Die Kehrseite der (Gold-)Medaille

Mitteilungen der evangelischen Werke für die Kirchgemeinden
Nr.1| 2016
© Meinrad Schade / Fastenopfer
Die Kehrseite der (Gold-)Medaille
contigo
Nr.1 | 2016
INHALT
contigo
Mitteilungen der evangelischen
Werke für die Kirchgemeinden
Herausgegeben von Brot für alle,
HEKS, Mission 21 und den OeME-Fachstellen
Erscheint viermal jährlich im März, Juni,
September und Dezember
ISSN 1660-3788
Brot für alle
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DOSSIER
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S4 – 9
Die moderne Welt verlangt nach Rohstoffen, ob aus Monokulturen für Zellstoff und Zuckerrohr oder dem Bergbau. Die Arbeit ist meist hart und gefährlich.
Und oft eine Belastung für die Bevölkerung, berichten Frauen aus Burkina Faso
von den Folgen des Goldabbaus. Darum muss die Wirtschaft alles unternehmen,
um weltweit keine Menschenrechte zu verletzen. Gleiches gilt für die international anerkannten Umweltstandards. Das erfordert ein Engagement der Kirchen
und der Gesellschaft, zeigen der Ethiker Florian Wettstein und der Theologe Otto
Schäfer auf. Denn: Jeder Mensch ist ein Abbild Gottes. uw
BROT FÜR ALLE
S10–Ökumenische Kampagne 2016: Erhält die Schweiz die Goldmedaille
der Konzernverantwortung?
S12–«Freier Zugang zu Saatgut ist wichtig»: Gespräch mit Daniel Maingi,
Leiter der Partnerorganisation in Kenia
S13–Gemeinsam gegen Land Grabbing: Podium und Arbeitstreffen in Bern
HEKS
S14–Indonesien: Aus Trümmern entstand neue Hoffnung
S16–Menschen im Südsudan sichern dank Kanus und Netzen
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Redaktion
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Heinz Bichsel (hb), OeME
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Redaktionsleitung
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ihre Ernährung
S17–Warme Kleider und Hilfspakete für Flüchtlinge in Serbien
MISSION 21
S18–Älter werden hier und andernorts – neue Kurse bei Mission 21
S19–Opfer von häuslicher Gewalt in Indonesien unterstützen
S20–Kurzeinsätze für junge Erwachsene in Hongkong
HINWEISE UND MEDIENTIPPS
S22– Nachrichten
S23–Bücher- und Filmtipps
Titelbild: Jugendliche, manchmal sogar Kinder, schürfen
in Burkina Faso auf eigene Faust oder in kleinen
Teams nach Gold. Doch die Arbeit der Kleinschürfer
ohne genügend Ausrüstung und wenig gesicherten
Schächten ist gefährlich.
Rückseite: Princess Angel Moristo und ihre Familie in
Tacloban, Provinz Leyte, Philippinen, überlebten einen
Taifun. Jetzt hilft sie kräftig mit, den ersten Schutz zu
zimmern.
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EDITORIAL
Verantwortung heisst Umsicht und Sorgfalt
Bernard DuPasquier, Geschäftsleiter Brot für alle der (Gold-)medaille berichten Frauen aus Burkina
Faso. Ethiker Florian Wettstein verdeutlicht den
politischen Auftrag, der hinter dem Engagement
steckt.
Theologisch ruft uns das Motto kurz vor dem Reformationsjubiläum auch die von Calvin formulierte
«Berufung» des Menschen in Erinnerung. Sie meint
seine Verpflichtung, der Gesellschaft zu dienen.
© Brot für alle
Dazu gehört der sorgfältige Umgang mit der Schöpfung, der Lebensgrundlage für heutige wie künftige
Generationen. Bedient sich der Mensch an diesem
Schatz, ohne Grenzen zu beachten, führt das zur
Zerstörung des ursprünglichen Gleichgewichtes.
Die Ökumenische Kampagne 2016 steht unter dem
Motto «Verantwortung tragen – Gerechtigkeit stär-
Wir werden eingeladen, unsere Beziehung zur Welt
ken». Es geht um Firmen, die global wirtschaften
anzupassen. Es gilt unser Verlangen gegenüber den
und einkaufen. Die Kampagne fordert, dass ihre
Schätzen zu mässigen: Die Natur bietet diese gross-
Führungskräfte das Prinzip der Sorgfalt anwenden:
zügig der gesamten Menschheit an, aber sie sind
So vermeiden sie, dass Arbeitskräfte ausgebeu-
endlich. Der Mensch wurde mit Freiheit versehen –
tet werden und die Rohstoffgewinnung den Boden
doch er muss von ihr mit Verantwortung Gebrauch
verseucht. Aber auch wir als Konsumentinnen und
machen.
Konsumenten tragen Verantwortung. Im Dossier
zeigt Otto Schäfer in fünf Thesen, weshalb die
Kirche und damit die reformierten Werke sich für
diese Verantwortung einsetzen. Von der Kehrseite
Die Leiterin und die Leiter der drei Werke Brot für alle, HEKS und Mission 21 sowie der OeME-Fachstellen wechseln sich beim Schreiben des Editorials ab.
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DOSSIER
POLITIK
«Kirche kann und soll sich für eine humane
Wirtschaft einsetzen»
Urs Walter
Zu oft fehlt es in der Wirtschaft an Verantwortung,
um Menschenrechtsverletzungen zu vermeiden. Für
St. Galler Wirtschaftsethiker Florian Wettstein könnte die Kirche wertvolle Inputs für ein humanes und
erfolgreiches Wirtschaften geben.
Kirche und Wirtschaft
ist immer wieder ein Spannungsfeld. Warum?
© zvg
Das Spannungsfeld ist ein
grundsätzliches: so steht für
die Kirche die Liebe für den
Nächsten im Vordergrund,
während in der Wirtschaft
vor allem die Liebe für sich
selbst als oberstes Gebot gepredigt wird. Man hängt auch
heute noch gerne dem Mythos
an, dass man im Markt rein
egoistisch handeln kann, ja so
handeln sollte, damit dieser
effizient und angeblich zum
Vorteil aller funktionieren
Florian Wettstein ist Direktor des Instituts für
Wirtschaftsethik an der Universität St. Gallen.
kann. Moral hat in einem so
Seine Forschung fokussiert auf die Schnittverstandenen Marktzusamstelle zwischen Wirtschaftsethik und
menhang keinen Platz. DesMenschenrechte. Wettstein ist Stiftungsrat
halb neigen viele dazu, die
von Brot für alle.
Wirtschaft ausserhalb des
Kompetenzbereichs der Kirche zu sehen – fälschlicherweise, wohlgemerkt: gerade weil
wir es mit einem Mythos zu tun haben, könnte die Kirche
wertvolle Inputs für ein humanes und erfolgreiches Wirtschaften geben.
Schlagzeilen zu Menschenrechtsverletzungen durch
Schweizer Konzerne betreffen wiederkehrend die Rohstoffbranche. Ist diese besonders «schlimm»?
Die Schweiz hat eine sehr hohe Dichte an internationalen
Unternehmen – und auch an Nichtregierungsorganisationen,
die auf Probleme aufmerksam machen. Deshalb erstaunen
die Schlagzeilen nicht. Gerade der Schweizer Rohstoffsektor
hat auch wenig Erfahrung im Umgang mit öffentlicher Kritik
– bis vor kurzem operierten die hiesigen Rohstoffunternehmen praktisch ohne öffentliche Wahrnehmung. Das hat auch
damit zu tun, dass sich Kritik bisher vor allem an Förderunternehmen richtete und nicht an die Rohstoffhändler, wie wir
sie mehrheitlich in der Schweiz antreffen.
Ungenügendes Bewusstsein
Was läuft denn falsch im Rohstoffsektor?
Laut einer Studie des früheren Uno-Sonderbeauftragten
für Wirtschaft und Menschenrechte, John Ruggie, fallen 28
Prozent der dokumentierten Menschenrechtsverletzungen
auf Rohstoffkonzerne zurück. Ein Grund ist, dass Rohstoffförderung standortgebunden ist. Konzerne müssen dort arbeiten, wo sie Bodenschätze finden. Oft ist das in Ländern
mit grossen Konflikten, nicht zuletzt wegen der Bodenschätze. Rohstoffe lassen sich in solchen Ländern kaum abbauen,
ohne als Unternehmen in die Konflikte hineingezogen zu
werden. Zudem: die Rohstoffbranche ist in Bezug auf soziale
und ökologische Verantwortung bei weitem nicht so weit wie
andere.
Was braucht es noch, bis ein Bewusstseinswandel
erfolgt?
Schwierige Frage. Momentan fehlt es in der Rohstoffbranche an einer Kultur, die den offenen und transparenten
Dialog mit anderen Teilen der Gesellschaft pflegt. Ihre Vertreterinnen und Vertreter scheinen auch wenig empfänglich
für Kritik und oft fehlt Bereitschaft, diese konstruktiv umzusetzen. Ein Kulturwandel ist auch eine langfristige Sache.
Das sehen wir bei den Banken. Der Rohstoffsektor ist heute
ungefähr dort, wo die Banken vor 15 Jahren waren – und mit
Verlaub, auch dort ist der Weg noch lang.
Und was muss der Staat vorkehren?
Er hat im Prinzip die Pflicht, alle seine Mittel einzusetzen, damit Unternehmen keine Menschenrechtsverlet-
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zungen begehen. Die Schweiz hat hier
sicher noch einiges nachzuholen. Mit
der Konzernverantwortungsinitiative,
für die zurzeit Unterschriften gesammelt werden, würde ein griffiges Instrument eingeführt. Angesichts der
enormen Dichte an Konzernen kann
sich die Schweiz auch nicht mit dem
Argument begnügen, sie sei zu klein,
um eine Vorreiterrolle zu spielen. Die
Schweiz profitiert in vielfältiger Weise
von einer hochgradig global vernetzten Wirtschaft. Die Politik sollte deshalb adäquate Vorkehrungen treffen,
um möglichen Verstössen nicht nur
im Inland, sondern auch im Ausland
vorzubeugen.
Der Vorteil staatlicher Regelungen
ist zudem, dass sie für alle gelten. Mit
einer verbindlichen Sorgfaltsprüfung
Florian Wettstein: «Wir brauchen ein Wirtschaftssystem, das den Menschen und die Gesellschaft in den Mittelpunkt rückt.»
als Verfassungsgrundsatz gehört künfund der Kreatur als solcher auch in der Wirtschaft als oberstig die obgenannte Verantwortung zur Managementaufgabe
tes Gebot Geltung beansprucht.
aller Konzerne.
Was bringt eine Sorgfaltsprüfungspflicht?
Die Sorgfaltspflicht (oder im Fachjargon Due Diligence)
betrifft alle Aktivitäten der Tochterfirmen eines Konzerns.
Sie umfasst aber auch die Tätigkeit von Lieferanten, die aufgrund einer intensiven Geschäftsbeziehung vom Konzern
abhängig sind. Ziel ist in erster Linie, die Menschen vor
Verletzungen ihrer elementarsten Rechte zu schützen. Gerade in Entwicklungsländern fehlen dazu oft die rechtlichen
Grundlagen. Opfer haben oft keinen Zugang zur Justiz – sei
es, weil die Institutionen zu schwach sind oder weil der Wille des Staates fehlt, das Recht durchzusetzen. Hier kann die
Schweiz Abhilfe schaffen, eben indem sie ihre Firmen zur
Due Diligence verpflichtet, also zur Sorgfalt bei der Abwicklung ihrer Geschäfte.
