Umgang mit Gefahrstoffen..

Auszug aus Handreichung zur Arbeit mit den Rahmenplänen Sekundarstufe I CHEMIE Jahrgangsstufe 8
Dieses Material wurde als Handreichung für die Arbeit mit dem Rahmenplan Chemie Sekundarstufe I von einer Autorengruppe (Peter Slaby, Marianne Sgoff, Angelika Deuser
und Rainer Koch) erarbeitet und vom damaligen HeLP 1999 herausgegeben.
Es enthält für die Unterrichtsgestaltung in der Jahrgangsstufe 7 (Gymnasium) bzw. 8
(Haupt- / Real- und Gesamtschule) zahlreiche Strukturierungsvorschläge und Materialien
für einen kompetenzorientierten Unterricht.
Für die Bereitstellung auf dem hessischen Bildungsserver wurde es überarbeitet und gekürzt sowie den gültigen Lehrplaninhalten zugeordnet.
Gefahren im Umgang mit Stoffen
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Übersicht
Voraussetzungen
Verbindliche Inhalte
Anknüpfungsmöglichkeiten
Verhalten von Stoffen
Verbrennung und thermische Zersetzung
chemische Reaktion als Stoffumwandlung
Stoffeigenschaften
Gefahrenpotentiale
Aggregatzustände
Kennzeichnung von Stoffeigenschaften
Erkennungs- und Prüfmethoden
Brennbare, giftige, ..Stoffe
Kennzeichnung und Entsorgung
von Gefahrstoffen
Sicherheitsregeln im Umgang mit
Gefahrstoffen und Geräten
Stoffgemische /
Trennungen
Ordnungsprinzipien
Verfahren zur Isolierung und
Reinigung von Reinstoffen
Eigenschaftskombinationen
Teilchenstruktur
Begriffsbildung
1
Zuordnung der verbindlichen Inhalte zu den Kategorien
Alltag, Fachwissenschaft, Technologie und Umwelt
2
Gefahrenpotentiale im Umgang mit Stoffen
Die Erziehung zum Sicherheitsbewusstsein ist gleichermaßen eine Zielsetzung des Rahmenplans
als auch der Aufsichtsverordnung, in deren Anlage 2 dieses Anliegen konkret beschrieben ist:
...Damit Schülerinnen und Schüler geeignete Schutzmaßnahmen beim Umgang mit Geräten und
Stoffen kennen lernen und damit der naturwissenschaftliche Unterricht einen wesentlichen Beitrag zur Sicherheits- und Umwelterziehung leisten kann, ist es notwendig, dass Schülerinnen und
Schüler selbst experimentieren und dabei einen sicherheitsgerechten und verantwortungsbewussten Umgang mit Gefahrstoffen, Energiequellen, Maschinen Schaltungen etc. kennen lernen und
einüben.
...
Unfallverhütung und Gesundheitsschutz sind im Rahmen des Unterrichts pflichtmäßige Anliegen.
Die Schülerinnen und Schüler sind ... in den zur Unfallverhütung einzuhaltenden Regelungen zu
unterweisen. Über die erfolgte Unterweisung ist ein schriftlicher Vermerk anzufertigen ...
Insbesondere zum sicheren Experimentieren und zum Umgang mit Gefahrstoffen enthält die Anlage 2 der Aufsichtsverordnung detaillierte Hinweise und Vorschriften.
Für die Integration des verbindlichen Inhalts Rahmenplan Chemie Jahrgangsstufe 8 „Gefahrenpotentiale im Umgang mit Stoffen“ in die Schulcurricula lassen sich nun verschiedene Wege
beschreiben.
1. Der systematische Weg
Hier werden in einer kurzen Unterrichtseinheit die verschiedenen Gefahrenquellen und
Risikomomente thematisiert. Die Klassifizierung der Gefahrstoffe kann dabei als Ausgangspunkt
für die Beschreibung konkreter Gefahrensituationen im naturwissenschaftlichen
Experimentalunterricht, aber auch in vielen alltäglichen Situationen zuhause und anderswo
dienen. Neben den Gefahrstoffen müssen auch Gefahrenmomente aufgezeigt werden, die der
Umgang mit Druckgasen, mit hohen Temperaturen, mit Elektrizität, mit scharfen und spitzen
Werkzeugen und mit Glas mit sich bringt.
