O_2.0 ZEITUNG QUARTIER PANKSTRASSE 1 Ausgabe 2 _ April 2015 Editorial Liebe Leserinnen und Leser, liebe Nachbarn, jeder und jede hat eine Vorstellung davon, was sich im eigenen Leben aber auch im Zusammenleben – sei es in der direkten Nachbarschaft oder weltweit – ändern der schönsten Straßen unserer Nachbarschaft: die Malplaquetstraße nördlich des Leopoldplatzes. sollte. Das eigene Leben ist in der Regel einfacher zu Gleich um die Ecke, im Rathaus Wedding, fand im zusammen. lerstraße statt. Bürgerreporterin Michèle Bergner war ändern als die weltweite Politik. Beides hängt jedoch Ist nicht die eigene Nachbarschaft ein Ausschnitt des Weltgeschehens? Woher kommen die Menschen, die in der nächsten Umgebung leben? Aus der ganzen Welt. Manchmal kommen plötzlich neue Nachbarn hinzu. So zum Beispiel in der Pankstraße und der Go- tenburger Straße. Dort befinden sich zwei Unterkünfte für Flüchtlinge, die vor allem aus Syrien kommen. Dort Januar die erste Sitzung der Stadtteilvertretung Mül- dort und kann von einigen Skurrilitäten, aber auch vom engagierten Eintreten für die Entwicklung rund um die Müllerstraße berichten. Engagiert ist auch ein Nach- bar, den viele Menschen als Anlaufstation in Notsitua tionen kennen: Dr. Kingsley Arthur von „Rat + Hilfe e.V.“. Das Eintreten für die Schwächsten hat ihm nun das Bundesverdienstkreuz eingebracht. Wir berichten. wird seit Jahren Krieg geführt, zum Teil mit Giftgas. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, hier im Kiez das schaftlichkeit ist ein hoher Wert und so haben sich im Menschen, Erinnerung an Geschichte und – nicht zu- Menschen zu helfen. redaktion hat sich 2015 schon mehrere Male getroffen. So ist das Weltgeschehen plötzlich sehr nah. NachbarWedding Menschen zusammengefunden, um diesen Manchmal werden bestimmte Dinge auch einfach nur vergessen. Wie man als Einzelner Erinnerungen aufschreibt, um sie vorm Vergessen zu bewahren, so kann man das auch im Kiez machen. Gedenktafeln helfen, ein historisches Bewusstsein für die nächste Umge- bung zu entwickeln. So ist geplant, den Gedenkstein in der Wiesenstraße an der Panke mit Tafeln zu ergänzen, um die geschichtlichen Ereignisse zu erläutern. Dafür setzt sich die „AG Gedenkstein“ ein. Was wäre unser Kiez ohne die vielen Inhaber kleiner Läden, Cafés, Werkstätten, Restaurants? Sicher um einiges langweiliger. In der aktuellen Ausgabe stellt das hiesige Gewerbetreibenden-Projekt das Café des Schicksals und seine Inhaberin, Kader Gün, vor. Und unsere Partner vom Weddingweiser führen uns in eine 2 Zusammenleben zu gestalten: Hilfe für geflüchtete letzt – die Mitarbeit an der Bürgerzeitung. Die BürgerDiese Treffen sind offen für alle. Wir laden Sie herzlich dazu ein, sich in die Redaktionsarbeit einzubringen. Mit dieser Ausgabe erhält unsere Stadtteilzeitung ein Die Bürgerzeitung im Test Im Dezember 2014 stellte die Bürgerredaktion die erste Ausgabe der Q_2.0 auf dem Weihnachtsmarkt des Quartiersmanagements Pankstraße vor. Ein eigener Stand präsentierte die Zeitung und machte mit einer Fotoaktion spielerisch neugierig auf die Zeitung. Einige Impressionen davon finden Sie auf der Titelseite. In einer Miniumfrage konnten wir neun Spontanleser davon überzeugen, zwischen Glühwein und Bratapfel einen Blick in die Zeitung zu werfen und unseren Fragebogen auszufüllen. Hier die wichtigsten Ergebnisse. Welche Themen gehören in Deine Kiezzeitung? Unter den vorgegebenen Themen schnitten Umwelt, Kunst und Kultur sowie Essen mit jeweils fünf Nennungen am besten ab. Vier mal wurden Bildung und Sport/ Freizeit als Thema gewünscht. Drei Stimmen gehen an die Lokalpolitik als Thema und je zwei Mal wurden Gesundheit und Job/Arbeit genannt. Als zusätzliche Anregungen kamen Architektur, Stadtplanung, Aktuelles, Naturwissenschaft und Soziales hinzu. Könntest Du Dir eine Mitarbeit vorstellen? Alter der Teilnehmenden neues Format. Wir verabschieden uns vom handlichen ****************** 18 Jahre bis neue Format macht es einfacher, verschiedene Text- ********************************************* ********* 54 Jahre Quadrat, das uns über einige Jahre begleitet hat. Das längen und -formate zu integrieren. Zudem ist die Produktion preiswerter – ein nicht unerheblicher Vorteil, wenn man an die Zukunft des Heftes denkt. Gedruckt wird das Heft übrigens kieznah in der USE-Druckerei in der Genter Straße, einer sozialen Einrichtung, die viele behinderte Menschen beschäftigt. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen – und hoffentlich bald auch beim Mitschreiben Die Redaktion Würdest Du Dir die Kiezzeitung besorgen? ja (5) nein X (1) ja nein (5) XX (2) Wie könnte Deine Mitarbeit aussehen? Artikel schreiben 5 Layout 2 Redaktion 1 Fotos 2 Verteilung 1 Wie gefällt Dir das Layout der Kiezzeitung? gut nicht gut X (8) (1) Der Titel Q_2.0 dient eigentlich als Provisorium, bis eine entscheidungsfähige Bürgerredaktion einen neuen Namen für die Stadtteilzeitung wählt. Wir fragten trotzdem: Wie gefällt Dir der Name Q_2.0? gut: Q_2.0! | Q_2.0! | Q_2.0! | Q_2.0! | Q_2.0! | Q_2.0! | Q_2.0! | Q_2.0! (8x) nicht gut: Q_2.0? (1x) 3 Gewerbetreibendenportrait _ Wer gibt unserer Nachbarschaft ihr Gesicht? Sicher dabei sind die kleinen