W IE D IE FI N AN Z I N D U S T RI E A N J E D E R A N L A G E M I T V E R D I E N T WIE DIE FINANZINDUSTRIE AN JEDER ANLAGE MITVERDIENT Wenn Sie eine Geldanlage abschließen, machen Sie nicht selten erst einmal Miese. Der Grund sind die Kosten, die mit dem Kauf von Finanzprodukten verbunden sind. Sie werden beim Erwerb als Abschlussprovision abgezogen. Bis Ihre Anlage diese Kosten wieder reingeholt hat und Sie etwas verdienen, kann einige Zeit verstreichen – abhängig von dem jeweiligen Produkt und der Marktentwicklung. Zunächst einmal kassiert also die Bank, bevor Ihnen Ihre Anlage etwas einbringt. Abschlussgebühren ... Die Abschlussprovisionen knöpfen Ihnen die Produktanbieter ab und zahlen sie an die Banken (oder andere Vermittler) als Belohnung für den Vertrieb des Produkts aus. Bei Fonds und Zertifikaten wird die Abschlussprovision „Ausgabeaufschlag“ oder auch „Agio“ genannt. Sie wird immer prozentual berechnet. Das heißt, die absolute Höhe Ihrer Kosten hängt auch vom Anlagebetrag ab. Wenn Sie 100 000 Euro in einen Fonds investieren und die Provision 5 Prozent beträgt, gehen rund 5 000 Euro an die Bank oder den Vermittler. Wie viel Prozent der Anlagesumme als Abschlussprovision draufgehen, variiert von Produkt zu Produkt (siehe Tabelle auf der folgenden Seite). Die fettesten Gewinne machen Banken mit sogenannten geschlossenen Fonds, von denen Finanztest Kleinanlegern ohnehin abrät (siehe Seite 90). Dort werden zum Teil Provisionen von bis zu 10 Prozent fällig. Bei Beteiligungen an Schiffen sind es oft bis zu 15 Prozent des Anlagebetrags. Aber nicht nur für Fonds und andere Wertpapiere, auch für den Abschluss von Versicherungen oder Bausparverträgen kassieren Banken Abschlussgebühren. ... und Bestandsprovisionen Mit den Abschlussprovisionen geben sich Banken allerdings nicht zufrieden. Für die meisten Produkte streichen sie auch sogenannte Bestandsprovisionen ein. Sie werden auch „Vertriebsfolgeprovisionen“ genannt. Die Bestandsprovision zahlen die Produktanbieter jedes Jahr an die Bank, solange sich ein Produkt im Depot eines Kunden befindet. Für einen Mischfonds beispielsweise können das jährlich 0,95 Prozent der Anlagesumme sein. Wenn Sie einen solchen Fonds entsprechend lange behalten, summieren sich die Bestandsprovisionen mit der Zeit auf einen stattlichen Betrag, der selbst die hohen Abschlussprovisionen für geschlossene Fonds deutlich übersteigen kann. Vor allem bei Versicherungen werden zum Teil sehr hohe Bestandsprovisionen kassiert (siehe Tabelle auf der folgenden Seite). Was die Produktanbieter kassieren Auch für die Bestandsprovisionen bezahlt der Anleger. Sie werden von der Vergütung abgezweigt, die der Produktanbieter für die Verwaltung eines Produktes verlangt – unabhängig davon, ob es gerade Gewinne oder Verluste erwirtschaftet. Diese „Verwaltungsvergütung“, „Verwaltungsgebühr“ oder auch „Managementgebühr“ wird jährlich in Höhe eines festgelegten Prozentsatzes berechnet und dem Anleger 29 30 VORSICHT BANKBERATUNG ÜBLICHE PROVISIONEN IM FINANZVERTRIEB Produkte Abschluss1 provision Jährliche 1 Bestandsprovision Kosten in Euro 2 Wertpapieranlagen Bei einer Anlage von 10 000 Euro Abschlusskosten / jährliche Bestandsprovision Aktienfonds 4 – 6,5 % 0,25 – 0,5 % 400 – 650 / 25 – 50 Rentenfonds 3–5% 0,1 – 0,25 % 300 – 500 / 10 – 25 Mischfonds 4–5% 0,1 – 0,4 % 400 – 500 / 10 – 40 Offene Immobilienfonds 4–5% 0,25 – 0,5 % 400 – 500 / 25 – 50 Zertifikate 0,5 – 5 % – Versicherungen 50 – 500 Bei einer Beitragssumme von 36 000 Euro 2 (= 100 Euro Monatsbeitrag über 30 Jahre) Abschlusskosten / jährliche Bestandsprovision