Maßnahmen, die den sicheren Umgang mit Gefahrstoffen (einschließlich Aufbewahrung und
Entsorgung) gewährleisten sollen, werden nicht nur theoretisch erörtert, sondern möglichst umfassend praktisch eingeübt. Dazu gehört auch die systematische Einweisung in alle Sicherheitseinrichtungen (Not-Aus-Schalter, Gaszufuhrsperre u.ä.), in die Ausrüstung zum Brandschutz und
zur Brandbekämpfung und in das Verhalten bei Unfällen oder Feueralarm.
2. Der unterrichtsparallele Weg
Hierbei werden die Gefahrenmomente immer an konkrete Erlebnissituationen im laufenden Unterrichtsgeschehen geknüpft. Je nach methodischer und experimenteller Ausgestaltung der Unterrichtseinheiten ergeben sich gleich im Anfangsunterricht, aber auch ständig im fortschreitenden
Chemieunterricht Situationen, an denen die Gefährlichkeit bestimmter Stoffe und die Maßnahmen zur Sicherheit thematisiert werden.
Einige Beispiele:
Stoffeigenschaften
Aggregatzustände
Verhalten von Stoffen
... beim Erhitzen
... beim Anzünden und Verbrennen
Ordnungskriterien für Stoffe
Charakterisierung wässriger Lösungen
Kennen lernen von Stoffen, die gefährliche Dämpfe oder Gase abgeben. (gesonderte Aufbewahrung, Benutzung der Abzuganlage)
Handhabung von Druckgasen, Gasdruck
als Gefahrenquelle
erstmaliger Verwendung des Gasbrenners
als Wärmequelle (zahlreiche Gefahrenmomente),
vorbeugender Brandschutz, Hilfsmittel
Entstehung gefährlicher Verbrennungsprodukte, unkontrollierte heftige Reaktionsabläufe
Klassifizierung nach Gefahrenpotential
(z.B. brennbare, giftige, ätzende Stoffe)
Gefahren im Umgang mit sauren und alkalischen Lösungen, Haut- und Augenschutz
Diese Zuordnung ließe sich für zahlreiche Inhalte der später folgenden Rahmenthemen fortsetzen. Mit fortschreitendem Chemieunterricht entstehen auf diese Weise zahlreiche Erkenntnisse
und Einsichten, gewonnen in der Praxis des Umgangs mit Gefahrstoffen.
Allerdings müssen auch bei diesem Weg ganz am Anfang des Schuljahres wesentliche Aspekte
systematisch durchgearbeitet werden. So müssen die Schülerinnen und Schüler mit der Laborordnung bzw. der Betriebsanweisung gemäß TRGS 450 vertraut gemacht werden und in die Sicherheits- und Brandschutzeinrichtungen eingewiesen werden, so wie es die rechtlichen Bestimmungen vorsehen.
Zusätzlich zu diesen beiden Wegen gibt es von Zeit zu Zeit aktuelle Anlässe, die Gefahrstoffproblematik im laufenden Unterrichtsgeschehen zu thematisieren.
Rundfunk, Fernsehen und Printmedien haben häufig genug Anlass, über Unglücksfälle oder katastrophale Ereignisse zu berichten, bei denen durch den Umgang mit Gefahrstoffen oder durch
unkontrollierte Reaktionen Menschen zu Schaden kommen oder die Umwelt in großem Ausmaß
belastet wird.
Abseits jeder Neugier auf Sensationen und Katastrophenbilder wollen Schülerinnen und Schüler
gerade im Chemieunterricht die Hintergründe solcher Vorkommnisse erfahren, die chemischen
und technischen Details ebenso wie die möglichen Ursachen.
Aus mancher Unfallmeldung lassen sich Rückschlüsse auf unsachgemäßen oder riskanten Umgang mit Gefahrstoffen, auf Fehleinschätzungen von chemischen Reaktionen oder Energiefreisetzungen ableiten, gerade dann, wenn es sich um Unglücksfälle im häuslichen Alltag handelt. In
den folgenden Materialien finden sich dafür zahlreiche Beispiele.
3
Übersichtsschema
Bezüge zu anderen verbindlichen Inhalten, zu anderen Themen und Unterrichtsgegenständen (in Beispielen)
Verbindliche
Inhalte
Brennbare,
giftige, ätzende
und explosive
Stoffe
Kennzeichnung
und Entsorgung von Gefahrstoffen
Mögliche Verknüpfungen und
Bezüge
Thema
Aktivitäten
Kennzeichnende Stoffeigenschaften
Brennbarkeit von Stoffen
Zusammenstellung, Vergleich und Zuordnung (Aggregatzustände, Aufbewahrung, Verwendung für Wärme / für
Licht ...)