Eine verbindliche Sorgfaltspflicht dient aber auch den
Konzernen. Es gäbe neu einen sicheren Rechtsrahmen. Wer
darlegen kann, dass er in einem vernünftigen Umfang Massnahmen ergriffen hat, um Menschenrechtsverletzungen und
Umweltverschmutzungen zu verhindern, schützt sich vor
unvernünftigen Anklagen.
Unternehmen werden von Menschen geführt und gelebt. Wie kann da die Kirche einwirken?
Wo Menschen tätig sind, spielen Werte eine Rolle. Damit
ist die Wirtschaft auch für die Kirche von Belang. Die Kirche
kann und sollte sich für eine humane Wirtschaft einsetzen –
eine Wirtschaft von Menschen für die Menschen. Sie muss
darauf bestehen, dass die Achtung der Würde des Menschen
Mensch muss im Zentrum stehen
Eine ethische Wirtschaft also – wie skizzieren Sie diese?
Grundsätzlich brauchen wir ein Wirtschaftssystem,
das den Menschen und die Gesellschaft in den Mittelpunkt
rückt. In den letzten dreissig, vierzig Jahren lief es genau
in die entgegengesetzte Richtung: Die Wirtschaft wurde
zum Selbstzweck, die Gewinnmaximierung zur obersten
Priorität. Der Mensch degradiert immer mehr zum reinen
Zulieferer.
Die steigende Zahl von Menschenrechtsverletzungen
sind Symptom einer Wirtschaft, die sich immer weiter von
ihrem gesellschaftlichen Zweck entfremdet. Verbreitet dominiert heute die Haltung, dass die Politik der Wirtschaft
nicht dreinreden soll. Doch da wurde etwas verwechselt –
Aufgabe der Politik ist ja genau das: zu lenken.
Die Wirtschaft sollte wieder verstärkt als ein wirklich
politisches Projekt verstanden werden. Wo soll Wettbewerb
herrschen und nach welchen Massstäben? Was ist ein vernünftiges Wirtschaften im Sinne aller? Das sind politische
Fragen, die wieder vermehrt diskutiert werden sollten. Und
es sind Fragen, welche auch die Kirche etwas angehen. Es
geht hier um die fundamentalen Grundwerte des Zusammenlebens und um die Würde der Menschen, welche über
das Wirtschaftssystem zunehmend unter Druck geraten. Im
Kern ist damit auch die Glaubwürdigkeit der Kirche als «Hüterin» dieser Werte tangiert.
© Meinrad Schade / Fastenopfer
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GOLDMINE
Statt mehr Chancen geringere Ernten
Patricio Frei *
In der Schweiz wird politisch um ethisches Wirtschaften und Sorgfaltspflicht gestritten. Beim Goldabbau in Burkina Faso geht es ums Überleben. Dörfer
werden umgesiedelt – doch dann fehlen sauberes
© Meinrad Schade / Fastenopfer
Wasser, Land, passende Häuser. Ein Augenschein.
Nicht nur für die Bevölkerung von Bissa hat
sich viel geändert und die Arbeit erschwert.
Im Bild eine Bäuerin aus dem Dorf Gambo.
Die Umsiedlung könnte
eine Chance sein, dachten sich
einige der Bewohnerinnen
und Bewohner in Bissa, als
sie 2011 ihre Häuser verlassen
mussten. Der russische Konzern Nordgold brauchte mehr
Platz, um die Goldmine Bissa
zu vergrössern. 2783 Menschen waren davon betroffen.
Der Konzern versprach neue
Häuser, Arbeitsplätze für die
jungen Menschen im Dorf,
Brunnen, eine Schule, ein Gesundheitsposten und vieles
mehr. Vier Jahre später steht
die Bevölkerung von Bissa
als Verliererin da. Von einer
Chance spricht heute niemand
mehr – nur noch von den leeren Versprechen. Einzig die
Schule wurde gebaut, ein Gesundheitsposten im Dorf fehlt
weiterhin. Von den Jungen
fanden nur fünf eine Stelle –
und auch sie nur temporär.
Ungenügend entschädigt
Die 25-Jährige Florence
Sawadogo berichtet von gravierenden Folgen der Umsiedlung. Die Mutter von zwei
kleinen Kindern kann seither
ihre Familie nicht mehr gut ernähren. «Die Felder, mit denen
wir entschädigt wurden, sind viel kleiner als die früheren,
schwerer zu bearbeiten und weniger fruchtbar. Unsere brach
liegenden Felder wurden bei der Berechnung der Entschädigungen ausser Acht gelassen. Wir wurden auch nur für Mango- und Baobab-Bäume entschädigt. Viele andere Bäume
sind für uns aber auch wichtig. Die Nüsse der Karité-Bäume
brauchen wir für die Herstellung von Butter oder Seife.»
In Bissa prallten wie bei vielen anderen Landnahmen
völlig unterschiedliche Rechtsverständnisse aufeinander: Im
ländlichen Burkina Faso wird Bodenbesitz nicht schriftlich
festgehalten. Die Minenbetreiber haben entsprechend einfach nur Felder entschädigt, die am Stichtag kultiviert waren.
Für Brachen gab es kein Geld. Dabei kommt diesen bei der
Erholung der kargen Böden eine wichtige Rolle zu. Land wird
in den Dörfern auch nicht verkauft, nur vererbt. Selbst wer
entschädigt wurde, blieb also darauf angewiesen, dass ihm
andere im Dorf ein Stück Land ausleihen – vorübergehend.
Häuser passen nicht zur Kultur
Sawadogo stört sich auch daran, dass die traditionelle
Lebensweise nicht berücksichtig wurde. «Früher lebten wir
in drei kleinen Häuschen: eines gehörte mir und meinen
kleinen Kindern, eines der zweiten Frau meines Mannes,
eines war für die älteren Kindern. Heute leben alle in einem
einzigen Haus. Der Hof ist umgrenzt. In der Nacht müssen
wir die Tiere drin einsperren, das ist unhygienisch.»
So sehen die neuen Häuser in Bissa nur auf den ersten
Blick schmuck aus. Sie passen nicht zur Lebensweise der
Menschen. Traditionell baut ein Vater je ein kleines Haus
für sich, seine Frau, die Kinder und den verheirateten Sohn,
gruppiert sie zusammen mit den Vorratsspeichern zu einem
Hof und verbindet die Gebäude mit einem Mäuerchen. Bei
Bedarf lässt sich das erweitern oder verkleinern. Doch die
Häuser im neuen Dorf sind rechteckig, starr entlang breiter
Strassen aufgereiht. Eine Erweiterung ist unmöglich. Und
anders als die traditionellen Lehmbauten schützen sie auch
ungenügend vor der Hitze.
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Noch halb so viel Land und Vieh
Jean Bernard Traoré steht mit einer Hacke auf seinem
Feld – genauer, auf dem, was ihm davon geblieben ist. Die
Hälfte seines Lands hat ihm die Mine genommen. Geblieben sind Traoré zwei Hektaren, auf denen er Hirse, Mais
und Niebe-Bohnen anbaut, um seine Familie zu ernähren: «Der Boden ist nicht fruchtbar.»
Um die B
­ odenqualität zu verbessern,
setzt er auf die eigene Kompostgrube,
Steinmäuerchen gegen die Bodenerosion und die Pflanzlochmethode.
Kopiert hat er das vom Nachbardorf
Suriyala, wo die Organisation Soutong Nooma mit Unterstützung von
Fastenopfer, der Partnerin von Brot
für alle, in der Ökumenischen Kampagne, wirkt. Einst besass Traoré
40 Rinder, 20 Schafe und 30 Ziegen –
heute noch weniger als 30 Stück Vieh.
Weil er nicht genügend Futter fand,
sind die Tiere gestorben oder er hat
sie verkauft.
DOSSIER
den neuen Brunnen. Wer davon trinke, kriege Krebs, hiess
es. Eine Untersuchung schaffte Klarheit: Der Arsengehalt ist deutlich zu hoch. Auch ein weiterer Bohrbrunnen
reichte nie aus. Jetzt haben wir einen Ziehbrunnen, der
aber auch zu wenig Wasser hat. Und weil es allen schlechter geht, verkaufe ich viel weniger Bier.»
Traoré ist bitter enttäuscht. Ein Leben lang hat er gearbeitet, für sich und
seine Familie. Jetzt mit 60 Jahren hat
er das Gefühl, durch die Umsiedlung
alles verloren zu haben: «Wir mussten
von neuem beginnen. Doch in meinem Alter kann ich kein Geld mehr
Wo einst das Leben im Dorf Bissa pulsierte, stehen nur noch Ruinen. Wegen der industriellen Mine und ihrer
Abraumhalden wurden die Menschen umgesiedelt.
verdienen, um ein würdiges Leben zu
führen.» Bereits zirkulieren Gerüchte,
Negative Folgen finden sich überall
dass die Mine erweitert und das Dorf nochmals umgesiedelt
werden soll. Doch mit den Verantwortlichen des MinenunIn der Nähe der Felder von Traoré stehen einige Ruinen
ternehmens gibt es keinen Dialog. Traoré hat die Gerüchte
des alten Dorfs und der Zaun der Goldmine Bissa. Dahinebenfalls gehört: «Wohin sollen wir gehen? Es gibt keinen
ter türmt sich die Abraumhalde. Wegen des Zauns müssen
Ort, wo wir hingehen können. Es wäre sehr schwierig, uns
heute die Menschen von Bissa bei der Suche nach Brennnochmals umzusiedeln.»
holz oder Futter für das Vieh grosse Umwege gehen. Und sie
haben zwei wichtige Einkommensmöglichkeiten verloren:
Wasser fehlt – für Alltag und Bier
Wo heute die Mine steht, haben die Männer früher selber
nach Gold geschürft. Und weil die Kleinschürfer Geld hatDie 27-Jährige Adeline Kaboré hat drei Kinder zwischen
ten, konnten die Frauen ihnen Essen verkaufen. Diese Einanderthalb und elf Jahren. Sie stammt aus einer Familie, wo
bussen treffen Bissa besonders. Doch es ist kein Einzelfall.
die Frauen das traditionelle Hirsebier Dolo herstellen. Doch
Überall zeigt sich beim Goldabbau dasselbe Bild: Er zerseit dem Umzug harzt das bisher florierende Geschäft. «Vor
stört die Lebensgrundlagen der Menschen, verletzt Mendem neuen Dorf fehlten die nötigen Hirsefelder. Für die
schenrechte oder respektiert das Mitbestimmungsrecht der
bisherigen gab es aber keine Entschädigung. So begann ich
Betroffenen nur ungenügend.
brach liegende Felder des Nachbardorfes zu bewirtschaften.
Ihre Qualität war jedoch viel schlechter als die meiner früheren Felder. Für die Herstellung von Dolo mangelt es auch
an Wasser.»
* Patricio Frei, Fachverantwortlicher PR und Campaigning bei Fastenopfer
Das Vorgehen der Firma befremdet Kaboré: «Zuerst
stellte sie einen Brunnen neben der Mine zur Verfügung.
