Obersee Nachrichten, 3.9.2015

LOKALSPIEGEL
OBERSEE NACHRICHTEN Donnerstag, 3. September 2015
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KINDES- UND ERWACHSENENSCHUTZBEHÖRDE (KESB)
KESB-Kosten ausser Kontrolle
und niemand hat den Überblick
Die KESB kann teure Mass­
nahmen anordnen. Finanziell
ausbaden müssen dies die
Gemeinden. Was das insgesamt
kostet, weiss im Kanton
St. Gallen und Schwyz niemand.
Anders als im Kanton Bern.
kas Summermatter, Leiter des St. Gal­
ler Amtes für Gemeinden. Gleich tönt
es aus Schwyz: «Wie hoch die Folge­
kosten der KESB­Massnahmen für den
Kanton sind, wissen wir nicht und kön­
nen es nicht aufschlüsseln». Das sagt
Roman Kistler vom Departement des
Innern Schwyz. Er beaufsichtig die
beiden parallelen KESB­Behörden in
Innerschwyz und Ausserschwyz.
Bern: «Wer befiehlt, zahlt!»
Ganz anders funktioniert das in Bern:
Hier gibt es eine zentral geführte KESB
für den ganzen Kanton. «Die KESB
hat ihr eigenes Budget und wird kri­
tisch durch die Aufsichtsbehörden
kontrolliert», sagt Patrick Fassbind,
Präsident der KESB Bern und betont:
«Bei uns gilt: Wer zahlt, befiehlt, und
wer befiehlt, zahlt.» Die KESB ordnet
die Massnahme an und zahlt diese di­
rekt selbst. In Bern sei die KESB und
ihre Massnahmen keine «Black Box».
165 Millionen Franken betrug das erste
KESB­Budget für das Jahr 2013. Auch
dank der neuen, schlank organisierten
Kantons­KESB pendelt sich unterdes­
sen der Aufwand zwischen 115 und
125 Millionen Franken pro Jahr ein. Im
Kanton Bern werden die KESB­Mass­
nahmen vorab mit den kommunalen
Sozialdiensten abgeklärt. Für die Um­
setzung gelten kantonale Standards.
Chrüsimüsi im Kanton St. Gallen
Ein derart einheitliches, koordiniertes
Vorgehen kennt St. Gallen nicht. Statt
einer KESB – wie in Bern – gibt es
neun KESB­Regionen mit neun Ge­
schäftsstellen. Noch schlimmer: Nicht
alle neun Regionen sind gleich organi­
siert, sondern jede KESB konnte aus
einer von drei verschiedenen Organisa­
tionsformen wählen. Das Ergebnis:
Total­Mix, null Transparenz.
Beispiel Region Linth, also die KESB
der zehn St.Galler Linthgemeinden: Hier
DER KESB-CHEF UND DER GIPSERMEISTER
«Grob wirkte unvorbereitet
und hat fast nichts gesagt»
Nach der Gefährdungsmeldung
der HRS gegen einen Gipser
hat letzten Montag das
Gespräch zwischen KESB­Chef
Walter Grob, Ansgar Vontobel
und seinem Anwalt stattgefun­
den. Es dauerte nur 25 Minuten.
Ansgar Vontobel
«King vo Pfäffike»
dankt ab
Nach einem «Messer­Amoklauf» im
Zürcher Niederdörfli und weiteren De­
likten ist ein Pfäffiker vom Schwyzer
Jugendgericht zu 6½ Jahren Freiheits­
entzug verurteilt worden. Der heute
21­Jährige erlangte nationale Bekannt­
heit mit seinem Geschrei, er sei der
«King vo Pfäffike». Nun hat der
«Monarch» abgedankt. (on)
«Yvonne macht sich stark
für unsere Unternehmen und
für sichere Arbeitsplätze.
Deshalb wähle ich sie.
»
Beat Jud,
Unternehmer, Präsident
Baumeisterverband
Yvonne
Suter
h nac
uc
Wirkt
den W
bel und der HRS vorgelegt, deren In­
halt «lächerlich banal» sei. Hier gebe
es weit und breit keine Spur einer straf­
baren Handlung.
Weiter habe Doktor Grob noch aus­
geführt, dass das Universitäts­Gutach­
ten (die ON haben letzte Ausgabe darü­
ber berichtet) für ihn keine Relevanz
habe. Wenn schon, verlasse er sich auf
das vom Baumulti HRS eingegebene
Gutachten von Hans Bühlmann aus
Warten auf das Urteil
Zum Schluss des Meetings habe Grob
gesagt, er müsse jetzt beurteilen, ob er
das Verfahren einstelle. Einen Termin,
bis wann er sein Urteil zu sprechen ge­
denkt, gab er nicht an.
Das alles mutet im Gegensatz zum
forschen Eintreten Grobs in den Fall
blutleer an. In seinem ersten telefoni­
schen Gespräch drohte der KESB­
Chef noch mit der Polizei, mit der er
den Gipsermeister abholen lassen
wolle. In folgenden Mails schrieb er
dann von einem «Erstgespräch» und
einem «eröffneten Verfahren», nach
dem er über das «weitere Vorgehen»
entscheide – und ob allenfalls «wei­
tere Sachverhaltsabklärungen ange­
zeigt» seien.
Der KESB­Chef habe fast nichts
mehr gesagt, sagen Seitz und Vonto­
bel übereinstimmend. «Möglicher­
weise hat sich in den letzten Tagen
etwas verändert, wurde Grob zurück­
gepfiffen», mut­
masst Vontobel.
Anwalt Theo­
dor Seitz findet
es eine «Frech­
heit», wie mit
seinem
Man­
danten umge­
gangen
wird.
