Pflanzenschutzhinweis für den Zierpflanzenbau Pflanzenschutzamt, Nr. 4 / 2015 Pilzkrankheiten bei Calluna und Erica An Callunen sind verschiedene pilzliche Schaderreger von hoher Relevanz für die erfolgreiche Produktion. Das Problem für den Kultivateur ist es, frühzeitig und korrekt die Schadensursache zu identifizieren, denn die Symptome sind nicht immer eindeutig. Die richtige Diagnose ist jedoch wichtig, um zielgerichtet Gegenmaßnahmen ergreifen und künftigen Problemen vorbeugen zu können. Grundlegend für die Produktion sind die vorbeugenden Maßnahmen des Integrierten Pflanzenschutzes: - Sortenwahl. Soweit bekannt, widerstandsfähigere Sorten wählen (Einschränkung durch die Nachfrage nach bestimmten Sorten auf dem Markt). - Kultur bestmöglich gestalten. Insbesondere die Wasserversorgung optimieren, denn hohe und dauerhafte Feuchte führt immer zu Problemen (Pfützen auf Kulturflächen, häufiges Bewässern in Hitzeperioden, sehr dichte Bestände). Der Krankheitsdruck ist auf gut dränierenden Flächen mit ausreichend dimensionierten Abläufen deutlich geringer. - Hygiene. Vermehrungsmaterial nur von gesunden Mutterpflanzen nehmen, ausschließlich einwandfreie Jungpflanzen aus gesunden Beständen verwenden. Aussortieren befallener Pflanzen, Vermeidung sehr dichter Bestände. Reinigung und Desinfektion von Werkzeugen und Geräten, Töpfen, Kulturflächen etc. (MENNO Florades; alternativ Heißwasser [60 °C, 30 min]). Phytophthora cinnamomi – Wurzel- und Stängelgrundfäule Schadbild: Fahlgrüne Verfärbung der Triebe, Welke (hängende Triebspitzen). Verbräunung des Stängelgrunds und der Wurzeln. Absterben. Auftreten oft im Zusammenhang mit Hitzeperioden (häufige Bewässerung), bei ungleichmäßigen Beständen, auf schlecht dränierendem / unebenem Untergrund und in Senken (vernässte Einzelpflanzen). Infektion: Übertragung mit Wasser und über kontaminierte Flächen. Hohe Temperaturen und hohe Feuchtigkeit fördern den Befall. Vorbeugung: Konsequentes Eliminieren aller Pflanzen, die Krankheitserscheinungen wie Vergilbungen, Wachstumshemmungen oder gar Welkesymptome aufweisen. Schwache Pflanzen nehmen weniger Wasser auf, sind daher dauerhaft feucht und besonders gefährdet. Staunässe und Dauerfeuchte vermeiden, Pfützen auf den Kulturflächen ausgleichen. Gießwasser aus Oberflächengewässern und wiederverwendetes Dränwasser von Kulturflächen bergen das Risiko, Sporen von Phytophthora zu enthalten. Daher ist eine Entkeimung z. B. mittels Sandfiltration zu prüfen (sichere Wasserquellen: Stadtwasser, Brunnenwasser). Seite 1 von 6 Dieser Hinweis entbindet den Anwender nicht davon, die jeweilige Zulassungssituation und Gebrauchsanweisungen genau zu beachten. Nachdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Pflanzenschutzamtes. Abb. 1 & 2: Phytophthora im Bestand und an der Einzelpflanze Calluna-Sorten reagieren unterschiedlich anfällig. Die sog. „A-Sorten“ (’Alicia’, ’Amethyst ’, ’Athene ’) gelten als sehr empfindlich. Nach beendeter Kultur sollten Flächen gereinigt und desinfiziert (im Freiland nur bedingt möglich) werden. Dies gilt insbesondere bei vorher festgestelltem Befall. Gleiches gilt für wiederverwendete Kulturgefäße, Trays, Paletten etc. (z.B. MENNO Florades). Bekämpfung: Unmittelbar nach dem Topfen und im späteren Verlauf im Gewächshaus sind zum Angießen Fenomenal, Previcur N, Proplant, Fonganil Gold sowie Aliette WG einsetzbar. Alle genannten Fungizide sind ausschließlich für Anwendungen im Gewächshaus zugelassen. Im Freiland kann mit phosphonathaltigen Düngern (Phosfik, Phos 60, Basfoliar Aktiv, Folistar Super etc.) einer PhytophthoraInfektion vorgebeugt werden. Es wird gelegentlich von Pflanzenschäden durch Aliette WG berichtet, die möglicherweise mit dem sehr niedrigen pH-Wert des Substrates in Zusammenhang stehen. In Versuchen an der LVG Bad Zwischenahn konnte allerdings keine Schädigung beobachtet werden. Cylindrocladium scoparium – Stammgrundfäule Schadbild: Vergilbungen, Wachstumsstockungen, fahlgrüne Verfärbung der Triebe, Welke (hängende Triebspitzen). Verbräunung des Stängelgrunds (später auch der Wurzeln). Absterben. Auftreten meist