Läden, Restaurants, Handwerksbetriebe usw., die mit ihrer Arbeit mehr leisten als nur die Sicherung ihres Lebensunterhaltes. In Zusammenarbeit mit dem Projekt „Gewerberaumentwicklung im Kiez“ steht an dieser Stelle stets das Portrait eines Gewerbetreibenden aus unserem Kiez. Dieses Mal berichten wir über ein Café. Café des Schicksals Café des Schicksals Gerichtstraße 60 T: 49 086 267 Mo – Fr 7:00 – 17:00 Uhr Die Inhaberin Kader Gün (rechts) mit ihrer Cousine und besten Freundin bei der Arbeit im Café. Wenn man den Discounterparkplatz in der Gericht gabe des Planes aufkamen, fand ihr Mann im Internet Freundlichkeit und viel Humor begegnet wird, denn und Geschäfte, die etwas Besonderes anbieten, hier- einem sofort die Cafébäckerei mit dem ungewöhnli- Gerichtstraße. Dieses Mal klappte es. Auch dies sieht behandelt werden möchte. Ihre Kunden sollen sich als erst als Anfang. Vielleicht geht dieser Wunsch ja eher straße gegenüber des Nettelbeckplatzes betritt, fällt chen Namen ins Auge. Folgt man den Gerüchen und öffnet die Tür, wird man vom strahlenden Lachen der Betreiberin Kader Gün die Anzeige mit dem zu vermietenden Geschäft in der Kader Gün als Wink des Schicksals an, was einmal mehr den Namen des Cafés begründet. begrüßt. Kader, türkisch für Schicksal, erfüllte sich Seit der Eröffnung im Juni 2014 bietet Sie allerlei frische steinig, doch mit viel Ehrgeiz und Willensstärke wur- von herkömmlichen Backshops und dem angrenzen- mit dem Café einen Lebenstraum. Der Weg dahin war de die Idee, Slowfood mit viel Liebe in den Wedding zu bringen, Wirklichkeit. 1994 kam sie aus Anatolien nach Berlin und merkte schnell, dass es unabdingbar ist fließend Deutsch zu lernen, um sich eine Existenz aufbauen zu können. Nach dem Besuch zahlreicher Volkshochschulkurse machte sie erst den Hauptschul- abschluss, um anschließend an einer Fernschule auf Deutsch das türkische Abitur nachzuholen, das hier als Realschulabschluss anerkannt wird. Den eigentlichen und selbstgemachte Backwaren an und versucht sich den Netto abzuheben. Ob Kuchen, Wraps, Quiches, Türkei verkauft und stadtweit nach einer geeigneten Immobilie gesucht. Anfänglich fand sie nichts Passen- des oder der Vermieter war von ihrem Konzept nicht überzeugt. Als bereits die ersten Gedanken an die Auf- 4 selbstgestaltete Einrichtung lässt eine entsprechende Wohnküchenatmosphäre aufkommen, in der die „Fa- ist für jeden etwas dabei, egal ob süß oder herzhaft bevorzugt wird. Auch Catering für Veranstaltungen bietet sie an, was gerade von der Kreativwirtschaft in der Gerichtstraße gerne angenommen wird. Konzept hier funktioniert. Viele Bekannte haben ihr da- dass ihnen im Café des Schicksals mit Ehrlichkeit, Fotos: J. Hayner der Waren in Ruhe ihrem nach dem Lachen zweitlieb sten Hobby, dem Schauen von Krimiserien, egal ob aus den USA oder Deutschland, nachgehen. „Man wird mit dem Café nicht reich aber glücklich, mehr will ich gar nicht“. unterschiedlichen Menschen und das junge, kreative Propaganda“ reichte aus. Ferner schätzen die Kunden, Text: Andris Fischer (Lokation:S) Außerdem kann sie morgens während der Zubereitung nach dem ein oder anderen Probieren hat sie mittlerkeine Werbung, die sprichwörtliche „Mund-zu-Mund- Bisher hat ihre Flugangst sie immer daran gehindert. mit den Kunden treibt sie immer wieder aufs Neue an. Den Kiez um die Gerichtstraße hat die Kreuzbergerin weile ihre treue Stammkundschaft. Dafür benötigte sie in Erfüllung als der, einmal nach New York zu fliegen. Gün nichts aus. Sie steht jeden Morgen mit guter Lau- ten nach den altbekannten Croissants und Brötchen. Doch Kader Gün erklärte den Kunden ihre Waren und her ziehen sollten. Sie sieht das Café des Schicksals milie“ zusammensitzt. ne auf, die Lust am Backen und dem Kommunizieren von abgeraten und viel zu oft kamen Kunden und frag- ein Gefühl von Freiheit. Hierfür wurde das Haus in der handelt sich also quasi um einen Familienbetrieb. Die das mit ganz viel Liebe zubereitete Panna Cotta), hier zu widmen. Nach abgeschlossener Ausbildung zur ständigkeit in Frage kam. Endlich der eigene Chef sein, rinnen sind eine Cousine und ihre beste Freundin. Es Der zeitige Arbeitsbeginn um 4:30 Uhr macht Frau sowie diverse Süßspeisen (besonders zu empfehlen ist Anfänglich gab es noch Zweifel, ob ihr innovatives Konditorin war für Frau Gün klar, dass nur die Selbst- Teil der Familie sehen. Denn ihre beiden Mitarbeite- Teigtaschen, ein täglich wechselndes Mittagsangebot Plan Fahrschullehrerin zu werden gab sie schnell auf, um sich ihrer eigentlichen Leidenschaft, dem Backen, Kader Gün behandelt alle Menschen so, wie sie selber mittlerweile lieben gelernt. Gerade die Mischung aus Potenzial gefallen ihr, „denn Menschen machen den Kiez schön und nicht die Gebäude“. Die Frage, wie sich der Kiez in Zukunft entwickeln soll, beantwortet Kader Gün mit dem Wunsch, dass noch mehr Cafés 5 Geschichte im Kiez_ Reporter im Kiez_ AKTUELL: Gärtnern! artenhelfer auf ehrenamtlicher Basis G für Guerilla Gardening gesucht! Leopoldplatz zwischen Malpaquetstraße und Maxstraße. Eigene Gartengeräte und Gießkanne erforderlich, Blumensamen sind genug da. Bei Müllers zu Besuch [email protected] Von Wahlen und Diskussionen im Bezirk Unsere Einrichtung, das