1. Basismodul Unterrichten

Staatliches Seminar für Didaktik und Lehrerbildung
(Berufliche Schulen) Stuttgart
Skript Hospitation
1.
Basismodul
Unterrichten
Skript: Hospitation
Thema: Hospitation
Stand: 06.07.2015
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Staatliches Seminar für Didaktik und Lehrerbildung
(Berufliche Schulen) Stuttgart
Inhalt
1. Grundlagen der Wahrnehmungspsychologie ...........................................................................3
2. Hospitation: ......................................................................................................................................6
3. Hospitieren – eine lehrreiche und heikle Angelegenheit ........................................................ 9
5. Beispiele für Hospitationsaufträge ............................................................................................ 13
6. Ausbildungslehrer und Kollegen an der Schule ..................................................................... 17
Ziele
 ….Sensibilisierung für wahrnehmungspsychologische Vorgänge
 ….Erkennen von Beobachtungsfehlern
 ….Analysieren von Unterricht
 ….Vergleichen von Selbst- und Fremdwahrnehmung
 ….Reflektieren der Grundlagen der Unterrichtsplanung
 ….Analysieren der Lehrer-Schülerinteraktion
Stand: 06.07.2015
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1. Grundlagen der Wahrnehmungspsychologie
Professionelles Lehrerverhalten kann unterscheiden zwischen:
Wahrnehmung
= was ich sehe, höre, rieche
z.B. ein auf eine Hand gestütztes Kinn
Unsere Wahrnehmung ist selektiv und subjektiv, aber überprüfbar
Wirkung
= wie eine Person auf mich wirkt
z.B. gelangweilt, müde
Die Wirkung einer Person auf uns ist subjektiv und geht vom Verhalten und Aussehen aus
Interpretation
= was ich vermute, fantasiere
z.B. Die Person interessiert sich nicht für die gerade aktuelle Sache
Die Interpretation ist subjektiv
Bei der Hospitation sind Wahrnehmungen zu beschreiben.
Überprüfbare Beobachtungen können sein:
Entscheidungen der L, Verhalten, Reaktionen,
...)
Ich nehme mit ...
was L entscheiden/gestalten,
Konsequenzen/Reaktionen.
Ich beobachte bzw. überlege mir ...
Handlungsrepertoire in bestimmten Situationen, Alternativen, Merkmale guten Unterrichts.
Stand: 06.07.2015
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Gestaltpsychologie
Dallenbach`sche Figur
Ditzinger, Th. (2006): Illusion des Sehens. S. 12, München.
Figur-Grund-Prinzip: Kippfiguren
Was sehen Sie?
Eine junge oder eine alte Frau?
Quelle: Ditzinger, Th. (2006): Illusion des Sehens. S. 79, München.
Stand: 06.07.2015
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Personenwahrnehmung
Logische Fehler: Über Einzeleigenschaften werden andere Eigenschaften zugeordnet.
Halo-Effekt, Hof-Effekt: Ein allgemeiner Gesamteindruck oder ein besonderes
Merkmal werden auf Eigenschaften, Erwartungen oder Teilurteile übertragen.
Primacy-Effect: Das Bild einer Person richtet sich in erster Linie nach dem ersten
Eindruck.
Ähnlichkeitsfehler: Es werden bei einer Person oder bei Gruppen häufig Persönlichkeitseigenschaften wahrgenommen, die man selber hat oder die einem sehr
vertraut sind.
Projektion: Man sieht bei anderen Menschen die Eigenschaften, die man an sich
selber nicht wahrhaben will. (siehe auch: Abwehrmechanismen)
Sich selbst erfüllende Prophezeiung (siehe Experiment von Aronson (1994)
Einfluss von Stereotypen)
Gesetze der Wahrnehmungsorganisation
Das Gesetz der Ähnlichkeit: Ähnliche Reize werden als zusammengehörig
wahrgenommen
Gesetz der Nähe: Nahe beieinander liegende, benachbarte Reize werden als zusammengehörig wahrgenommen.
Gesetz der Geschlossenheit: Eine unvollständige Reizvorlage wird als geschlossen wahrgenommen.
Zusammengefasst von Weidenhausen, Evelyn
Literatur: Zimbardo, P.G. (1995): Psychologie. Berlin, 6. Aufl.
Rheinberg F. und Minsel B (1986): Psychologie des Erziehens.
In: Weidenmann u. Krapp A. (Hrsg.) Pädagogische Psychologie.
S. 277-360 München.
Stand: 06.07.2015
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2. Hospitation:
Unterricht wird zum Analysegegenstand:

