Sonntag, 04. Oktober 2015 (20:05 bis 21:00 Uhr) KW 40 Deutschlandfunk / Abt. Hörspiel Hintergrund Kultur FREISTIL Geniale Dilletanten Die Kulturkritik der 'Tödlichen Doris' und die Folgen Von Michael Reitz Regie: Uta Reitz Redaktion: Klaus Pilger Produktion: DLF/SWR 2015 M a n u s k r i pt Urheberrechtlicher Hinweis Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf vom Empfänger ausschließlich zu rein privaten Zwecken genutzt werden. Die Vervielfältigung, Verbreitung oder sonstige Nutzung, die über den in §§ 44a bis 63a Urheberrechtsgesetz geregelten Umfang hinausgeht, ist unzulässig. © - ggf. unkorrigiertes Exemplar - 1 Musik (unter Text): DAF „Verschwende deine Jugend“ Collage: O-Ton (1) Müller: ‚Genialer Dilettantismus’ ist ja ein Widerspruch in sich, weil, irgendwann werden wir professioneller. Wir professionalisieren uns und (…) aus dem Dilettantismus entsteht dann mitunter etwas Geniales. O-Ton (2) Schmitz: Der Zusammenhang ist ja insofern gegeben, als dass das Wort „Dilettant“ ja zwei sehr verschiedene Begriffe, Bedeutungen enthält, die ja verschieden sind. Also zum Beispiel der Stümper auf der negativen Seite und der Liebhaber der Wissenschaft und Künste auf der anderen Seite. O-Ton (3) Klaus: Es produziert sich durchs Machen immer ein Sinn, weil es immer eine Art von Kommunikations- und Kontaktaufnahme ist. O-Ton (4) Butzmann: Mit einem Haufen Krach oder auch mit irgendwelchem Kitsch oder mit dummen Sprüchen kommt man auch weiter im Leben (…) Und wenn mir dann jemand sagt, das war schön leicht, das ist für mich ein großes Lob. O-Ton (5) Steffie: Ich kann keine Noten schreiben, auch nicht lesen (…) Ich klopf da halt spontan irgendwie, und das kommt halt so raus. O-Ton (6) Cailloux: Es hieß dann eben nicht mehr Hammer und Sichel, sondern Jammern und Picheln (…) die Dilettanten sind ja alles Kneipenkunstbewegungen im Grunde. 2 O-Ton (7) Heid: Auf jeden Fall den Dilettantismus hochzuhalten. Ich warte auf die kritische Gegenbewegung. Die kommt auch – da bin ich mir ganz sicher – wieder. Youtube O-Ton (7a) Behmer: Meiner Meinung nach gibt es da Parallelen auf YouTube, die mit dem Unperfekten arbeiten – die Kamera wackelt, die Youtuber sitzen im Wohnzimmer, und wenn sie sich versprechen, greifen sie das sozusagen auch bewusst auf. Titelansage: „Geniale Dilletanten“ – Die Kulturkritik der „Tödlichen Doris“ und die Folgen Von Michael Reitz Atmo Ausstellung im Haus der Kunst O-Ton (7c) Besucherin: Wir sind mit unserer Berufsschulklasse hier und wir haben da das Schulfach Musikproduktion und wir dachten, das wär ein guter Anlass uns in der Richtung weiterzubilden. Ist mal ne gute Abwechslung als immer der langweilige Schulstoff. O-Ton (7d) Besucher: Ich denke, es geht eher darum bei Dilettantismus (…) das man sich eben als Künstler zwar gesehen hat damals aber nicht als derjenige, der das gut macht was eben für die Allgemeinheit zugänglich ist. 3 O-Ton (7e) Besucher: Ich will es erstmal auf mich wirken lassen. Erzähler: München, Sommer 2015. Im „Haus der Kunst“ läuft die Ausstellung „Genialer Dilletantismus – Subkultur der 1980er Jahre in Deutschland“. Gezeigt werden Bilder und Fotos, aus Auspuffrohren oder Benzinkanistern gebastelte Musikinstrumente und Musikvideos einer Kunstszene, die vor Jahrzehnten für Furore sorgte. Und die bis heute wirkt. Musik und Atmo (amateurhaft aufgenommen; unter Text) Erzähler: Berlin, 4. September 1981. Im Tempodrom läuft „Die große Untergangsshow – Festival Genialer Dilletanten“. Es ist die Gründungsveranstaltung einer kulturellen Subkultur, die sich bewusst vom kommerziellen Kunst- und Musikbetrieb abgrenzen will, indem sie gar nicht erst behauptet, professionell zu sein. Das beginnt schon mit dem Einladungsflyer: das Wort „Dilettant“ ist darauf falsch geschrieben – mit Doppel-L und einem fehlenden T. Zitator: Duden, Herkunftswörterbuch: Dilettant: Laie mit fachmännischem Ehrgeiz. Das seit dem 18. Jahrhundert bezeugte Fremdwort bezeichnete zunächst nur den nicht beruflich geschulten Künstler. Später wurde die Bedeutung allgemeiner. Das Wort ist aus italienisch dilletante entlehnt und bedeutet „ergötzen“, „amüsieren“. Musik (erst hoch, dann unter Text): Einstürzende Neubauten „Zuckendes Fleisch“ 4 Erzähler: Krach, Nonsens, schräge Performances bestimmen das mehrstündige Programm der „Großen Untergangsshow“. Mit dabei sind unter anderem: Zitator: Blixa Bargeld und seine Truppe „Einstürzende Neubauten“. Der Klangkünstler Frieder Butzmann, die Musikerin Gudrun Gut, die Performancegruppe „Kriegsschauplatz Tempodrom“. Erzähler: Berlin ist zu dieser Zeit ein Versuchsgelände für alle nur erdenklichen alternativen Strömungen. Die Mauerstadt ist ein Tummelplatz vor allem der links-autonomen Szene, politisch wie kulturell: der Punk blüht hier ebenso wie die Hausbesetzer-Bewegung. Schlägereien mit der Polizei sind ebenso wenig ungewöhnlich wie Experimente in Kunst und Musik. Zur Jugendhymne wird damals ein Stück der zweiköpfigen Band „Deutsch-amerikanische Freundschaft“, kurz DAF: Verschwende deine Jugend. Musik: DAF „Verschwende deine Jugend“ Erzähler: 1400 Zuschauer sehen und hören im Tempodrom das, was sie sonst nur in den Punk- und Postpunk-Festungen Berlins geboten bekommen, in Kneipen mit Sperrholztheken und Bierkästen als Sitze…. Zitator: „Risiko“, „Café Mitropa“, „SO 36“, „Frontkino“, „Kumpelnest 3000“, „Chaos“. Erzählerin: Neben Musikbands wie „DIN A Testbild“ oder „Sprung aus den Wolken“ tritt eine Gruppe auf, die 1980 von den Filmkunst-Studenten 5 Nikolaus Utermöhlen und Wolfgang Müller gegründet worden war und die sich „Die Tödliche Doris“ nennt. Musik: „Die Tödliche Doris“: Die Tödliche Doris sagt Guten Tag, die sagt das zu dir, weil sie dich mag. (…) Sie ist kein Mann, sie ist keine Frau. Sie ist eine Truppe bestehend aus drei und ich bin auch mit dabei, Wolfgang Müller heiß ich, das weiß ich. O-Ton (8) Müller: Da war einfach mal die Möglichkeit gegeben, diese ganzen Bands, die sich ja gebildet hatten (…) dass die mal auf der Bühne auftreten und ein ganzes Festival (…) wie so eine Bewegung inszenieren. Erzählerin: Wolfgang