Alltags- und nutzungsbezogene Kri- Brennstoffe im Alltag
terien (für Ordnungsprinzipien)
Verbrennung und thermische Zersetzung als stoffliche Veränderung
Verhalten von Stoffen beim Erhitzen Entflammen, Verbrennen, Zersetzung
von Feststoffen mit der Gasbrenner- und Schmelzen als Erscheinungen
flamme
wahrnehmen und unterscheiden
Kennzeichnende Stoffeigenschaften
Lösen von Stoffen in Lösemitteln
Untersuchung der Wasser- bzw.
Benzinlöslichkeit von Feststoffen
Verfahren zur Isolierung von Stoffen Destillationsverfahren
(einfache Trennungsmethoden)
Eindampfen zur Kristallisation
Sicherheitsregeln im Umgang mit Stoffen und Geräten
Kennzeichnende Stoffeigenschaften
Umgang mit Benzin, Benutzung der
Abzuganlage oder von Adsorbentien,
Entsorgung organische Lösemittel
Verwendung von Sandbad und elektr.
Heizgeräten beim Umgang mit brennbaren Flüssigkeiten
Auftrennung von Lebensmittel- oder Herstellen, Umgehen und Entsorgen
Filzstiftfarben (Papierchromaeiner Eisessig/Butanol/Wasser-Lösung
tographie)
Verhalten von Glas
Einfache Bearbeitung von Glasrohren
- beim Erhitzen
und -stäben über der Gasbrennerflam- bei der Glasbearbeitung
me und mit dem Glasschneider z.B.
Einschmelzen von inerten Festsstoffen
wie Mineralien
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Material 1. Die Pressenotiz im Unterricht
Fischsterben durch
Ammoniak
LAUTERBACH. Während der Reparaturarbeiten
an der Kunsteisbahn in Lauterbach liefen vermutlich mehrere Liter Ammoniak aus der Kältemaschine in die nahegelegene Lauter und verursachten ein großes Fischsterben. Wie der Umweltsachbearbeiter der Lauterbacher Polizei,
Schaaf, und der Vorsitzende des Angelsportvereins, Schoppach, erklärten, sei die Lauter auf
einer Länge von etwa drei Kilometern biologisch
tot. Verendet seien mehr als zehn Zentner Bachund Regenbogenforellen sowie sämtliche kleinen
Nahrungsfische. Der materielle Schaden am
Fischbestand belaufe sich nach ersten Schätzungen eines Gutachters auf mindestens 20 000
Mark. Bis der alte Zustand vor dem Ammoniakunfall wiederhergestellt sei, seien mindestens
sechs Jahre und viele Arbeitsstunden von Mitgliedern des Lauterbacher Angelsportvereins
notwendig.
Bsp. Unfall mit Gefahrstoffen
Leitfragen zur Analyse des Geschehens:
• Was ist passiert?
• Welche Personen waren am Unfallgeschehen beteiligt?
• Welche Gefahrstoffe waren beteiligt?
• Welche Bedeutung hat dieser Gefahrstoff
im Alltag, in der Industrie?
• Worin liegen die konkreten Ursachen?
• Welche Bereiche (menschliche Gesundheit, Gewässer, Boden, Luft ...) wurden
durch die Geschehnisse beeinträchtigt?
• Welches Ausmaß hat der Schaden (Folgeschäden, Kosten)?
• Welche Gegenmaßnahmen zur Beseitigung bzw. Abminderung der Folgen wurden ergriffen?
• Wie verhalten sich Behörden und evtl.
beteiligte Firmen?
Warnung vor Quecksilber
HAMBURG, 10. Dezember (Reuter). Die Hamburger Baubehörde warnte dringend davor, Knopfzellen (Mini-Batterien) in den
Hausmüll zu werfen. Knopfzellen sind die winzigen Batterien,
die fiir Armbanduhren, Feuerzeuge, Filmkameras und Herzschrittmacher verwendet werden und unter anderem Quecksilber
enthalten, wie ein Sprecher der für die Müllabfuhr zuständigen
Behörde am Dienstag mitteilte. Bei der Aufbereitung oder
Verbrennung des Mülls wird das Quecksilber frei und verdampft
sehr schnell. Wenn allein jeder der 1,68 Millionen Hamburger
eine dieser winzigen Batterien im Jahr wegwerfe, werde die Luft
bereits mit einer Tonne des giftigen Schwermetalls belastet, sagte
der Sprecher. Er wies darauf hin, dass die Hersteller und Importeure der Knopfzellen bereit seien, diese Batterien beim Austausch zurückzunehmen.