Nach einer Kontrolle schlossen zwei Mitarbeiter der Mine
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PS: Die Namen der Gesprächspartnerinnen und -partner wurden geändert.
© Meinrad Schade / Fastenopfer
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ENGAGEMENT
Theologie, Verantwortung und Menschenrechte
Otto Schäfer *
Disput um die Höhe der öffentlichen Gelder für
Entwicklungshilfe, Spekulation mit Nahrungsmitteln
oder die Initiative zur Konzernverantwortung: Theologie, Menschenrechte, Wirtschaft und Staat sind
zusammenzudenken. Fünf Thesen von Otto Schäfer.
Kirchliche Werke und kirchlich Engagierte äussern sich
immer wieder zu politischen und gesellschaftlichen Fragen.
Aktuelles Beispiel im Rahmen der
Ökumenischen Kampagne 2016 ist das
Sammeln von Unterschriften für die
Konzernverantwortungsinitiative. Sie
fordert eine gesetzlich verankerte Sorgfaltspflicht für in der Schweiz ansässige
international tätige Unternehmen.
Doch welche theologisch-ethischen
Argumente sprechen dafür, ja verpflichten dazu?
1. Wirtschaft ist auf Recht angewiesen. Die Wirtschaft gehört in den
Raum des Rechts.
Produktion, Handel und Konsum
sind auf geregelte Rechtsverhältnisse
angewiesen. Rechtssicherheit gehört –
wie Bildung, Forschung und Entwicklung, Verkehrsinfrastrukturen etc.
Otto Schäfer
– zu den öffentlichen Gütern, welche
die staatliche Gemeinschaft der Wirtschaft zur Verfügung
stellt und die wiederum über Steuern von der Wirtschaft
finanziert werden. Dieser enge Zusammenhang rechtfertigt
die Forderung, die Wirtschaft im Sinne des Gemeinwohls zu
steuern.
Oft ist aber die rechtliche Einbettung von internationalen Wirtschaftsbeziehungen ungenügend. Gründe sind fehlende oder krankende rechtsstaatliche Verhältnisse in vielen
Ländern und ganz allgemein ein Defizit an staatenübergreifender Gouvernanz. Das führt zu Diskriminierungen, zu
rechtsfreien Räumen oder korruptionsbelasteten Rechtsverhältnissen. Diese können kurzfristig einseitige wirtschaftliche Gewinne ermöglichen, sind aber langfristig auch wirtschaftlich desaströs. Ethisch und ökonomisch gilt: der Raum
der Wirtschaft muss auch der Raum des Rechts sein, beide
müssen sich decken.
2. Menschenrechte sind vorstaatliches Recht und als
solches ein Anspruch an jeden Staat und an jede zwischenstaatliche Kooperation.
Das Recht auf Freiheit, Gleichheit, Leben usw. bildet die rechtliche
Grundform des Menschseins. Menschenrechte sind mit dem Menschsein
bedingungslos verbunden und unveräusserlich gegeben. Sie gelten als vorstaatliches Recht und nicht erst dann,
wenn sie von Staaten anerkannt werden. Entsprechendes gilt für zwischenstaatliche Rechtsverhältnisse. Menschenrechte sind nicht verhandelbar
und haben immer ganze Geltung und
als Ganzes Geltung. Einzig politische
Massnahmen zur Förderung der Menschenrechte sind verhandelbar – ob im
Inland, in der Diplomatie oder bei der
Abwägung mit dem wirtschaftlichen
Interesse an Exporten. Wer, wie die
Schweiz, die Menschenrechte im eigenen Land hochhält, soll auch alle zumutbaren Massnahmen
ergreifen, um im eigenen Hoheitsgebiet die Verletzung der
Menschenrechte in anderen Ländern zu sanktionieren.
© zvg
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Die Vorstellung eines – von Gott gegebenen – Rechts, das
dem Leben im eigenen Land und auf der Erde vorausgeht,
ist in der Bibel sehr lebendig: Besonders bekannt sind die
Zehn Gebote (Ex 20, Dt 5). Sie werden schon vor dem Einzug in das verheissene Land verkündet – als verbindliches
Regelwerk für den Bund Gottes mit seinem Volk und für die
Verbindungen der Menschen untereinander.
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die Menschenrechte einsetzen. Sie erfüllen damit einen Teil ihres Auftrags.
4. Die Kirche ist für die Menschen da und sie ist universal. Auch
aus dem Leben und dem Selbstverständnis der Kirche ergibt sich
der Auftrag zum Einsatz für die
Menschenrechte.
© Meinrad Schade / Fastenopfer
In gelebter Ökumene begegnen
sich Kirchen des Nordens und Kirchen
des Südens, fordern sich heraus und
versammeln sich gemeinsam um den
Tisch des Herrn. Weltkirchliches Bewusstsein, weltkirchliche Vernetzung,
führt zu weltkirchlicher Verbundenheit auch im Einsatz für menschenwürdige wirtschaftliche Bedingungen
und für Rechtsverhältnisse, die dazu
notwendig sind. So wie Christus «der
Mensch für andere» ist (D. Bonhoeffer),
so ist die Kirche für andere da.
Nichts von Arbeiterschutz geschweige denn Suva-Vorschriften: Zwei Kleinschürfer lassen sich in einen Schacht
der Goldmine Alga hinunter – und bleiben manchmal gleich mehrere Tage drin.
3. Jeder Mensch ist ein Abbild Gottes. Dieser theologische Sinn der Menschenwürde verpflichtet die Kirchen in
besonderer Weise zum Einsatz für die Menschenrechte.
Der theologische Sinn der Menschenwürde – und in ihr
sind alle einzelnen Menschenrechte zusammengefasst – ergibt sich aus dem Grundmotiv der Erschaffung des Menschen nach dem Bilde Gottes (Gn 1,26-27). Im Neuen Testament verkörpert Jesus Christus den Menschen als Abbild
Gottes (Kol 1,15). Weil der Mensch das Abbild Gottes ist,
dürfen Menschen nicht über Menschen beliebig verfügen
und sie nach ihrem Bild – nach ihren Interessen, Vorstellungen oder Besessenheiten – manipulieren. Die Erschaffung
nach dem Bilde Gottes gilt auch und gerade für den leidenden Menschen, nicht so, dass das Leiden gerechtfertigt würde (Christus ist unschuldig), aber so, dass ihm die Würde
nicht genommen wird.
Die theologische Bedeutung der Menschenwürde macht
verständlich, dass sich die Kirchen in besonderer Weise für
Christliche Hilfswerke, die zur Bekämpfung des Hungers und weltweiter
wirtschaftlicher Ungerechtigkeit gegründet wurden, sind in Herkunft und
Identität von der Ökumene des Südens
und Nordens geprägt. Der Einsatz für
die Menschenrechte ergibt sich daraus.
5. Rechtsstaatlichkeit ist keine
Option neben anderen.
Freiwillige Grundsätze zur Einhaltung der Menschenrechte bilden kein
hinreichendes Instrument für Schweizer Unternehmen, um
ihrer Sorgfaltspflicht in anderen Ländern nachzukommen.
Freiwillig wird befolgt, was über die Pflicht hinausgeht.
Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte sind aber nicht
bloss eine Option, sondern ethische Pflicht. Theologisch ist
die entlastende Funktion von Recht und Gesetz hervorzuheben. Gottes gutes Gesetz führt den Menschen nicht nur
zur Einsicht, Sünder zu sein (weil er es nicht erfüllen kann),
es bleibt auch eine Leitlinie für das praktische Leben. Ein
Gesetz gilt für alle, also auch für den Einzelfall. Durch das
Gesetz wird das verantwortliche Unternehmen vor der Versuchung geschützt, die kommerzielle motivierte Aussicht auf
Gewinne und Konkurrenzvorteile höher zu werten als die
ethisch motivierte Beachtung der Menschenrechte.
* Otto Schäfer ist Beauftragter für Theologie und Ethik des Schweizerischen
Evangelischen Kirchenbundes SEK, Auszüge aus den Thesen zur
Ökumenischen Kampagne 2016
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Menschenrechte nicht Pflicht
ÖKUMENISCHE KAMPAGNE 2016
Erhält die Schweiz die Goldmedaille
der Konzernverantwortung?
Urs Walter
Gold lockt. Auch zu Geschäften, bei denen Konzerne
ihre Verantwortung für Menschenrechte nicht wahrnehmen. Ein Fall aus Burkina Faso zeigt, dass Gold
sauber werden muss. Darum wird in der Kampagne
die Konzernverantwortungsinitiative unterstützt.
2016 steht die Ökumenische Kampagne ganz im Zeichen
der Verantwortung der Konzerne. Das Motto heisst: «Verantwortung tragen – Gerechtigkeit stärken». Was das im
Falle des Goldabbaus in Burkina Faso heisst, zeigt eine zum
Start der Kampagne veröffentlichte Analyse der Auswirkungen der Minen Bissa und Kalsaka. Abbau und Verarbeitung
des Goldes führten zu Verletzungen der Menschenrechte
und Schäden an der Umwelt. Deren Gold wurde bis im Juli
2015 bei der Raffinerie Metalor bei Neuenburg verarbeitet,
dasjenige der Mine Essakane noch heute. Metalor kommt
damit eine grosse Mitverantwortung zu – gemeinsam mit
den Minengesellschaften und dem burkinischen Staat.
Diese Mitverantwortung der Konzerne ist heute nur in
Teilbereichen gesetzlich geregelt. Viele Paragraphen regeln
das Goldgeschäft, um Geldwäscherei zu vermeiden. Mit dem
Stempel «Feingold 999,9» garantieren Metallraffinerien und
Schmuckindustrie weltweit nach dem gleichen Standard,
dass auch «Gold drin ist, wo Gold drauf steht». Auch die
Edelmetallkontrollverordnung, oder Regelungen der Zollverwaltung dienen lediglich dazu, die Herkunft des Goldes
nachvollziehbar zu machen. Aus welcher Mine das verarbeitete Gold stammt und unter welchen Bedingungen es abgebaut wurde, dafür müssen die Beteiligten keine Informationen liefern – eine stossende Lücke.
Zudem überlässt der Bund die Sorgfaltsprüfung den
Unternehmen: Selbstkontrolle und Eigenverantwortung
der Raffinerien statt verbindlichen Vorgaben für alle. Dabei
zeigen nicht nur das neuste Fallbeispiel aus Burkina Faso,
sondern auch frühere Untersuchungen von Brot für alle aus
Südafrika oder der Demokratischen Republik Kongo, dass
im Bergbau allzu oft die Menschenrechte und der Schutz der
Umwelt auf der Strecke bleiben.
Freiwillig genügt nicht
Das unterstreicht: Freiwilligkeit genügt nicht. Metalor
betont in ihrer Unternehmenspolitik immer wieder, dass
Menschenrechtsverletzungen nicht toleriert würden. Darum werde nur mit industriellen Minen zusammengearbeitet, die legal Gold förderten. Die Untersuchung verdeutlicht
aber, dass eine staatliche Lizenz keine
Garantie für die Einhaltung von Menschenrechten ist. Gleiches gilt für die
internen und freiwilligen Qualitätsstandards der Goldbranche, auf die
sich Metalor beruft. Die LBMA (London Bullion Market Association) hat
einen Leitfaden für «verantwortliches
Gold» (Responsible Gold Guidance).
