Abschlussbericht DAAD – RISE Weltweit 2015 University at Buffalo

Jannis Hanspach
Abschlussbericht DAAD RISE - weltweit 2015
Abschlussbericht
DAAD – RISE Weltweit 2015
University at Buffalo
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31. Oktober 2015
Jannis Hanspach
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31. Oktober 2015
1 EINLEITUNG
Ich habe mein Forschungspraktikum an der University at Buffalo in Buffalo, New York, in den USA vom
15.06.2015 bis zum 06.09.2015 absolviert. Dabei wurde ich von Prof. Ferdinand Schweser, Department
of Neurology, betreut. Ziel des Praktikums war es, ein Tool zur automatischen Atlasgenerierung, einer
Analysetechnik von bildgebenden Verfahren, von quantitativen Messungen der magnetischen
Suszeptbilität des menschlichen Gehirns zu entwickeln. Die Messungen der magnetischen Suszeptibilität
wurden mithilfe der Quantitative Susceptibility Mapping (QSM) Technik gewonnen. Dies ist eine
neuartige Bildgebungsmethode der Magnetresonanztomografie (MRT), die sensitiv auf Eisen reagiert.
Bislang gibt es keine allgemeine Strategie zur Analyse dieser neuartigen Daten. Man weiß jedoch, dass
der Eisenstoffwechsel mit neurodegenerativen Krankheiten oder mit dem Alter verbunden ist. Die Daten
für die Suszeptibilitätskarten wurden vor Projektbeginn am Department mittels vorhandener
Magnetresonanztomografen in Patienten akquiriert und nach entsprechender Prozessierung am
Computer gewonnen. Die Technik des QSM wurde in Prof. Schwesers Lab entwickelt.
2 ALLGEMEINER TEIL
2.1 ÜBER BUFFALO
Buffalo ist mit über 250.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt im Bundesstaat New York und liegt im
Nordosten der Vereinigten Staaten von Amerika. Das Ufer des Eriesees, einer der großen Seen im
Norden Amerikas, befindet sich direkt an der Innenstadt. Auch in der Umgebung gibt es viele
interessante Orte und schöne Landschaften. Kanada und Buffalo sind nur durch den Niagara River
getrennt, zur Grenzbrücke sind es nur wenige Minuten. Toronto, die größte Stadt Kanadas, ist knapp 100
Meilen entfernt und die Niagara Fälle, eine der bekanntesten Wasserfälle der Welt, sind gerade einmal
20 Meilen vom Stadtzentrum entfernt. Außerhalb der Stadt, in Western New York, gibt es sehr viel Natur
und schöne Landschaften. Der Letchworth State Park zum Beispiel wird von den Einheimischen auch als
der Grand Canyon der Ostküste bezeichnet. Bei guten Wetter bietet sich ein Ausflug an einen der 11
Finger Lakes an.
Insgesamt ist es im Sommer meistens warm und trocken (Achtung: In den meisten Gebäuden ist die
Klimaanlage sehr kalt eingestellt und man sollte sich trotz schönem Wetter warme Kleidung
mitnehmen). Im Winter ist es anscheinend sehr kalt und es liegt monatelang Schnee. Jedenfalls wurde
mir ungewöhnlich oft gesagt, dass ich die perfekte Zeit für meinen Aufenthalt gewählt habe.
Es gibt zwei große Universitäten in Buffalo: die University at Buffalo und das Buffalo State College. Beide
Universitäten sind Teil des renommierten staatlichen Universitätsverbund SUNY, The State University of
New York. Zusätzlich gibt es noch etliche private Colleges in der Stadt, sodass die Zahl der Studenten im
Verhältnis zur Größe der Stadt sehr hoch ist. Mein Praktikum habe ich an der University at Buffalo
absolviert. Das Department of Neurology, an dem ich gearbeitet habe, ist jedoch nicht auf einem der
zwei Studentencampus, sondern liegt in Downtown Buffalo bzw. am zukünftigen Medical Campus direkt
neben dem Buffalo General Hospital und dem renommierten Roswell Park Cancer Institute.
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Die Einwohnerzahl von Buffalo hat sich in den letzten 60 Jahren halbiert. Früher war Buffalo als
bedeutende Industriestadt mal eine der reichsten Städte der USA und es gab doppelt so viele Einwohner
wie heute. Die Stadt hatte eine bedeutende Stahl- und Automobilindustrie, die nach Eröffnung des
Welland-Kanals und mit der Weltwirtschaftskrise jedoch zunehmend abgewandert ist. Dies erkennt man an
einigen Stellen stark und in manchen Teilen Buffalos gibt es dementsprechend sehr viele leerstehende
Häuser. Besonders der Innenstadtbereich wirkt manchmal ein wenig wie eine Geisterstadt.
Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen gibt es eine blühende Kunst und Musikszene. Im Sommer
finden jede Woche Open Air Konzerte statt, die für jedermann umsonst zugänglich sind. Überall sind
Schilder, die auf kleine Kunstgallerien hinweisen. Außerdem finden regelmäßig Events wie Food
Festivals, Kunstfestivals oder ähnliches statt.
In letzter Zeit siedeln sich jedoch zunehmend wieder mehr Unternehmen und Forschungseinrichtungen
an. Besonders medizinische Unternehmen kommen zunehmend nach Buffalo und die Wohngegend rund
um die Elmwood Avenue wird immer beliebter (siehe: Wohnen).
Das höchste Kulturgut ist und bleibt aber wahrscheinlich das Essen. Die Einheimischen sind besonders
stolz auf die Buffalo Chicken Wings, die ihren Ursprung in der Anchor Bar in Buffalo haben. Neben dem
typischen amerikanischen Fast Food gibt es einen riesigen Mix an unterschiedlichen Restaurants und
Imbissen.
2.2 WOHNEN
Über das Internet kam ich an ein Zimmer im Richmond Guest House. Dieses befindet sich sehr nah an
der Elmwood Avenue, einer schönen Straße mit vielen Cafés, Bars und Restaurants. Überhaupt die
gesamte Gegend bis hoch zum Delaware Park kann ich zum Wohnen empfehlen. In der Nachbarschaft
gibt es viele ältere Häuser mit schön hergerichteten Gärten und es herrscht eine freundliche und
entspannte Atmosphäre.
Mein Zimmer war eins von geschätzt 20 Zimmern im Guest House. Die Leute, die dort leben, wohnen
meistens nur vorübergehend im Haus und haben sehr unterschiedliche Lebensstile. So habe ich zum
Beispiel mit Ärzten, Studenten, Rentnern, Köchen und Kellnern unter einem Dach gewohnt. Ein wenig
ärgerlich war, dass es nur eine Küche gab und man dadurch teilweise nicht kochen konnte, wann man
wollte. Außerdem fehlten so manche wichtigen Küchenutensilien. Zwar gab es mehrere Badezimmer,
dennoch musste man ein wenig flexibel sein, wenn man morgens duschen wollte, da es oft vorkam, dass
das Bad besetzt war. Obwohl Buffalo im Vergleich zu den meisten anderen Universitätsstädten in den
USA relativ günstig ist, ist Wohnen dennoch um einiges teurer als in Deutschland. Besonders teuer sind
die Studentenwohnheime, da diese aber auch größtenteils am Campus, außerhalb der Stadt sind, waren
sie für mich keine Option.
Zur Arbeit bin ich jeden Tag ungefähr dreißig Minuten zu Fuß gelaufen, es gibt jedoch auch diverse
Buslinien, mit denen man für 2 Dollar quer durch die Stadt fahren kann.
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2.3 VORBEREITUNGEN
Die größte Hürde für den Auslandsaufenthalt war erst einmal das Visum. Als Forschungspraktikant fällt
man in die J1-Visum Kategorie. Das wichtigste Dokument ist das DS-2019. Da dieses nur von
autorisierten Stellen (Universität, Austauschorganisation, etc.) vergeben werden kann, sollte man sich
frühzeitig darum kümmern und alle benötigten Unterlagen schnell abschicken. Hat man dann das
benötigte Dokument, muss man das DS-160 ausfüllen und einen Termin bei der Botschaft (Frankfurt,
Berlin oder München) vereinbaren. Dabei darf nicht vergessen werden, die Bescheinigung über die
Zahlung der SEVIS Gebühr vorzulegen. Erst nach einem kurzen Interview der Botschaft bekommt man
dann das Visum ein paar Tage später per Post zugeschickt. Der gesamte Prozess hat bei mir circa 2
Monate gedauert und ich habe das Visum am Ende doch erst recht knapp vor der Abreise bekommen.
Im Endeffekt beliefen sich die Kosten auf circa 300€.
Für den Flug entschied ich mich dazu, mit AerLingus über Dublin nach Toronto zu fliegen. Von
Deutschland nach Toronto zu fliegen ist erheblich billiger als einen Direktflug nach Buffalo zu buchen.