Unterricht aus der Perspektive der nicht-teilnehmenden Beobachtung; systematisch und strukturiert unter bestimmten Fragen beobachten; dokumentieren und analysieren/auswerten.
Zunächst sollen Sie unter verschiedenen Gesichtspunkten hospitieren und den beobachteten Unterricht
analysieren. Der Hospitation kommt in der Anfangsphase große Bedeutung zu. Daher sollten Sie unterschiedliche Möglichkeiten der Unterrichtsbeobachtung kennen lernen.
Ziel Ihrer Hospitation soll es sein, dass Sie
 systematisch und reflektiert Unterricht beobachten;
 eine neue Perspektive gegenüber Schule und Unterricht gewinnen;
 (ansatzweise) erfassen, was im Klassenzimmer geschieht;
 (Lehrer-) Modelle beobachten und von ihnen lernen.
Hospitieren ist nicht leicht, denn:
 Wir nehmen selektiv und subjektiv wahr.
 Oftmals trennen wir nicht zwischen Beobachtung und unserer Interpretation des Beobachteten:
Deshalb gilt es, zwischen
 Wahrnehmung (= was ich sehe, höre, rieche)  überprüfbar
 Wirkung (= wie eine Person auf mich wirkt)  subjektiv
 Interpretation (= was ich vermute, fantasiere)  subjektiv

zu unterscheiden. Es ist besonders lehrreich, diese drei Aspekte mit der unterrichtenden Lehrkraft
zu diskutieren. Diese Diskussion wirft evtl. andere Sichtweisen auf das beobachtete Unterrichtsgeschehen.
Wir scheinen als Beobachter/innen hauptsächlich diejenigen Ereignisse aufzunehmen, die wir am
ehesten in unser persönliches Präferenzsystem einordnen können.
Hilfsmedien zur Dokumentation von Wahrnehmungen bei der Hospitation:
 Protokoll
 Interview
 Strichlisten
 Verlaufspläne
Ergänzt werden können diese Beobachtungen durch Gespräche mit Schülern/innen und Lehrer/innen
zum Unterricht.
Stand: 06.07.2015
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Tipps zur Hospitation

Eventuell vor der Unterrichtsstunde ein kurzes Gespräch mit der unterrichtenden Lehrerin/ dem unterrichtenden Lehrer über die Stunde führen:
Welche Ziele werden verfolgt? Was planen Sie und welche Besonderheiten hat die Planung? Wie
erleben Sie die Klasse?

Vor dem Unterricht sollten Sie planen, welche Aspekte des Unterrichts Sie besonders interessieren,
welche Sie beobachten und auf welche Art Sie dokumentieren und anschließend auswerten wollen.
(Nutzen Sie hierbei die Anregungen des separaten Bogens, welcher durch Sie erweitert werden
muss)

Sprechen Sie mit der Lehrkraft ab, ob Sie diese im Unterricht unterstützen können (z.B. Hilfe bei
Experimenten, Mitbetreuung von Schülergruppen).

Beobachten Sie möglichst in jeder Stunde neben dem inhaltlichen Geschehen auch andere Aspekte
von Unterricht.

Erfragen Sie bei der Lehrkraft, ob Sie (in verschiedenen Stunden) unterschiedliche Beobachtungspositionen im Klassenzimmer wählen dürfen, um viele Eindrücke des Geschehens im Klassenzimmer zu gewinnen. Sitzen Sie nicht immer hinten, sondern auch vorn, an der Seite, zwischen den
Schülern/innen, aber vermeiden Sie durch Ihr Verhalten Unterrichtsstörungen.