Bsp. Aktuelle Verbraucherhinweise
Leitfragen:
• Was ist der Anlass für diesen
Verbraucherhinweis?
• Um welchen Gefahrstoff geht es?
• Welche Risiken gehen von diesem Gefahrstoff aus?
• Welche Bedeutung hat dieser
Gefahrstoff im Alltag, in der Industrie?
• Welcher Belastungspfad für
Mensch und Umwelt wird hier
aufgezeigt?
Sicherheitsrelevante Kenndaten:
Ammoniak-Lsg., R: 34-37
Verursacht Verätzungen. Reizt die Atmungsorgane.
konz.
S: 7-26-45
NH3 in aqua
Behälter dicht geschlossen halten. Bei Berührung mit den
WassergefährAugen gründlich mit Wasser abspülen und Arzt konsultiedungsklasse: 2
ren. Bei Unfall oder Unwohlsein sofort Arzt zuziehen (wenn
möglich, das Etikett vorzeigen).
R: 23-33
Quecksilber
Gesundheitsschädlich beim Verschlucken. Gefahr kumulaHg
tiver Wirkungen.
WassergefährS: 1/2-7-45
dungsklasse: 3
Unter Verschluss und für Kinder unzugänglich aufbewahren. Behälter dicht geschlossen halten. Maßnahmen gegen
elektrostatische Aufladungen treffen.
2. Pressenotizen (Sammlung)
Chlorgaswolke im Ruhrgebiet
DORSTEN, 17. April (apa). Eine giftige Chlorgaswolke zog am Mittwoch über das nördliche Ruhrgebiet im
Raum Marl/Dorsten in Richtung Wesel und beunruhigte Bevölkerung wie Kommunalverwaltungen. Besonders in
der Stadt Dorsten klagten Kinder über Brechreiz und Augentränen. Eine Berufs- und eine Grundschule wurden
vorsichtshalber geschlossen, in weiteren Schulen traf man Vorsichtsmaßnahmen. Infolge eines Pumpendefekts
war am Morgen das Chlorgas aus einem Betrieb der Chemischen Werke Hüls AG (CWH) in Marl ausgetreten.
Ein Werkssprecher bezeichnete die entwichene Menge des giftigen Gases als relativ gering, da die undichte Leitung nach acht Minuten habe abgesperrt werden können. Sofort vorgenommene Messungen hätten keine gefährliche Konzentration des Gases in der Luft gegeben. Zwei Betriebsangehörige erlitten mittelschwere Reizungen
durch Gasinhalation, die jedoch keine stationäre Behandlung erforderten.
*
Tanklaster kippte um
KELHEIM, 6. Dezember (AP). Ein Tanklastzug mit 15 000 Litern Dieselöl ist am Samstag auf der Bundesstraße
299 in Siegenburg im Landkreis Kelheim verunglückt. Die bayerische Landespolizei teilte mit, die Zugmaschine
sei aus ungeklärter Ursache auf das Bankett geraten. Daraufhin sei der Anhänger umgekippt. Einer der drei Tanks
sei geplatzt. 2000 Liter Öl seien ausgelaufen und im Erdreich versickert. Die Bundesstraße wurde für den ganzen
Tag total gesperrt.
*
Gasexplosion zerstörte Häuser
WARENDORF, 11. Oktober (dpa). Drei alte Häuser in der Innenstadt von Warendorf im Münsterland sind am
Freitag durch eine Gasexplosion schwer beschädigt worden. Von den Bewohnern der Gebäude mussten drei mit
einer Rauchvergiftung ins Krankenhaus gebracht werden. Nach Auskunft der Polizei war in den Morgenstunden
Gas aus einer offenbar undichten Leitung in einem Geschäftshaus ausgeströmt und hatte sich schlagartig entzündet. Das Feuer vernichtete das Gebäude bis auf die Umfassungsmauern. Zwei benachbarte Altbauten wurden
schwer beschädigt. Eine Druckwelle zertrümmerte Fensterscheiben im Umkreis von gut 100 Metern. Der Sachschaden wird auf eine Million Mark geschätzt.
