Symposium „Jüdischer Sport in Metropolen“

MitarbeiterInnen: Susanne Helene Betz, Sema Colpan,
Bernhard Hachleitner, Alexander Juraske,
Matthias Marschik, Georg Spitaler, David Winterfeld
Projektleiter: Roman Horak
Kontakt: jsovienna.wordpress.com, [email protected]
Symposium
14. & 15.
März 2016
Jüdischer Sport
in Metropolen
Depot
Breite Gasse 3
1070 Wien
Das Projekt macht verschüttete Traditionen
des Sports und popularer Kulturen im Wien der
ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sichtbar –
verbunden mit einer Redefinition von „jüdischer
Differenz“.
Mehr als 500 jüdische Sportfunktionäre (und
einzelne Funktionärinnen), die im Wien der
Zwischenkriegszeit aktiv waren, konnten im Projekt identifiziert werden. Im Mittelpunkt steht
der Fußball, wegen seiner überragenden popularkulturellen Bedeutung, es werden aber
auch andere Sportarten untersucht, die einen
öffentlichkeitswirksamen Status erreichten.
Entgegen einer stark verbreiteten Meinung
gab es jüdische Sportfunktionäre nicht nur
bei der zionistischen Hakoah oder dem häufig
als „jüdisch“ apostrophierten Fußballklub
Austria, sondern auch bei gemeinhin als nichtjüdisch beschriebenen Vorstadtklubs. So
hatte der Sportklub Rapid zwei, der Floridsdorfer AC sogar vier jüdische Präsidenten.
Jüdische Funktionäre fanden sich aber auch in
anderen Sportarten, vom Skisport bis zum
Alpinismus, vom Schwimmen bis zur Leichtathletik, und zwar im bürgerlichen wie im ArbeiterInnensport.
Neben den Aktivitäten im Sport wird besonderes Augenmerk auf die Tätigkeit der untersuchten Personen in ihren Berufen sowie
auf eventuelle politische Betätigung gelegt.
Verglichen werden Möglichkeiten und Grenzen
jüdischer Partizipation in unterschiedlichen
sozialen Feldern, sowie Wechselwirkungen und
Netzwerke, die diese Felder möglicherweise verbanden. Es geht um die Konstruktion von
Identitäten, um „engagement with Jewish
difference“, um Selbstdefinitionen wie um Fremdzuschreibungen – die nicht übereinstimmen
mussten: Ein Austritt aus der IKG und die Konversion zum Christentum schützte schon
vor 1938 kaum vor Antisemitismus, jemand der
sich selbst nicht als Jude definierte, konnte
von seiner Umwelt trotzdem als solcher betrachtet werden. Vor der Verfolgung durch den
Nationalsozialismus schützte das Ablegen der
jüdischen Religionszugehörigkeit ohnehin nicht.
Finanziert wird das Projekt vom FWF –
Der Wissenschaftsfonds, angesiedelt ist es an
der Universität für angewandte Kunst Wien
und am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien, Laufzeit ist von 2014 bis 2016.
Mac John Leuthe, in: Rudolf Philipp: Wir Juden und der Sport. Wien 1921
Forschungsprojekt „Jüdische
Sportfunktionäre im Wien
der Zwischenkriegszeit“
Sport und die Suche nach Gemeinschaft in
den europäischen Metropolen der Zwischenkriegszeit
The Sports Organization ‚Maccabi‘ – Bulgaria
as an Example of Tolerance
Jüdische Sportfunktionäre im Wien der
Zwischenkriegszeit
Bernhard Hachleitner, Wien
Vorstadt, Sport und jüdische Identitäten
9 —11 Uhr
Anke Hilbrenner, Bonn / D
(Moderation: Sema Colpan)
Dienstag, 15. März
Sema Colpan und Matthias Marschik, Wien
EJewish and Catholic Sport Clubs and Dutch
Identity in the Interwar Years
Rumyana Marinova-Christidi, Sofia, BUL
Makkabi, Jutrzenka, Wisla and Cracovia –
Polish-Jewish Krakow from the Perspective of
Football
Bogna Wilczynska, Krakau, PL
Zwischen „doikeyt“ und Klassenkampf – Zur
Rolle der linksradikalen Sportorganisation
„Jutrznia/Jutrzenka“ (Morgnshtern) im Sport
der polnischen Juden
Diethelm Blecking, Freiburg i. Breisgau, D
Ofer Idels, Tel Aviv, ISR
Geschichte(n) erinnern, erzählen, dokumentieren. Ein Gespräch über die Frage von
Zugang zu und Umgang mit Geschichte und
Geschichten.