Beobachten Sie einzelne Schüler/innen oder Schülergruppen. Nehmen Sie wahr, was SchülerInnen
noch alles tun, außer dem Unterricht zu folgen (das so genannte "Unterleben" des Unterrichts).

Versetzen Sie sich in die Rolle des Lehrers/der Lehrerin, damit Sie innerlich einen Rollenwechsel
vollziehen können.

Nach der Unterrichtsstunde ist es notwendig, dass Sie ein Gespräch mit der unterrichtenden
Lehrerin/ dem unterrichtenden Lehrer über die Stunde führen:
Sind die Ziele erreicht worden? Haben Sie Ihre Planung umsetzen können? Wie haben Sie die
Klasse erlebt? …
Unterrichtssituationen, die sich für Sie im Unterricht nicht direkt erschließen, sollten von
Ihnen in diesem Gespräch angesprochen werden.
Stand: 06.07.2015
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Unterrichtsbeobachtung: strukturiert und angeleitet
Unterrichts-Einstieg
Wie beginnt der Unterricht? Warum beginnt er so? Wie lautet die zentrale Zielsetzung? Wie nimmt der
Lehrer Kontakt mit der Klasse auf?
Arbeitsformen
Gibt es neue oder bereits eingespielte Arbeitsformen, die keiner Erklärung bedürfen? Welche sind das?
Wie führt der Lehrer ein?
Aufbau des Unterrichts
In welche Teile ist die Stunde gegliedert? Woran erkennen die Schüler/innen den Übergang von einem
Teil zum nächsten Teil(Phasenübergänge)? Wie sind die Teile des Unterrichts miteinander verbunden?
Welche Zielsetzungen werden verfolgt inhaltlich, sozial, methodisch)?
Arbeitsaufträge
Wie formuliert die Lehrkraft Arbeitaufträge? (Wörtlich mitschreiben!)
Wie werden verschiedene Sozialformen eingeleitet? (Einzel-, Partner- Gruppenarbeit)
Wie werden die Gruppen gebildet?
Differenzierung
Wie unterstützt die Lehrkraft das Lernen unterschiedlich leistungsstarker Schüler/innen? Welche Differenzierungsmaßnahmen können Sie erkennen?
Medien
Welche Mittel unterstützen den Lernprozess der Schüler/innen? (Tafel, Buch, Arbeitsblätter, Modelle,
Bilder, …) Warum werden sie eingesetzt?
Unerwartete Situationen/Störungen
Welche Situation haben Sie beobachtet?
Wie geht die Lehrkraft in dieser Situation vor?
Was sagt sie zur Klasse, was zu einzelnen Schüler/innen? (Wörtlich aufschreiben)
Welche nonverbalen Elemente beobachten Sie?
Abschluss
Wie endet der Unterricht?
Werden die Ergebnisse zusammengefasst, von wem?
Wird ein Ausblick auf die Weiterarbeit gegeben?
Wird die Mitarbeit reflektiert und gewürdigt?
Schüler/in-Beobachtung
Wie verhält sich ein (ausgewählter) Schüler bzw. Schülerin?
Beschreiben Sie die Verhaltensweisen!
Welche Konsequenz zieht die Lehrkraft?
Ziele
Welche Ziele verfolgte die Lehrkraft in dieser Stunde? Welche Ziele verfolgten die Schüler/innen? Gibt
es Gemeinsamkeiten/Unterschiede?
Besonderheiten
Welche sonstigen Beobachtungen halten Sie für wichtig? Bitte notieren!
Anregungen aus: http://www.studienseminar-arnsberg.nrw.de/Portfolio/a_122_unterrichtsbeobachtung.htm;
http://studienseminar.bildung.hessen.de/portfolio/ah/A_1.2.2_Unterrichtsbeobachtung.doc
Stand: 06.07.2015
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3. Hospitieren – eine lehrreiche und heikle Angelegenheit
Sie sollen oder wollen hospitieren1. Doch das Hospitieren als Praktikant/Referendar ist keine Sache, die man
als untergeordnet betrachten sollte. Erstens werden Sie diese Gelegenheit nie wieder erhalten: ein Recht auf