*
FR ‘79 * Explosion
beim Chemie-Spiel
HAMBURG, 7. September (Reuter). Ein Spiel mit Chemikalien endete am Donnerstagabend in Hamburg mit
einer Explosion, die einen zwölfjährigen Jungen tötete und seine zwei Kameraden schwer verletzte. Nach Angaben eines Polizeisprechers befanden sich der 13jährige Bruder des Getöteten und ein zweiter Zwölfjähriger aus
der Nachbarschaft am Freitag nicht mehr in Lebensgefahr, wurden jedoch weiter auf der Intensivstation behandelt. Dem Nachbarsjungen hatte die Explosion Teile einer Hand abgerissen. In dem blutverschmierten Kellerraum fanden Sprengmeister der Polizei einen Chemie-Übungskasten, dessen Inhalt nach ihrer Auffassung jedoch
nicht zur Herstellung eines Explosivstoffes verwendet werden konnte. Welche Chemikalien die Kinder verwendet
hatten, war zunächst nicht eindeutig zu klären.
*
Mit Sprengstoff hantiert
HECHINGEN, 18. September (dpa). Beim Experimentieren mit Sprengstoff sind bei einer Explosion am Samstagnachmittag in Hechingen-Frommern (Zollernalbkreis) ein 18jähriger Junge getötet und seine fünf Freunde
zum Teil schwer verletzt worden. Wie Staatsanwaltschaft und Polizei am Sonntag mitteilten, hatten sich die
sechs im Alter zwischen 13 und 16 Jahren durch getrennte Einkäufe die Bestandteile für eine Sprengstoffmischung besorgt und seit Tagen experimentiert. Wegen unsachgemäßer und gefährlicher Handhabung des Gemisches kam es zu der zu diesem Zeitpunkt nicht geplanten Explosion.
*
Giftunfall in der Chemiestunde: Keine Verletzten
ERFURT • Mit einem Schrecken endete eine Chemiestunde am Erfurter Heinrich-Mann-Gymnasium vorzeitig. In
der Verbindung von Bromwasser und Sauerstoff war hochgiftiges Gas entstanden. Eine 50-Milliliter-Flasche mit
Bromwasser war versehentlich von einem Versuchswagen gefallen und zerbrochen.
Wie die Polizei gestern mitteilte, seien die 26 Schüler und der Lehrer vorbeugend zur Untersuchung in ein Erfurter Krankenhaus gebracht worden. Die 500 Schüler des Gymnasiums wurden für kurze Zeit evakuiert. Es gab
jedoch keine Verletzten. Die Flüssigkeit wurde von der Erfurter Feuerwehr gebunden und entsorgt. (dpa)
*
3. Unfälle mit unterschiedlichen Gefahrenmomenten
Frau an giftigen Dämpfen erstickt
BAD HERSFELD. Die Vermischung zweier handelsüblicher Sanitärreiniger hat einer
48jährigen Hausfrau aus Philippsthal (Kreis Hersfeld-Rotenburg) das Leben gekostet. Die
Frau starb nach Mitteilung der Polizei vom Freitag an den Chlordämpfen, die sich bei der
Säuberung des Badezimmers mit der Reinigermischung entwickelten. Die Kripo nahm diesen Fall zum Anlass, die Benutzer solcher Reinigungsmittel auf die aufgedruckten Hinweise
und Gebrauchsanweisungen aufmerksam zu machen.
FR ‘88 *
Chemikalie verletzte Menschen
BREMEN, 4. September (AP). Drei Menschen sind am Wochenende schwer verletzt worden, nachdem auf der Autobahn Münster - Bremen in Höhe der Raststätte Wildeshausen ein mit Chemikalien
beladener Lastzug umkippte. Nach Angaben der Polizei in Delmenhorst wurden größere Mengen des
Pulvers Preventol frei, ein Schwefelsäurediamid, das zur Farbenherstellung verwendet wird und in
Verbindung mit Wasser ätzend wirkt. Der aus Reinfeld bei Lübeck stammende Lastwagen hatte insgesamt 20,8 Tonnen Chemikalien geladen, wobei zunächst nicht feststand, wie groß der Anteil an
Preventol war. Die Autobahn musste für sechs Stunden voll und für dreizehneinhalb Stunden in Richtung Bremen gesperrt werden.