Müller, Jahrgang 1957. Mitgründer der „Tödlichen Doris“ und Autor des Buches „Subkultur Westberlin 1979 bis 1989“. O-Ton (9) Müller: Das heißt, wenn etwas Neues entsteht und trotzdem kommen dann doch 1000 zustande, Leute, Zuschauer, kann das schon ganz schöne Wirkungen entfalten (…) dass da Leute, die überhaupt nichts können, auf die Bühne sich stellen und anfangen zu singen und einfach mal probieren – also live proben auf der Bühne. Erzählerin: Der Witz bei diesem Projekt: die Gründer – wenig später stößt die Kunststudentin Chris Dreier dazu – behaupten allen Ernstes, dass der Körper der „Tödlichen Doris“ erst noch geschaffen werden muss – und zwar durch die Rückkopplung mit dem Publikum und den Reaktionen der Öffentlichkeit. Das Trio tritt mit einem Nicht-Konzept an die Öffentlichkeit, kein Bandmitglied kann Noten lesen oder vollkommen fehlerfrei ein Musikinstrument spielen – auch nicht später Hinzukommende wie Dagmar 6 Dimitroff, Käthe Kruse und Tabea Blumenschein. Das Projekt ist auf sieben Jahre angelegt. Die LPs werden in geringen Stückzahlen gepresst und die Bandmitglieder finanzieren sich über Kellner- oder sonstige Gelegenheitsjobs. Die „Tödliche Doris“ dagegen will als Produkt kein Geld verdienen. Oder doch? O-Ton (10) Müller: Na ja, ich glaube, das galt auch nur in den ersten Jahren. Es gab so eine Offenheit, dass das Geldverdienen, also dass die Verwertbarkeit des Produkts nicht im Vordergrund stand. Und das hat bei mir im konkreten Fall auch damit zu tun, dass ich BAföG bekommen habe, diese Sicherheit, und darauf aufbauen konnte. Erzählerin: Die erste LP der „Tödlichen Doris“ hat keinen Titel, sondern man sieht nur Anführungszeichen unten und oben auf dem Front-Cover sowie einen Text auf der Rückseite. Zum Szene-Renner der ersten LP wird sehr bald das Stück „Sieben tödliche Unfälle im Haushalt“, eine makabre Parodie auf die damals üblichen TV-Spots und Sendungen zu Gefahren im trauten Heim. Musik: Tödliche Doris „Sieben tödliche Unfälle im Haushalt“ O-Ton (11) Müller: Ich habe mit einem Kommilitonen zusammen das Projekt „Die Tödliche Doris“ so ins Leben gerufen, weil wir auch merkten, du, als Künstler können wir viel interessantere Sachen machen im Musikbereich. Das war viel offener, da gibt es viel mehr Räume, wo man was zeigen kann, wo das auch diskutiert wird, wahrgenommen wird, wo es eine Rückkopplung gibt vom Publikum. Musik: Tödliche Doris „Sieben tödliche Unfälle im Haushalt“ 7 O-Ton (12) Müller: Das Interessante war bei dem Genialen Dilettantismus, die Zeit war günstig. Ende der Siebziger-, Anfang der Achtziger war eine sehr gute Zeit für eine gewisse Offenheit auch in der musikalischen Gestaltbildung. Also, man konnte sehr merkwürdige Sachen mit Musik plötzlich konstruieren und formen. Es traten auf der Bühne auch Bands auf, die nicht in dieses normative Bild passten. Erzählerin: Die Gründung der “Tödlichen Doris” wie auch das „Festival der Genialen Dilletanten“ sind tatsächlich Ausdruck eines Untergangs. Denn die ursprüngliche oppositionelle Sprengkraft der Rockmusik hat sich erledigt. Musiker wie Jimmy Page von „Led Zeppelin“ oder der „Rolling Stone“ Keith Richards leben wie Adlige auf ihren Landsitzen. Sie fahren mit buntbemalten Bentleys oder Jaguars durch die Gegend – natürlich mit Chauffeur. Dagegen entwickeln sich Mitte der 1970er Jahre der Punk und der Punkrock – deren erklärter Feind ist der kommerzialisierte Musik- und Kunstbetrieb. Musik: Stranglers „No more heroes“ Erzählerin: Die britische Punkrockbank „The Stranglers“ artikuliert das 1979 in ihrem Stück „No more heroes“ – es gibt keine Helden mehr. Nur noch Kommerz. O-Ton (13) Müller: Wenn jetzt wirklich diese Geschichte der Popstars zu Ende sein soll, da haben wir gesagt, können wir doch das anders machen (…) Wir lösen quasi den Körper des Popstars auf und konstruieren einen. Und das war sozusagen die Tödliche Doris (….) Und der Gedanke war: Ist es möglich (…) über die Echos, die man bekommt, indem man was macht – also über Input von außen oder Reaktion von außen –, das wie ein 8 Material, dieses Input wie ein Material zu benutzen, und daraus eine Gestalt zu entwickeln, eine Identität? Erzählerin: Von Anfang an versteht sich „Die Tödliche Doris“ als eine Teilmenge des Genialen Dilletantismus, deren Manifest Wolfgang Müller wenige Monate nach der „Großen Untergangsshow“ im Berliner MerveVerlag herausgibt. Die falsche Schreibweise wird dabei nicht nur übernommen, sondern ist bis heute Etikett eines kultur- und gesellschaftskritischen Anspruchs. Wolfgang Müller schreibt: Zitator: Die Abneigung der altgedienten Musiker gegenüber den „blutigen Laien, die noch nicht mal einen Ton halten können ist verständlich. Überall dort, wo morsche Stühle wacklig werden, ist man bestrebt, Machtpositionen zu erhalten, in der Politik wie in der Musik. Jeder miese Klangakrobat ist bestrebt, den Abstand zum Publikum möglichst groß zu halten. Die Grenze zwischen ihm und dem Konsumenten besteht aus Geheimniskrämerei und „Begabung“, die der Künstler in sich trägt. Der ernsthafte Musiker, eine Gefahr für seine Mitmenschen, ist geboren. Musikcollage (letztes Stück unter Text): ZK „Dosenbier“ – S.Y.P.H. „Zurück zum Beton“ – Fehlfarben „Gott sei Dank nicht in England“ – Freiwillige Selbstkontrolle „Was kostet die Welt“ Erzählerin: In der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin entstehen in schneller Folge Punkbands. Zitator: Deutsche Trinkerjugend, ZK, Syph, Fehlfarben, , Malaria, Freiwillige Selbstkontrolle, Palais Schaumburg, Deutsch-amerikanische Freundschaft, Deutsch-polnische Aggression. Campingsex. 