regelmäßige Hospitation endet derzeit leider, sobald Sie Ihre Ausbildung beendet haben.
Also jetzt oder nie die Chance ergreifen, anderen bei der Arbeit zuzusehen. Zweitens kann man dabei in der
Tat unendlich viel lernen: Sie können z. B. lernen, wie die Kollegen ihre Unterrichtsstunden beginnen, wie sie
versuchen, das Interesse und die Aufmerksamkeit der Schüler zu gewinnen. Oder Sie lernen verschiedene
Arten kennen, wie man einen Tafelanschrieb oder ein Tafelbild gestaltet, wie man einen Videofilm einsetzen
kann. Oder Sie beobachten, wie die verschiedenen Lehrer mit Unterrichtsstörungen umgehen. Und nicht zuletzt kommen Sie so zu einer Reihe von Unterrichtmaterialien, die Sie (mit Zustimmung der Kollegen!) später
sicher in Ihrem eigenen Unterricht einsetzen können.
Sie werden auf diese Weise feststellen, dass kaum ein Lehrer so unterrichtet wie der andere, auch wenn jeder auf seine weise guten Unterricht macht. Dies kann Ihnen helfen, einen eigenen Stil zu entwickeln, indem
Sie vieles abschauen und ausprobieren können. Begleiten Sie ruhig einmal einen Lehrer einen ganzen Vormittag lang in verschiedenen Klassen. So können Sie erfahren, wie die Kollegen unterschiedlich auf unterschiedliche Klassen reagieren, wie kurz die Pausen sind und wie man sich in dieser kurzen Zeit erholen kann
– oder auch nicht. Sinnvoll ist natürlich auch die umgekehrte Perspektive: Begleiten Sie einmal eine Klasse
einen Vormittag lang bei den verschiedenen Kollegen!
Also dann los. Wie findet man die Kollegen, bei denen man sinnvoll hospitieren könnte? Vielleicht regelt das
der Schulleiter oder der Ausbildungslehrer/Mentor für Sie, vielleicht sagen diese aber, Sie sollten sich selber
jemanden aussuchen.
Das hört sich zunächst sehr angenehm an, kann aber die Sache auch komplizieren. Ihre zukünftigen Kollegen zeigen unter Umständen ein Verhalten, das Sie nicht erwartet haben. Hatte man Sie zunächst mit mehr
oder weniger offnen Armen empfangen, machen jetzt viele Kollegen schlicht gesagt „dicht“. Auf Ihre freundliche Frage hin, ob Sie nicht morgen oder am besten gleich heute mal in den Unterricht mitkommen dürfen,
werden Sie mit allen möglichen Antworten bedacht: „Heute lohnt es sich nicht!“, „Heute machen wir nichts
Besonderes!“, „Heute schreiben wir eine Arbeit“, „In dem Kurs geht es nicht – der ist einfach unmöglich!“ Sie
gewinnen vielleicht allmählich den Eindruck, dass an Ihrer Schule eigentlich überhaupt kein Unterricht stattfindet, der es wert ist, gesehen zu werden. Sie werden das nicht verstehen, Sie werden sich abgelehnt fühlen
– denn Sie wollen doch einfach nur zusehen und dabei etwas lernen.
Sie müssen dazu Folgendes wissen: Vielen Lehrern ist es unangenehm, im Unterricht beobachtet zu werden.
Dafür gibt es verschiedene Gründe. Erstens sind sie es einfach nicht (mehr) gewohnt, dass jemand „mit drin“
ist, dass sie beobachtet werden, dass sie Entscheidungen begründen müssen (die sie eventuell spontan und
unreflektiert getroffen haben), dass es eventuell sogar einen Rechtfertigungszwang geben könnte. Viele sind
es gewohnt, alleine und ohne Austausch mit den Kollegen zu unterrichten und dann keinem mehr Rechenschaft schuldig zu sein.
Zweitens ist es vielen Lehrern außerordentlich unangenehm, dass andere sehen können, wie weit Anspruch
und Wirklichkeit auseinander klaffen. Wir alle wollen unsere Arbeit gut machen, zweifellos! Und merken, wenn