Dieser verpflichtet Firmen wie Metalor
auf eine Sorgfaltsprüfung ihrer Lieferkette, geprüft und zertifiziert durch
ein externes Audit. Wie die Prüfungen ablaufen, wird aber nicht offengelegt. Metalor schreibt, nur ethisch
gefördertes Gold mit rückverfolgbarer
Herkunft zu verarbeiten. Doch welche
Kriterien dieses Gold erfüllt und wie
Metalor dies überprüft, ist von aussen
nicht nachvollziehbar. Die Recherchen
zeigen, dass im Umkreis der Minen in
Burkina Faso, weiterhin Menschenrechtsverletzungen geschehen. Die
Wirksamkeit der Branchen-ZertifiSorgfältig waschen Kleinschürfer von Hand jedes Korn Gold aus dem Schlamm. Genau so sorgfältig sollen Schweizer
Konzerne weltweit die Menschrechte beachten und ihre Verantwortung wahrnehmen.
zierungen muss deshalb ernsthaft in
© Meinrad Schade/Fastenopfer
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Frage gestellt werden. Gleiches gilt für die strengen schweizerischen Gesetze, auf die Metalor verweist. All das genügt
nicht, dass die Schweiz bezüglich Verantwortung eine Goldmedaille erhält.
Negative Folgen in Burkina Faso
Der Abbau von Gold führt im kleinen westafrikanischen
Land zur Verlegung ganzer Dörfer. Mit negativen Folgen: In
Bissa zum Beispiel fehlt den Frauen seither sauberes Wasser,
die zugewiesenen Felder bleiben karg und die neuen Häuser
schützen ungenügend vor dem heissen Klima. Um das Gold
aus dem Gestein zu lösen, werden hochgiftige Chemikalien
wie Quecksilber oder Cyanid verwendet. Doch es mangelt
an Sicherheitsvorkehrungen und dem Schutz der Beschäftigten. Oft arbeiten Kinder mit und sind betroffen (vgl. Artikel
«Statt mehr Chancen geringere Ernten in Bissa» auf Seite 6).
Für Bernard Du Pasquier, Geschäftsleiter von Brot für
alle, belegt das Beispiel Gold sehr deutlich, «wie notwendig
es ist, dass die Rohstoffbranche ihre Verantwortung wahrnimmt». Der lange Weg von der Mine bis zum Schmuckstück ist oft schwer überblickbar. Es braucht darum weltweit
griffige und verbindliche Regeln.
Gesellschaft in den Mittelpunkt rückt», schreibt Ethiker Florian Wettstein im Interview auf Seite 4. «Darum muss die
Politik einwirken und verbindliche Regeln vorgeben.» Erst
so hängt sich die Schweiz nicht nur eine Goldmedaille im
Goldgeschäft um den Hals sondern darf sich auch mit Gold
bezüglich der Konzernverantwortung schmücken.
VERANSTALTUNG
Kongo – reiches Land,
geplündertes Land
Dienstag 8. März
20 Uhr: Veranstaltung
18 Uhr: afrikanischer Eintopf
Kasino Affoltern am Albis
© Brot für alle
Viele Wege führen in die Schweiz
Die Schweizer Politik hat dabei eine besondere Verantwortung: Im Goldgeschäft trägt die Schweiz eine Goldmedaille. Sie ist eine wichtige Drehscheibe im Goldhandel und
beherbergt vier der sieben grössten Goldraffinerien der Welt.
Diese verarbeiten 70 Prozent des weltweit geschürften Goldes. Vom Gold aus Burkina Faso wird gar 90 Prozent in der
Schweiz raffiniert, ergab die Analyse von Fastenopfer und
Brot für alle. Darum brauche es auch in der Schweiz gesetzliche Rahmenbedingungen. Brot für alle und Fastenopfer tragen deshalb erstmals eine Volksinitiative mit, zusammen mit
rund 80 Organisationen unterschiedlichster Ausrichtung.
Die Konzernverantwortungsinitiative soll sicherstellen, dass
die Unternehmen ihre Verantwortung für Menschenrecht
und Umwelt auch im Süden wahrnehmen. «In der Schweiz
tun sie es ja auch», sagt Jeanne Pestalozzi, Präsidentin des
Stiftungsrates von Brot für alle. Gültige Regeln für alle bedeuten zudem faireren Wettbewerb. «Zu oft bedeutet Fairness heute, gegenüber der Konkurrenz im Nachteil zu sein.»
In grossen Zahlen steht auf jedem Goldbarren wie rein er ist – aber nicht, wie
sauber die Herkunft des Goldes ist.
Die kongolesische Schauspielerin Carine Kapinga
zeigt ihr kurzes Stück Gut wie Gold, Bischof Fridolin
Ambongo Besungu spricht zu «Rohstoffe und natürliche
Ressourcen». Was haben die Lage in seiner Heimat
Ziel der Initiative ist, dass alle in der Schweiz ansässigen, weltweit tätigen Unternehmen immer sorgfältig prüfen, unter welchen Bedingungen bei ihren Tochterfirmen
oder von ihnen abhängigen Lieferanten gearbeitet wird. Ziel
bleibt, dass sie das Nötige vorkehren, damit Menschenrechte eingehalten und keine internationalen Umweltstandards
verletzt werden Zugleich müssen sie – wie im Controlling
und Rechnungswesen üblich – transparent berichten, wie
sie ihre Sorgfaltspflicht wahrnehmen. «Grundsätzlich brauchen wir ein Wirtschaftssystem, das den Menschen und die
Demokratische Republik Kongo mit der Verantwortung
globaler Konzerne zu tun? Der Bischof ist Vorsitzender
der Kommission für Ressourcen der kongolesischen
Bischofskonferenz. uw
Veranstalter: Gruppe «Knonaueramt solidarisch», mit Brot für alle und
Fastenopfer, das Gespräch leitet François Mercier, Fastenopfer.
contigo
Nr.1 | 2016
SAATGUT IN KENIA
Frei handelbar und bessere Qualität
Urs Walter
gentechnisch verändertes Saatgut propagieren. «Konzerne
wie Monsanto oder Syngenta versprechen den Bäuerinnen
und Bauern viel, ihre Berater reden von hohen Erträgen und
angepassten Sorten. Doch dieses Saatgut ist auf bestimmte
Dünger und Herbizide angewiesen und die Pflanzen brauchen viel Wasser. Fehlt das eine oder das andere, drohen
schlechte Ernten und Mangelernährung», beobachtet der
Bauernsohn Maingi.
Growth Partners Africa (GPA), eine von Brot für alle
unterstützte Organisation in Kenia, arbeitet eng
mit Bäuerinnen und Bauern zusammen. «Für mehr
Ernährungssicherheit und gegen Einschränkungen
im Saatguthandel», sagt Leiter Daniel Maingi.
Bauernfamilien stärken und
Saatgutgesetz ändern
Brot für alle unterstützt Growth Partners Africa (GPA) seit
2014. Die in Kenia registrierte Nichtregierungsorganisation
unterstützt Bauernfamilien, um deren Ernährung zu sichern und
Lebensbedingungen zu verbessern. Auch hilft sie im Kampf um
das eigene Saatgut. GPA klärt über die Folgen neuer Gesetze
auf, welche Handel, Tausch und Wiederverwendung von nicht
registriertem Saatgut verbieten. Profiteure dieser ungerechten
Politik zugunsten der industriellen Landwirtschaft sind Saatgutund Chemiefirmen.
Neben der praktischen Unterstützung engagiert sich GPA auf
demokratischem Weg für die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern.
Nur wenn sich die Gesetze zu deren Gunsten ändern, können
die Menschen in Kenia langfristig ihre Ernährung sichern. uw
www.growthpartnersafrica.org
© Brot für alle/Patrik Kummer
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Daniel Maingi hat in Tansania Agronomie und Pflanzengenetik studiert und
mit dem Master abgeschlossen. Über zehn Jahre arbeitete er danach in den
USA im Bereich Molekularbiologie bei einem führenden Agrokonzern, unter
anderem an gentechnisch verändertem Maniok. Von der Ausrichtung der
Industrieforschung enttäuscht, kehrte er nach Kenia zurück. Maingi leitet die von
Brot für alle unterstützte Growth Partners Africa. Auf eigenem Land baut Maingi
die Lebensmittel für seine vierköpfige Familie und weitere vier Leute in seinem
Haushalt an.
Nur mit offenen Partnerschaften könne die Ernährungssicherheit gewährleistet werden, betont Daniel Maingi, Agronom aus Kenia. Er wehrt sich darum seit seiner Rückkehr
aus den USA gegen die Saatgutkonzerne, die vor allem industrielle Landwirtschaft und Hochleistungspflanzen oder
Gehaltvolle Beikräuter erhalten
Für den studierten Agronom mit Forschungserfahrung in den USA brachte die industrielle Landwirtschaft
bisher eher Nachteile. Das Land habe viele Entwicklungen
der sogenannten «Grünen Revolution» mitgemacht und
gelte für die Weltbank und Investoren als «fortschrittlich»,
sagt Maingi. Das habe aber negative Folgen. Ein Beispiel:
«Hochleistungssorten oder gentechnisch veränderte Nutzpflanzen wachsen nur auf leer gespritzten Feldern gut.» Das
habe gravierende Folgen: «Es fehlen die Beikräuter, die früher ebenso zum Speiseplan der Bevölkerung gehörten. Sie
lieferten eine Vielzahl an Vitaminen und Mineralstoffen.
Heute leiden viele Menschen an Mangelernährung.» Oft
stammten die neuen Züchtungen auch aus den USA. Falsch,
findet Maingi: «Zum Recht auf Nahrung gehört auch, dass
die Lebensmittel der Kultur der Menschen entsprechen».
Ferner werden die Hightech-Pflanzen gegen Insekten resistent oder sie verkümmern, wenn mit dem Klimawandel das
lokale Wetter ändert.
contigo
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Nr.1 | 2016
ERFOLG FÜR FACHTAGUNG
Gemeinsam gegen Land Grabbing
© Brot für alle/Tina Goethe
Land Grabbing – Wie wehren sich Dörfer gegen Konzerne, die ihr Land wegkaufen oder pachten? Was brauchen
Bäuerinnen und Bauern, damit sie nicht die Verlierer von
Veränderungen sind? Darüber diskutierten Mitte Januar
2016 über 200 Fachleute und Aktivisten aus dem Süden und
Norden in Bern an der Fachtagung von Brot für alle und CDE
(Zentrum für Nachhaltige Entwicklung und Umwelt, Universität Bern). Das CDE erfasst Flächen und Auswirkungen
der Landkäufe von ausländischen Firmen und Investoren.
Wer in Kenia Saatgut verkaufen will, muss sich seit 2014 registrieren. So wird der Handel mit
angepassten alten Lokalsorten behindert – zu Gunsten der Geschäfte der Konzerne und ihrer
High-Tech-Sorten.
Wertvolles Wissen der Bäuerinnen
Ausländische Hochleistungssorten seien auch gar nicht
nötig. Immer wieder erfährt Maingi, wie gerade die älteren
Bäuerinnen mit ihrem Wissen einen hochpräzisen Blick
haben, welche Pflanzen und Samen sich als Saatgut eignen.