Victor Hugo Klagsbrunn (1), Rio de Janeiro, BRA,
Erich Hackl (2), Wien / Madrid und
Bernhard Hachleitner im Gespräch mit
Roman Horak, Universität für angewandte Kunst Wien
11.15 —13.15 Uhr
Playing in Hebrew: From Turnen to Competitive Sports in the Jewish Community
in Palestine, 1918-1939
14.45 —17 Uhr
Anna Manchin, New York / Jerusalem, USA / ISR
(Moderation Georg Spitaler)
Modern Hungary Imagined through Sport:
Debates on Ethnicity, Class and Gender in
Interwar Popular Culture
(Moderation: Matthias Marschik)
Marjet Derks, Nijmegen / NL
EPioniere, Verteidiger, Verfolgte: Juden und
Antisemitismus im metropolitanen Schweizer
Sport in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Christian Koller, Zürich, CH
Der jüdische Sport im Salzburg der Zwischenkriegszeit
Andreas Praher und Robert Schwarzbauer, Salzburg
Döbling und die jüdischen Funktionäre des
First Vienna Football Club
Alexander Juraske, Wien
Mythos ‚Judenklub‘: Feinbildkonstruktionen
im mitteleuropäischen Fußball der Zwischenkriegszeit
Rudolf Oswald, Würzburg, D
Alfred Cossen und die Sportgruppe ‚Schild‘:
Hamburger Juden – Deutsche Patrioten
Claudia Bade, Hamburg, D
Die Rolle des jüdischen Sports in der Mainmetropole Frankfurt vor und nach dem 30.
Januar 1933
Lorenz Peiffer, Hannover, D
Antisemitismus in der ‚Stuttgarter Erklärung‘
vom 9. April 1933 und dessen Umsetzung im
Alltag süddeutscher Fußballclubs
Markwart Herzog, Irsee, D
2
Victor Hugo Klagsbrunn
geboren 1946 in Rio de Janeiro, ist der Enkelsohn
von Leo Klagsbrunn, dem ehemaligen Präsidenten
des Floridsdorfer AC und 2. Vorsitzenden der Wiener
Fußball-Liga. Als Jude musste Leo 1938 aus Wien
fliehen und gelangte nach Brasilien. Victor wurde als
Studentenaktivist in Brasilien inhaftiert (15 Monate)
und gefoltert, Asyl in Chile. 1973 Emigration über
Argentinien und Italien nach Berlin, Studium der
Politikwissenschaft und Ökonomie. 1987 Rückkehr
nach Brasilien, Professur für Ökonomie an der Unversidade Federal Fluminense.
Erich Hackl
geboren 1954 in Steyr, studierte Hispanistik und
Germanistik. Seit 1983 freischaffender Erzähler,
Roman- und Drehbuchautor und Übersetzer. In
„Drei tränenlose Geschichten“ (2014) erzählt er den
„Vorschein einer Geschichte“ der Familie Klagsbrunn.
17.15 —17.45 Uhr
1
(Moderation: Bernhard Hachleitner)
(Moderation: Alexander Juraske)
15.15 —17.15 Uhr
(Moderation: Susanne Helene Betz)
13 — 15 Uhr
Ausgehend von der Etablierung von Sport als Teil von Alltagsund Massenkultur nach dem Ersten Weltkrieg widmet sich
die Tagung der Geschichte und Bedeutung jüdisch geprägter
bzw. jüdisch beeinflusster Bewegungskulturen in (europäischen) Metropolen. Im Mittelpunkt steht die Bewertung sportlichen Engagements und seiner Bedeutung für Jüdinnen und
Juden in der Zwischenkriegszeit, wobei das soziale Feld des
Sports als Ort von Identitätspolitik verstanden wird. Dies
umfasst SportlerInnen genauso wie die große Gruppe jener,
die in Sport- und Turnvereinen eine FunktionärInnenrolle
innehatte. Gefragt wird, wie die diskursive Kategorie des „Jüdischen“ im jeweiligen lokalen urbanen sportlichen Kontext
relevant wurde. Welche Rolle spielten sportliche Erfahrungen
für die Aushandlung von „Jewish difference“ sowie für damit
verbundene universalistische Emanzipationsprojekte im Spannungsfeld von Religion, Zionismus, Politik und „Assimilierung“?
Wie wirkten Bilder und Zuschreibungen des „Jüdischen“?
Ergebnis welcher Diskursstränge und Auseinandersetzungen
waren sie und wie beziehungsweise wann veränderten
sie sich? Welche Erkenntnisse bietet dabei eine vergleichende
internationale Perspektive?
18.30 — 20 Uhr
Jüdischer Sport
in Metropolen
Montag, 14. März
Abschlussdiskussion – Zusammenfassung
der wichtigsten Ergebnisse des Symposiums
und Aufzeigen von Perspektiven für künftige
Forschung.