Tageszentrum Wiese 30, bietet den Stein legen würden. Die beiden Sträuße bleiben an. Zur Zeit besuchen 20 längerfristig psychisch kran- immer nur der Strauß einer Partei. Diese merkwürdige Tagesstrukturierung für psychisch kranke Menschen ke Menschen unsere Tagesstätte. Bei unseren Spa- ziergängen entlang der Panke Promenade entdeckten wir einen großen Findling, auf dem folgendes steht: jedoch nicht nebeneinander liegen. Am Ende verbliebe Neues Jahr, neue Runde: Die Stadtteilvertretung Mül- Munter wurden die Widrigkeiten mit dem E-Mailvertei- Geschichte brachte unsere Gruppe auf die Idee, sich zusammen. Zum ersten Mal in dieser Konstellation welche die Verwaltung des Etats erschweren. Dies ist um eine Erläuterungstafel zu bemühen. Im Heimatmuseum erfuhren wir, dass in den 1980iger Jahren eine Initiative die Aufstellung des Steines ver- anlasste. Zufällig fanden wir auch eine Broschüre des Heimatmuseums, die 2009 eine Sonderausstellung Geo-Heft über die Weimarer Republik mit. Über den Blutmai 1929 stand dort: „Und brutaler als anderswo Brücke. Im Mai 2014 beobachteten wir, dass plötzlich rote Rosen auf dem Stein lagen. Hin und wieder sahen wir geführte Gruppen am Stein stehen. Manchmal hörten wir zu und erfuhren interessante, manchmal auch skurrile Geschichten. Eine Stadtführerin erzählte, dass die SPD und die Linke am 1. Mai getrennt Blumen auf 6 feld der Müllerstraße geplant sind und deren UmsetDazu gründeten sich Arbeitsgruppen und die zustän- Krieges negative Emotionen …“ Die von Herrn Peter Arndt geleitete Vertretung begann der BVV gibt, die für die Aufstellung von Gedenktafeln nicht nur auf die Debatten des Vorjahres bezogen. Inzwischen erfuhren wir, dass es eine AG Geschichte zuständig ist. Die Vorsitzende Frau Morgenstern besuchte uns und sicherte zu, unseren Vorschlag in die BVV einzubringen. heren Zeiten für die Aufstellung des Steines engagiert? ort und liegt jetzt gut sichtbar auf der Wiesenstraßen- werden muss. Solche Debatten erscheinen wohl allen 2015 und die Wahlen der Stadtteilvertretungssprecher. demokratischen Polizeichefs Zörgiebel aufeinander.“ steckt am Pankeufer. Dann wechselte er seinen Stand- die Einigung auf eine Lösung von allen abgesegnet digen Leiter wurden ernannt. Wir würden uns freuen, wenn Nachbarn uns bei diesem Wie wir von Anwohnern hörten, lag der Stein früher ver- teiligten allerdings an nervliche Grenzen zu führen, da Kernstück der Sitzung waren die Gründung der Ar- prallen am 1. Mai 1929 in der Kösliner Straße die kommunistischen Proletarier und die Schupos des sozial- Einkaufsstraße widmet, für fast drei Stunden. te Austausch über diese Themen schien die Hauptbe- zung die Stadtteilvertretung über das Jahr begleitet. untersten Proletarierschichten, während des kalten Ein Besucher der Tagesstätte brachte kurz darauf ein tionsgruppe, die sich der Gestaltung der genannten wohl ein steter Anlass zur Verärgerung. Der permanen- bis heute und niemand sah sich seitdem im Stande, das Wissen um die Krawalle, wurzelnd im Elend der setzungen zwischen NSDAP und KPD gehandelt habe. Walther-Rathenau-Saal beherbergte die Organisa- Diskutiert wurden verschiedene Projekte, die im Um- der Polizei Absolution zu erteilen. Andererseits weckte und vermuteten, dass es sich um eine Auseinander- nach den Wahlen Ende 2014. Der geschichtsträchtige ler oder die zu hohen Kontoführungsgebühren erörtert, zum Thema machte. Darin stand folgender Satz: „Die Tragik des Geschehens und der vielen Opfer berührt Wir fragten uns sofort, was da früher geschehen sei lerstraße kam am 8. Januar im Weddinger Rathaus Vorhaben unterstützen. Wer hat sich eigentlich in frü- Das nächste Treffen der AG Gedenkstein findet am 30.4.2015 von 17:00 – 18:30 in unserer Einrichtung statt. Alle sind herzlich eingeladen. Katrin Schäfer Tageszentrum Wiese 30 13347 Berlin T: 4 621 062 [email protected] Text und Fotos: Katrin Schäfer bereits mit unterschwelligen Anspielungen, die sich Auch Persönliches wurde in Angriff genommen und stieß auf unterschiedliche Reaktionen. Diese reichten von erhitzten Gemütern bis hin zu völligem Desinteresse – je nachdem, wie lange sich die Mitglieder bereits kannten oder wie alt sie waren. Die jungen Neuen wirkten erschrocken, während alteingesessene Vertreter abwinkten und gespielt gelangweilt taten. Das Gremi- als kraft- und zeitraubend. beitsgemeinschaften für die zu bearbeitenden Themen Überraschend schnell wurde sich für die vorgeschlagenen Kandidaten entschieden, deren Namen auf gelben bzw. grünen Zetteln aufgeführt waren. Diese wur- den zur Abstimmung verteilt und getrennt nach den zu verteilenden Posten wieder eingesammelt. Die öffent- liche Auszählung fand direkt danach statt und war mit verschiedenen Strichlisten für alle nachvollziehbar. Die Situation blieb angespannt. Kaum ein Name, der nicht während dieser Prozedur fiel und damit jeden zu Wort kommen ließ. um der aktiven und an der Müllerstraße interessierten So wurde diskutiert und geklärt, um das neue Arbeits- die verschiedener nicht sein könnten. Dies zeigt sich Müllerstraße“, die einen Teil der Öffentlichkeitsarbeit BürgerInnen setzt sich aus Charakteren zusammen, vor allem in den kleineren Diskussionen, die deutlich die Probleme einer Stadtteilvertretung im Alltag spiegelten. Fast jeder hatte etwas beizutragen und die Teil- nehmer unterschieden sich in Auftreten, Vorstellung der eigenen Person und Verhalten. Die Angehörigen jahr beginnen zu können. In der Monatszeitung „Ecke des Gremiums darstellt, werden die nächsten Termine für die offenen Treffen bekanntgegeben. Vielleicht ist dann auch die Q_2.0 wieder dabei … Text: Michèle Bergner verschiedener Berufe und Altersgruppen stellten sich dar und erfüllten die Tagesordnungspunkte mit Leben. 