«Umso gravierender ist, wenn die Jungen nach Misserfolgen
mit den neuen Pflanzen oder schlechten Ernten abwandern
und so das Wissen verloren geht.» Dabei fehle vielen Bauernfamilien das Geld, um jedes Jahr neu Saatgut zu kaufen
statt sorgfältig bei jeder Ernte die besten Samen herauszulesen – besonders wenn die Ernte nicht so gut wie versprochen
ausfalle.
GPA verbessert Behandlung von Saatgut
Growth Partner Africa fördert auch den sorgfältigeren
Umgang mit Saatgut. Zu häufig würden zu feuchte Körner
geerntet, angeschimmelter Samen verwendet oder bei Mangelernährung auch gegessen. «Aflatoxine sind in Kenia eine
häufige Belastung. Sie bleiben im Boden und die Folge sind
oft Krebserkrankungen», beobachtet Maingi. «Sogar Mais in
den Supermärkten ist zu einem grossen Teil belastet.» Gemeinsam mit der Regierung Kenias setzt sich GPA für mehr
Sicherheit beim Saatgut ein.
Übereinstimmend wurde festgehalten, dass Land Grabbing oft zu einer unökologischen und nicht nachhaltigen
Nutzung der betroffenen Landwirtschaftsflächen führt –
meistens zu Lasten der Bauern. Schwieriger ist, wirkungsvolle Lösungsansätze zu finden. In Benin hat die Bauerngewerkschaft und Bfa-Partnerin Synpa dank einer starken
Zivilgesellschaft Erfolge erreicht. In der Demokratischen
Republik Kongo, die von Kriegswirren und fehlenden staatlichen Strukturen geprägt ist, müssen vor allem Firmen in
der Schweiz, die davon profitieren, zur Verantwortung gezogen werden. uw
KARAWANE GEGEN LAND GRABBING
Ouagadougou – Bamako – Dakar
Donnerstag 3. bis 21. März
Immer mehr Bauern verlieren den Zugang zu Ackerland
und Wald. Gegen dieses Land Grabbing wehrt sich die
Bevölkerung in Westafrika. Rund 400 Personen werden
an der Karawane gegen Landraub von Ouagadougou
(Burkina Faso) via Bamako (Mali) nach Dakar (Senegal)
teilnehmen. Brot für alle hat die Vorbereitungen auch mit
dem Workshop in Bern unterstützt. Die Teilnehmenden
treffen sich mit tausenden Bäuerinnen und Bauern. Mit
einer grossen Schlussveranstaltung in Dakar wenden
sie sich auch an die (politische) Öffentlichkeit. Nur
gemeinsam lassen sich die Land- und Wasserrechte der
Bevölkerung sichern und Einschränkungen bei der lokalen
Saatgutherstellung abwehren. uw
Informationen: www.brotfueralle.ch
Spenden Konto 40-984-9, Vermerk: Growth Partners Africa,
Projekt 835.8037
Information: www.brotfueralle.ch
contigo
Nr.1 | 2016
Startkapital und Ausbildung für Frauen
INDONESIEN
Aus Trümmern entstand neue
Hoffnung
Judith Macchi
Letztes Jahr hat HEKS seine Humanitäre-HilfeProjekte in Indonesien abgeschlossen. Das Hilfswerk
blickt auf eine erfolgreiche Wiederaufbauarbeit auf
der Insel Nias und in der Region von Padang und
Pariaman in Westsumatra zurück.
Vor über zehn Jahren wurden die Menschen auf Nias
gleich von zwei Katastrophen getroffen: Was im Dezember
2004 nicht bereits der Tsunami zerstört hatte, lag nach dem
schweren Erdbeben im März 2005 in Trümmern. Seither hat
sich das Leben der Menschen auf der Insel Nias zum Guten
verändert – nicht zuletzt dank der Wiederaufbauhilfe von
HEKS und seiner lokalen Partnerorganisation Holianaa. In
sechs Dörfern an der nordwestlichen Küste von Nias wurden die ökonomischen Lebensgrundlagen der begünstigten
Familien wiederhergestellt und nachhaltig verbessert.
Insbesonders Frauen erhielten Unterstützung, um Kleinunternehmen aufzubauen, die der Familie ein Zusatzeinkommen und damit eine sichere Lebensgrundlage einbringen. Um das Kapital für den Unternehmensaufbau sicherzustellen, wurden auf Dorfebene Kredit- und Spargruppen
gegründet. Zudem erhielten die Mitglieder der Kredit- und
Spargruppen Kurse in Buchhaltung, ökologischer Landwirtschaft und in der Tierhaltung.
Geld für den Lebensunterhalt und die Kinder
Viele der Frauen sind auch heute, drei Jahre nach Projektabschluss, immer noch erfolgreiche Schweinezüchterinnen, Gemüse-, Kakao- oder Kautschukhändlerinnen
oder Besitzerinnen eines Ladens. So auch Asma, 38-jährig
und Mutter von sechs Kindern, die über die Frauen-Spargruppe einen Kredit aufnahm. Die Kleinunternehmerin
züchtet Hühner und baut Obst und Gemüse an, das sie auf
dem Markt verkauft. «In den Kursen von Holianaa lernte ich, eine eigene Hühnerzucht zu betreiben und Gemüse und Obst anzubauen. Zudem erfuhr ich, wie ich in der
Kooperative mitarbeiten kann», berichtet sie. Asma und
ihr Mann, der als Fischer arbeitet, verdienen heute zusammen rund 150 Franken im Monat. Das Geld brauchen sie
für den täglichen Lebensunterhalt und für die Ausbildung
ihrer Kinder.
© Annette Boutellier/HEKS
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Mit dem Verkauf von geräuchertem Fisch können sich die Frauen ein zusätzliches Einkommen erwirtschaften.
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Nr.1 | 2016
© Rolf Schleyer/HEKS
contigo
Inasafa mit ihrem Ehemann auf ihrer Gummibaumplantage.
Auf mehrere Einkommensquellen setzen
Im Gegensatz zu Asma hat die 39-jährige Inasafa und
Mutter von fünf Kindern auf Kautschuk gesetzt. «Ich besitze
zweihundert Bäume, von denen ich rund acht Kilogramm
Kautschuk pro Tag ernten kann», sagt sie. Als sie bei Holianaa die Ausbildung machte und alles über Kautschuk lernte,
war der Kautschukpreis dreimal höher als heute; nach jahrelangem Höhenflug ist er vor zwei Jahren aber eingebrochen.
Trotz der tiefen Preise hat Inasafa dank ihrer Plantage ein
Einkommen, das der Familie hilft. Aber sie hofft sehr, dass
die Preise wieder steigen werden. Es ist sehr wichtig, dass die
Begünstigten auf mehrere Einkommenszweige setzen und
Ersparnisse anlegen. Das hilft, wenn wegen der volatilen
Weltmarkpreise oder als Folge einer Naturkatastrophe eine
Einkommensquelle versiegt.
Entschieden wird gemeinsam
Heute tragen in vielen Familien der HEKS-Projektdörfer
sowohl die Frauen als auch die Männer zum Lebensunterhalt der Familie bei, und familiäre Entscheidungen werden
gemeinsam getroffen. In einzelnen Fällen teilen sich die
Ehepaare neben der Erwerbsarbeit nun auch die Hausarbeit
und die Kinderbetreuung. Das Selbstbewusstsein der Frauen
ist gewachsen, ihr Status innerhalb der Familie und in den
Dörfern hat sich verbessert. «Früher
mussten wir bei den Dorfversammlungen auf dem Boden sitzen und
durften nicht mitreden, heute sitzen
wir neben den Männern auf Stühlen
und dürfen sogar als erste unsere Meinung äussern», berichtet eine ältere
Dorfbewohnerin.
Dies erkannte auch die indonesische Regierung – und arbeitete einen umfassenden Plan zur Katastrophenvorsorge aus.
Dieser sieht vor, dass jede Gemeinde Vorbereitungsmassnahmen trifft. Um dieses ambitionierte Vorhaben umzusetzen, fehlt es in den Distrikten jedoch an Geld und Knowhow.
LP2M, die lokale Partnerorganisation von HEKS in der Region von Padang und Pariaman, ging in sechs Dörfern mit
gutem Beispiel voran und baute nachhaltige Strukturen auf.
In einem ersten Schritt analysierte LP2M gemeinsam mit der
Dorfbevölkerung die Gefahren für jede Gemeinde. Für jedes Dorf arbeitete sie einen Massnahmenplan aus. Präventiv
wurden steile Hänge wiederaufgeforstet, um der Bodenerosion und damit der Gefahr von Erdrutschen vorzubeugen.
Katastrophenkomitees, die Leben retten
In jedem der sechs Dörfer wurden Katastropheneinsatzkomitees mit 12 bis 25 Mitgliedern gegründet, die im Falle
einer Katastrophe für den Schutz der Dorfbevölkerung verantwortlich sind. Sie erhielten eine umfassende Ausbildung
und lernten, im Katastrophenfall Opfer zu finden, Erste Hilfe
zu leisten, ein Notlager aufzubauen, die Lage richtig einzuschätzen und mit den verantwortlichen Regierungsstellen
in Kontakt zu bleiben. Zudem wurden sie mit Funkgeräten,
einer mobilen Wasserreinigungsanlage, Schutzkleidung,
Feuerlöschern und Seilen ausgerüstet. So können sie in einer
Krisensituation schnell und effizient handeln.
Regelmässig probt die Dorfbevölkerung den Katastrophenfall und simuliert eine Erdbebensituation. Am zentralen Evakuierungspunkt werden innert kürzester Zeit ein
Notlager aufgebaut, Verletzte versorgt und Vermisste gesucht. Heute weiss jeder in der Gemeinde, was er im Ernstfall zu tun hat, um sich so schnell wie möglich in Sicherheit
zu bringen. Die Dörfer können heute nach einem Erdbeben
einige Tage für sich selber sorgen, bis Hilfe eintrifft. Dank
der Katastrophenvorsorge sollen künftig mehr Leben gerettet werden können.
Wegen seiner geographischen
Lage drohen Indonesien immer wieder Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüche. Die lokale Bevölkerung muss deshalb in jedem Moment
für eine Katastrophe gewappnet sein.
© Annette Boutellier/HEKS
Gefahren erkennen und
vorbeugen
Die Frauen haben Kredit- und Spargruppen gegründet, um ein Kleinunternehmen aufzubauen.
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contigo
Nr.1 | 2016
Mehr Fische für alle
SÜDSUDAN
Mit Boot und Netz zu neuen Ufern
Monika Zwimpfer
Je länger der bewaffnete Konflikt im Südsudan
dauert, desto prekärer wird die Ernährungssituation.
HEKS unterstützt 15 Fischereikooperativen mit rund
2250 Mitgliedern mit Fischernetzen und Kanus,
um ihre Ernährung zu sichern.
Ermuntert von der HEKS-Partnerorganisation ACORD
(Agency für Cooperation and Research in Development)
schlossen sich die rund 140 Fischer zur Kooperative Tisak
zusammen. Sie erhielten Boote und gute Netze, die bis zu 100
Metern lang sind. Nun konnten sie auf den Fluss hinausfahren und fingen mehr und bedeutend grössere Fische. «Mit
den Netzen fangen wir heute sieben bis zehn Fische für jeden
von uns», sagt Paulino, ein Mitglied der Fischereikooperative. «Zwei bis drei davon essen wir, der Rest wird verkauft.»