wir nicht völlig daneben sind, andauernd, dass wir diesen Anspruch aus den verschiedensten Gründen nicht
erfüllen können. Und nun kommt durch einen Bobachter – während der Hospitation nämlich Sie! – vielleicht
heraus, dass wir schlecht Lehrer sind. Vielleicht geht der Referendar oder Praktikant herum und erzählt, wie
niveau- und einfallslos ein beobachteter Unterricht war. Das löst unter Umständen nicht nur peinliche Gefühle, sondern handfeste Ängste aus. Muss nicht sein! Lieber ist man verborgen unzulänglich als offen schlecht.
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Hospitation: Beobachtung des Unterrichts von anderen Lehrern zu Beginn der Ausbildung für das Lehramt. Die gemachten Beobachtungen
dienen in der Regel als Gegenstand einer Nachbesprechung. Eine Hospitation ist auch sinnvoll, bevor die auszubildenden Lehrer einen Unterricht selbst übernehmen, damit sie sich mit den soziokulturellen und anthropogenen Voraussetzungen vertraut machen können.
Stand: 06.07.2015
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Drittens möchten wir nicht in unserem Intimbereich beobachtet werden. Dieser Punkt ist vielleicht am schwierigsten zu beschreiben. Unterricht ist ja nun mal deutlich durch zwischenmenschliche Beziehungen geprägt.
Das schließt auch heftige Worte ein, eventuell lautstarke Ausbrüche, kleine Erpressungen, Drohungen – Anspruch und Wirklichkeit klaffen eben auch im zwischenmenschlichen Bereich auseinander. Sie wollen ja auch
nicht unbedingt, dass andere Leute an Auseinandersetzungen innerhalb Ihrer Partnerschaft, Ehe und Familie
teilhaben. Im Unterrichtsgeschehen reagiert man immer als ganzer Mensch, und das heißt eben auch, dass
man z. T. sehr emotional reagiert, mit Gefühlen also, zu denen man oft selber nicht stehen kann. Und man
zeigt spontan unter dem Druck der Situation Verhaltensweisen, die man dann aus einer reflektierten Distanz
heraus auch nicht mehr bejahen kann und als eigenes Fehlverhalten ansieht. Wir haben hier oft Hemmungen
vor anderen, und das ist zum Teil berechtigt. Obwohl viele Fachlehrer das Hospitieren durchaus gewohnt
sind, sind sie doch nach einer gewissen Periode „mit Leuten hinten drin“ froh, ohne Zeugen von außen nach
Herzenslust und ohne „inneren Zensor“ unterrichten zu können.
Viertens haben einige Kollegen nicht ein während ihrer eigenen Ausbildung gemachtes Trauma überwunden
und sie wollen sich nie wieder einer vermeintlich willkürlichen Beurteilung aussetzen.
Fünftens haben viele Kollegen auch ein Bild von Praktikanten/Referendaren, das Sie vielleicht erstaunen
wird: Praktikanten/Referendare sind danach meist jünger, sie sehen mitten im Studium und sind damit auf der
Höhe des aktuellen fachwissenschaftlichen Forschungsstandes, bekommen dann noch im Seminar die aktuellsten didaktischen und methodischen Erkenntnisse vermittelt. Es ist klar: Vor solch geballter junger, unverbrauchter Kompetenz kann der Unterricht von bereits etablierten Kollegen – auch nach zwanzigjähriger Berufserfahrung – nicht bestehen. Also meiden diese Kollegen lieber Hospitationen. Oder es kommt zu Situationen wie dieser: Nach einer der ersten Hospitationsstunden, die aus Sicht des Hospitierenden ganz gut lief,
fordert der erfahrene Kollege den Praktikanten/Referendar ganz ernst auf: „So, jetzt sagen Sie mir mal, was