7 Wedding_ hilft Auf dem „Wedding hilft-Frühlingsfest“ am 22. März „Uns geht es um nachbarschaftliche Hilfe“ In der Aula wurden provisorische Feldbetten aufgestellt. Die Kleiderspenden werden sortiert und gewaschen. Normalerweise spielen die Bürgerkriege und Vertrei- ger Straße und der Pankstraße vom Landesamt für Doch was ist „Wedding hilft“ für eine Initiative? Ein die Unterstützung der Flüchtlinge gesammelt werden. keine große Rolle. Das ändert sich aber, wenn die Ge- chenende beschlossen wurde und die AWO dann die zum Interview. Er erzählt, dass die Gründung der Initi- en zusammen. Einmischen in die Flüchtlingspolitik will bungen, die in anderen Ländern stattfinden, für uns flüchteten aus diesen Ländern unsere Nachbarn werden. Im Jahr 2012 wurden in Deutschland über 64.000 AsylErstanträge gestellt, im Jahr 2014 bereits deutlich mehr als doppelt so viel. Und einige dieser Asylbewer- ber wohnen jetzt auch hier im Wedding. Es gibt viele Menschen, die auf so eine Nachbarschaft mit Angst und Ablehnung reagieren. Sie wollen die Mauern der Festung Europa noch höher auftürmen und warnen zuweilen lautstark vor Wirtschaftsmigration und Kriminalität. Andere, wie die Initiative „Wedding hilft“, ver- bünden sich, um das zu tun, was gute Nachbarn ihrer Meinung nach nun tun sollten: Helfen. Ich bin zu Besuch bei Manfred Nowak, dem Bezirks- vorsitzenden der AWO-Mitte, und will erfahren, wie ernst die Lage bei der Unterbringung der Flüchtlinge ist. Die AWO betreut seit 1995 Erstaufnahmeeinrich- tungen, in denen Flüchtlinge nach ihrer Ankunft unter- gebracht werden, bis innerhalb von drei Monaten über ihren Asylantrag – also ihr Schicksal – entschieden wird. Meistens dauert diese Entscheidung aber viel länger und dementsprechend voll sind die Unterkünfte. Herr Nowak ist jemand, der es gewohnt ist Lösungen zu finden. Er erzählt, dass die Eröffnung der beiden neuen Erstaufnahmeeinrichtungen in der Gotenbur- 8 Gesundheit und Soziales (LaGeSo) quasi übers Wo- notwendigen Maßnahmen zu treffen hatte, um die beiden beschlagnahmten leerstehenden Schulen zu Notunterkünften umzubauen. „Wir haben Betten aus anderen Einrichtungen geholt, Sanitärcontainer be- stellt, wir mussten die Verträge abschließen, um die Essenslieferung sicherzustellen. All diese logistischen Maßnahmen geschehen sehr kurzfristig bei solchen Notunterkünften. Das hat dann eher einen Katastrophenschutz-Charakter.“ Doch damit ist das Problem keineswegs gelöst. Um mit den gestiegenen Zahlen an Asylbewerbern umzugehen, werden allein in Berlin derzeit sechs Container-Dörfer aufgebaut und auch Sporthallen und Traglufthallen bereitgestellt. Es liegt auf der Hand, dass die Landesregierung überfordert ist und nicht für alle Flüchtlinge die entsprechende Betreuung gewährleisten kann. Und auch die AWO kann das Personal nicht aufstocken, solange dafür kein Geld bewilligt wird. Umso dankbarer ist Nowak für das Engagement von „Wedding hilft“. Solche Unterstützernetzwerke können ihm zufolge all die Aufgaben übernehmen, die mit dem gegebenen Personal nicht zu leisten sind. Dazu gehö- ren Sprachkurse, Unterstützung bei Behördengängen, Kinderpatenschaften, Sachspenden, aber auch Spaziergänge und Sportangebote. Sprecher des Organisations-Teams trifft sich mit mir ative von Bürgern ausging, die zuerst aus den Medien und dann auch von offizieller Seite von der Einrichtung der Unterkünfte gehört hatten. Man stellte sich sofort die Frage, wie man den Bewohnern der Unterkünfte über die Arbeit der AWO hinaus nachbarschaftlich helfen könnte. Schnell war zu einer Auftakt- und Informationsveranstaltung geladen, an der am 19. November 2014 überraschend viele hilfsbereite und interessierte Bürger teilnahmen und sich erste Arbeitsgruppen bil- deten. „Nachbarn aller Couleur – Studenten, Rentner, Familienväter und -mütter, was hier eben so wohnt – haben das Bezirksamt erst einmal darum gebeten zu informieren. Das tat auch erst mal ganz gut.“, so der Sprecher. „Ich glaube, in dem Moment, in dem die Nachbarn darauf aufmerksam wurden, dass es eine soziale Herausforderung gibt, der begegnet werden muss, war die Bereitschaft da.“ Er berichtet von einer Schule in der Nähe, in der die Eltern zuerst um die Si- cherheit ihrer Kinder besorgt waren. Nachdem sie aber erfuhren, dass in den Einrichtungen auch Familien mit Kindern leben, wollten sie helfen. Nun soll das schon bestehende Angebot vergrößert werden. Man will einen Pool von Sprachvermittlern aufbauen, spezifische Angebote für Frauen und Män- ner schaffen und natürlich soll auch weiter Geld für „Wedding hilft“ arbeitet auch mit Politikern und Parteiman sich aber nicht: „Uns geht es in erster Linie um nachbarschaftliche Hilfe“. Eine Herausforderung bleibt noch die Beteiligung der Flüchtlinge an der Initiative, denn schließlich will man ja nicht „mit dem Hubschrau- ber ein Hilfspaket abwerfen“, sondern erfahren, was die Bewohner sich wünschen. Mein Interviewpartner ist sicher, dass man weiterhin Anlaufstelle für Fragen in der Nachbarschaft sein müsse und man sich immer wieder die Frage stellen werde: „Was kann man noch machen?