Eine andere Fischereikooperative in Loyi, der rund 180
Familien angehören, ist schon recht erfolgreich. Hierher
kommen die Händler aus den umliegenden Dörfern, um frischen Fisch zu kaufen. Da es keine Schule in der Nähe gab,
haben die Familien vier Lehrpersonen organisiert, deren
Löhne sie mit Fischen bezahlen. 60 Kinder können hier zur
Schule gehen. Das Schulmaterial für die 35 Jungen und 25
Mädchen bezahlt HEKS.
© Christian Bobst
Ein regelmässiges Einkommen
Ein Fischer trocknet seinen Fang, um ihn länger haltbar zu machen.
Die Familien von Mangala am Weissen Nil lebten ursprünglich von der Viehzucht. Doch der jahrzehntelange
Bürgerkrieg im Sudan hat ihnen ihre Tiere und damit ihr
ganzes Hab und Gut genommen. Was blieb, waren die Fische
im Fluss, die sie vom Ufer aus mit Speeren fingen und dank
denen sie überleben konnten. Pro Familie fingen sie zwei bis
fünf kleine Fische pro Tag. Für mehr als eine Mahlzeit täglich
reichte es selten. Manchmal weinten die Kinder vor Hunger.
«HILFE SCHENKEN»
HEKS verzeichnet einen neuen
Rekord
Auch an Weihnachten 2015 fanden wieder zahlreiche
Ziegen, Enten, Hühner, Schweine, Wolldecken und viele
weitere Geschenke zur Freude der Begünstigten der HEKSProjekte den Weg unter den Weihnachtsbaum. Die erfolgreiche Geschenkaktion überzeugte mehr Menschen denn je:
Um die Fische zu konservieren, hat die Kooperative an
verschiedenen Anlegeplätzen am Nil Räucheröfen installiert. Die Fischer können ihren Fang trocknen und bis zu drei
Monaten haltbar machen. Dies hilft ihnen, die Trockenzeit
zu überbrücken, wenn weniger Fische ins Netz gehen.
Die Fischsorten Tilapia und Nilbarsch sind sehr beliebt.
Mit einem Kühlwagen werden die frisch gefangenen Fische an
verschiedene Restaurants und Hotels geliefert. Die verkauften
Fische bringen gutes Geld ein. Einen Teil des Erlöses legt die
Kooperative für Reparaturen und Investitionen zur Seite. Der
Rest gehört den Familien. Heute müssen sie nicht mehr Hunger leiden. Das Geld reicht auch, um die Gesundheitskosten zu
decken und Schulmaterial für die Kinder zu bezahlen.
Spenden: bitte auf das PC-Konto 80-1115-1 mit dem Vermerk
«Humanitäre Hilfe Südsudan»
HEKS verkaufte rund 29 000 Geschenke im Wert von insgesamt 1,3 Millionen Franken.
HEKS bedankt sich bei allen, die «Hilfe schenken» unterstützt haben, wie zum Beispiel der Cevi in Samedan,
der am Nikolausmarkt «Hilfe-schenken»-Wolldecken im
Wert von 5000 Franken verkaufte. Mit dem Erlös werden
Flüchtlingsfamilien, unter anderen in Libanon oder Irak,
unterstützt. Die Bevölkerung im Oberengadin hat mit ihrer
Spendenfreudigkeit ein Zeichen der Hoffnung gesetzt, und
die Jugendlichen und Kinder dürfen die Gewissheit haben,
im Kleinen Grosses bewirkt zu haben. Herzlichen Dank! os
contigo
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Nr.1 | 2016
SERBIEN
Ein wunderbarer Konzertabend
in der Tonhalle Zürich
Winterhilfe für Flüchtlinge
© zvg
HEKS-BENEFIZKONZERT
HEKS freut sich, dem Publikum dieses Jahr mit der weltweit gefeierten Janáček Philharmonie Ostrava, dirigiert von
Heiko Mathias Förster, ein Musikerlebnis der besonderen
Art präsentieren zu können.
Gönnen Sie sich diesen wunderbaren Konzertabend
und unterstützen Sie bedürftige Familien auf der Flucht.
Das Sinfonieorchester besteht aus rund hundert erstklassigen Musikerinnen und Musikern und ist im tschechischen
Ostrava beheimatet. Mit dem geschmeidigen Klang seiner
Streicherinnen und Streicher und dem treibenden BläserEnsemble hat das Orchester Weltruhm erlangt. Heiko Mathias Förster wurde schon mit 23 Jahren zum Chefdirigenten
des Brandenburger Theaters ernannt. Als Gast dirigierte er
zudem Orchester auf der ganzen Welt. Seit 2014 leitet er die
Janáček Philharmonie Ostrava. Das Orchester spielt Werke
von Bedřich Smetana, Adrian Enescu, Johann Strauss jun.,
Franz Liszt und Antonín Dvořák.
Zeit: Samstag, 23. April 2016, 19.30 Uhr
Ort: Tonhalle Zürich, Grosser Saal
Vorverkauf: Tonhalle Zürich, Musik Hug, Musikhaus Jecklin oder
Jelmoli in Zürich.
Online-Bestellungen: www.tonhalle.ch, 044 206 34 34
Die Kälte macht den Flüchtlingen auf ihrem Weg nach
Europa zu schaffen. Konnten sie im Sommer noch draussen
in Parks oder auf einem Feld übernachten, sind sie bei kalten
Temperaturen dringend auf feste Unterkünfte angewiesen.
HEKS leistet in Serbien seit September 2015 gemeinsam mit
seiner lokalen Partnerorganisation Ecumenical Humanitarian Organisation (EHO) Soforthilfe. Während der Wintermonate unterstützt HEKS die Flüchtlinge zusätzlich mit
warmer Kleidung und stellt Unterkünfte in der Umgebung
von Šid an der serbisch-kroatischen Grenze zur Verfügung.
Kurzfristig konnten HEKS und EHO mithelfen, das Motel
Adaševci als Empfangszentrum für die Flüchtlinge einzurichten EHO verteilt im Empfangszentrum Adaševci sowie
in Bussen und Zügen täglich 1200 bis 2000 Hilfspakete.
Die Pakete enthalten Nahrungsmittel, Wasser sowie Hygieneprodukte. Verteilt werden zudem Decken, Rucksäcke,
Socken, Schuhe, Unterwäsche, Mützen, Handschuhe, warme Jacken und Decken. Das EHO-Medical Team leistet erste
Hilfe, verarztet Wunden und verteilt Medikamente.
Spenden: bitte auf das PC-Konto 80-1115-1 mit dem Vermerk «Flüchtlinge
weltweit und in der Schweiz»
SOZIALE INTEGRATION
«HEKS in-fra job»: Sprachkurs
und Arbeitsintegration in einem
Das neue Angebot der HEKS-Regionalstelle Ostschweiz
ermöglicht vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlingen
im Kanton Thurgau einen ganzheitlichen Einstieg in den
Schweizer Arbeitsalltag. Während zwölf Wochen absolvieren die Teilnehmenden an fünf Halbtagen pro Woche einen
Arbeitseinsatz bei «HEKS TG job» und besuchen gleichzeitig einen an «HEKS in-fra» angegliederten Sprachkurs. Dies
ermöglicht ihnen einen Einblick in die Schweizer Arbeitskultur und einen zielgerichteten Spracherwerb. Individuelles
Coaching und Vorschläge an die zuweisenden Gemeinden
für weiterführende Integrationsmassnahmen fördern ihren
Weg in die Selbständigkeit. «HEKS in-fra job» wird im Rahmen des neuen Kantonalen Integrationsprogramms durchgeführt. Mit diesem will der Kanton Thurgau die Integration
der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt fördern.
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contigo
Nr.1 | 2016
Lebensgeschichten im Zentrum
SENIORENNACHMITTAG
Älter werden hier und andernorts
Dorothee Adrian
Die Bildungsabteilung von Mission 21 will vermehrt
Menschen im dritten und vierten Lebensabschnitt
ansprechen. Mit einem speziell auf diese Altersgrupppe zugeschnittenen Kursprogramm erweitert
sie ihr Angebot.
In dem von Heidi Zingg Knöpfli entwickelten Kurs
«Älter werden in einem anderen Land» erzählt das Bildungsteam von Mission 21 von Menschen, die beispielsweise
in Kamerun oder Indonesien altern: Wovon leben sie, wenn
es keine Rente gibt? Die Antwort: Wenn sie auf dem Land leben, gehen sie weiterhin aufs Feld oder arbeiten kunsthandwerklich, so wie der kamerunische Holzschnitzer Mbenchu
Robert Toh. Leben heisst an vielen Orten ganz existenziell
«überleben». «Da haben wir es hier aber gut», ist dann oft
die Reaktion in einer Seniorengruppe. Doch bevor es um
die Erfahrungen der Menschen in der weiten Welt geht, will
Heidi Zingg Knöpfli von den hiesigen Seniorinnen und Senioren wissen, was sie sich einst vom Leben wünschten und
welche Aspekte davon in Erfüllung gingen. Wichtig ist ihr,
Gemeinsamkeiten mit älteren Menschen aus anderen Ländern herauszuarbeiten. Zum Beispiel, wenn es um ihre Rolle
als Grossmutter oder Grossvater geht.
Als Mitarbeiterin von Mission 21 wird sie oft zuerst mit
einem bestimmten Bild von Mission konfrontiert. «Manche
haben Bedenken, dass ich komme, um Geld zu sammeln und
ihnen ein schlechtes Gewissen zu machen», berichtet sie.
Doch dann erleben die Menschen, dass es hier um sie geht,
um ihre ganz besondere und reiche Lebenserfahrung. Und
auch, dass es lustig zu und her gehen kann an einem solchen
Nachmittag.
Den Blick weiten
© Mission 21
Heidi Zingg Knöpfli möchte den Blick weiten. Nicht
nur, indem sie von Menschen in den Partnerländern von
Mission 21 erzählt, sondern auch im Ausloten von Möglichkeiten. Eine Besucherin des Kurses berichtete beispielsweise,
dass sie sich immer Kinder und Enkel gewünscht hatte, diese
aber nicht bekam. Sie «adoptierte» schliesslich die italienische Nachbarsfamilie und schwärmt heute vom ein- und
ausgehenden jungen Leben in ihrem Haus.
Heidi Zingg Knöpfli erzählt davon, wie Menschen in anderen Kulturen altern.
«Seit meiner Kindheit finde ich ältere Menschen toll»,
sagt Heidi Zingg Knöpfli, Erwachsenenbildnerin und Mitarbeiterin bei Mission 21. «Ich liebte meine Grosseltern heiss
und innig und war immer sehr gerne bei ihnen.» In Kamerun, wo Zingg Knöpfli von 1986 bis 1993 lebte, werden betagte Menschen geehrt und ihre Erfahrungen wertgeschätzt.
Zurück in der Schweiz, erlebte sie den Unterschied als gravierend: «Hier spüren viele Seniorinnen und Senioren, dass
sie als Kostenfaktor oder Belastung gesehen werden.»