9 Atmo Kneipe, übergehend Musik Tödliche Doris „Stopp der Information“ Erzählerin: „Die Tödliche Doris“ wird zur Avantgardetruppe der Berliner Subkultur. Sie lässt sich nicht festlegen auf eine Kunstform, sondern springt hin und her zwischen Musik, Fotografie, Performance, Videokunst und Literatur, und verknüpft diese Formen oft miteinander. Erzählerin: Die Macher der „Tödlichen Doris“ können vieles, aber nichts richtig – eine der Kernforderungen des Genialen Dilletantismus. Eine Form dieses professionellen Nichtkönnens ist im 21. Jahrhundert das Phänomen Youtube. Einspielung aus Youtube-Videos Erzähler: Ob jemand seinen tanzenden Hamster, ein singendes Stoffschwein vorführen oder ein Statement zur allgemeinen Lage abgeben will – bei Youtube findet er die Möglichkeit dazu. Die Kultur- und Medienforscherin Judith Behmer vom Kölner Rheingold-Institut sieht hier Parallelen zu den 1980er Genialen Dilletanten. O-Ton Behmer: Es gibt ja viele Formate auf YouTube, die mit dem Unperfekten arbeiten – die Kamera wackelt, die Youtuber sitzen im Wohnzimmer, und wenn sie sich versprechen, greifen sie das sozusagen auch bewusst auf. Und dieses Unperfekte hat einen großen Reiz auch im Moment, weil vor allen Dingen junge Menschen so das Gefühl haben, das 10 ist viel näher am wirklichen Leben. Also das Perfekte gibt nur die halbe Wahrheit wieder. Erzähler: Die Youtuber, so Judith Behmer, widersprechen dem Imperativ des Perfektionismus: du darfst erst dann auftreten und dich präsentieren, wenn du genug geübt hast. Sie eröffnen sich selber Handlungsmöglichkeiten in einem durchkommerzialisierten kulturellen Umfeld. Begonnen haben damit die Macher der „Großen Untergangsshow“ von 1981 und die daraus entstandenen Projekte. O-Ton Behmer: Und das greifen meiner Meinung nach sowohl die Youtuber (…) sehr gut auf (…) Also alles, wo alles glatt gemacht ist (…) das entspricht sozusagen nicht der Erfahrung. Und im Moment haben wir ja sehr stark, auch durch dieses Virtuelle, auch so eine Tendenz, dass alles so glatt aussieht. Und das ist für mich so ein Material (…) was aber eben viel stärker an den eigenen Erfahrungen anknüpft. Einspielung aus Youtube-Videos O-Ton Behmer: Insofern ist es auch immer ein Blick in eine Werkstatt in gewisser Weise. Also nicht nur das Endergebnis, sondern wie kommt man da hin? (…) Es ist eher hinter die Kulissen blicken in gewisser Weise (…) Und das ist faszinierend. Einspielung aus Youtube-Videos O-Ton (18) Müller: ‚Genialer Dilettantismus’ ist ja ein Widerspruch in sich, weil, irgendwann werden wir professioneller. Wir professionalisieren uns 11 und (…) aus dem Dilettantismus entsteht dann mitunter etwas Geniales. Und ich glaube, die Spannung, die in dem Begriff ‚Geniale Dilettanten’ liegt, ist ja sehr produktiv. Die lässt viele Möglichkeiten offen. Auch die Frage, was ist eigentlich genial? Oder was ist eigentlich dilettantisch? Erzählerin: Beeindruckt vom Treiben der Tödlichen Doris und anderer Genialer Dilletanten war auch der damalige Architekturstudent Martin Schmitz. Heute ist er Professor an der Kunsthochschule der Universität Kassel und Verleger genial-dilletantischer Literatur. Er gab zum Beispiel eine kurze Geschichte des Punkrock heraus oder die Autobiographie der deutsch-französischen Autorin und Musikerin Francoise Cactus oder auch eine Abhandlung zur Spaziergangswissenschaft des Soziologen Lucius Burckhardt. „Profis“, so Martin Schmitz über den Dilettantismus, „brauchen immer wieder Profis, um die Folgen ihrer Handlungen zu beheben.“ O-Ton (19) Schmitz: Der Zusammenhang ist ja insofern gegeben, als dass das Wort „Dilettant“ ja zwei sehr verschiedene Begriffe, Bedeutungen enthält, die ja verschieden sind. Also zum Beispiel der Stümper auf der negativen Seite und der Liebhaber der Wissenschaft und Künste auf der anderen Seite. Und das ist ja schon mal ein sehr merkwürdiger Begriff, der heute – oder sagen wir zeitgenössisch – in einer negativen Bedeutung überwiegt. Und deswegen heißt es ja auch Geniale Dilettanten – also die genialen Stümper, die offensichtlich sich doch wieder auf diese positive Seite der Bedeutung dieses Begriffes schlagen wollen. Musik (hoch): ZK „In der Ecke stehen“ Erzähler: Im Martin-Schmitz-Verlag erscheint seit 1980 fast ausschließlich Experimentelles zu Kunst, Literatur und Musik. Der eigene Beitrag des 12 Verlegers zum Thema ist eine Vortragsreihe unter dem Titel „Die 15 Weltsekunden des Dilettantismus“. O-Ton (20) Schmitz: Die 15 Weltsekunden des Dilettantismus, also die Auflösung der Geschichte, die Einteilung in Sekunden (…) und ich würde mal sagen, meine erste Weltsekunde des Dilettantismus beginnt in der Bibel. „Wenn du wirklich weise werden willst auf dieser Welt, wirst du zum Toren“, das sagt der Paulus im Korintherbrief II. Erzählerin: In Szenekneipen und alternativen Plattenläden ist die erste selbstproduzierte LP der „Tödlichen Doris“ ein Erfolg. Die Leute reden über sie und durch Mund-zu-Mund-Propaganda kommen die Anti-Künstler zu immer mehr Auftritten. 1983 macht ihnen die Plattenfirma „ZickzackLabel“ das Angebot, eine weitere LP zu produzieren. In der Zwischenzeit hat die „Tödliche Doris“ viele Kurzfilme produziert, sowie eine Konzeptarbeit unter dem Titel „Material für die Nachkriegszeit“. Sie wird 1981 in Kiel, Düsseldorf und Wolfsburg ausgestellt. Das Werk besteht aus Hunderten von ursprünglich weggeworfenen und von den Urhebern meist zerrissenen Automaten-Passbildern, die rekonstruiert und wie ein Puzzle zusammengefügt wurden. Als Variation dieses Themas erscheint 1983 der Film „Der Fotomatonreparateur“, der weggeworfene, abgefilmte Testfotos des für die Reparatur der Passbildautomaten verantwortlichen Mechanikers zeigt. 