Wenn man die Grenzkontrollen mitrechnet, braucht man etwas länger als 2 Stunden von Toronto nach
Buffalo mit dem Auto. Dankenswerterweise konnte mich mein Prof. dort abholen und nach Buffalo
bringen. Es gibt aber auch Buslinien, die regelmäßig von Toronto nach Buffalo fahren.
2.4 SONSTIGE AKTIVITÄTEN
Außerhalb vom Praktikum habe ich die freie Zeit am Wochenende genutzt, um die Gegend zu erkunden.
Über ein verlängertes Wochenende bin ich zum Beispiel nach New York City (9 Stunden mit dem Zug)
gefahren. Die Stadt ist absolut empfehlenswert und sollte man gesehen haben, wenn man die Chance
hat. Näher, aber fast genauso sehenswert, ist Toronto. Mit dem Bus braucht man nicht viel länger als 2
Stunden. Wenn man günstig in Hostels übernachtet, lernt man auch sehr schnell andere Reisende
kennen, mit denen man gemeinsam die Stadt erkunden kann oder gemeinsam ausgehen kann.
Nach meinem Praktikum habe ich das Ende des Sommers genutzt, um mit zwei Freunden aus
Deutschland noch einen zweiwöchigen Road Trip zu machen. Wir sind über Pennsylvania nach New York
City und dann die Küste entlang nach Boston gefahren. Auf dem Rückweg sind wir über die Adirondack
Moutains, einem großen Gebirgszug, wieder nach Buffalo gefahren. Der Zeitpunkt war perfekt, da
gerade der Indian Summer begonnen hatte und sich die Bäume schon leicht gelb-rot gefärbt hatten.
Dies konnte man am besten außerhalb der Städte, zum Beispiel bei der Fahrt durch den Green Mountain
National Forest, bestaunen. Meine Empfehlung ist es, Amerika mit einem Leihwagen zu erkunden, da
die Entfernungen zwischen den Städten riesig sind und der öffentliche Verkehr nicht den gleichen
Standard wie in Europa hat.
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3 FACHLICHER TEIL
3.1 ZIEL
Das Ziel meines Projekts war es, ein Tool zur automatischen Atlasgenerierung von quantitativen
Suszeptibiltätskarten des menschlichen Gehirns zu entwickeln. Die Erstellung von Atlanten ist eine weit
verbreitete Methode in der Neurowissenschaft, um Aufnahmen von Gehirnen einer bestimmten Gruppe
(z.B. Patienten/Kontrollgruppe) vergleichbar machen zu können.
3.2 QSM
Die Arbeitsgruppe von Prof. Schweser hat sich auf die Technik des Quantitative Susceptibility Mapping
(QSM) spezialisiert. Mit QSM werden aus MRT-Aufnahmen quantitative Karten der magnetischen
Suszeptibilität gewonnen. Die magnetische Suszeptibilität ist die Magnetisierbarkeit von Materie in
einem externen Magnetfeld. Dadurch ermöglicht QSM es, quantitative Informationen über bestimmte
Biomarker wie Eisen, Calcium oder Gadolinium zu bekommen. Um QSM-Kartierungen zu berechnen,
nutzt man aus, dass das Phasensignal von MRT Aufnahmen von dem lokalen Magnetfeld abhängt. Die
Suszeptibilitätsvariationen des Gewebes verursachen Magnetfeldinhomogenitäten, die so gemessen
werden können. Schließlich wird ein so genanntes inverses Problem numerisch gelöst, bei dem aus dem
Magnetfeld die zugrundeliegende Suszeptibilitätsverteilung berechnet wird. Dabei werden die
magnetischen Feldinhomogenitäten, die durch den experimentellen Aufbau entstehen, als
Kugelflächenfunktionen abgeschätzt und aus den jeweiligen Aufnahmen heraus gerechnet. Dadurch
kann die lokale Suszeptibilität des Gewebes dann berechnet werden.
Besonders in eisenreichen Strukturen, wie den Basalganglien, weist QSM einen hohen Kontrast auf.
QSM wird heutzutage als sensitivste Technik zur Bestimmung des Eisengehaltes gesehen. Man geht
davon aus, dass viele neurodegenerative Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson oder Multiple Sklerose
mit Veränderungen der Eisenverteilung im Gehirn einhergehen.