“ Da die Initiative ihre wichtigste Aufgabe darin sieht, die Hilfsbereitschaft zu bündeln, zu koordinieren und aufrecht zu erhalten, kann sich jeder, der helfen möchte, an sie wenden. www.wedding-hilft.de (Bedarfslisten für Spenden auf der Homepage) (Sachgebundene) Geldspenden für „Wedding hilft“ können, bis zur Einrichtung eines eigenen Kontos, unter dem Verwendungszweck „Wedding hilft” auf das Spendenkonto von „Moabit hilft“ überwiesen werden: Spendenkonto : Moabit hilft – Diana Henniges Ktnr.: 4435459 BLZ:10077777 IBAN: DE74100777770443545900 Text: Philipp Wunderlich Fotos: Philipp Wunderlich, Benjamin Renter 9 Wedding_ hilft Kommentar von Jakob Hayner In letzter Zeit sorgen allerlei Abkürzungen für Unbehagen: Pegida, Legida, Hogesa. Dahinter verbirgt sich der Hass auf andere Menschen. Doch es gibt etwas, was keine großen Aufmärsche braucht und was sich nicht abkürzen lässt: Menschlichkeit. Sie zeigt sich in unmittelbarer Hilfe. Menschen, die vor Gewalt, Terror und Verfolgung geflohen sind, die ihren Besitz, ihre Familie und Freunde aufgeben mussten, bitten in Deutschland, einem der reichsten Länder der Welt, um Asyl. Sie sind in Not. Menschen in Not sollte geholfen werden. Der Staat kann und mag die Hilfe, die diese Menschen benötigen, nicht im umfassenden Rahmen organisieren. Deswegen ist jeder und jede Einzelne gefragt. Die Frage »Wie wollen wir leben?« muss gemeinschaftlich gestellt und beantwortet werden. Vereine wie »Wedding hilft« geben eine Antwort, die einfach und menschlich ist. Hilfe wird geleistet, wo sie benötigt wird, begonnen bei den kleinsten Dingen: Kleidung, Nahrung, Kommunikation. Es gibt einfache Antworten, die richtig sind. Im Moment gibt es in Deutschland einen Konflikt, der die Frage des Umgangs mit notleidenden Menschen auf der Flucht betrifft. Dieser Konflikt findet in den Parlamenten statt. Aber er findet auch im Alltag statt. Dieser Konflikt verlangt, dass jeder und jede Partei ergreift: Für die nicht zu verkürzende Menschlichkeit statt der Unmenschlichkeit der Abkürzungen. Mäggi Hofmaier organisiert den Runden Tisch von „Wedding hilft“. Frau Hofmaier, Sie sind eine von 40 Unterstützern von „Wedding hilft“. Wie können Anwohner sich für die Flüchtlinge engagieren? Das Wichtigste ist, das Ankommen und Zusammenleben der Geflohenen zu unterstützen. Wir wollen, dass auch sie ihre Nachbarn kennenlernen, denn persönliche Kontakte sind das Hilfreichste für beide Seiten. Wie also hilft Wedding? Seit unserem ersten Treffen im November haben wir uns in verschiedenen Arbeitsgruppen organisiert. Weil die Geflohenen aus verschiedenen Kulturräumen kommen, ist Berlin mit seiner offenen Art eine große Herausforderung. Wer würde nicht vor dem BVG-Plan die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn er noch niemals U-Bahn gefahren ist? Wir finden für jeden, der helfen will, einen Platz. Interessierte kommen am besten zum Runden Tisch. Aber meine Zeit ist leider begrenzt… Es ist nicht selten, dass ehrenamtliche Mitarbeit am persönlichen Zeitplan scheitert. Vor allem, wenn man Familie hat und arbeitet. Aber für jeden findet sich das Passende. Es müssen auch nicht immer alle präsent sein. Feste müssen länger im Voraus geplant werden. Aber man kann die Asylsuchenden auch bei Behördengängen begleiten. Diese Termine sind planbar, manchmal kurzfristig. Spricht man eine der Sprachen der Geflüchteten, umso besser. Häufig ist dort die Anwesenheit einer dritten Person ausschlaggebend, die Deutsch spricht. Lernen die Bewohner in den Unterkünften kein Deutsch? Es handelt sich um Erstaufnahmen, in denen die Geflohenen bis zu drei Monate wohnen. Erst nachdem ihr Aufenthaltsstatus geklärt ist, dürfen Asylsuchende Deutschkurse vom Bundesamt für Migration besuchen. Daher bietet 10 Nachbarn_ Bundesverdienstkreuzträger unter sich: Evelyn Werther und Dr. Kingsley Arthur Am Bande Dr. Kingsley Arthur bekommt das Bundesverdienstkreuz Ein kleines, nicht gerade helles Ladenlokal in der Exer- Der Betriebswirt und Theologe stammt ursprünglich ßig. Viele Menschen aus unserem Kiez kennen diese Herz schlägt für Wedding, weil quasi die ganze Welt die AG Sprache Kurse in den Unterkünften an. Es werden Menschen gesucht, die nachmittags Kurse für Mütter und Kinder anbieten. Gerade Kinder lernen sehr schnell. Wir würden uns über Unterstützung durch arabisch- und türkischsprechende Anwohnern im Wedding sehr freuen. zierstraße. Die Einrichtung ist schlicht und zweckmä- Was benötigt denn Ihre Spendenkammer? Viel mehr Platz. (lacht) Wirklich. Ich möchte mich im Namen der Bewohner für die Massen an Spenden bedanken, die bisher reingekommen sind. Es ist wirklich unglaublich, wie viele Menschen auf einfache Art helfen. Wir haben eine sehr tolle Leiterin, die Kleider, Kuscheltiere und Spielzeug logistisch koordiniert. Zurzeit