Südostschweiz vom 29.08.2015 - Nein Olympische Winterspiele

REGION
Südostschweiz | Samstag, 29. August 2015
Ewig lockt Olympia: Noch weht die Olympiafahne nur am IOC-Hauptsitz in Lausanne – und nicht in Graubünden.
Bild Laurent Gillieron/Keystone
Olympiagegner
kündigen Widerstand an
D
ie Front zwischen den
Olympiabefürwortern
und Olympiagegnern hat
sich keinen Millimeter
verschoben. Unter den
von Grossrat Remo Cavegn (CVP, Bonaduz) gestern eingereichten Auftrag
setzten 90 Grossräte aus den bürgerlichen Parteien ihren Namen. Den Auftrag nicht unterzeichnet haben gemäss
Cavegn die SP-Fraktion und die GLPGrossräte. Vor dem März 2013, als 52,7
Prozent der Bündner eine Olympiakandidatur ablehnten, sahen die beiden politischen Lager identisch aus.
Der Wille zum Widerstand ist bei
den Olympiagegnern ungebrochen.
«Es ist eine Frechheit, zweieinhalb Jahre nach einem klaren Entscheid der
Bündner Bevölkerung eine neue Kandidatur zu lancieren», findet die Bünd-
ner SP-Nationalrätin Silva Semadeni,
die als Präsidentin des Komitees Olympiakritisches Graubünden den Kampf
gegen die letzte Olympiakandidatur
angeführt hatte. Das damalige Nein-Komitee sei derzeit zwar nicht aktiv, könne jedoch – wenn nötig – jederzeit wieder seine Arbeit aufnehmen, warnte
Semadeni.
Regierung ist «sehr offen»
Noch ist eine Kandidatur nicht Realität
und der Widerstand kann noch warten. Der Auftrag von Cavegn könnte
aber durchaus der Startschuss für eine
neue Bündner Olympiakandidatur
sein. Hinter den Plänen stehen die drei
Dachverbände der Bündner Wirtschaft
– also der Gewerbeverband, die Handelskammer und der Arbeitgeberverband sowie Hotelleriesuisse Graubünden. Mit dem Auftrag soll die Bündner
Regierung mit ins Boot geholt werden.
Gelingt dies, würde eine neue Kandidatur näher rücken.
BDP-Regierungsrat Jon Domenic Parolini verspricht, dass die Regierung
den Auftrag für eine Olympiakandidatur aus dem Kantonsparlament sorgfältig prüfen werde, wie er gestern auf Anfrage sagte. Als er zuvor im Saal des
Grossen Rates in der Fragestunde von
SVP-Grossrat Mario Salis ebenfalls auf
das Thema Olympia angesprochen wurde, liess er bereits durchblicken, dass
der Olympiafunke bei der Regierung
nach dem Nein vor zweieinhalb Jahren
nicht erloschen ist. Parolini sagte dort,
dass die Regierung einer Diskussion um
Olympische Spiele in Graubünden
«sehr offen» gegenüberstehe. Und weiter: «Eine Kandidatur um die Olympischen Winterspiele 2026 darf als gesamtschweizerisches Generationenprojekt gewertet werden, das für Graubünden wichtige Impulse auslösen kann.»
«IOC-Präsident Thomas Bach fährt
eine Pseudoagenda, weil er wieder mit
Europa ins Geschäft kommen will.»
Europa hat sich in den letzten Jahren
von Olympia abgewendet. Neben Graubünden hatten auch Oslo, München
und Stockholm dem IOC einen Korb
gegeben. Grass glaubt, dass die Austragungsorte auch mit der Agenda 2020
vom Profit, welchen das IOC mit Olympischen Spielen erwirtschaftet, wenig
sehen werden «Das IOC ist eine Geldmaschine und sie wird auch in Zukunft vor dem Zuschlag keine Verbindlichkeiten mit den Austragungsorten
eingehen.»
Eine Schweizer Kandidatur wäre für
Grass nur möglich, wenn eine grosse
Stadt als Host City auftreten würde. «Es
ist nicht realistisch, eine so grosse Kiste
im engen Alpenraum durchzuführen,
Chur ist dafür viel zu klein.» In der
Schweiz sieht er derzeit aber keine
Stadt, die dafür infrage käme. Eine
Kandidatur aus Bern wurde 2002 vom
Volk wuchtig abgelehnt. Und in Zürich
haben die Regierungen der Stadt und
des Kantons 2004 die vorhandenen
Olympiapläne gar nicht erst zur Abstimmung gebracht.
Swiss Olympic
in den Startlöchern
90 Bündner Grossräte haben gestern einen Auftrag für eine neue Olympiakandidatur unterzeichnet.
Die Regierung verspricht, das Begehren sorgfältig zu prüfen. Die Gegner der letzten Olympiakandidatur
sehen keinen Anlass, ihre ablehnende Haltung zu ändern.
von Stefan Bisculm
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Die Olympiapromotoren aus der
Bündner Wirtschaft beharren darauf,
dass sich die Ausgangslage für eine
neue Bewerbung seit 2013 grundlegend geändert hat. Dies insbesondere
aufgrund der Agenda 2020 des Internationalen Olympischen Komitees
(IOC). Mit diesem Reformpaket will das
IOC den Gigantismus bekämpfen und
künftig Ausrichterstädte mit bescheideneren Konzepten begünstigen.
«Olympia bleibt gigantisch»
Semadeni fehlt der Glaube an den Reformwillen des IOC. «Die Vergabe der
Olympischen Winterspiele 2022 nach
Peking hat es gezeigt: Olympia bleibt
gigantisch. Graubünden braucht andere Perspektiven». Ins gleiche Horn
stösst Stefan Grass, ehemaliger Leiter
des Komitees Olympiakritisches Graubünden. In seinen Augen hat sich mit
der Agenda 2020 nichts geändert.
Die Dachorganisation der
Schweizer Sportverbände, Swiss
Olympic, arbeitet an einer neuen
Schweizer Kandidatur für die
Austragung von Olympischen
Winterspielen. Wie Mediensprecher Alexander Wäfler auf Anfrage bestätigte, hat sich im August
eine Arbeitsgruppe zu ihrer ersten
Sitzung getroffen, um über die
Rahmenbedingungen für eine
Kandidatur 2026 zu diskutieren.
In dieser sitzen neben SwissOlympic-Präsident Jörg Schild
auch Vertreter des Internationalen Olympischen Komitees,
des Bundesamts für Sport, der
Wintersportverbände und der
Tourismusbranche. Im Anschluss
sollen gemäss Wäfler die Vorgaben für eine allfällige Kandidatur
mit Bundesrat Ueli Maurer
besprochen werden. Gibt anschliessend auch der Exekutivrat
des Olympischen Komitees
grünes Licht, kann das Sportparlament einen Beschluss fassen.
Gemäss Wäfler gibt es Stand heute sechs «interessierte Gruppierungen» für eine Kandidatur.
Eine davon kommt aus dem Wallis
mit FC-Sion-Präsident Christian
Constantin an der Spitze. (bcm)
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