FR ‘87 *
Stickstoff im Dynamit-Schiff
LONDON, 15. März (dpa). Der dänische Frachter „Hornestrand" mit 400 Tonnen Dynamit an
Bord ist am Wochenende mit Stickstoff vollgepumpt worden, um die Gefahr einer Explosion
endgültig zu bannen. Die „Hornestrand" war vor zehn Tagen in unmittelbarer Nähe der Hauptschifffahrtslinie durch den Ärmelkanal in Brand geraten und von ihrer Mannschaft verlassen
worden.
Der Frachter wurde dann vor die Küste Cornwalls geschleppt, wo ein Bergungsunternehmen
seitdem versuchte, den Schwelbrand an Bord zu bekämpfen. Der Stickstoff soll für 72 Stunden
im Schiff bleiben, bis neue Infrarot Untersuchungen angestellt werden, um eine mögliche Gefährdung ein für allemal auszuschließen.
FR ‘79 *
Waschmaschine wurde Bombe
CLERMONT-FERRAND, 27. April (Reuter). Bei dem Versuch, einen Fleck aus seiner Kleidung
zu waschen, hat am Sonntag ein Mann im französischen Clermont-Ferrand sein Wohnhaus zerstört
Nach Angaben der Polizei benutzte der Mann statt eines üblichen Waschpulvers Reinigungsbenzin
in seiner Waschmaschine. Durch einen Funken wurde der ungewöhnliche Waschakt jäh unterbrochen: bei der Explosion des Benzins sei das Erdgeschoss des Hauses zerstört worden, hieß es im
Polizeibericht. Der Mann und zwei weitere Hausbewohner blieben bei der Explosion unverletzt.
FR ‘85 *
1300 Liter Essigsäure im Boden versickert
NEU ISENBURG, 3.Oktober. Eine „Entsorgung" besonderer Art praktizierten Mitarbeiter
eines Darmstädter Fuhrunternehmens im Industriegebiet von Neu-Isenburg (Kreis Offenbach): Sie zerschlugen am Dienstagnachmittag 36 Kunststoffkanister, wobei 1300 Liter
70prozentige Essigsäure in den Boden versickerten.
Den bisherigen Ermittlungen zufolge hatte eine Tiefbaufirma, die im Februar
geschlossen worden war, einen Darmstädter Fuhrunternehmer mit der Beseitigung der auf dem Gelände zurückgebliebenen Chemikalien beauftragt. Zeugen
berichteten nach Angaben der Behörden, dass zwei Mitarbeiter des Entsorgungsunternehmens die Essigsäurekanister einfach zerschlugen und die Flüssigkeit in den Boden
laufen ließen. Von der durch die Essigsäure ausgehenden starken Geruchsbelästigung waren Angestellte eines benachbarten Autohauses betroffen. Vier der Bediensteten mussten wegen Reizung der
Atemwege behandelt werden.
4. Was sind Gefahrstoffe?
Astérix et Cléopatre 1965 bei Dargaud ; Deutsche Erstauflage des Buches 1969 bei Ehapa
Wann wird ein Stoff zum Gefahrstoff?
Gift - Synonym für lebensbedrohliche Gefahr durch Stoffe, die über die Nahrung, die Atemluft oder über die Haut in unseren Körper eindringen.
Die Umgangssprache hat diesen Begriff viel früAlle Dinge sind Gift und her besetzt als die Naturwissenschaftler. Wer sich
aber heute ernsthaft mit den schädlichen Wirkunnichts ist ohn’ Gift;
gen von Stoffen beschäftigt, benötigt bald die
nur die Dosis macht,
breitere Begriffspalette, wie sie von Chemikern
dass ein Ding kein Gift und Biologen, von Toxikologen und Ökologen
verwendet wird.
ist.
Und nicht allein der Mensch, sondern auch alle
Paracelsus ( 1493 - 1541 )
anderen Organismen, ja selbst die Sphären Wasser, Boden und Luft unseres Ökosystems Erde
werden heute selbstverständlich in die Betrachtung von stofflichen Schadwirkungen einbezogen.
Im Begriffsraster der EU-Richtlinien und der Verordnungen des Bundesgesetzgebers steht der
Begriff giftig innerhalb einer Abstufung sehr giftig - giftig - gesundheitsschädlich, die - dem
Gedanken Paracelsus’ folgend - in Abhängigkeit von der tödlichen Dosis vorgenommen wurde.