2001 taucht diese Idee in dem französischen Spielfilm „Die fabelhafte Welt der Amélie“ wieder auf. Um zu zeigen wie stark Äußerlichkeiten wirken, überlegt die „Tödliche Doris“, wie die neue VinylLP denn aussehen soll. O-Ton (21) Müller: Und irgendwann kam mir der Gedanke als ich im Spielwarengeschäft war (…) und ich Sprechpuppen gesehen habe, die so eine kleine Maschine hatten, wo kleine Schallplatten rein kamen (…) und habe dann versucht, diese Firma aufzutreiben, weil ich dachte, das wäre 13 ja im Zeitalter von Independent das unabhängigste überhaupt, eine Box rauszubringen mit einem Schallplattenspieler (…) Schallplatten dabei, die 20 Sekunden lang sind. Musik (Studioversion): Tödliche Doris „Chöre und Soli“ O-Ton (22) Müller: Und das wurde dann tatsächlich realisiert. Acht kleine Puppenschallplatten mit eigenen 16 Songs insgesamt. Und keiner redete mehr über die Musik. Alle sprachen über diese Box. Alle sprachen über die Äußerlichkeit. Keiner verglich diese Musik, die auf diesen Schallplatten drauf war mit der Musik, die wir davor gemacht hatten. Musik (live): Tödliche Doris „Chöre und Soli“ Erzählerin: Bei vielen Veranstaltungen der „Tödlichen Doris“ wissen die meisten Zuschauer nicht so recht, was sie mit dem Programm anfangen sollen. Denn sie bekommen kein fertiges Produkt geliefert, sondern Stücke, die erst auf der Bühne entstehen und bei denen Betrachter und Zuhörer mitentscheidend sind – Interpretation anstelle von fertig abgepackter Bedeutung. „Stopp der Information – Alles ist bekannt“ heißt dann auch ein Stück der „Tödlichen Doris“ Musik (hoch, dann unter Text): Tödliche Doris „Stopp der Information“: Die Tödliche Doris sagt Guten Tag, die sagt das zu dir, weil sie dich mag. Sie ist gar nicht so, wie alle denken, ein Monster aus Wohnzimmerschränken. Sie ist keine Hausfrau mit zuckenden Strapsen und quadratischem Busen, also nicht grad dein Fall, außer du hast einen Knall (…) Sie ist kein Mann, sie ist keine Frau. Sie ist eine Truppe bestehend aus drei und ich bin auch mit dabei, Wolfgang Müller heiß ich, 14 das weiß ich. Der nächste am Mikrophon ist Nicki Utermöhlen schon. Er sagt euch jetzt, was ihr alle wisst, dass die Dritte Käthe Kruse ist (…) Stopp. Erzählerin: Das Video zum Stück passt weder zur Musik noch zur Aussage des Textes – eine Landschaftsidylle, in der Wolfgang Müller mit einer Bandkollegin Händchen hält, unterbrochen durch Aufnahmen von Gigs der „Tödlichen Doris“ – eine offensichtliche Parodie darauf, wie damalige Schnulzensänger wie Jürgen Marcus oder Rex Gildo im Fernsehen präsentiert werden. Erzähler: Einer, der damals das Wirken der Genialen Dilletanten miterlebt hat, ist der Schriftsteller Bernd Cailloux, heute Chronist des Berlins der 1980er Jahre. In seinen autobiographischen Romanen „Der gelernte Berliner“ und „Gutgeschriebene Verluste“, 1991 beziehungsweise. 2013 veröffentlicht, beschreibt er ein kulturelles Biotop und die darin lebenden Wesen. Zitator: Auf der Piste, dem Swutsch abends unterwegs, gab’s stets diese beiden Hauptgruppen, die nächtlichen Erzähler und die Tänzer, die Dichotomie eines voll im Saft stehenden Szenevolks – immer dabei eine auch in den handlungsarmen Ecken der Disko diskutierende Hegel- oder Heidegger-Runde, das passte. Vierundzwanzig Stunden am Tag konnten wir ausgehen, und das unter Leuten mit ähnlichen Bedürfnissen samt der latenten Bereitschaft, sich gegenseitig zu bestätigen. Erzähler: Obwohl Bernd Cailloux sich selber als Dilettanten sieht – mit der „Tödlichen Doris“ konnte er nie warm werden, wie er heute in einem Schöneberger Café erzählt. 15 O-Ton (23) Cailloux: Die Tödliche Doris, was die da gestammelt haben, das war noch weniger als Dada. Das hat noch Dada unterlaufen (…) diese Berliner Post-Dada, diese Berliner Dilettantismus-Bewegung, die hat eigentlich gar nichts durchdacht vorher. Das ist, glaube ich, ein rebellischer Impuls gewesen, dass man einfach sagt, wir wollen das machen. Peng. Ist egal. Deswegen ging das ja auch mit Film, Malerei, Performance häufig zusammen, weil, es war noch nicht mal klar, was sie überhaupt wollten. Erzähler: Das Konzept der Genialen Dilletanten und der „Tödlichen Doris“, aus der kulturellen Sinnproduktionsgeschichte auszusteigen, indem zunächst Nicht-Sinn erzeigt wird, hält Bernd Cailloux für gescheitert. Es sei allenfalls noch von kulturhistorischem Wert, ein Versuch, etwas wirklich Neues durch die völlige Negation des Genie- und Künstlerbegriffs zu kreieren. O-Ton (24) Cailloux: Tödliche Doris – das war zu wenig. Das war auch nicht klar genug (…) Wenn man das sich anhört, das ist ein völlig blödsinniges Gebrülle. Das habe ich überhaupt nicht verstanden. Das hat mich auch null interessiert. (…) Es ist also sozusagen eine Demokratisierung der Kunst, wenn man will, die da passiert ist (…) Musik: Fehlfarben „Gott sei Dank nicht in England“ O-Ton (25) Cailloux: Der Punk ist ja fast schon wieder die nächste Umdrehung der Schraube (…) die Punker haben eigentlich nur Destruktion gemacht. In der Musik hat es ein bisschen funktioniert – sonst nirgendwo. Es gibt keine Punk-Maler, es gibt keine Punk-Filme – bis auf zwei, drei. Hat nur in der Musik geklappt (…) Die Verfallszeiten von Kunst sind auch genau in der Zeit schneller geworden. `68 war ja nicht nur 16 Revolte und Studenten-Dings, es war ja die Geburt und der Beginn der Kulturindustrie. Erzähler: Bernd Cailloux vertritt in seinen Büchern die These, dass die Studentenrevolte Ende der 1960er Jahre einen enormen Druck aufgebaut habe: Revolution musste unter allen Umständen gemacht werden, so meint er, jedes Verhalten wurde auf die Brauchbarkeit zur grundlegenden Veränderung der Gesellschaft abgeklopft. Als dieser Druck zehn Jahre später nachließ, entwickelten sich kulturkritische Strömungen, die hauptsächlich an Spaß und Spontaneität orientiert waren – so auch die Genialen Dilletanten. Zitator: Die Hochkultur hatte im Zuge der 68er Bewegung den Anspruch auf Alleinherrschaft verloren, im selben Zuge waren die massenkompatiblen Werke der Subkultur hinterhoffähig geworden. Diese Kunst verließ die traditionellen Räume und Rahmen und machte neugierig, Hochkunst hin, Tiefkunst her. In Kreuzberg bastelten Dilettanten, die sich geniale Dilletanten nannten, an gar nicht gekonnter, lustiger Kunst zum Mitmachen. Erzähler: Heraus kamen dabei, so Bernd Cailloux, oft nur um Originalität bemühte Peinlichkeiten. Im Unterscheid zur heutigen Zeit mit ihren Stichflammen-Berühmtheiten und Superstar-Suchshows hatte diese Zeit in Berlin aus heutiger Sicht etwas Idyllisches: O-Ton (26) Cailloux: Es hieß dann eben nicht mehr Hammer und Sichel, sondern Jammern und Picheln (…) Die Dilettanten sind ja alles Kneipenkunstbewegungen im Grunde. Sind ja eigentlich über die Kneipen auch nicht richtig hinausgekommen (…) obwohl eben die Leute, die 17 damals rein kamen, waren gegen die Gesellschaft gerichtet – kreativ, aber gegen die Gesellschaft noch gerichtet. Musik (hoch, dann unter Text): S.Y.P.H. „Lachleute und