nach dem Pikieren oder Topfen. Die Infektion hat in der Regel lange vorher stattgefunden, unter Umständen bereits im Spätsommer des Vorjahres. Sind schon im Vorjahr nach dem Pikieren der Jungpflanzen entsprechende Ausfälle aufgetreten, muss nach dem Topfen mit einer Fortsetzung des Befallsauftretens gerechnet werden. Infektion: Am Stängelgrund, ausgehend von kontaminierten Pflanzenresten an Kulturgefäßen und auf Flächen. Übertragung mit dem Steckling, besonders, wenn der Stecklingsschnitt tief erfolgt. Erhöhte Gefahr bei dichten Beständen. Seite 2 von 6 Abb. 3: Cylindrocladium im fortgeschrittenen Stadium Dieser Hinweis entbindet den Anwender nicht davon, die jeweilige Zulassungssituation und Gebrauchsanweisungen genau zu beachten. Nachdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Pflanzenschutzamtes. Vorbeugung: Ausschließliche Verwendung gesunder Mutterpflanzen und nicht zu tiefe Stecklingsentnahme. Hygienemaßnahmen. Bekämpfung: Schwerpunkt sind Hygienemaßnahmen. Fungizideinsatz ist nur begrenzt wirksam, es ist nur eine Verzögerung der Ausbreitung und Krankheitsentwicklung erreichbar. Größte Erfolgsaussichten bei frühzeitigem Einsatz nach Eliminieren kranker Pflanzen. Zur chemischen Bekämpfung des Erregers stehen keine zugelassenen Fungizide zur Verfügung. Sportak 45 EW (alternativ Mirage 45 EC), Cercobin FL und Switch sind empfehlenswert. Für diese Indikation ist für alle genannten Fungizide eine Genehmigung nach § 22(2) PflSchG notwendig. Verwechslungsgefahr: Phytophthora und Cylindrocladium Unterscheidung im Anfangsstadium: Welke und verbräunte Wurzeln sprechen für Phytophthora; Welke und gesunde Wurzeln sprechen für Cylindrocladium Im späteren Stadium ist die Differenzierung nur über eine Laboruntersuchung möglich! Glomerella cingulata – Triebsterben an Calluna Schadbild: Triebspitzen hakenförmig verbogen und schlaff herabhängend. Verbräunungen von der Triebspitze ausgehend bis zur Triebbasis. Absterben. Glomerella cingulata ist die Hauptfruchtform (sexuelle Phase des Pilzes) und tritt an Calluna oft auf, während die Nebenfruchtform (asexuelle Phase) Colletotrichum gloeosporioides an anderen Pflanzen, u.a. auch Erica carnea, vorkommt. Abb. 4: Jungpflanzen mit Glomerella-Symptomen Seite 3 von 6 Dieser Hinweis entbindet den Anwender nicht davon, die jeweilige Zulassungssituation und Gebrauchsanweisungen genau zu beachten. Nachdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Pflanzenschutzamtes. Abb. 5: Hakenbildung der Triebspitze Infektion: Der Pilz kann unter feuchten Bedingungen ohne weiteres über ungestutzte, gesunde Triebe infizieren. Ab dem Frühjahr muss mit einem Auftreten gerechnet werden. Vorbeugung: Dunkellaubige Sorten gelten als anfälliger, daher bei Bestandskontrollen diese besonders genau prüfen. Maßgeblichen Einfluss auf die Infektion hat die Feuchtigkeit: Die Sporen benötigen längere Blattnässeperioden, um infizieren zu können. Deshalb ist eine erhöhte Befallsgefahr vor allem während niederschlagsreicher Witterungsperioden gegeben. Sofern es kulturtechnisch möglich ist, sollte die Luftfeuchtigkeit im Bestand niedrig gehalten werden, beispielsweise durch Vermeidung zu dichter Bestände und angepasste Bewässerung. Bekämpfung: Da die Befallsgefahr und die wirtschaftlichen Auswirkungen sehr groß sind, ist konsequentes, sehr frühzeitiges Eingreifen mit Fungiziden insbesondere während feuchter Witterungsperioden derzeit vor allem im Freiland unabdingbar. Die chemische Bekämpfung sollte zunächst durch den vorbeugenden Einsatz von Fungiziden nach dem Stutzen und im weiteren Verlauf der Kultur beim Auftreten erster Befallsanzeichen erfolgen. Die Kontaktfungizide Polyram WG und Dithane NeoTec zeigen bei vorbeugendem Einsatz eine ausgezeichnete Wirkung gegenüber Glomerella. Die Behandlungen sind bei feuchter Witterung im Abstand von 10 bis 14 Tagen zu wiederholen, da der Fungizidbelag durch Niederschläge abgewaschen wird und unter solchen Witterungsbedingungen auch ein erhöhter Infektionsdruck herrscht. Bei trockener Witterung können die Abstände ausgedehnt werden. Ebenfalls gute protektive Wirkung