Neben der direkten tödlichen Wirkung werden auch irreversible nichtletale Wirkungen (z.B.
allergieauslösende) und andere schwerwiegende Gesundheitsschäden im Rahmen dieses Begriffsrasters berücksichtigt, insbesondere die krebserzeugende, erbgutverändernde und fortpflanzungsgefährdende Wirkung von Stoffen.
Wenn chemische Substanzen die Haut bzw. die Schleimhaut des Menschen angreift, verändert
und Schäden hervorruft, spricht man von reizender bzw. in gravierender Form von ätzender
Wirkung. Das Gefahrensymbol hierfür deutet auch an, daß auch andere „Materialien“ durch
Einwirken ätzender Stoffe verändert oder zerstört werden können.
Neben der Giftigkeit, der Ätz- und Reizwirkung können zahlreiche andere Risikomomente,
die sich aus den chemisch-physikalischen Eigenschaften, besonders aus dem Reaktionsbestreben ableiten, einen Stoff zum Gefahrstoff machen. Explosionsgefährliche, hoch- und leichtentzündliche sowie brandfördernde Stoffe gehören zu dieser Gruppe.
Material 2: Klassifizierung von Gefahrstoffen nach den rechtlichen Bestimmungen (EU-Richtlinie und Gefahrstoffverordnung)
1.Stoffe mit gefährlichen physikalisch-chemischen Eigenschaften:
hochentzündlich
Diethylether, Acetaldehyd, n-Butan, 1-Buten,
Wasserstoff, Propan, Schwefelwasserstoff,
Chlormethan, Ethan, Ethen, Acetylen, Kohlenstoffmonooxid, Methan, Methylformiat
leichtentzündlich
Aceton, Aluminiumcarbid, Barium, Benzin,
Benzol, tert.Butanol, Cyclohexan, Ethanol,
Ethylacetat, n-Hexan, Kalium, Magnesium,
Methanol, Natrium, Petrolether, Phosphor, 1Propanol, Toluol
brandfördernd
Ammoniumnitrat, Bariumchlorat, Bariumperoxid, Calciumhypochlorit, Calciumnitrat,
Chrom(VI)-oxid, Cumolhydroperoxid, Eisen(III)-nitrat, Kaliumnitrat, Kaliumpermanganat, konz. Salpetersäure
explosionsgefährlich
Ammoniumdichromat, Benzoylperoxid,
Blei(II)-azid, 2,4-Dinitrophenylhydrazin, 1,3,5Trinitrobenzol, Nitrocellulose, Pikrinsäure,
Quecksilber(II)-fulminat (Knallquecksilber),
Trinitro-m-kresol
2. Stoffe mit akuter letaler Wirkung, wobei die Stoffe durch Verschlucken, durch
Einatmen oder über die Haut in den Körper gelangen können
sehr giftig
Arsen(III)-oxid, Brom, Fluorwasserstoffsäure,
Kaliumcyanid, MILLONs Reagenz, Nitrobenzol, weißer Phosphor, Quecksilber(II)-chlorid,
Stickstoffmonooxid, Thallium, Schwefelwasserstoff
giftig
Acetonitril, Anilin, Arsen, Benzin,
1,4-Benzochinon, Bromoform, Chloralhydrat,
Chloressigsäure, Chrom(VI)-oxid,
N,N-Dimethylformamid, Diphenylamin, Iodethan, Kaliumfluorid, Methanol
gesundheitsschädlich
Acetylsalicylsäure, Ammoniumchlorid, Azobenzol, Bariumcarbonat, Benzaldehyd, Cadmium, Chrom(III)-chlorid, Cyclohexanon, LCystein, 1,3-Dichlorbenzol, Dimethylglyoxim,
1-Hexanol, Hydrochinon
(alt: mindergiftig)
3. Stoffe, die irreversible nichtletale Wirkungen nach einmaliger Exposition hervorrufen
Acetamid, Anilin, Dinitrobenzole, 1,4Sehr giftig, giftig
oder gesundheitsschäd- Dioxan, Iodmethan, Nickelcarbonat, Kristallviolett, Phenylhydrazin, Thioharnstoff,
lich mit R39, R40
Chlormethan, 1,1,2,2-Tetrachlorethan,
Cadmiumfluorid, Cadmiumiodid, 1Nitronaphthalin
R39:
Ernste Gefahr
irreversiblen
Schadens.