brauchen wir aber keine Spenden, sondern Hände die helfen, Sachen zu ordnen. bietet, die sie brauchen. Dieser Einsatz wurde nun mit Ist das nicht eigentlich Aufgabe des Betreibers? Der Betreuungsschlüssel der AWO-Mitarbeiter ist leider sehr niedrig und die Arbeitszeit angesichts der notwendigen Aufgaben knapp. Jetzt wohnen über 150 Personen hier, viele davon Kinder. Alle haben viele Bedürfnisse. Das Personal ist sehr engagiert und tut ohnehin schon mehr, als es müsste. Werden die Unterkünfte denn langfristig bleiben? Ja. Da es sich um Schulen handelt, die quasi über Nacht bezogen wurden, werden die Räume jetzt für die neue Funktion umkonzipiert. Jeder, der handwerklich unterstützen will, ist willkommen! Täglich kommen mehr Geflüchtete und brauchen ein Dach über dem Kopf. Wir freuen uns auch noch in einem Jahr über Hilfe. Es wäre schön, wenn es uns gelingt, durch ein gemeinsames Miteinander etwas Ablenkung in das Leben unserer neuen Nachbarn zu bringen. Sie haben viel verloren. Das für eine Stunde oder zwei zu vergessen, hilft, um wieder Fuß fassen zu können. Räume. Menschen, die Rat und Hilfe brauchen. Und die sich deshalb an „Rat + Hilfe e.V.“ wenden. So heißt der Verein, der hier sitzt und Unterstützung für alle andem Bundesverdienstkreuz am Bande für den Vorsitzenden des Vereins, Dr. Kingsley Arthur, honoriert. Am 13. März fand die Verleihung in der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen statt. Plötzli- che war das Interesse am Verein groß. Dr. Kingsley aus Ghana. Schon lange lebt er im Wedding. „Mein im Wedding wohnt. Es ist ein bunter Bezirk. Ein Brenn- punkt. Einer der ärmsten Orte unserer Stadt, aber auch einer der interessantesten. Hier sieht man so viele Kulturen, so viele Menschen, so viele Nationen. Bitterarme Menschen und Menschen, die ihr gutes Auskommen haben. Eine Sache verbindet uns alle: die Menschlichkeit.“ Text und Foto: Johannes Hayner Arthur kam den Anfragen gerne nach: „Man hat uns anerkannt und ausgezeichnet. Dann können wir auch darüber sprechen.“ Aus der medialen Zuwendung, so An Rat + Hilfe e.V. 16.3.2015 2004 „Rat + Hilfe e.V.“. Hilfe finden hier nicht nur Chris- Ich bin sehr froh und dankbar, dass es Euch gibt. Ohne euch wäre ich jetzt vermutlich immer noch Obdachlos. Danke, dass Ihr mich mit offenen Armen aufgenommen habt und mir unkompliziert mit Rat und Tat zur Seite gestanden habt. Ich war das erste Mal 2013 bei Euch als es echt Winter draußen war. Ich hatte kein Obdach und Ihr habt mich aufgenommen. Gemeinsam schauten wir nach einer Wohnung, die ich mit Eurer Hilfe dann auch erhalten habe und in der bin ich bis heute noch. Vielen Dank, dass Ihr mir mit der Wohnung und den bürokratischen Dingen geholfen habt. Fühle mich hier sehr wohl und würde was ich ja auch bereits tue, jederzeit wieder auf Euch zurückgreifen. jeder kann bleiben, was er ist. „Hier kennt man mich Lieben Gruß und lieben Dank Bernd L. hofft er, könne sich auch finanzielle entwickeln, denn der Verein arbeitet rein ehrenamtlich und ist ständig auf Unterstützung angewiesen. Kingsley Arthur ist den Nachbarn nicht nur als Vereinsvorsitzender bekannt. Vielmehr kennt man ihn als Pfarrer der International Christian Revival Church, eine freie evangelische Gemeinde, die er selber vor 25 Jahren gründete. Von Anfang an waren Pastor und Gemeinde sozial engagiert. Weil die Gemeinde allein diese Arbeit nicht mehr bewältigen konnte, gibt es seit ten. Der Verein arbeitet nicht missionarisch, jede und als Sozialarbeiter“, so Arthur „und so soll es auch sein. Ich trenne das strikt.“ Interview: Lena Reich 11 Kultur_ Deutschkurse der VH S sind literarisch ak tiv Die Bibliothek und ihre Leser: Das Bild eines ruhigen Ortes für Bücherfreunde, die sich aus Sachliteratur Wissen aneignen oder in Romanen schmökern wollen, ist eine alte Vorstellung von der Bibliothek. Die Eltern akademie an der Volkshochschule Berlin-Mitte in der Antonstraße geht neue Wege, um den Zugang zu diesem geschlossenen Ort der Bücher vor allem für Mig- Führung durch die Bibliothek am Luisenbad auch das Lesen und Sprechen sowie überhaupt der Los, lass uns gemeinsam lernen!“ der Elternakademie ständlichen Teil des kulturellen Lebens in den Familien ren selbstgefertigten Büchern vorlasen. In einem Pro- ranten und ihre Familien stärker zu öffnen. Dabei sollen Umgang mit Literatur und Sprache zu einem selbstverwerden. Eltern und Kinder sind ja heute gleicherma- ßen mit Bildung beschäftigt: Die Kinder als Schüler, Auszubildende oder Studenten und die Eltern als sich ständig fortbildende Erwachsene in Beruf und Alltag erfahren durch ein „lebenslanges Lernen“ viele Impulse und Anregungen, die das Familienleben spannend machen können. In der Familie zu kommunizieren, tut Feierliche Geschenkübergabe der Bücher in Leichter Sprache Dank der Unterstützung des Fördervereins Stadtbibliothek Mitte e.V. konnten für die Bibliothek am Luisenbad viele neue Medien in Leichter Sprache gekauft werden, die seit Jahresende 2014 den Besucherinnen und Besuchern zur Ausleihe zur Verfügung stehen. Texte in Leichter Sprache bestehen aus sehr einfachen, kurzen und gut verständlichen Sätzen. Fremdwörter werden vermieden oder erklärt. Leichte Sprache wen- det sich an