arbeitszeiterfassung: gesetzliche vorgaben müssen

Seite 6 | 2015 | KMU Praxis
Neue Weisung des SECO schafft Erleichterung
ARBEITSZEITERFASSUNG: GESETZLICHE
VORGABEN MÜSSEN EINGEHALTEN WERDEN
Mit Ausnahme von leitenden Angestellten müssen Mitarbeitende gemäss den gesetzlichen Bestimmungen die Arbeitszeiten vollumfänglich erfassen. In der Realität ist dies jedoch oft nicht umgesetzt
worden, was zu Kritik von verschiedenen Seiten führte. Im Zuge dieser Diskussionen hat das SECO
eine Weisung an die Vollzugsbehörden betreffend Kontrollen der Arbeitszeiterfassung erlassen.
Gloria Eschenbach
Partnerin
Steuer- und
Rechtsberatung
Zürich
Isabel Kuttler
Steuer- und
Rechtsberatung
Zürich
Nach geltendem Recht hätten die Mitarbeitenden mit Ausnahme der leitenden
Angestellten im Sinne des Arbeitsgesetzes schon seit jeher ihre Arbeitszeit
vollumfänglich erfassen müssen. Immer
öfter haben Arbeitgeber aber von der
Arbeitszeiterfassung abgesehen. Diese
Praxis bewegte sich allerdings im Graubereich, weil sie nicht den gesetzlichen
Vorgaben entsprach.
Die Arbeitszeiterfassung hat deshalb in
den letzten Jahren zwischen dem SECO
und den Arbeitsinspektoraten einerseits
und Arbeitgeberorganisationen andererseits immer wieder Anlass zu Diskussionen gegeben. Weil eine grundlegende
Änderung des Arbeitsgesetzes nicht absehbar war, sah sich das SECO dazu veranlasst, eine Klärung sowie eine Erleichterung einzuführen. Es wurde klargestellt,
dass die Arbeitszeiterfassung für alle
dem Arbeitsgesetz unterstehenden Mitarbeitenden Pflicht ist und das SECO von
den kantonalen Arbeitsinspektoraten die
Durchsetzung dieser Pflicht verlangt. Die
Vereinfachung besteht darin, dass neuerdings für eine bestimmte Kategorie von
Arbeitnehmern eine erleichterte Arbeitszeiterfassung eingeführt werden kann.
Diese vereinfachte Regelung betrifft allerdings nur Arbeitnehmende, deren Funktion bestimmten Kriterien entspricht und
die nicht regelmässig Nachtarbeit leisten; ausserdem braucht es eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber
und Arbeitnehmer, damit diese Regelung
zur Anwendung gelangt.
KATEGORIEN VON MITARBEITENDEN
Die Arbeitnehmer eines Betriebes lassen
sich bezüglich Zeiterfassung grundsätzlich in drei Kategorien einteilen:
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Nicht ausgedient: Die Stempeluhr ist für die Arbeitszeiterfassung nach wie vor zentral
Höhere leitende Angestellte: Eine
höhere leitende Tätigkeit übt aus, wer
aufgrund seiner Stellung und Verantwortung sowie in Abhängigkeit von
der Grösse des Betriebes über weitreichende Entscheidungsbefugnisse
verfügt oder Entscheide von grosser
Tragweite massgeblich beeinflussen
und dadurch auf die Struktur, den Geschäftsgang und die Entwicklung eines
Betriebes oder Betriebsteils einen
nachhaltigen Einfluss nehmen kann.
Höhere leitende Angestellte sind vom
persönlichen Geltungsbereich des
Arbeitsgesetzes bezüglich Arbeitsund Ruhezeitbestimmungen, nicht
aber betreffend die Vorschriften zum
Gesundheitsschutz, ausgenommen.
Sie müssen ihre Arbeitszeit gar nicht
erfassen.