Nettmenschen“ O-Ton (27) Cailloux: Und die jetzt einströmenden kreativen Massen sind also der Gesellschaft gegenüber positiv eingestellt. Die wollen möglichst schnell in die Gesellschaft rein. Während die genialen Dilettanten damals natürlich überhaupt nicht rein wollten. Man musste auch hier nicht rein. Die größte Künstlerförderung waren die Wohnungen für 100 Mark. Und das Bier für 1,20 oder der Kaffee für 1,10. Erzähler: Den Stamm des Fremdwortes Dilettant bildet das lateinische „lacere“, was soviel wie „locken“ oder ködern bedeutet. In diesem Sinne versteht sich Bernd Cailloux als Laie und Nichtkönner: immer wieder gekitzelt von einem Stoff, den er in die Form bringen will. O-Ton (28) Cailloux: In der Literatur ist man immer wieder, immer wieder Dilettant (…) Ich bin jetzt am Anfang eines neuen Romans, und dann merke ich wieder, was machst du da überhaupt? Musik: Tödliche Doris „Die Tödliche Doris“ sagt Guten Tag“ Erzählerin: Die „Tödliche Doris“ plant im Sommer 1983 ihr erstes OpenAir-Konzert. Doch die bürokratischen Hürden in Berlin erweisen sich als unüberwindlich. Um Papierkram und horrende Kosten zu umgehen – Beantragung einer Schankerlaubnis, Sicherheitspersonal, Beschaffung und Miete von Toilettenwagen – hat Wolfgang Müller eine Idee: 18 O-Ton (29) Müller: Und dann bin ich hier bei so einem Reisebüro gewesen, wo es so Billig-Butterfahrten gab, von Westberlin mit Rentnern nach Helgoland. Das war ja so ein Symbol. Also, da ist die Nationalhymne getextet worden von Hoffmann von Fallersleben, auf Helgoland, mit der Musik von Joseph Haydn dann verknüpft. Das ist ein unglaublich symbolischer Ort auch. Und gleichzeitig war das eigentlich der richtige Nachkriegsschrott. Erzählerin: Im Eiltempo wird die Berliner Szene informiert und zur Mitfahrt nach Helgoland aufgefordert. Im Bus dorthin sitzen nun neben Rentnern auf Butterfahrt Punks, Grufties und Hausbesetzer. O-Ton (30) Müller: Das war natürlich ein kleiner Schock für einige. Dann merkten die aber auch, wir machen nichts Böses, wir wollen ihnen ihren Spaß gar nicht zerstören, und sind dann halt nach Helgoland gekommen, sind dann ausgestiegen ganz schnell (…) ein paar Lieder gesungen, das Ganze aufgezeichnet und damit war unser erstes Open-Air-Konzert fertig. Erzähler: Nicht nur in Berlin, sondern in ganz Westdeutschland entdecken die großen Plattenfirmen bald ihre Liebe zu Punk und Punkrock. Das kommerzielle Potential der Szene wird ausgeschöpft, Bands wie „Ideal“, Nina-Hagen-Band, die „Toten Hosen“ oder „Die Ärzte“ bekommen ihre ersten Plattenverträge bei großen Medienkonzernen wie EMI oder CBS. Erzählerin: „Die Tödliche Doris“ unternimmt nichts in diese Richtung. Sie neidet den nun langsam erfolgreichen Punkbands nicht ihren Erfolg und geht weiterhin ihren Weg der Nichtkommerzialität. Dabei kommt es zu einem Projekt, das bis heute in der Populärmusik einmalig ist. Die „Tödliche Doris“ produziert die erste unsichtbare LP der Musikgeschichte. Das Konzept hat eine längere Vorgeschichte, die Wolfgang Müller erzählt: 19 O-Ton (32) Müller: Ab `83/84 gab es eben für mich eine Beobachtung: plötzlich reden die Leute von Hits. Das war so die Zeit, wo die großen Labels plötzlich ihre eigenen New-Wave-Bands konstruierten und versuchten daraus Geld zu machen, die sich ja vorher nicht interessiert hatten für die ganze Szene (…) Und dieses Phänomen musikalisch umzusetzen – jetzt mal brutal gesprochen: Opportunismus, Anpassung, Liebedienerei und so weiter –, das war dann der Gedanke, um da zugleich so ein Pendant zu schaffen, zur gleichen Zeit nämlich das genaue Gegenteil – zurück, Abschottung, Zurückhaltung, Esoterik, was auch immer. Musik: Tödliche Doris „Unser Debüt“ Erzählerin: 1985 erscheint die LP „Unser Debüt“. Alleine der Titel hätte professionelle Musikkritiker aufhorchen lassen müssen, denn es ist natürlich nicht die erste Veröffentlichung der Band, sondern bereits die vierte. Einige vermuten dahinter einen Punker-Jux, schließlich hat die Hagener Band „Extrabreit“ 1980 ihre erste Veröffentlichung „Ihre größten Erfolge“ genannt. In seinem Buch „Berliner Subkultur“ schreibt Wolfgang Müller zu „Unser Debüt“: Zitator: Die Musik soll so klingen wie eine experimentelle Band der Subkultur, die auf Teufel komm raus bemüht ist, den kommerziellen Durchbruch zu schaffen. Sie will unbedingt geliebt und populär werden, im Mainstream ankommen. Eine Musik der Scheußlichkeiten, der Halbwahrheiten und Anbiederei. Erzählerin: Der erste Teil des Plans „Unsichtbare LP“ gelingt: Die Platte wird in Szenemagazinen wie „Spex“ oder in der „Taz“ gnadenlos verrissen – doch das ist von der „Tödlichen Doris“ so gewollt. 20 O-Ton (33) Müller: Jetzt wollen sie es wissen – nach Jahren des Experiments möchten sie endlich Erfolg haben mit ihrer neuen Schallplatte. Oder: Möchte sich die Tödliche Doris etwa anbiedern, in die Charts? Solche Fragen wurden gestellt. Und ein Jahr später erscheint genau das Gegenteil. Eine Platte, die völlig unabhängig wirkt. Erzählerin: Diese LP trägt den schlichten Titel „Sechs“. Sie wird von der Kritik gefeiert als die Rückkehr in die Arme der kommerziell unabhängigen Familie. Keiner der Kritiker fragt sich jedoch, wo die fünfte Platte abgeblieben ist, denn die hätte eigentlich nach „Unser Debüt“ folgen müssen. Was außer der „Tödlichen Doris“ keiner weiß: beide LPs „Unser Debüt“ und „Sechs“ wurden zur gleichen Zeit produziert. Der besondere Clou: wenn die A-Seite der ersten LP auf einen Plattenspieler abgespielt wird und die B-Seite der zweiten parallel auf einem anderen, ergibt sich eine dritte – die unsichtbare LP. Das hört sich dann so an: Musik: Unser Debüt/Sechs = Unsichtbare LP Erzählerin: Kurz nach der Veröffentlichung der LP „Sechs“ lüftet die „Tödliche Doris“ das Geheimnis – und blamiert damit die Musikkritiker. Ursprünglich sollten die beiden Langspielplatten sogar in Bundesrepublik und DDR getrennt herauskommen, um so auf der symbolischen Ebene eine Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten herzustellen. Die Plattenfirma „Amiga“ in Ost-Berlin hatte das Projekt jedoch abgelehnt. Die unsichtbare LP bildet einen Höhepunkt des Projekts „Tödliche Doris“. Erzähler: Wie geplant löst sich die Gruppe 1987 auf, kurz nachdem sie an der Kasseler Documenta Acht teilgenommen hat. In den 1980er Jahren wurden ihre Bilder und Fotoarbeiten im New Yorker Museum of Modern Art und dem Musée d'Art Moderne in Paris ausgestellt. 