Am Schluss des Kurses geht es nochmals nach Kamerun:
Vor langer Zeit übersetzten Missionare das bekannte Lied
«Gott ist die Liebe» auf Mungaka, eine der 248 lokalen Sprachen. Gemeinsam singen die Teilnehmenden diese vertraute
Melodie mit den Worten einer völlig fremden Sprache. Auch
so kann weltweite Kirche erfahrbar werden.
Mögliche Kursthemen für die Seniorinnen- und Seniorenarbeit in Kirchgemeinden sind:
• Älter werden in einem anderen Land
• Ohne Frauen geht es nicht
• 200 Jahre Geschichte und voller Hoffnung in die Zukunft
• Was macht uns krank – was macht uns gesund?
Weitere Informationen: [email protected], 061 260 22 67
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Nr.1 | 2016
PROJEKT
Wenn der Nächste nicht liebt
Katrin Pilling
Christen und Muslime engagieren sich gemeinsam
für Opfer häuslicher Gewalt. Ein Beispiel für wirksame interreligiöse Friedensarbeit aus Indonesien.
Gewaltopfer in den letzten Jahren verstärkt. Riris fand dank
der GKP eine Unterkunft. Aty Suandi von Praxis brachte
ihre psychologische Erfahrung ein und hat die Begleitung
der Familie übernommen.
Seelsorge reicht nicht
Am Zentrum für Feministische Theologie an der Christlichen Universität in Yogyakarta lassen sich Pfarrerinnen
und Pfarrer der Partnerkirchen von Mission 21 weiterbilden.
Fester Bestandteil der Ausbildung sind Praktika im muslimischen Frauenhaus Rifka Annisa. Obertina Johanis hat
bereits dreimal an Trainings teilgenommen: «Früher bin ich
Opfern lediglich mit Seelsorge begegnet: Zuhören, Reden
und gemeinsames Beten. Doch es braucht mehr, nämlich
Fachwissen und ein starkes Netzwerk aus Anwälten, Spitälern und der Polizei, um Opfern konkret helfen zu können»,
so die Pfarrerin.
Riri kann ihre Geschichte nicht selbst erzählen. Jedenfalls
nicht mit Worten. Die 20-Jährige ist taubstumm. Aufmerksam ruht ihr Blick auf Aty Suandi, während diese ihr ihre
Stimme leiht. Die Psychologin leitet die muslimische OrganiNiemand mag sich ausmalen, wie Riris Leben ohne die
sation «Praxis in Community» (Praxis). Diese kooperiert mit
Hilfe von Praxis, GKP und der mutigen Sozialarbeiterin
der «Pasundan Kirche» (GKP), einer Partnerkirche von Misheute aussehen würde. Sie lacht viel, geht gerne klettern
sion 21 in Bandung. Gemeinsam helfen sie Frauen und Kinund hilft dem Team in der Notunterkunft bei der Hausardern, die von ihren Allernächsten – Vätern, Brüdern, Ehebeit und dem Kochen. Derzeit entwickelt sie ihre eigene Gemännern – Gewalt erlitten haben. Die Opfer erhalten Schutz
bärdensprache weiter. Vielleicht kann sie irgendwann ihre
in einer Notunterkunft, psychologische und medizinische
Geschichte selbst erzählen und – schweigend – das SchweiBetreuung und Rechtshilfe. «Wir haben Riri völlig verwahrgen brechen.
lost aufgefunden», sagt Aty Suandi. Die Familie hatte sie zwei
Jahre lang in einen Holzkäfig neben
dem Wohnhaus gesperrt. Mit Überforderung und Angst erklärt Aty Suandi
das Verhalten der armen Familie mit
drei weiteren Kindern. Das vernachlässigte Mädchen war manchmal nachts
durchs Dorf gelaufen, Dorfbewohner
beschwerten sich über die «Verrückte».
Die Familie fand den Holzkäfig als «Lösung». Eine Sozialarbeiterin wurde auf
Riri aufmerksam. Auf ihrer langen Suche nach Hilfe fand sie schliesslich Praxis und die GKP. «Erst nach und nach
haben wir das Ausmass der Geschichte
verstanden», erklärt Aty Suandi, auch
durch Riris Zeichnungen und ihre Alpträume: «Wir haben den Verdacht, dass
Riri sexuell missbraucht wurde.» Eine
Anklage sei schwierig: keine Beweise,
keine Zeugen, ein «stummes» Opfer.
Riri (rechts) kann wieder lächeln. Neben ihr sitzen Nuralita, eine freiwillige Helferin der GKP, und Pfarrerin Obertina Johanis.
Immer mehr Opfer suchen Hilfe
Riris Fall ist ein extremes Beispiel, doch häusliche Gewalt erleiden in Indonesien viele. 2014 wurden laut der nationalen Frauenkommission 293 220 Fälle von Gewalt gegen Frauen gemeldet, davon 70 Prozent häusliche Gewalt.
Die GKP und andere Partnerkirchen von Mission 21 in
Kalimantan und Sabah (Malaysia) haben ihren Einsatz für
Projekt: «Kooperationsprogramm Indonesien und Malaysia»
Nummer: 225.1001
Spenden: Konto PC 40-726233-2, IBAN Nr. CH58 0900 0000 4072 6233 2
(Vermerk: «225.1001»)
Information: www.mission-21.org/frauen-indonesien
[email protected], 061 260 23 03
© Mission 21 / Katrin Pilling
contigo
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contigo
Nr.1 | 2016
Hongkong: Kurzeinsätze für
junge Erwachsene
AKTUELL
Südsudan: Neue ökumenische
Mitarbeitende ausgesandt
© Mission 21
Mission 21 bietet jungen Erwachsenen die Möglichkeit eines Perspektivenwechsels: Gemeinsam mit jungen
Freiwilligen aus aller Welt können sie rund drei Monate in
Hongkong im Ascension House leben. Dieses christliche
Gästehaus gehört zum Tao Fong Shan Christian Centre. Die
Teilnehmenden lernen das christliche Leben in Hongkong,
eine andere Kultur und spannende Menschen kennen. Ein
Vorgespräch sowie ein Vor- und ein Nachbereitungswochenende in Basel sind Bestandteil des Programms. Das Angebot
richtet sich an junge Erwachsene zwischen 18 und 22 Jahren
mit ausreichenden Englischkenntnissen. Ausreise 2016 zwischen Juni und September. da
Dorina und Mathias Waldmeyer, die neuen Koordinatoren für das Kooperationsprogramm
Südsudan.
Dorina und Mathias Waldmeyer sind seit Ende Januar
2016 als Koordinatoren für das Kooperationsprogramm
Südsudan von Mission 21 im Einsatz. Das Land befindet
sich im Krieg. Ursprung des Konflikts ist ein politischer
Streit zwischen Präsident Salva Kiir und Ex-Vizepräsident
Riek Machar, der Ende 2013 zum Kriegsausbruch führte. 2,3
Millionen Menschen sind auf der Flucht. Viele Ortschaften,
in denen die Projekte ursprünglich angesiedelt waren, sind
zurzeit unbewohnbar. Trotz Angst und Verunsicherung geht
die Arbeit aber an neuen Orten weiter.
Dorina Waldmeyer ist Südostasienwissenschaftlerin und
seit 2013 in unterschiedlichen Funktionen für Mission 21
tätig, zuletzt als stellvertretende Programmverantwortliche
für Nigeria. Mathias Waldmeyer ist Risikoanalyst sowie
Politik- und Regionalwissenschaftler Südostasien. Zuletzt
arbeitete er als Senior Risk Analyst für die Region AsienPazifik bei EXOP, einem Beratungsunternehmen für Risikomanagement in Konstanz.
In ihrer neuen Funktion unterstützen Dorina und Mathias Waldmeyer unsere südsudanesischen Partnerkirchen
und -organisationen bei der Projektplanung, -durchführung
und -evaluation. Dabei steht die Weiterbildung der Mitarbeitenden der Partnerorganisationen im Zentrum, um die
Qualität der Programmarbeit langfristig zu sichern. Arbeitsort ist zunächst Nairobi (Kenia). Wenn es die Sicherheitslage
zulässt, werden sie regelmässige Kurzeinsätze im Südsudan
leisten. mw
Information und Anmeldung: [email protected],
Tel. 061 260 22 67
Schweiz: Gönner-Seminar mit
Basler Münster-Führung
Wie regle ich meine letzten Dinge? Wie kann ich am
besten meine finanziellen Angelegenheiten ordnen? Welche
rechtlichen Regelungen sind zu beachten? Antworten auf
diese wichtigen Fragen gibt das jährlich stattfindende Gönner-Seminar von Mission 21 in bewährter Zusammenarbeit
mit dem VZ VermögensZentrum. Für persönliche Gespräche sind Claudia Bandixen, Direktorin von Mission 21, sowie
Vorstandsmitglieder von Mission 21 und der Basler Mission
anwesend.
Nach dem gemeinsamen Mittagessen gibt es eine Spezialführung für Mission 21 durch das Basler Münster, einer
der bedeutendsten Sakralbauten der Schweiz. Die Hauptkirche der Evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt birgt
viele Geheimnisse, Geschichten und Schätze. Wer ahnt heute, dass Hauptportal und Galluspforte einst in prächtigsten
Farben erstrahlten? Wer weiss, welchen Weg die Sandsteine
für den Bau des Münsters zurücklegen mussten? Und was
spielte sich im Mittelalter im Kreuzgang ab? Bianca Burkhardt, seit 16 Jahren Restauratorin bei der Basler Münsterbauhütte, leitet die Führung. da (Siehe Agenda)
contigo
21
Nr.1 | 2016
JUNI
AGENDA
Missionsfest
5. Juni, ganztägig
Veranstaltungsort:
Wenn nicht anders angegeben, finden
die Veranstaltungen bei Mission 21 an
der Missionsstrasse 21 in Basel statt.
APRIL
Gönnerseminar
Dienstag, 12. April 2016, 10 –15.30 Uhr
Seminar von Mission 21 in Zusammenarbeit mit der Basler Mission
und dem VZ VermögensZentrum,
Anschliessend Spezialführung durch
das Basler Münster. (Siehe Seite 20)
Information und Anmeldung:
[email protected],
061 260 23 36
Im Anschluss an die Missionssynode
(3. und 4. Juni) feiern wir das jährliche
Missionsfest. Es beginnt mit einem
Festgottesdienst in der Dorfkirche in
Riehen und wird mit einem familienfreundlichen Programm im Garten
des Missionshauses fortgeführt. Für
Essen, Getränke und Musik ist gesorgt.
6. bis 10. Juli
Information und Anmeldung:
[email protected],
061 260 22 76
Information und Anmeldung:
www.mission-21.org/bonhoeffer2016
Ferien für Missionsinteressierte
20. bis 27. Juni
Graf-Zeppelin-Haus am Bodensee
Eine Reise in die spannende Geschichte der Basler Mission 21: Wir erleben
persönliche historische Berichte und
erfahren, was Mission heute bewirkt.
Das Graf-Zeppelin-Haus am Bodensee in Friedrichshafen-Fischbach
(Deutschland) ist eine Oase der Ruhe,
mit direktem Seezugang. Spaziergänge oder eine Schifffahrt runden das
Programm ab.