Abbildung 1: QSM Karten werden aus sogenannten Phasenbildern berechnet, die zusätzlich zu konventionellen MRT Bildern
gewonnen werden können (Magnitudenbilder). Links: Magnitudenbild, Rechts: QSM nach Korrektur makroskopischer
Feldinhomogenitäten des menschlichen Gehirns.
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3.3 ATLANTEN
Ein neuroanatomischer Atlas ist im Prinzip eine Art Koordinatensystem im Gehirn. Hierzu habe ich eine
Anzahl von 10 Suszeptibilitätskarten (geht prinzipiell auch bei anderen bildgebenden Verfahren)
verwendet und diese transformiert. Das heißt, die Aufnahmen werden erst einmal korrekt ausgerichtet
(Rotation & Translation) und danach deformiert, sodass alle Aufnahmen, so gut es geht, übereinander
liegen, ohne dass anatomische Merkmale verschwinden. Dies ist kein triviales Problem und wird mit
aufwendigen Computerrechnungen iterativ unter Wahl einer geeigneten Metrik, die die anatomischen
Strukturen so gut es geht erhält, gelöst. Nachdem die Aufnahmen nun perfekt übereinander lagen und
in ein gemeinsames Koordinatensystem überführt wurden, habe ich den Durchschnitt der
Voxelintensitäten (3 dimensionale Pixel) ausgerechnet und so eine Art Durchschnittsgehirn der Gruppe
erhalten.
Bei einer hinreichenden Zahl von Aufnahmen weist der Atlas nicht mehr die abweichenden Merkmale
der einzelnen Aufnahmen auf, sondern nur noch ihre Gemeinsamkeiten. Durch eine weitergehende
Analyse können dann Unterschiede im Gehirn von verschiedenen Gruppen bestimmt werden. So kann
man zum Beispiel mithilfe der Atlanten verschiedenen Altersgruppen vergleichen oder den Verlauf der
Änderung des Gehirns mit dem Alter bestimmen.
Im Prinzip werden Atlanten in der neurowissenschaftlichen Analyse oft benutzt, sodass man auf eine
Vielzahl von Programmbibliotheken zurückgegriffen kann. QSM Aufnahmen unterscheiden sich jedoch
stark von anderen MRT Aufnahmen, wodurch die Generierung von Atlanten erst einmal etliche
Probleme aufwies, da die Software nicht für diese Daten geschrieben wurde. Diese Probleme, dass die
Intensitätsverteilung von QSM Aufnahmen sich stark von anderen MRT Aufnahmen unterscheidet, hat
mich die meiste Zeit gekostet. Wir haben diese Probleme schon vorher geahnt, haben jedoch alle
Möglichkeiten getestet, sodass wir die einfachste Methode zum Lösen der Probleme nehmen konnten.
Durch eine geeignete Prozessierungspipeline gelang es mir ein Skript zu erstellen, das die
Atlasgenerierung allgemein auf die Datensätze in Buffalo ermöglichte. Dabei habe ich verschiedene
Strategien, die auch andere MRT Kontraste miteinbezog, ausprobiert, um das bestmögliche und
praxistauglichste Tool zu entwickeln.
Abbildung 2: QSM Atlas
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3.4 ANWENDUNG
Durch die Analyse von QSM Atlanten können gruppenabhängige Veränderungen im Gehirn analysiert
und erforscht werden. Man kann zum Beispiel die Unterschiede der Eisenkonzentration von Patienten
mit Multipler Sklerose mit einer gesunden Kontrollgruppe vergleichen. Eventuell können die QSM
Kartierungen später klinisch als Biomarker genutzt werden. Ein Biomarker ist ein messbarer Parameter,
hier der Eisengehalt, der eine Prognose, z.B. über den Krankheitsstatus, machen kann. Es wäre ein
enormer Erfolg, wenn man den Verlauf von Multipler Sklerose anhand der Eisenkartierung quantitativ
bestimmen könnte.
4 FAZIT
Ich möchte diese Stelle nutzen, um dem DAAD, der University at Buffalo und allen Beteiligten zu danken,
die das Praktikum ermöglicht haben. Ich kann nur jeden ermutigen, die Chance zu nutzen und bei RISE –
weltweit teilzunehmen.
Das Praktikum war ein hervorragender Einblick in aktuelle Forschung und hat mich bestärkt in meinem
Studienlauf einen weiteren Einblick in die medizinische Forschung zu bekommen. Außerdem war der
Auslandsaufenthalt eine kulturelle Bereicherung und hat meine Englischkenntnisse stark verbessert.
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