb“ Störche beringen. Allerdings wurden insgesamt nur 111 Junge flügge, im Vergleich zu 138 im 2014. Beringen konnten wir 106 davon. Grund für den geringeren Bruterfolg war wohl der kurze, aber massive Kälteeinbruch im Frühling, der zusätzlich noch von starkem Regen begleitet wurde. Später wurde es dann ja bekanntlich heiss und trocken – allerdings so trocken, dass die Nahrungssuche für die Störche teilweise schwierig wurde. Ein erschreckendes Bild dazu weiter hinten in diesem Bericht… 1 Am meisten Junge gab es auch dieses Jahr im Basler Zolli. Dort waren es sogar noch mehr belegte Horste als letztes Jahr (2015: 26 Horste, 2014: 24 Horste), allerdings konnten wir mit 36 Jungen nur etwa drei Viertel der Anzahl vom letzten Jahr beringen. Beringung an der Oberwilerstrasse in Basel Der Nordwestschweizer Storchennachwuchs im Überblick: Ort Belegte Horste 2015 Vergleich: Belegte Horste 2014 Beringte Jungvögel 2015 Vergleich: Beringte Jungvögel 2014 Vergleich: Beringte Jungvögel 2013 Aesch BL Allschwil BL Augst BL Basel: Zoo Basel: Lange Erlen Basel: übriges Stadtgebiet Biel-Benken BL Binningen BL Kaiseraugst AG Möhlin AG Oberwil BL Rheinfelden AG Total Nordwestschweiz 1 1 1 26 17 3 1 2 5 21 2 1 81 1 2 4 0 36 16 3 2 4 8 24 7 0 106 4 4 4 3 0 1 48 31 30 8 4 2 3 0 3 2 11 2 26 13 2 0 3 0 138 65 1 0 24 18 3 1 2 4 22 3 1 80 2 Brutorte: Bei den Brutorten gab es wenig Neues. In Aesch, Allschwil, Biel-Benken, Binningen und dem Basler Stadtgebiet brüten die Storchenpaare zumeist in gleicher Konstellation seit Jahren auf ihren altbewährten Standorten, denen sie treu bleiben. In Augst auf dem Kraftwerk hat es ein Pärchen dieses Jahr wieder mit Brüten versucht, allerdings ohne Erfolg: Die Jungen starben. Das gleiche Schicksal erlitten die Nestlinge auf dem Storchenturm in Rheinfelden, und auch die Langen Erlen und die ehemalige Storchenstation von Möhlin verzeichneten starke Verluste aufgrund des Wetters. Dafür konnte Möhlin sich dieses Jahr über einen neuen Brutort freuen, und zwar auf einer Platane beim Schulhaus Fuchsrain (auf dem Bild rechts die zweite Platane von links). So konnten die Primarschüler nicht nur direkt aus dem Schulhaus den Storchennachwuchs beobachten, sondern auch beim Beringen dabei sein – sozusagen angewandter Biologieunterricht. In Kaiseraugst überlebte die Brut auf der Kirche nicht, ein anderes Paar hatte sich aber den wohl exklusivsten Brutplatz der Region ausgesucht: Es zog seine beiden Jungen auf einem Baukran in der Dorfstrasse auf und hatte das Glück, dass es einerseits von der Bauherrschaft toleriert wurde und sich andererseits an der Beweglichkeit seines Horstplatzes überhaupt nicht zu stören schien. Weniger Glück hatte ein Storchenpaar in Oberwil, das schon 2014 einen erfolglosen Brutversuch auf der Handyantenne des Ziegeleigebäudes unternommen hatte. Eine eilig angebrachte Schutzvorrichtung besiegelte auch dieses Jahr sein Pech, und als die beiden schliesslich aufgaben, hatten sie wohl schon zu viel Zeit verloren. 3 Oberwil Die „Ziegeleistörche“ von Oberwil gaben „ihre Handyantenne“ erst viel zu spät auf und blieben wohl kinderlos. Oben: die Vorrichtung zur Verhinderung des Horstbaus. Reinach Leider konnte eine in der Nähe aufgestellte Horstplattform – danke an die Initianten! – sie nicht davon überzeugen, dass dies die bessere Wahl gewesen wäre. Bei Reinach warten auf Bäumen und einem Hausdach des Zentrums Erlenhof neue Plattformen (im letzten Winter angebracht) ebenfalls auf neue Bewohner. 