Walter Grob
Vontobel habe
besseres zu tun,
als eine Sitzung abzuhalten, für die es
offensichtlich keinen Grund gebe
und bei der nichts Substanzielles he­
rauskomme. Seitz: «Der KESB­Chef
wirkte unvorbereitet und hat fast
nichts gesagt.»
Der Gipsermeister will das alles
nicht auf sich sitzen lassen. Anwalt
Theodor Seitz sagt, es gebe nun einige
rechtliche Fragen zu klären, sowohl
zur KESB als auch zur HRS und zum
Gutachten des Zürcher HRS­Psycho­
logen.
Bruno Hug, Mario Aldrovandi
PFÄFFIKON
h
Es ist Montag, 31.August, 16.35 Uhr.
Gipsermeister Ansgar Vontobel und
sein Anwalt Theodor Seitz verlassen
den Hauptsitz der KESB Linth an der
Neuen Jonastrasse in Rapperswil. Bei­
de schütteln den Kopf. Hinter sich ha­
ben sie ein exakt 25­minütiges Ge­
spräch mit dem Präsidenten der KESB
Linth, Walter Grob, und seiner Stell­
vertreterin Natascha Moser, wobei
Frau Moser die ganze Zeit geschwie­
gen habe.
Konkretes hatten sie in diesem kur­
zen Treffen nicht gehört. «Ich bin ex­
trem enttäuscht», sagt Anwalt Seitz.
Grob habe lediglich gefragt, wie es
denn zur Differenz mit der HRS ge­
kommen sei. Dann habe er noch drei
Mails zwischen Gipsermeister Vonto­
Zürich. Dieses ist, wie die ON be­
schrieben haben, ein Ferngutachten,
das ohne jegliche Beteiligung des
Gipsermeisters zustande kam.
KESB Linth ohne Jahresbericht
Sparsame Familien und Firmen wissen:
Man gibt höchstens so viel aus, wie man
einnimmt. Dieses Prinzip gilt auch für
die Mehrzahl der staatlichen Behörden.
Es gilt nicht für die KESB. Sie ist ein
Spezialfall, produziert Kosten ohne
Kontrolle und Verantwortung. Um das
zu ändern, braucht es eine Gesetzesrevi­
sion, also Politiker, die das wollen.
Übrigens: Die KESB Linth erfüllt
einfachste Managementaufgaben nicht.
Auf der Webseite fehlt der Geschäfts­
bericht 2014. Aufgeführt ist der nur drei
Seiten umfassende Bericht 2013, er­
stellt am 24. Januar 2014 von der Vor­
gängerin des derzeitigen KESB­Chefs
Walter Grob.
Mario Aldrovandi
A
115 bis 125 Millionen Franken kostet die KESB im Kanton Bern pro Jahr. St. Gallen und Schwyz haben keine Zahlen.
len
ah ...
Wenn die KESB Linth für Marco H.
aus Schmerikon einen Segeltörn als Er­
ziehungsmassnahme verordnet, dann
kostet das die Gemeinde Schmerikon
jedes Jahr 160 000 Franken – bis zu sei­
ner Rückkehr wird der Junge ein Loch
von 300 000 Franken in die Gemeinde­
kasse gerissen haben. Und wenn die
KESB Linth einer Frau das Kind weg­
nimmt und in ein Heim steckt, dann
zahlt ihre Wohngemeinde 300 Franken
Unterbringungskosten pro Tag, also
rund 120 000 Franken pro Jahr. Den
ON liegen diverse Beispiele vor, über
die wir noch berichten werden: Sie zei­
gen, wo Kinder ohne klar ersichtlichen
Grund schon seit Jahren in einem Heim
sein müssen.
Gegen solche Massnahmen kann
sich eine Gemeinde nicht wehren.
Aber sie muss zahlen. Die Aufwendun­
gen erscheinen in der Jahresrechnung
der betroffenen Gemeinde, sind aber
nicht offengelegt. Je nach Massnahme
stecken die Kosten in den Sammel­
konti «Gesundheit», «Erziehung» oder
«Soziale Wohlfahrt».
In den Kantonen St. Gallen und
Schwyz weiss der Gemeindebürger
nicht, wie viel Kosten die KESB­Mass­
nahmen verursachen. Und wie gross
das Total der KESB­Kosten im jewei­
ligen Kanton ist, wissen nicht einmal
die Beamten: «Wir sind nicht für die
KESB zuständig. Wir kennen nur die
Summen der Sammelkonti.», sagt Lu­
zahlt die Stadt Stadt Rapperswil­Jona
den Geschäftssitz, stellt die Beamten an
und entlöhnt sie. Der Stadtrat unter Stadt­
präsident Erich Zoller entscheidet, wer
KESB­Präsident wird und was dieser
verdient. Was dieser Präsident und seine
KESB ausserhalb von Rapperswil­Jona
für Kosten produzieren und von den Ge­
meinden bezahlen lassen, wissen Erich
Zoller und sein Stadtrat nicht.
Der Kanton St. Gallen hat 77 Gemein­
den und niemand hat den Überblick.
Durch die zersplitterte Organisation und
die undurchsichtige Rechnungslegung
ist es unmöglich herauszufinden, was die
KESB den Steuerzahler kostet und ob
das jedes Jahr mehr oder weniger wird.
«Was die KESB im Gesamten kos­
tet, haben wir bisher nicht erhoben»,
sagt Elisabeth Frölich, die Leiterin der
Abteilung Familie und Soziales im De­
partement des Innern. Sie hört sich von
der ON interessiert Details zum Berner
Modell an.
In den Nationalrat.
www.yvonne-suter.ch
Liste 3.05