Information und Anmeldung:
[email protected], 061 260 22 53
young@mission21:
Camp in Taizé mit Gästen
aus Hongkong
22. Juni bis 5. Juli
young@mission21-Weekend
Samstag/Sonntag, 30. April und 1. Mai
Pfadiheim Einsiedeln
Ein Wochenende für 18- bis 30-Jährige. Zwei Tage Zeit, um über Gott und
die Herausforderungen der globalisierten Welt zu diskutieren, gemeinsam zu kochen und Spass zu haben.
Eine Freizeit gemeinsam mit jungen Erwachsenen aus Hongkong.
Mitleben in der ökumenischen
Gemeinschaft in Taizé (Frankreich), anschliessend einige Tage in
der Schweiz. Gemeinsames Essen,
Lachen, Diskutieren, Singen und
den Alltag teilen prägen die Woche.
Information und Anmeldung:
www.mission-21.org/taize
[email protected],
061 260 22 39
Information und Anmeldung:
www.mission-21.org/young
[email protected],
061 260 22 39
JULI
Internationaler Bonhoeffer
Kongress
Die Konferenz will klären, wie Bonhoeffers eigene Theologie durch Auslandserfahrungen und ökumenische
Begegnungen geprägt wurde. Kann
Bonhoeffers Theologie auch in unserer
heutigen globalisierten Situation noch
hilfreich sein?
[email protected],
061 260 22 59
SEPTEMBER
Horizonte weiten
Samstag, 10. September, 10 –16.30 Uhr
In den Referaten und Workshops
zum Thema Rituale diskutieren wir
und bringen Erfahrungen aus der
Schweiz, Südamerika und Indonesien
zusammen.
Information und Anmeldung:
[email protected],
061 260 22 67
NACHRICHT
Pfarrer Gu-Yuese festgehalten
Mission 21 und ihr ökumenischer
Mitarbeiter in Hongkong, Tobias
Brandner, nehmen besorgt zur Kenntnis, dass Pfarrer Joseph Gu Yuese
von den Behörden festgehalten wird
(Stand Mitte Februar). Pfarrer Gu ist
Leiter der bedeutenden christlichen
Chongyi-Kirche. Die Behörden der
Provinz Zhejiang werfen ihm finanzielle Ungereimtheiten vor. Tobias
Brandner, Dozent und Gefängnisseelsorger, erhält von Beobachtern andere
Informationen: Vermutlich hänge die
Untersuchung gegen Pfarrer Joseph Gu
mit den Kirchenzerstörungen in der
Provinz Zhejiang zusammen. Pfarrer
Gu hat diese öffentlich verurteilt. do
22
contigo
AGENDA
Nr.1 | 2016
NACHRICHTEN
Knipsen und helfen
Unvergessliche Momente oder besondere Selfies – alles lässt sich fotografieren und teilen. Wird die Reformations-App «R500-Photo» genutzt,
wird daraus ein Blick durchs Schlüsselloch. Im Zeichen der Reformation
legt «R500-Photo» eine Schablone in
Form eines «R» um die Linse der
Smartphone-Kamera. So wird das
Logo des Reformationsjubiläums in
der Schweiz zum Raster für den Blick
in eine gerechtere Welt.
Je 500 auf die Seite zum Reformationsjubiläum www.ref-500.ch geladene Fotos spendet der SEK (Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund)
seinen Hilfswerken 2000 Franken.
Aus der Galerie werden von Zeit zu
Zeit besonders kreative und schöne
R-Fotos prämiert. uw
Information: www.ref-500.ch
Gegen die Kürzung der
Entwicklungsgelder
Noch immer hungern rund 800
Millionen Menschen und Not lässt
viele Menschen auswandern. Klug eingesetzte Entwicklungsgelder helfen,
dass die Menschen in ihrem Umfeld
Verbesserungen erreichen. Dennoch
sollen im Rahmen der Budgetdiskussionen in der Schweiz die öffentlichen
Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit gekürzt werden. Der Nationalrat hat im Budget 2016 massive
Kürzungen akzeptiert. Für 2017-2019
sind weitere Schnitte geplant. Kurzsichtig und unsolidarisch, findet Alliance Sud. uw
Information: www.alliancesud.ch/
Mit den Menschenrechten
richtig arbeiten
Damit Menschenrechte auch im
Alltag umgesetzt werden, hat der
Bund das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte
(SKMR) gegründet. Geleitet wird es
seit Anfang 2016 von Prof. Jörg Künzli, Institut für öffentliches Recht der
Universität Bern. Das SKMR unterstützt Behörden, Zivilgesellschaft und
Wirtschaft bei der Umsetzung der
Grund- und Menschenrechtsgarantien. Dazu gehören Dokumentation und Analyse der Menschenrechtssituation in der Schweiz, aber auch
Weiterbildung. Geplant ist, das SKMR
in eine Nationale Menschenrechtsinstitution zu überführen. uw
Information: www.skmr.ch
HINWEIS
10 Sätze zum Zusammenleben in der multireligiösen
Gesellschaft
Wir leben in einer multikulturellen
und multireligiösen Gesellschaft – mit
Religionen, die alle einmal von aussen
in die Schweiz gebracht wurden. Diese
Vielfalt ist Bereicherung und Herausforderung zugleich. Mit «10 Sätzen und
Ausführungen» nehmen die Berner
Landeskirchen Stellung für Religionsfreiheit und friedliche, lebensdienliche
Religionen. Darüber hinaus verweisen
die «10 Sätze» auf das integrative und
friedensfördernde Potential von Religionen, das in den aktuellen Diskussionen kaum beachtet wird. uw
Flyer (in D, F oder I) bestellen: 031 340 24 24,
[email protected]
... UND AUSSERDEM
Rot statt grün – so zeigen viele
Karten des Weltressourceninstitutes
den Kahlschlag der Wälder. Dank Satellitentechnik und Smartphones werden die Angaben gesammelt und als
Karten aufbereitet. Viele Daten sind
als Excel-Dateien erhältlich. Länderweise lassen sich so Kahlschläge auf-
decken, doch Holzfäller erkennen
auch die Baumhöhen.
Das offene Projekt bietet den Vergleich über die Zeit. Da zeigt sich, wie
masslos Urwald abgeholzt wird und
dafür riesige Plantagen mit Ölpalmen
oder Weideflächen angelegt werden.
www.globalforestwatch.org
MEDIENTIPPS
Almanach
Entwicklungspolitik 2015
Neue Ziele der UNO im Kampf
gegen Hunger und Mangel, Sparmassnahmen in der Schweiz – die Perspektiven der Entwicklungszusammenarbeit (so der Untertitel des Buches) sind
unterschiedlich. Vertreter internationaler, nationaler und nichtstaatlicher
Organisationen, Beiträge aus Nord
und Süd, aus Wirtschaft, Wissenschaft
und Publizistik befassen sich mit der
Entwicklungspolitik im Jahr 2030 und
der Rolle der Hilfswerke. uw
Caritas-Verlag, Luzern 2015, 288 S., Fr. 39.–
ISBN 978-3-85592-136-2, auch als e-Book
Für eine Ökonomie, die dem
Leben dient
Der deutsche Theologe und Sozialethiker Franz
Segbers setzt sich immer
wieder für eine Ökonomie
ein, die dem Leben dient. In
seinem jüngsten Buch befasst er sich mit den «Menschenrechten als Grundlage
einer christlichen Wirtschaftsethik». Gegen die
anhaltende Wirtschaftskrise sucht Segbers nach einer
jüdisch-christlichen Alternative zum gegenwärtigen
Kapitalmarkt. Er orientiert
sich am konkreten Menschen und betont, wie wichtig die Achtung von Menschenrechten
ist. Diese haben auch in der modernen
Formulierung ihre Wurzeln in der biblischen Tradition. Segbers entwickelt
deshalb eine «Ethik des Lebens», die
biblisch und theologisch argumentiert
und gleichzeitig eine Gesprächsbasis
mit Nichtglaubenden bildet. uw
Franz Segbers, Ökonomie, die dem Leben dient;
Butzon & Bercker und Neukirchener Theologie,
Kevelaer und Neukirchen-Vluyn 2015, 282 S.,
ca. 33.– Fr.
HINWEISE & MEDIENTIPPS
Nr.1 | 2016
La buena vida
Der Film La buena vida erzählt
vom Kampf der indigenen Wayúu um
ihr Dorf Tamaquito im kolumbianischen Regenwald. Die grösste Tagebau-Kohlemine der Welt, hinter der
mächtige Rohstoffkonzerne wie Glencore stehen, frisst sich immer näher an
ihre Siedlung heran. Doch die Wayúu
wollen sich nicht kampflos umsiedeln
lassen und misstrauen den Versprechungen der Minenbetreiber auf ein
«besseres» Leben in modernen Häusern mit Stromversorgung. Es beginnt
ein Kampf David gegen Goliath …
Der Film dokumentiert eindrücklich und mit eindringlichen Bildern
die Situation im Norden Kolumbiens,
wo auch HEKS Dorfgemeinschaften
unterstützt, die vom Kohle-Tagebau
bedroht sind und zur Umsiedlung gezwungen werden.
FILMTIPP
Glanzlose Seiten des
Goldgeschäfts
Der Film Dirty Gold War gewährt
einen Blick hinter die Kulissen
der überaus gewinnträchtigen
Goldindustrie.
Woher stammt das Gold, welches
in den Auslagen der Bijouterien glänzt,
uns schmückt oder in den Tresoren
der Banken lagert? Unter welchen Bedingungen wurde es abgebaut? Mit
welchen Auswirkungen auf die lokale
Bevölkerung und die Umwelt? Antworten zu geben, ist schwierig, denn
der Ursprung des zu einem grossen
Teil in der Schweiz verarbeiteten Goldes ist oft unklar.
La buena vida läuft in Kinos der Deutschschweiz
Neues Magazin «bref»
Seit Mitte Januar erscheint «bref»
als «Das Magazin der Reformierten»,
wie es unbescheiden heisst. Statt wöchentlich wie die einfach gestaltete
Reformierte Presse erscheint «bref»
14-täglich. Ausführliche Reportagen
geben Lesestoff, eine anschauliche
Karte verortet wichtige reformierte
Aktualitäten und Hinweise. Daneben
finden sich aber weiterhin Nachrichten
und Stelleninserate. uw
© Rita Productions]
contigo
Dreckige Geschichten rund um Gold: Dirty Gold War
Beispiele aus Brasilien und Peru
belegen die problematische Menschenrechtssituation und die hohe Umweltbelastung beim Abbau von Gold. Was
zuletzt in den Luxusgeschäften der
ganzen Welt landet, hat zuvor eine
glanzlose Geschichte. Die Schweiz
spielt im globalisierten Goldgeschäft
eine zentrale Rolle, denn hier wird
ein Grossteil des Goldes raffiniert und
zu Barren gegossen. Der Film bringt
einen Beitrag zur Debatte für den verantwortungsvolleren Abbau und Handel mit Gold. dg
Dokumentarfilm von Daniel Schweizer, Schweiz
2015; 52 Min.; ab 16 Jahren; VOD und DVD
Verkauf und Verleih (DVD, Fr. 25.–):
éducation21,
031 321 00 22, [email protected]
Relimedia, 044 299 33 81
23
Nr.1 | 2016
© ACT/Paul Jeffrey
contigo
Ein Tag Leben ist wertvoller als ein Berg Gold
Sprichwort aus China