bieten Ortiva und Signum. Nach erfolgter Infektion sind Switch und Sportak 45 EW (alternativ Mirage 45 EC) empfehlenswert. Für diese beiden Präparate ist eine Genehmigung nach § 22(2) PflSchG notwendig. Die sichere Identifizierung des Schaderregers ist oft nur durch eine Laboruntersuchung möglich. Jede Probe sollte – sofern sie nicht direkt ins Labor gebracht wird – so verpackt und transportiert werden, dass sie in möglichst unverändertem Zustand zur Diagnose eintrifft. - Kosten: visuelle Untersuchung, Feuchtkammer = 45,- € Isolierung = 60,- € - Untersuchungsdauer: zwischen 3 Minuten und 3 Wochen - Adresse: siehe Seite 4, unten Mancher mag die Kosten und den Zeitaufwand vermeiden wollen – jedoch ist die sichere Bestimmung der Schadursache der Schlüssel zur Problemlösung. Seite 4 von 6 Dieser Hinweis entbindet den Anwender nicht davon, die jeweilige Zulassungssituation und Gebrauchsanweisungen genau zu beachten. Nachdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Pflanzenschutzamtes. Botrytis cinerea – Grauschimmel Schadbild: Verbräunungen, typischer mausgrauer Pilzrasen auf abgestorbenem Gewebe. Fäule und Welke. Zu jeder Zeit während der Kultur möglich. Botrytis ist im gärtnerischen Umfeld immer und überall vorhanden. Jedes pflanzliche Gewebe kann besiedelt werden. Infektion: Die Infektion ist maßgeblich von der Feuchtigkeit abhängig und erfolgt auch bei niedrigen Temperaturen. Bevorzugt wird weiches, geschwächtes Gewebe besiedelt. Besonders dichte Bestände sind gefährdet, weil darin das Abtrocknen verlangsamt und das Gewebe durch Lichtmangel weich ist. Vorbeugung: Vermeiden dichter Bestände und hoher Feuchtigkeit, angepasstes Gießen und luftige Kultur, Einsatz von Ventilatoren. Klimaführung im Gewächshaus. Hygienemaßnahmen. Bekämpfung: Der Einsatz von Fungiziden ist nur sinnvoll, wenn die vorbeugenden Maßnahmen ergriffen werden! Frühzeitig durchgeführte Gegenmaßnahmen sind erfolgversprechender. Unter für Botrytis günstigen Bedingungen ist nicht mit einer ausreichenden Wirkung der Botrytizide zu rechnen! Zugelassen sind Rovral WG, Signum und Teldor. Für Switch wird eine einzelbetriebliche Genehmigung nach § 22(2) benötigt. Abb. 6: Triebspitze mit Hakenbildung und Pilzrasen durch Botrytis. Seite 5 von 6 Dieser Hinweis entbindet den Anwender nicht davon, die jeweilige Zulassungssituation und Gebrauchsanweisungen genau zu beachten. Nachdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Pflanzenschutzamtes. Abb. 7: Rhizoctonia-Befall führt zu hohen Ausfällen Rhizoctonia solani – Stängelgrundfäule Schadbild: Verbräunung am Stängelgrund, sich nach oben ausweitend. Bei hoher Feuchte ist ein spinnenwebartiges, feines Myzel auf der Substratoberfläche zu erkennen. Welke und Absterben. Infektion: Die Infektion erfolgt am Stängelgrund unmittelbar an der Substratoberfläche und benötigt gleichmäßig hohe Feuchtigkeit, weswegen dichte Bestände stärker gefährdet sind. Vorbeugung: Vermeiden dichter Bestände und hoher Feuchtigkeit, angepasstes Gießen und luftige Kultur. Klimaführung im Gewächshaus. Hygienemaßnahmen. Bekämpfung: Bei festgestelltem Befall kann mit Rovral WG oder Signum versucht werden, die noch gesunden Pflanzen zu schützen. Risolex flüssig ist nur im Gewächshaus zulässig, für Switch wird eine einzelbetriebliche Genehmigung nach § 22(2) benötigt. Die Wirkstoffe müssen an den Stängelgrund gelangen. Manche ehemalige Pflanzenstärkungsmittel auf mikrobieller Basis sind nunmehr als Pflanzenschutzmittel zugelassen und können vorbeugend gegen einige Schaderreger eingesetzt werden: Prestop und Prestop Mix gegen Phytophthora, Rhizoctonia und Botrytis. Dr. Thomas Brand Pflanzenschutzamt Zierpflanzenbau, Baumschulen, öffentl. Grün Sedanstraße 4 26121 Oldenburg Telefon Telefax E-Mail Internet 0441 801-760 0441 801-777 [email protected] www.lwk-niedersachsen.de Seite 6 von 6 Dieser Hinweis entbindet den Anwender nicht davon, die jeweilige Zulassungssituation und Gebrauchsanweisungen genau zu beachten. Nachdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Pflanzenschutzamtes.
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