R40:
Irreversibler Schaden möglich.
4. Stoffe, die nach wiederholter oder längerer Exposition schwerwiegende Wirkungen hervorrufen
giftig oder gesundheits- Anilin, n-Hexan, iso-Hexan, Mangan, Man- R48:
gan(II)-chlorid, Molybdän(VI)-oxid, Queck- Gefahr ernster
schädlich mit R48
Gesundheitsschäsilber(II)-chlorid, Schwefelkohlenstoff,
Cadmiumsulfid, Chlormethan,
den bei längerer
Exposition.
5. Stoffe, die ätzende oder reizende Wirkungen einschl. schwerer Augenschäden
hervorrufen
ätzend
Adipinsäuredichlorid, Aluminiumchlorid, Ameisensäure, Ammoniak-Lsg., Benzoylchlorid,
Buttersäure, Calciumhydroxid, Calciumoxid,
Essigsäure, FEHLING-II-Lsg., Kalilauge,
Milchsäure, Natronlauge
reizend
essigsaure Tonerde, Brenztraubensäure, Brombenzol, Calciumchlorid, Dibutylether, Eriochromschwarz T, Kaliumdisulfit, Kalkwasser,
Menthol, Natriumcarbonat, Natriumsulfit,
Phthalsäure, verd. Salzsäure
6. Stoffe, die sensibilisierende Wirkungen hervorrufen
mit R42, R43
Ammoniumchromat, Ammoniumperoxodisulfat, Anthracen, Benzoylperoxid, Cobalt,
Formaldehyd-Lsg., Hexamethylentetramin,
Hydrazin-Monohydrat, Kaliumchromat,
Nickel(II)-chlorid, Paraformaldehyd
R42:
Sensibilisierung
durch Einatmen
möglich.
R43:
Sensibilisierung
durch Hautkontakt
möglich.
7. Stoffe, die krebserzeugende, erbgutverändernde oder fortpflanzungsgefährdende Wirkungen hervorrufen
krebserzeugend
Kat. 1 oder 2
mit R45, R49
krebserzeugend
Kat. 3
mit R40
erbgutverändernd
Acrylamid, Acrylnitril, 4-Aminoazobenzol, Benzol, R45:
Cadmiumacetat, 1,2-Dibromethan, Kaliumbromat, Kann Krebs erzeugen.
R49:
Zinkchromat, o-Anisidin
Kann Krebs erzeugen
beim Einatmen.
Acetamid, Antimon(III)-oxid, Dichlormethan, Acetaldehyd, Nickel-Pulver, Nickel(II)-sulfat, Thioharnstoff, Cadmiumsulfid
Ethylenoxid, Hexamethylphosphorsäuretriamid
4,6-Dinitro-o-kresol
zungsfähigkeit beeinträchtigen.
Schwefelkohlenstoff
wicklung)
Kat. 1 oder 2
mit R61
fortpflanzungsgefährdend (Ent-
R62:
Kann möglicherweise
die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen.
(Fruchtbarkeit)
Kat. 3
mit R62
fortpflanzungsgefährdend (Ent-
R40:
Blei(II)-acetat, Ethylglykol, 2-Ethoxyethylacetat, 2- R60:
Kann die FortpflanMethoxyethanol
(Fruchtbarkeit)
Kat. 1 oder 2
mit R60
fortpflanzungsgefährdend
R46:
Irreversibler Schaden
möglich.
Kat. 3
mit R40
fortpflanzungsgefährdend
Irreversibler Schaden
möglich.
Kann vererbbare Schäden verursachen.
Kat. 1 oder 2
mit R46
erbgutverändernd
R40:
Blei(II)-acetat, Bleichlorid, bas. Bleicarbonat, Blei- R61:
Kann das Kind im Mutnitrat, Bleioxide, Bleisulfat, Bleisulfid,
terleib schädigen.
N,N-Dimethylformamid, 2-Methoxyethanol
Schwefelkohlenstoff
R63:
Kann das Kind im Mutterleib möglicherweise
schädigen.
wicklung)
Kat. 3
mit R63
8. Stoffe mit bestimmten Auswirkungen auf die Umwelt
umweltgefährlich Tetrachlorkohlenstoff, 1,1,1-Trichlorethan, 2,4,5Trichlorphenol