2003 wurden ihre 21 Super-8 Filme vom Berliner Hauptstadtkulturfonds restauriert und digitalisiert. Sie gehören heute zur Sammlung des Landesmuseums von Sachsen-Anhalt und des Museums für Gegenwart in Berlin. Rückblickend schreibt Wolfgang Müller: Zitator: Die Tödliche Doris instrumentalisierte mich. Dabei war sie sich oft mit sich selbst nicht einig, was meine Verwirrung zuweilen steigerte. Es war anregend, aber ich war auch erleichtert, als sich die Tödliche Doris 1987 endlich auflöste. In einem Weißwein. Musik: Frieder Butzmann „Waschsalon Berlin“ O-Ton (34) Butzmann: Zur damaligen Zeit hatte man als Student keine Waschmaschine. Man ging in den Waschsalon. Erzählerin: Der Berliner Musiker, Hörspielautor, Klangkünstler und Schriftsteller Frieder Butzmann, der 1981 als 27jähriger auf dem Festival der Genialen Dilletanten auftrat. O-Ton (35) Butzmann: Und in diesem Waschsalon saß ich eines Tages und habe gedacht, ach, mache ich doch mal ein Stück, das genau so praktisch nachvollzieht, was diese Waschmaschine macht – und zwar akustisch (…) erst mit bumbum, schschsch, bumbum, das ist bevor das wirklich richtig losgeht und läuft. Da wird da schsch das Wasser rausgezogen, und die Trommel macht wumwum, wumwum. Das ist praktisch immer eine Umdrehung. Und das habe ich dann natürlich zusammengefasst auf was weiß ich, 25 Sekunden. Musik: Frieder Butzmann „Waschsalon Berlin“ 22 O-Ton (36) Butzmann: Und dann geht es aber schsch Waschsalon Berlininininin, schsch. Und dann geht diese Maschine erst richtig los, bis sie ganz zum Schluss in wüüüüüüüiiiiischsch, halt erst schleudert und dann ausschaltet. Und das ist Waschsalon Berlin (…) Das ist ein Waschvorgang musikalisch umgesetzt. Teilweise auch mit echten Geräuschen von der Waschmaschine, aber auch mit elektronischen Geräuschen. Erzählerin: Der Schwabe Frieder Butzmann, Jahrgang 1954, lebt und arbeitet heute in einer ehemaligen Kreuzberger Fabrik. In Wolfgang Müllers Chronik der Berliner Subkultur wird er beschrieben als jemand, der überall dabei war, aber nie wirklich zu einer Gruppe gezählt werden konnte. Er fing damit an, analog aufgenommene Alltagsgeräusche zu modifizieren. O-Ton (37) Butzmann: Mich interessiert eigentlich nicht unbedingt der Klang an sich oder das Phänomen (…) für mich sind Geräusche wie Zeichen, die ich für irgendetwas benutze, die ich einsetze. Wenn ein Geräusch eine klanglich, sagen wir akustisch interessante Struktur hat, dann höre ich mir das gerne an (…) ich sammle gerne Geräusche, aus dem Grunde, weil Geräusche ja auch immer so einen Ausdruck haben. Ich glaube, wie einer, der Bilder aus Kollagen produziert. Der nimmt ja auch nicht die Gegenstände, weil sie in sich interessant sind, sondern weil sie für irgendetwas passen oder passen könnten. Musik: Frieder Butzmann, Live-Auftritt 2015 Erzählerin: Frieder Butzmann ist ein Urgestein des Genialen Dilletantismus. Er findet heute noch sein Publikum, wie hier bei einem Auftritt im Hamburger Bahnhof in Berlin-Moabit. Großmeister der 23 Klangdemystifikation, Geräuschsammler oder Musiker – es ist schwer möglich, Frieder Butzmann auf nur einen Bereich festzulegen. O-Ton (38) Butzmann: Wenn ich Leute kennenlerne, da sage ich meistens, ich mache Filmmusik – weil, da kann sich jeder was drunter vorstellen. Es kommt dann allerdings dann manchmal eine unangenehme Frage, für welchen Film denn zum Beispiel? Und dann wird es schon schwierig, das alles zu erklären (…) Mein Glück besteht unter anderem darin – also jedenfalls empfinde ich das so –, dass immer wieder ganz unterschiedliche Dinge auf mich zukommen, die mich irgendwie freuen und begeistern können. Musik: Frieder Butzmann, Live-Auftritt 2015 Erzählerin: Weit über die alternative oder experimentelle Musikszene hinaus bekannt wurde Frieder Butzmann im Jahr 2008 durch ein Musiklexikon der anderen Art, dass er im Verlag Martin Schmitz herausgab. Der Verleger erklärt, wie es dazu kam und was dieses Lexikon von anderen Musik-Nachschlagewerken unterscheidet, wie zum Beispiel dem Standardwerk, dem sogenannten MGG: O-Ton (40) Schmitz: MGG ist eigentlich das größte Musiklexikon für Geschichte und Gegenwart. Das durften wir natürlich nicht so nennen. Er hat einen Ergänzungsband zum MGG geschrieben, und wir durften natürlich jetzt nicht sagen, MGG-Ergänzungsband. Dann wären ja die Rechtsanwälte gekommen. Wir haben es also MGG genannt – Musik im Großen und Ganzen. Das ist ein eigenes Musiklexikon, was der Frieder Butzmann geschrieben hat. Also, die Frage ist eigentlich, wo fängt Musik an und wo hört Musik auf? Das fragt man sich ja bei vielen Disziplinen (…) Da gibt es natürlich auch ein großes Kapitel über Stromstecker – Elektrizität in der Musik. 24 Erzähler: Oder – musikhistorisch nicht unwichtig – der Begriff des Krachmacheurs, zu finden in Frieder Butzmanns Lexikon gleich hinter dem Stichwort „Komponieren“: Zitator: Berufsbezeichnung für diejenigen, die mit Herstellen und Konzipieren von Musik beschäftigt sind, aber zwischen den Bezeichnungen Komponist und Krachmacher nicht zu orten sind. O-Ton (41) Butzmann: Ich höre täglich so viele Geräusche und freue mich auch dran. Und ein paar, die nehme ich halt und mache da draus was. (…) Ein lauter Schlag ist ein lauter Schlag. Aber ein lauter Schlag, auf der Bühne gemacht, mit was weiß ich einer großen Eisenstange, ist was anderes, als etwas, was genauso klingt (…) die Beziehung zwischen Geräusch und Gegenstand ist eigentlich das, was ich ausnutze, womit ich mich dann beschäftige. Zitator: Die Musik des Krachmacheurs zeichnet sich durch eine Tendenz zur barocken Üppigkeit in Lautstärke, stilistischer Vielfalt, Ornamentik, klanglich amorpher Geräuschdichte und inhaltliche Bezüge zu Alltag und Objekten der Musik aus. Musik: Frieder Butzmann, Live-Auftritt 2015 