RP-‐Interview Flüchtlinge in Orsoy

RP-­‐Interview Flüchtlinge in Orsoy Rheinberg Gleich zu Beginn der Sommerferien hat die Nachricht in Rheinberg, noch mehr im Städtchen Orsoy aufhorchen lassen, dass das Land die Absicht hat, im Marien-­‐Hospital für eine Übergangszeit eine Erstanlaufstelle für rund 500 Flüchtlinge einzurichten. Während die Informationen aus dem Stadthaus nur spärlich fließen, gingen im sozialen Netzwerk Facebook die Post ab. Bei einer RP-­‐Umfrage im Ort selbst aber stellte sich heraus, dass die meisten Orsoyer grundsätzlich bereit sind, Flüchtlinge aufzunehmen. Aber viele beklagen ein Informationsdefizit. Das tut auch Uwe Klein, Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Orsoy. Können Sie die Sorgen der Orsoyer Bevölkerung angesichts der Absicht des Landes verstehen, das Krankenhaus zur großen Flüchtlingsunterkunft zu machen? Klein Es ist doch klar, dass die Aufregung groß ist und viele Leute besorgt sind, wenn so viele Asylbewerber in unmittelbarer Nachbarschaft untergebracht werden sollen. Jeder soll dazu seine Meinung bilden. Aber dass geht nur auf der Grundlage von sachlicher Information. Und die fehlt Ihrer Meinung nach? Klein Ja. So ein Projekt muss ordentlich kommuniziert werden, damit nicht der Eindruck entsteht, dass hier etwas in einer Nacht-­‐ und Nebelaktion über die Köpfe der Bevölkerung hinweg durchgesetzt werden soll. Es muss genau erklärt werden, was hier passieren soll. Es geht um objektive Fragen wie und warum ist das Hospital geeignet? und wie viele Menschen kommen? Nur so kann Verständnis reifen. Bislang ist noch nicht allzu viel erklärt worden. Klein Den Eindruck habe auch ich. Natürlich ist es schwierig, wenn so eine Nachricht gerade in die Urlaubszeit fällt, wenn Verantwortliche im Stadthaus nicht da sind. Aber man sollte den Orsoyern nun möglichst schnell signalisieren, dass man sie, ihre Sorgen und Ängste ernst nimmt. Da helfen nur möglichst umfassende Informationen. Glauben Sie denn, dass eine Anlaufstelle für so viele Flüchtlinge im kleinen Orsoy überhaupt eine Chance auf Akzeptanz finden kann? Klein Ich denke schon. Menschen können sich nicht empören, wenn sie in den Nachrichten die Berichte über die Flüchtlingskatastrophen sehen und dann auf Abwehr schalten, wenn die Menschen bei uns ankommen. Man muss sich klar machen, dass da Menschen zu uns kommen, weil sie in großer Not waren und nicht, um bei uns Vater Staat zu betrügen. Wenn Menschen millionenfach fliehen, kommen sie irgendwo an und müssen schließlich irgendwo bleiben. Viele sehen sich und das Land überfordert. Klein Man muss sich nur mal die Zahlen ansehen. Deutschland hat ein Gesamtgeldvermögen von 5200 Milliarden Euro. Es sind 60 Millionen Menschen auf der Flucht vor Folter, Mord und Totschlag. Und die EU als eine Wertegemeinschaft, die sich über den IS beklagt, schafft es nicht, Flüchtlinge über alle parteilpolitischen Partikularinteressen hinweg aufzunehmen. Eine Schande nenne ich das. Wenn man sich manche Einträge auf Facebook anschaut, scheint die Bereitschaft, die Flüchtlinge willkommen zu heißen, gelinde formuliert, nicht sehr ausgeprägt. Klein Wenn ich das lese, wird mir Angst und Bange. Da denken manche in der Anonymität des Netzes nicht darüber nach, was das, was sie da schreiben, für eine Bedeutung bekommen und rechtsrelevante Folgen haben kann. Wenn ich etwas Wichtiges zu sagen habe, mache ich das persönlich. Bei Menschen, denen ich persönlich begegne, erlebe solche Äußerungen nicht. Halten sie den Standort Hospital eigentlich für geeignet? Klein Ich habe es erlebt, was es bedeutet, wenn Menschen aus 20 Nationen in Containerunterkünften auf engstem Raum zusammenleben müssen – Männer, Frauen, Alte, Junge, unterschiedlichste Religionen und Kulturen. Da scheint mir das Hospital ein besserer Ort zu sein für eine Übergangsstation, um die damit verbundenen Schwierigkeiten zu meistern. Da spricht auch der Theologe? Klein Selbstverständlich sind wir angesichts der Flüchtlingsströme mit unzähligen menschlichen Tragödien als Christen ins ganz besonderer Weise gefordert, unseren Beitrag zu leisten. Jesus hat gesagt: „Was ihr getan hab einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ In diesem Sinne wünsche ich den Politikern aller Parteien gute Ideen und den Menschen fröhliche und gute Einfälle, Menschen bei uns ein neues Zuhause zu ermöglichen. Das Gespräch hat RP-­‐Redakteur Bernfried Paus aufgezeichnet