Menschen mit geringen Lesefähigkeiten und wird häufig im Kontext von Alphabetisierungskursen eingesetzt. Zudem profitieren Leserinnen und Leser mit Migrationshintergrund und einer anderen Neues“ oder „Romeo und Julia“ locken künftig die ge- lesen und ausleihen. Bibliothek am Luisenbad Travemünder Str. 2, Ecke Badstraße, 13357 Berlin T: 901 845 610 E-Mail: [email protected] tenen Texten. Bestseller und Romane wie „Tschick“, Öffnungszeiten: Mo – Fr 10.00 – 19.30 Uhr Sa 10.00 – 14.00 Uhr Freunde“, aber auch Klassiker wie „Im Westen nichts Text: Sarah Tscholl, Bibliothek am Luisenbad Muttersprache als Deutsch von den einfach gehal„Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ und „Ziemlich beste 12 bei ein Anlaufpunkt, um sich neue Anregungen in Form von Büchern oder Veranstaltungen zu holen. durchgeführt. So kommen schon sehr früh Mütter mit und Kinder Medien in fast 50 verschiedenen Sprachen Kooperation mit der Bibliothek am Luisenbad wurden diese Werke nach einer Ausstellung in den Präsenzbestand der Bibliothek aufgenommen. des Lesens“ beim Hoffest im Medienhof-Wedding 2012 cherinnen und Besucher ein vielfältiges Angebot an spracherwerb. In der Kinderbibliothek können Eltern bänden mit Illustrationen gedruckt wurden. Durch die und tut neue Horizonte auf. Und die Bibliothek ist da- Mit Teilnehmern aus Deutschkursen hat die Elternaka- Büchern, Hörbüchern und Sprachkursen zum Zweit- kleine literarische Werke verfasst, die in zwei Sammel- Andere literarische Events mit Migranten aus Deutsch- nannten Zielgruppen in die Bibliothek am Luisenbad. Neben Medien in Leichter Sprache finden die Besu- jekt zur Sprach-, Lese- und Lernmotivierung hatten sie gut. Diskussionen sind anregend und notwendig, ein interessantes Gespräch schafft Klarheit, löst Probleme Bücher in Leichter Sprache in der Bibliothek am Luisenbad 2012, als sie in der Rudolf-Wissell-Grundschule aus ih- demie Führungen durch die Bibliothek am Luisenbad ihren Babys aus der Mütter-Sprachlerngruppe in die Bibliothek, um sich über den Bestand und die Benut- zung des Hauses durch eine Mitarbeiterin informieren zu lassen. Auch im historischen Puttensaal fanden in den letzten Jahren Veranstaltungen statt. So hatte ein deutsch-arabischer Kurs für Schüler der Wedding- Schule zweisprachige Lesungen präsentiert. Im Rahmenprogramm gab es dazu Musikbeispiele aus der arabischen und westeuropäischen Tradition. Geschichten schreiben und vor einem Publikum vorlesen. Dieses Erlebnis hatten die arabischen Schüler Mohamad, Jihan, Kawthar, Rasha, Siad, Lina, Iman, Diana, Hala, Nour, Bayan, Pascha, Nadin, Riem, Ray- an, Hiba H. und Hiba T. vom Kurs „Yalla nadrus sawa! kursen fanden während der „Woche der Sprache und statt. Frauen aus arabischen und asiatischen Ländern, Afrika oder der Türkei rezitierten deutsche Lyrik. In klei- nen Gruppen wurden literarische Lektüreerfahrungen ausgetauscht und darüber diskutiert, welche Märchen in ihrer Heimatsprache sie als Kinder geliebt und welche Romane sie als Jugendliche und Erwachsene gelesen haben. Und nicht zuletzt zeigt die Schreibwerk- statt in der Ferienschule der VHS seit einigen Jahren, wie literarisch aktiv Kinder und Jugendliche sein können. Das Potenzial an Schreiblust ist so groß, dass jedes Mal eine kleine Zeitung mit Erzählungen, Gedichten, Rezensionen über Computerspiele, kleine Essays und anderen Textformen produziert wird. 2014 wurden auch Hörspiele mit eigenen Texten erstellt. Dieser Hunger nach Literatur und diese Lust am Schreiben macht optimistisch, auch für das vorliegende Projekt der Bürgerzeitung: An Autoren und Autorinnen im Wedding scheint es nicht zu mangeln. Text: Ewald Schürmann Foto: Elternakademie/VHS-Berlin-Mitte, Ewald Schürmann 13 ren o t u sta a G Blick aus dem Café Tassenkuchen Aus der Redaktion des Internet-Blogs "Weddingweiser" finden Sie hier regelmäßig Artikel über die schönen Seiten des Wedding. Malplaquetstraße Die Ausnahmestraße Das Schöne am Wedding ist, dass er so entspannt ist. Hier findet sich Berlin wie unter einem Brennglas, aber ganz ohne das Überdrehte von Prenzlauer Berg, Fassaden könnten den Eindruck vermitteln, die Malplaquetstraße sei die neue Edelmeile. den angestaubten Chic von Charlottenburg oder das Doch was die meisten Ladenflächen im weiteren Ver- Stellen jedoch trifft die typische Weddinger Schmud- gen, Beratungsstellen, Vereine und Parteilokale. Die Rollkoffer-Geklapper von Kreuzberg. An ganz wenigen deligkeit sogar auf angenehmen Lifestyle, ohne dass gleich ein Riesen-Hype daraus entsteht. Die Malplaquetstraße ist ein solcher Ort – Ausnahmeerscheinung und typische Wohnstraße zugleich. Wie so oft im Wedding sollte man sich vom schön klingenden französischen Namen der Straße nicht täuschen lassen: 1891 wurde die Straße, wie die Straßen im ganzen Kiez, nach Ereignissen und Personen des Das südliche Ende der Malplaquetstraße lauf der Straße ausfüllt, sind eher soziale Einrichtun- Essen und Weinen, zu Preisen, die dem Viertel ange- Weit über die Kiezgrenzen hinaus bekannt und beliebt kleinen dreieckigen Plätze, an denen die Querstraßen matisch mit hochpreisigem Luxus gleichsetzen lässt. dem Antiquariat Mackensen hat es nicht geschadet, abknicken, sind seit vielen Jahren Treffpunkte von Al- koholikern und sozialen Randgruppen. „Nervt manchmal, stimmt“, kommentiert Anwohner Peter auf unserer Facebookseite, als es um die Malplaquetstraße geht. „Aber das ist auch das Leben – und zwar mit allen Facetten, nicht nur den schönen. Und die will ich um mich herum haben, denn es wird sie immer geben.