Kapitallebensversicherung 1 – 5,5 % 0,1 – 2,5 % 360 – 1 980 / 1,20 – 30 Rentenversicherung 1 – 5,5 % 0,1 – 2,5 % 360 – 1 980 / 1,20 – 30 Fondspolice 1 – 5,5 % 0,1 – 2,5 % 360 – 1 980 / 1,20 – 30 Geschlossene Fonds / Beteiligungen Abschlusskosten bei einer 2 Anlage von 50 000 Euro Geschlossene Immobilienfonds 6 – 10 % – 3 000 – 5 000 Umweltfonds 6 – 11 % – 3 000 – 5 500 Schiffsfonds 8 – 15 % – 4 000 – 7 500 Containerfonds 3–8% – 1 500 – 4 000 Infrastrukturfonds 6–8% – 3 000 – 4 000 Flugzeugfonds 7– 9% – 3 500 – 4 500 1 – 1,6 % – Abschlusskosten bei einem Bausparvertrag 2 über 10 000 Euro 100 – 160 Euro Bausparverträge 1 In Prozent der Anlage- / Beitragssumme. 2 Bei höheren Anlage- bzw. Beitragssummen erhöhen sich die an den Verkäufer/Vermittler fließenden Beträge unabhängig vom Beratungsaufwand entsprechend. W IE D IE FI N AN Z I N D U S T RI E A N J E D E R A N L A G E M I T V E R D I E N T von seinem Kapital abgezogen. Ein Teil davon fließt an die Bank, die Ihnen das Produkt verkauft hat. Zusätzliche Kostenfaktoren bei Fonds Zusätzlich zur Verwaltungsvergütung verlangen Anbieter von Fonds oft noch eine Erfolgsprovision, die die Finanzindustrie auch „Performance Fee“ nennt. Sie wird fällig, wenn der Fonds eine vorher festgelegte Mindestwertentwicklung überschritten oder besser als ein Vergleichsindex (siehe Seite 186) abgeschnitten hat. Dann kassiert die Fondsgesellschaft zwischen 10 und 25 Prozent des Gewinns, der über den Mindest- oder Indexertrag hinausgeht, mitunter auch mehr. INFO Beispiel: Ein in Deutschland anlegender Aktienfonds hat sich als Vergleichsindex den Deutschen Aktienindex Dax (siehe Seite 176) gewählt. Nehmen wir an, der Dax steigt innerhalb eines Jahres um 10 Prozent. Der Fonds schafft eine Wertentwicklung von 15 Prozent. Von den 5 Prozent, die der Fonds über dem Index liegt, behält die Fondsgesellschaft zum Beispiel ein Viertel (25 Prozent) als Erfolgshonorar. Entsprechend niedriger fällt die Rendite der Anleger aus. In unserem Beispiel beträgt sie dann 13,75 statt 15 Prozent. Gegen erfolgsabhängige Vergütungen ist grundsätzlich nichts einzuwenden: Sie sollen Fondsmanager anspornen – was auch im Sinne der Anleger ist. Tatsächlich Versicherer verschleiern Kosten und Provisionen Provisionen fließen auch beim Abschluss von Versicherungsverträgen. 4 Prozent der Summe aller fälligen Beiträge sind etwa bei einer privaten Rentenversicherung oder einer RiesterRentenversicherung für den Abschluss üblich. Will ein Kunde beispielsweise bis zum Rentenbeginn insgesamt 40 000 Euro Beiträge einzahlen, zwackt der Versicherer davon 1 600 Euro für den Abschluss ab; einige Anbieter sogar noch einiges mehr. Die Verwaltungskosten kommen noch oben drauf. Und hohe Abschluss- und Verwaltungskosten mindern die spätere Rente erheblich. Kunden können das kaum durchschauen. Denn Versicherungen und Vermittler streuen ihnen gerne Sand in die Augen. Zwar sind die Versicherer schon seit 2008 verpflichtet, Abschluss- und Verwaltungskosten in Euro anzugeben. Dennoch stellen sie die Kosten immer noch so dar, dass selbst die Experten von Finanztest Mühe haben, sie nachzuvollziehen. Für den Kunden ist das Ganze dann völlig intransparent. Auch sperren sich sowohl Vermittler als auch Versicherer vehement dagegen, die Vermittlerprovision offenzulegen. Tipp: Bevor Sie eine Versicherung abschließen, sollten Sie immer mehrere Angebote vergleichen. Dazu gehört auch ein genauer Blick auf die Kosten. Bekommen Sie dazu keine eindeutigen Informationen, streichen Sie das Angebot am besten von der Liste. 31
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