O-Ton (42) Butzmann: Mit einem Haufen Krach oder auch mit irgendwelchem Kitsch oder mit dummen Sprüchen kommt man auch weiter im Leben (…) Und wenn mir dann jemand sagt, das war schön leicht, das ist für mich ein großes Lob. 25 Atmo Ausstellung: Musikvideo „Einstürzende Neubauten“ Erzähler: Blixa Bargeld hämmert auf seine Gitarre ein, während die anderen Bandmitglieder einen höllischen Baustellenlärm erzeugen: Holzknüppel dreschen auf Stahlrohre, Schrottautos werden mit der Kettensäge zerlegt. Der Geniale Dilletantismus ist nicht nur museales Ausstellungsstück wie hier in einem Musikvideo der „Einstürzenden Neubauten“, gezeigt im Münchner Haus der Kunst. Er hat überlebt. Als Option für Künstler, die sich dem kommerziellen Weg bewusst verweigern. Erzählerin: Frieder Butzmann ist ein Beispiel dafür, dass der Dilettantismus, wenn er zum Lebensunterhalt dienen soll, durchaus professionell sein muss. Abseits vom üblichen Kulturbetrieb ist es aber immer noch schwer, sich Gehör zu verschaffen. O-Ton (43) Butzmann: Alles professionell, ich lebe davon, ich muss davon leben. Es ist mein Beruf. Und ich tue eigentlich wenig, um mir Gehör zu verschaffen. (….) Ich rede jetzt einfach nur von meiner materiellen Existenz, nicht von meiner künstlerischen Genialität, dass ich meine materielle Existenz und dadurch die künstlerische Genialität vorantreiben kann, liegt halt daran, dass ich so viele verschiedene Dinge mache. Ich will jetzt nicht sagen, dass ich es gut oder schlecht mache – Eigenlob stinkt. Aber es läuft. Der Laden läuft – ja. Atmo Festival der Genialen Dilletanten Erzähler: Im 21. Jahrhundert, mehr als dreißig Jahre nach der „Großen Untergangsshow“ von 1981 im Berliner Tempodrom, hat der Geniale Dilletantismus seinen Namen gewechselt. Im Zeitalter vom 26 computerisierten Kompositionsmaschinen und der wesentlich schnelleren Vernetzung und Rückkopplung mit dem Publikum läuft er unter dem Label „Do it yourself“. Gemeint ist dabei: jemand hat Ideen, weiß aber nicht so genau, wie er sie umsetzen soll und kann. Und wendet sich an Freunde, Bekannte oder an Hobby-Instrumentenbauer wie Frieder Butzmann. O-Ton (44) Butzmann: Ich konnte mir ja keinen Synthesizer leisten. Den habe ich aber schon zehn Jahre davor zusammen mit einem Freund, der da eine Begabung für hatte (…) zusammengebastelt (…) Und dann haben wir diese Kiste gebaut, das war dann mein Quietschofon, mein erster Synthesizer (…) das waren meine ersten elektronischen Geräusche. Musik: Beißpony „If you disagree, just ask“ Erzählerin: Der Name der Münchner Künstlergruppe “Beißpony” geht auf das von Frieder Butzmann angesprochene Verfahren des Instrumentenbaus in Eigenregie zurück. „Beißpony“ – das sind zwei junge Frauen – Stephanie Müller und Laura Theis – sowie der Filmemacher Klaus Dietl. Das Trio arbeitet seit 2006. Laura Theis spielt Gitarre. Stephanie Müller konstruiert sich ihre Instrumente selbst, unter anderem aus einem Stofftier, das Beißpony genannt wurde. O-Ton (45) Steffie: Und dann habe ich dieses Tier, dieses Viech genäht und das hatte im Bauch einen Reißverschluss. Und in diesem Reißverschluss ist so eine Tasche dahinter und da sind so kaputte Spielzeugautos gewesen. Und ich hatte dann so eine kleine Blechplatte mit einem Kontakt-Mikro, und wenn ich das dann so richtig geschüttelt habe und das da drauf gefallen ist, dann gab das so ein fieses 27 Trommelgewitter. Und das war unser erstes Instrument eigentlich, das Beißpony, dieses Stofftier. Musik: Beißpony „Evil Xerox“ O-Ton (46) Steffie: Ich mag eigentlich alles, was irgendwie so Krachsignale hat, was so ein bisschen dissonant auch sein kann oder ja, was andere vielleicht stört. Also ich tu mich eher schwer mit ganz glatt produzierten Stimmen (…) Ich kann keine Noten schreiben, auch nicht lesen (…) Ich klopf da halt spontan irgendwie, und das kommt halt so raus. Also es ist wirklich auch immer anders. Also ich kann das nie gleich spielen. Also das ist was, da habe ich glaube ich auch keine Lust, mir das so zu merken. Erzählerin: Stephanie arbeitet mit Percussion und Geräuschen, die immer wieder für Störungen sorgen. Gleichzeitig ist der Gesang von Laura Theis hell und klar und suggeriert Harmonie. An ihre Auftrittstermine kommt Beißpony über das Do-it-yourself-Netzwerk oder über Festivals, die von der Punk- und Hardrock-Szene veranstaltet werden. Erzähler: Ein Markenzeichen Genialer Dilletanten, wie hier der „Einstürzenden Neubauten“ unter Blixa Bargeld und FM Einheit, war der direkte Kontakt mit dem Publikum, die willkommene Irritation durch Zwischenrufe oder geworfene Gegenstände. Die Beißpony-Auftritte bauen Unterbrechungen, Pannen oder Einwürfe ihrer Zuhörer in ihre Auftritte mit ein: O-Ton (50) Steffie: Ich freue mich sogar, wenn mal eine Störung kommt. Also das, was zwar schön ist, weil die Menschen zuhören, ist so eine Situation, wenn es ganz ruhig ist (…) Mir geht es dann oft so, dass ich mich wie so ein … in so einem Reinraum, wie so ein Fremdkörper fühle, weil mir das Feedback fehlt. Und daher ist es mir manchmal lieber, dass 28 es ein bisschen lauter oder heftiger ist, oder vielleicht auch mal jemand nicht so gefällt, weil, da kriege ich was, da spüre ich dann was. Musik: Beißpony live O-Ton (51) Steffie: Ich habe aber das Gefühl, dass wir so einen sehr herzlichen Kontakt oft mit dem Publikum trotzdem aufbauen. Und ich habe auch glaube ich Bock zu kommunizieren. Also vielleicht ist das auch ein Unterschied zu genialen Dilettanten, die in den Achtzigern aktiv waren. Da war ja viel mehr glaube ich auch noch mit Konfrontation. Das ist vielleicht gar nicht so sehr bei uns. Also ich glaube, das ist eher so eine Verknüpfung, so eine Kommunikation. Erzähler: Die musikalische Do-it-yourself-Bewegung, aus der „Beißpony“ kommt, lehnt es ab, über Kunst, Literatur oder Musik eine wie auch immer geartete Botschaft zu transportieren. O-Ton (53) Steffie: Es gibt ja oft diese Wahrnehmung, Künstler dürfen die Wahnsinnigen sein, aber halt solange sie so wie so ein Hofnarr sind, in so einem bestimmten Feld. Das finde ich sehr schwierig (…) Mir geht es wirklich