Bericht Osterholzer Kreisblatt vom 07.01.2016

Bericht Osterholzer Kreisblatt vom 07.01.2016
“Alles ist gut!“ - Almahi Ismail aus dem Sudan absolviert bei Jürgen Blome ein
Praktikum und will Elektroniker werden
MICHAEL THURM
Die Begrüßung klingt schon mal original
Norddeutsch: „Moin“, sagt Almahi Ismail
und strahlt. Almahi Ismael ist glücklich.
Nach langer Zeit wieder glücklich. Nach
seiner Flucht aus dem Sudan hat der 24Jährige in der Kreisstadt eine neue Heimat
gefunden – und jetzt auch eine Beschäftigung.Hoffnungsvoll sieht Almahi Ismail in
die Zukunft.
FOTO: Der Lehrmeister und sein gelehriger Schüler: Jürgen Blome und Almahi Ismail. (Michael
Thurm)
Zusammen mit Jürgen Blome, dem Geschäftsführer des Elektro-Fachbetriebs an der RudolfDiesel-Straße in Osterholz, sitzt Almahi Ismail im Empfangszimmer des Handwerksbetriebs und
erzählt in schon sehr gutem Deutsch von seiner Flucht, von seinem Leben in Ohlenstedt und
den ersten Erfahrungen als Praktikant in einem deutschen Betrieb.
Mehr als ein Jahr lang war Almahi Ismail auf der Flucht. Auf der Flucht vor dem Bürgerkrieg in
seinem Heimatland Sudan. Aufgewachsen ist er in Darfur, einer Region im westlichen Teil des
nordostafrikanischen Staates. In einer Region, in der die Menschen längst vergessen haben, was
Frieden bedeutet. Almahi Ismail ist geflohen vor den Kriegswirren, vor einer ungewissen
Zukunft. Geschwister, Vater, Mutter leben noch dort. Der lange Fluchtweg führte Almahi Ismael
zunächst nach Libyen, von dort mit den Boat-People nach Italien, später nach München und
Braunschweig. Dort wurde er mit anderen afrikanischen Flüchtlingen verteilt; seine
„Empfangsstation“: der Landkreis Osterholz. In Ohlenstedt fanden Almahi Ismail und vier
weitere Flüchtlinge eine Bleibe, ein Dach über den Kopf.
„Alles ist gut“, sagt Almahi Ismael. Er ist wirklich zufrieden. Auch deshalb, weil er nicht nur
eine neue, eine friedliche Heimat gefunden hat. Der 24-jährige, lang aufgeschossene Schlaks
hat das geschafft, wovon so viele Flüchtlinge träumen und was deutsche bürokratische Hürden
doch fast unmöglich machen – eine Beschäftigung, eine Arbeit. Almahi Ismail ist Praktikant bei
Elektro Blome und Schüler der BBS in Osterholz-Scharmbeck.
Zu verdanken hat der junge Sudanese dies zwei Männern, die sich schon viele Jahre lang gut
kennen. Dem ehemaligen Pastor der Osterholzer Kirchengemeinde St. Marien und eben Jürgen
Blome. „Pastor Heil kam eines Tages zu mir und fragte, ob ich mir vorstellen könnte, einem
jungen Afrikaner ein Praktikum anzubieten.“ Und Jürgen Blome konnte. Doch so einfach, wie
es sich die beiden Männer vorgestellt hatten, war es nicht. Wieder einmal stand die
schwerfällige deutsche Bürokratie im Weg. Bestenfalls als Hospitant hätte Almahi Ismail den
Mitarbeitern des Elektro-Betriebs über die Schulter schauen können. Doch glücklicherweise
wurde Ismail von den BBS angenommen. Dort kam er in die sogenannte Produktionsklasse – der
Weg für ein Praktikum war frei.
Im Sudan hatte Almahi Ismail bereits eine Ausbildung zum Elektriker absolviert, Allerdings
wurde dort nur Theorie vermittelt. Jürgen Blome hatte schnell gemerkt: „Der junge Mann muss
handwerklich noch viel lernen.“ Eine Ausbildung im Sudan sei eben nicht vergleichbar mit einer
Ausbildung in Deutschland. „Auch wenn das dort Diplom heißt, darf man nicht zu viel erwarten.
Unser deutsches duales Ausbildungssystem gibt es kein zweites Mal in der Welt“, weiß der
Innungsmeister. Gleichwohl gehört auch Jürgen Blome zu den Menschen, die in den vielen
Flüchtlingen, die nach Europa kommen, eine Chance fürs Handwerk sehen. Viele Betriebe und
Unternehmen wären bereit, den Menschen eine Chance zu geben, einer beruflichen Perspektive
zu bieten. Allein Politik und Behörden machten es den Betrieben nicht leicht. Dennoch rät
Blome allen, den Kontakt zu suchen.
Almahi Ismail hat die ersten Hürden genommen. Gerade erst war er in Braunschweig, jetzt wird
auch sein Asylantrag bearbeitet. Er und Jürgen Blome sind zuversichtlich, dass der junge
Afrikaner in Deutschland, in Osterholz-Scharmbeck bleiben darf. Geht es nach dem Lehrmeister
und seinem Schützling, steht auch einer Ausbildung zum Elektroniker ab Sommer nichts im
Weg. Almahi Ismail will die Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik einschlagen. „Die
praktischen Kenntnisse werden wir ihm schon vermitteln“, sagt Jürgen Blome – und er weiß,
dass auch seine Mitarbeiter den jungen Mann nach Kräften unterstützen werden. „Wenn ich
einen motivierten jungen Mann bekommen kann, ist es doch egal, woher er kommt“, betont
Blome. Almahi Ismail hört aufmerksam zu. Ja, gut hat er es getroffen. Er strahlt – und ist
glücklich.