4 Der erste „Interessent“ kam just am 15. Juni vorbei, nach dem Apéro, mit dem die Nisthilfen beim Erlenhof offiziell eingeweiht worden waren. Ob er wohl wiederkommt? Wir hoffen es! Eine kleine Geschichte von der Brutplatzsuche, beobachtet in Möhlin... 1. 2. 3. 4. 1 2 3 4 Der über mehrere Jahre benutzte Horst in einem Privatgarten ist über den Winter hoffnungslos zugewachsen. Kein Problem für Familie Storch: Bald ist ein Alternativstandort gefunden, und emsig beginnt man mit dem Nestbau. Das Problem: Beim ausgewählten neuen Ort handelt es sich um einen Kamin, der noch in Betrieb ist. Die Hausbesitzer lassen den Horst entfernen und bringen einen Schutz an. Doch auch davon lässt sich Familie Storch nicht entmutigen. Auf einer Birke im Nachbargarten des ursprünglichen „Wohnorts“ findet man schliesslich eine definitive Bleibe, brütet – und entlässt später vier gesunde Junge in die Welt. Senderstörche: 2015 konnten wir in der Region Basel vier Jungstörche mit Sendern ausrüsten. Von den Älteren unserer Senderstörche aus unserem Gebiet sind leider nicht mehr viele „online“. Ob die Vögel tot sind oder einfach die Sender ausgestiegen, lässt sich nicht bei allen abschliessend sagen. Auf dem Internet aktuell zu verfolgen sind noch Lenny, Yumna und Flocke, die sich alle momentan in Südspanien aufhalten. 5 Lenny, 2013 als Altvogel besendert im Zoo Basel: http://storch-schweiz.danielbischof.de/map/2964 Yumna, 2012 als Jungvogel besendert im Zoo Basel: http://storch-schweiz.danielbischof.de/map/119543 Flocke, 2014 als Jungvogel besendert auf der Kirche Biel-Benken: http://storch-schweiz.danielbischof.de/map/1195475 Nun aber zu unseren „neuen“ jungen Senderstörchen. Auch bei ihnen ist leider davon auszugehen, dass nicht mehr alle leben. Wieder kommt der „Weitstreckenflieger“ aus Biel-Benken: Gonzo hat die Sahara überquert und ist bis Mali geflogen. Allerdings hat sein Sender am 17.10. ein letztes Signal gesendet. Wir hoffen, dass ihm nichts zugestossen ist. http://storch-schweiz.danielbischof.de/map/1195493 Sein Geschwister Graziella sendet bereits seit Mitte August nicht mehr. Der letzte Aufenthaltsort war bei Lleida in Nordspanien. http://storch-schweiz.danielbischof.de/map/1195498 Isabelle aus dem Basler Zolli hat Ende September kurz hinter der französisch-spanischen Grenze zu senden aufgehört. In der Nähe eines Strommastes wurde ihr Sender gefunden – sie scheint also leider tödlich verunglückt zu sein. http://storch-schweiz.danielbischof.de/map/1195501 Mit ziemlicher Sicherheit am Leben ist bloss noch einer der Jungstörche mit Sendern von diesem Jahr: Erle aus den Langen Erlen schlägt sich offenbar in Nordspanien auf einer Mülldeponie den Bauch voll. http://storch-schweiz.danielbischof.de/map/1195502 Ein paar Zahlen zur Brutsituation in der gesamten Schweiz im Jahr 2015: Insgesamt brüteten in der Schweiz zwischen dem Welschland und dem St. Galler Rheintal im zu Ende gehenden Jahr 389 Weissstorch-Paare (14 mehr als im Jahr 2014). 282 davon waren erfolgreich. Das Total der Jungen beträgt 653, also leicht tiefer als 2014, als 671 junge Schweizer Störche ausflogen. 