Kader- oder Projektmitarbeitende: Für
diese kann, sofern sie damit einverstanden sind, die vereinfachte Arbeitszeiterfassung eingeführt werden.
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Arbeitszeit: sich an das Gesetz zu halten, lohnt sich
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Mitarbeitende: Diese unterstehen
dem Arbeitsgesetz vollumfänglich und
müssen ihre Arbeitszeiten und Pausen
(von einer halben Stunde und mehr)
sowie deren Lage erfassen.
Der Verzicht auf die vollständige Arbeitszeiterfassung gemäss Arbeitsgesetz und
Verordnung muss wie folgt individuell
festgehalten werden:
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DIE VEREINFACHTE ARBEITSZEITERFASSUNG IM DETAIL
Nur wenn folgende Kriterien erfüllt sind,
kommt die vereinfachte Arbeitszeiterfassung für sogenannte Kader- oder Projektmitarbeitende überhaupt in Frage:
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Der / die Arbeitnehmende hat ein
Pflichtenheft, das ihm / ihr einen
grossen Ermessungsspielraum bei
der Bewältigung der Aufgaben lässt.
Er / sie kann weitgehend selber
bestimmen, wann er / sie arbeitet
(freie Arbeitszeiteinteilung).
Er / sie ist vollamtliche / r Projektleiter / in
oder eine Kaderperson mit unterstellten Mitarbeitenden, oder
Mitarbeitende mit einem Pflichtenheft,
das ihm / ihr eine Ergebnisverantwortung überträgt, wobei er/sie bezüglich
der Art der Erfüllung keinen Weisungen unterliegt.
Er / sie leistet nicht regelmässig Nachtoder Sonntagsarbeit.
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Es braucht eine schriftliche Vereinbarung, die vom Mitarbeitenden
unterzeichnet ist.
In dieser Vereinbarung muss erwähnt
sein, wie die gesetzlichen Ruhezeiten
und Pausen einzuhalten sind.
In der Vereinbarung muss auch festgehalten sein, dass Nacht- und Sonntagsarbeit verboten sind, es sei denn,
es liegt eine Bewilligung vor oder der
Betrieb ist gemäss ArGV 2 bewilligungsbefreit.
Es müssen Endjahresgespräche durchgeführt und dokumentiert werden,
in denen das Thema der zeitlichen
Arbeitsbelastung besprochen wird.
Die vereinfachte Arbeitszeiterfassung bedeutet, dass nur noch die Anzahl geleisteter Arbeitsstunden pro Tag dokumentiert werden muss, ohne deren Lage. Es
gibt keine Vorschrift, in welcher Form die
Aufzeichnung der Arbeitszeit gemacht
werden muss. Die Arbeitszeiterfassung
kann zum Beispiel mittels einer ExcelTabelle erfolgen.
Die vereinfachte Arbeitszeiterfassung ist
mit einem erhöhten Aufwand verbunden.
Es muss zuerst analysiert werden, welche
Mitarbeitenden die Grundvoraussetzungen dafür erfüllen und danach muss mit
diesen Mitarbeitenden eine schriftliche
Vereinbarung abgeschlossen werden. Im
Endjahresgespräch muss die Arbeitsbelastung besprochen und dokumentiert
werden. Ob sich der Aufwand dafür lohnt,
ist deshalb im Einzelfall zu prüfen.
FAZIT
Mit der neuen Weisung des SECO
ist klargestellt, dass die bisherige
Praxis der Arbeitgeber wie auch
der Arbeitsinspektorate nicht mehr
toleriert wird. Deshalb tun Arbeitgeber gut daran, sich an die gesetzlichen Vorgaben zu halten und
die vollumfängliche oder – wo
möglich und gewünscht – die vereinfachte Arbeitszeiterfassung
einzuführen. Es ist davon auszugehen, dass die kantonalen Arbeitsinspektorate aufgrund der
klaren Vorgaben des SECO künftig weniger kulant sein werden.