darum zu lernen, was will ich eigentlich? Das ist gar nicht so einfach rauszufinden (…) Erzählerin: Sinn und Bedeutung sind bei Beißpony niemals vorgegeben, der Respekt vor der Interpretationslust der Zuschauer steht im Vordergrund. Musik (hoch, dann langsam unter Text weg): Beißpony „Evil Xerox“ 29 Erzähler: Einen genialen Dilletantismus der ganz anderen Art stellte im Jahr 2000 Klaus Heid vor. Er ist Facharzt für Innere Medizin in Karlsruhe. Erzählerin: Heid veröffentlichte im Verlag Martin Schmitz unter dem Titel „Heilkunst – Risiken und Nebenwirkungen des Kunstbetriebs“ einen medizinischen Ratgeber. Gegenstand sind Pathologien, die im Zusammenhang mit Kunstherstellung und Konsum von Kunstwerken entstehen. Unter dem Stichwort Künstler/Künstlerin ist zu lesen: Zitator: Das Bild des Künstlers ist wesentlich von der Illusion eines von sozialen Zwängen befreiten autonomen Lebens und Handelns geprägt, legitimiert durch eine diffus-genialische Schöpfungskraft. Häufig wird dabei übersehen, dass die Freiheit des Tuns alleine nicht ausreicht, wenn man nicht gleichzeitig weiß, was man zu sagen hat. Zu einem verzerrten Berufsbild trägt auch die falsch interpretierte Aussage von Joseph Beuys bei, jeder Mensch sei ein Künstler. Tipps zur Behandlung: auf ausreichende Erholung und Entspannung außerhalb des Kunstbetriebes achten. Selbsthilfegruppe. O-Ton (55) Heid: Nicht die Heilkunst, sondern das Buch Heilkunst kann den Glauben an die Kunst nachhaltig erschüttern, weil ja dort, denke ich, mit einigen Illusionen aufgeräumt wird, die im Kunstbetrieb relativ weit verbreitet sind. Kunst ist ja auch vor allem Glaubenssache. Ich meine, wie Kunst bewertet wird, das hängt mit Faktoren zusammen, die teilweise ja keinen qualitativen Hintergrund unbedingt haben, sondern die aus dem System heraus sich definieren (…) es ist eine Glaubensfrage im Endeffekt, was ist hoch bewertete Kunst, was ist niedrig bewertet Kunst? Was ist gute Kunst? Was ist schlechte Kunst? 30 Erzählerin: Im Zuge von Klaus Heids Veröffentlichung bildete sich im Internet unter dem Namen „Art Victims“ – Kunstopfer – eine Selbsthilfegruppe... Erzähler: Bei der bis heute nicht so ganz klar ist, ob sie von Klaus Heid selbst inszeniert worden war…. Erzählerin: ….bei der sich geschädigte Künstler, Konsumenten, Museumsdirektoren und Galeristen bei dem Internisten melden konnten. O-Ton (56) Heid: Im Netz gab es eine Seite, wo sich Art-Victims melden konnten (…) und dann auch entsprechend, wie heutzutage in der TeleMedizin (…) beraten worden sind (…) Da haben sich Menschen gemeldet, die sich zum Beispiel unter diesen Pathologien, die ich im Heilkunstbuch gelistet habe, wiedergefunden haben. Da haben sich vor allem, muss man sagen, Künstler gemeldet, die mit ihrer Rolle, mit ihrer Stellung im Kunstbetrieb nicht zufrieden waren und nicht klarkamen (…) Erzählerin: Klaus Heid sieht sein Buch als einen zeitgenössischen Vorstoß in Sachen Genialer Dilletantismus. Kulturpathologien grassieren, wie „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Eurovision Song Contest“. Da gibt es für Klaus Heid nur eine wirksame Gegenstrategie: O-Ton (57) Heid: Auf jeden Fall den Dilettantismus hochzuhalten. Ich warte auf die kritische Gegenbewegung. Die kommt auch – da bin ich mir ganz sicher – wieder (…) Aber es hat sich auch insoweit inflationiert, dass die Kunst (…) dass man immer mehr Schwierigkeiten hat, diesen Begriff auch ernst zu nehmen. Koch-Kunst, Heil-Kunst (…) alles Mögliche wird heute als Kunst bezeichnet, und das hat natürlich viel mit Werbung zu tun. 31 Musik(hoch, dann unter Text): Freiwillige Selbstkontrolle „Was kostet die Welt“ Erzähler: Mit Genialem Dilletantismus, so der Verleger Martin Schmitz, war niemals die absolute Vorherrschaft des Blödsinns gemeint. Sondern die stetige Warnung davor, dass Professionalität das Allheilmittel unserer Zeit ist, das alle Probleme, die es zum größten Teil selbst geschaffen hat, lösen kann. O-Ton (59) Schmitz: Ich denke, das ist das Interessanteste, was diese Bewegung in den Achtzigerjahren überhaupt vorgebracht hat (…): Gegen die Spezialisierung beispielsweise in Wissenschaft und Kunst, gegen die Professionalisierung (…) Was wir heute haben (…) ist ja die komplette Ökonomisierung der Welt oder die Professionalisierung, wenn man so will. Ich habe zum Beispiel eine Sammlung des Begriffes „professionell“ (…) also auf Plakaten, Werbung und sonst wie. Und das beste professionelle Beispiel habe ich im „Hakle Profi-Line“. Das ist ein Toilettenpapier für Profis. O-Ton (61) englische Besucherin (unter Erzählertext weg): I do like it, it’s about youth culture and it is strange to see that, when you come here when you’ve seen the rest of the museum, because it is so different. Erzähler: Dass der Geniale Dilletantismus längst nicht tot ist, zeigt unter anderem die Ausstellung im Münchner „Haus der Kunst“ zu diesem Thema. Seit ihrer Eröffnung im Juni 2015 können sich die Veranstalter über mangelnden Zulauf nicht beklagen. Und der Geniale Dilletantismus hat zeitgenössische Formen gefunden: in der alternativ-kulturellen Do-ityourself-Bewegung und in den Youtube-Videos. Oder auf der Vermarktungsebene dadurch, dass viele Independent-Bands ihre CDs gar nicht erst zum Verkauf anbieten, sondern gleich zum Download ins Netz stellen. Viele Geniale Dilletanten arbeiten heute hochprofessionell: Frank Behnke von „Campingsex“ beispielsweise ist Dozent an 32 Medienakademien. Wieland Speck, Moderator der „Großen Untergangsshow“ von 1981, ist seit 1992 Programmleiter der Sektion Panorama der Internationalen Filmfestspiele Berlin – und Träger des Bundesverdienstkreuzes. Musik (frei): Freiwillige Selbstkontrolle „Was kostet die Welt“ Absage: „Geniale Dilletanten“ – Die Kulturkritik der „Tödlichen Doris“ und die Folgen“ Ein Feature von Michael Reitz Es sprachen: Edda Fischer, Wolfgang Rüter und Michael Cirpici. Ton und Technik: Christoph Rieseberg und Kiwi Hornung Regie: Uta Reitz Redaktion: Klaus Pilger Produktion: Deutschlandfunk mit dem Südwestrundfunk 2015. ENDE 33
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