6 Ein Bild zum Nachdenken: Was unsere Störche im Magen haben … Dieses Foto entstand am 2. Juli 2015. Es zeigt den Mageninhalt eines Jungstorchs aus dem Basler Zolli, der bei seinen Flugversuchen eine Bruchlandung hingelegt hatte und darum eine Nacht zur Kontrolle „hinter den Kulissen“ im Zoo verbrachte. Vor Aufregung erbrach er sich, und eine Mischung aus Gummis und Schnüren kam zum Vorschein (die Futtermaus links oben wurde nachträglich daneben gelegt und dient nur zum Grössenvergleich). Es ist nicht klar, ob seine Elterntiere ihn bereits mit den Fremdkörpern fütterten oder ob er sie nach dem Flüggewerden selbst gefunden hat, aber auf jeden Fall ist dieser Beweis, wie stark unser Zivilisationsabfall die Tiere konkret gefährdet, sehr aufrüttelnd. 7 Auch 2015 haben mich viele Leute bei meiner Arbeit als Regionsleiter von Storch Schweiz unterstützt. Ein spezieller Dank gebührt neben der Berufsfeuerwehr Basel-Stadt und den verschiedenen Feuerwehren in den Dörfern mit Störchen, die ein Beringen erst ermöglichten, vor allem meinem Vorgänger und Berater Ernst Fischler und den vielen Helfern vor Ort: Familie Prétôt (Aesch), Sandro Gröfli (Allschwil), Beat Huggenberger (BielBenken), Urs Wullschleger (Kaiseraugst), Margrit und Marcel Laederach (Möhlin), Irene Rüegg und Walter Schluep (Reinach), Stefan Kaiser (Rheinfelden), Margarete Osellame (Riehen), Bruno Ris, Edwin Tschopp, Jürg Völlm und Friederike von Houwald vom Tierpark Lange Erlen resp. vom Zoo Basel sowie vielen mehr. Ich freue mich auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit mit Euch allen im Interesse der Störche im nächsten Jahr. Ich wünsche Euch einen schönen Advent, frohe Weihnachten und alles Gute fürs 2016. Herzlichen Dank für Eure Mithilfe für die Störche! Mit freundlichen Grüssen Regionsleiter Nordwestschweiz von Storch Schweiz Kontakt: Bruno Gardelli Hauptstrasse 69 4441 Thürnen BL Telefon: 079 653 48 87 Mail: [email protected] Links: www.storch-schweiz.ch www.projekt-storchenzug.com 8 Bilder von einigen diesjährigen Beringungsaktionen: Biel-Benken (vorherige Seite oben), Möhlin (vorherige Seite unten), Lange Erlen (die beiden obersten links), Oberwil (zweitunterstes links und oberstes rechts), Kaiseraugst Camping (oben) und Basler Zolli (rechts). 9 Beim Besendern in Biel-Benken erhielten die beiden Jungstörche Gonzo und Graziella, weil sie ausserordentlich verdreckte Schnäbel hatten, beide eine exklusive „Mundspülung“ verpasst. Der Beringer und der Hebebühnenfahrer putzten ihre Schnäbel, bevor sie wieder auf den Kirchturm zurückgebracht wurden. Senderstorch Isabelle wurde im Zolli mit Hilfe der Berufsfeuerwehr aus ihrem Nest auf einer hohen Föhre „gepflückt“. © alle Fotos: Barbara Saladin, Thürnen (www.barbarasaladin.ch) Ausnahmen: Foto von Mageninhalt und Baukran rechts: Katharina Gihring, Freiburg i. Br. Feuerwehreinsätze in Oberwil: Renata Springer, Basel. Übrigens: Die Nordwestschweizer Störche haben als „Storch Basel“ seit diesem Februar ein eigenes FacebookProfil. In unregelmässigen Abständen – natürlich vor allem zwischen März und Juli – berichten wir darin über Aktualitäten aus ihrem Leben. Freundschaftsanfragen von Storchenfreunden sind herzlich willkommen . 10
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