“ messen sind, bietet er Qualität, die sich nicht auto„Qualität, das ist auch, wenn es wie hier noch Raum für Ideen gibt“, sagt Philippe. Die Nachbarschaft ist enga- giert, es gibt Hausgemeinschaften sowie neue und alte Wohnprojekte, von denen das „Karl-Schrader-Haus“ aus dem Jahr 1906 das bekannteste sein dürfte. Auch die Hausgemeinschaft in der Nr. 13 a zeigt Perspekti- ven auf, wie sich die Bewohner für ihre eigenen Inte ressen einsetzen können. Spanischen Erbfolgekriegs (1701– 1714) benannt. Im Philippe geht noch weiter. Der 40-jährige Wahlberliner sogar eine der blutigsten Schlachten der Neuzeit statt. Randgruppen das Viertel vor explodierenden Mieten deren Weddinger Straßen abhebt, ist der ausgespro- die Malplaquetstraße ist ein attraktiver Wohnort. Hier ders“ und dem TassenKuchen-Café lockt der mittlere nordfranzösischen Malplaquet fand mit 35.000 Toten Das südliche Ende der Straße stellt ein vielverspre- chendes Entrée für den Kiez dar. An beiden Ecken dreht es sich um Wein: in der Bar „WG – Weine & Ge- flügel“ und auf der anderen Ecke mit dem Wein- und Delikatessenladen „Spiritus Mundi“. Schon seit Jahren steht dieser Laden für hochwertige Genussmittel und war ein Pionier in diesem Teil des Wedding. Und in der Tat, auch die intakten Altbauten mit ihren bunten 14 Ecke Nazarethkirchstraße mit italienischen Wurzeln glaubt, dass die sichtbaren schützen können. Das ist auch dringend nötig, denn gibt es die Infrastruktur einer großen Stadt und zugleich die Überschaubarkeit eines Dorfes. „Jeder kennt hier jeden, man redet miteinander und ich kann mich auf mein Netzwerk verlassen“, sagt Philippe, der an der Ecke Utrechter Straße den italienischen Feinkostladen „Parma“ betreibt und selbst seit zwölf Jahren in der Malplaquetstraße wohnt. Mit qualitativ hochwertigem Was die Malplaquetstraße aber am meisten von an- chen vielfältige Mix. Mit dem Gastro-Pionier „Schra- Abschnitt der Straße Besucher aus der ganzen Stadt an, die die großstädtische und zugleich dörfliche At- mosphäre des baulich intakten Viertels zu schätzen wissen. Mit der bodenständigen Kneipe Café Morena und dem alles andere als abgehobenen Kulturverein ist die theaterbetonte Erika-Mann-Grundschule. Und mitsamt der schönen Inneneinrichtung vor ein paar Jahren an die Malplaquetstraße gezogen zu sein. Sogar ein „Mini-Kaufhaus“ an der Ecke Amsterdamer kann der Kiez aufbieten. Eine vergleichbare Vielfalt gibt es im Wedding höchstens im Sprengelkiez. Was vielleicht noch fehlt, ist ein Lebensmittelladen. Und abgesehen von den Straßenbäumen ist das dicht bebaute Viertel alles andere als grün. Zumindest ist heute weniger Müll auf der Straße als früher: „Als ich hierher zog, lag im Sommer noch der Silvesterdreck in den Ecken“, erinnert sich Philippe. Auch waren Kriminelle im Straßenbild sichtbar – was sich deutlich geändert habe. Heuer fällt es schwer alles aufzuzählen, was es an Gastronomie, Nachbarschaftsinitiativen und Einrichtungen in der Malplaquetstraße gibt. Eben eine richtige Ausnahmeerscheinung, die Straße! Fotos und Text: Joachim Faust/Weddingweiser Mastul ist wirklich für jeden Geschmack etwas dabei. Doch nicht nur, wenn es um die Abendgestaltung geht: 15 Die Kulturermittler stellen kulturelle Phänomene und künstlerische Projekte im Quartier Pankstraße vor: „Tiere in der Großstadt“ Die Klasse 3a der Wedding-Schule richtet Ihren Blick in dem Kunstprojekt „Tiere in der Großstadt“ auf die Tiere, die ihr jeden Tag in der Stadt begegnen. Wie bewegen sie sich, welche Farben haben sie, welche Laute machen sie, sind sie weich oder stachelig, wo wohnen sie? Gemeinsam mit der bildenden Künstlerin Anna Falkenstein und der Klassenlehrerin Cornelia Löffler erforschen die Kinder all diese Fragen. „Tiere in der Großstadt“ ist ein Teil des diesjährigen schulumfassenden Projektes Impressum „Expedition Wedding“, in dem Kinder, Lehrer und Erzieher der Wedding-Schule öffentliche Innen- und Außenräume des Quartiers in künstlerischen Prozessen erkunden und nutzen. Das Projekt wird im Rahmen des Modelprogramms „Kulturagenten für kreative Schulen“ und mit Unterstützung der Kulturagentin Anne Krause umgesetzt. Die Kulturermittler führen das Projekt „WIR IM QUARTIER“ in Zusammenarbeit mit dem QM Pankstraße durch. www. kulturermittler.de/ [email protected] Titel: Fotoaktion der Bürgerredaktion auf dem Weihnachtsmarkt des QM Pankstraße · Fotos: Johannes Hayner, Volker Kuntzsch, Anna Lindner · Redaktion: Michèle Bergner, Anna-Dorothea Falkenstein, Andris Fischer, Jakob Hayner, Johannes Hayner, Volker Kuntzsch, Anna Lindner, Christa Sämisch, Katrin Schäfer, Maja Schudi, Ewald Schürmann, Weddingweiser · Satz und Gestaltung: georg+georg · Kontakt Redaktion: [email protected] · Herausgeber: Johannes Hayner, Volker Kuntzsch · Redaktions anschrift: georg+georg, Gerichtstraße 23, 13347 Berlin 16
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