ich alles falsch gemacht habe!“
All dies nur zum besseren Verständnis der Situation des Hospitierens. Viel weiter sind Sie damit aber auch
nicht – Sie haben immer noch keinen Kollegen gefunden, der Sie hospitieren lässt. Vielleicht versuchen Sie
es deswegen einfach mal so: “Darf ich bei Ihnen nächsten Freitag in Ihrem Fachunterricht hospitieren? Mir
macht es gar nichts aus, wenn Sie nichts Besonderes vorhaben. Genau das möchte ich sehen. Ich möchte
keine Vorführstunden erleben, sondern die Realität!“
Vielleicht hilft es Ihnen auch, offen zu erzählen, in welchem Dilemma Sie stecken – dass Sie nämlich keinen
unter Druck setzen wollen, aber dennoch zu Ihren Hospitationen kommen müssen. Wie auch immer – die
Antwort der Kollegen, die (einigermaßen) willig sind, wird ausgesprochen oder unausgesprochen sein: Erwarten Sie nichts und erzählen Sie nichts weiter. Lobende Worte natürlich ausgenommen. Wenn Sie Ihr Verhalten daran ausrichten, wird es wenig Probleme geben.
In diesen Text sind eingeflossen: Eigene Erfahrungen, Erfahrungen von Referendaren und vor allem (bearbeitete) Auszüge aus: U lrike Handke:
Der Mutmacher. Ratgeber für den pädagogischen Berufseinstieg. Berlin: Cornelsen Scriptor 1997. S. 15ff
Stand: 06.07.2015
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4. Zwei Hospitationsbögen als Beispiele für die Hospitation
Beobachtungsprotokoll: Beobachten Sie den Unterrichtsverlauf unter den folgenden Fragestellungen:
1.
Wie wird die Stunde
eröffnet?
2.
Welche Unterrichtsgliederung liegt vor?
3.
Wie werden Hinführung und Teilziele
miteinander verbunden?
4.
Welche fachlichen
Ziele werden angestrebt?
5.
Wie ist der sachlogische Aufbau gegliedert?
6.
Welche Kompetenzen
werden vermittelt?
7.
Wo sind erzieherische Ansätze erkennbar?
Wie ist die Schülerbeteiligung?
8.
9.
Redeanteile von Lehrer bzw. Schüler?
10. Wirkung der eingesetzten Medien in Bezug auf die zu erreichenden Lernziele?
11. Wie werden Schüler
motiviert?
12. Was fällt Ihnen am
Lehrerverhalten auf?
13. Sonstige Beobachtungen?
Stand: 06.07.2015
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Hospitation
Beobachtungsprotokoll
1. Rahmendaten
Datum/Schulstunde:
Fachlehrer/in:
Schulart:
Klasse/Schuljahr bzw. –
stufe:
Thema:
Lehrplan(bezug):
Lernziele:
Sonstiges/Besonderheiten:
Hospitationsbögen: Zusammengestellt von Beuttenmüller, Georg
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5. Beispiele für Hospitationsaufträge
Hospitationsauftrag: Unterrichtsmethoden
Fach:
Thema:
Klasse:
Zeit:
Raum:
Beobachten Sie den Methodenwechsel im Unterricht:
-
-
Welche Sozialformen (Einzelarbeit, Partnerarbeit, Gruppenarbeit, Frontalunterricht)
werden in den verschiedenen Phasen eingesetzt? Im traditionellen Unterricht wird
der Sozialformwechsel häufig als Methodenwechsel bezeichnet. …….
Notieren Sie weitere Methoden und Medien!
Lehrerverhalten
Konfrontation:
Schülerverhalten
Medium/Methode
Strukturaufbau:
Konsolidierung:
Reflexion nach der Stunde: Reflektieren Sie nach der Stunde die wahrgenommenen Beobachtungen. Tragen Sie die Reflexion mit einer zweiten Farbe in die Tabelle ein. Tauschen Sie sich mit dem Fachlehrer dazu aus.
Stand: 06.07.2015
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Hospitationsauftrag: Lehrer-Schüler-Interaktion
Fach:
Thema:
Klasse:
Zeit:
Raum:
Beobachten Sie folgende Aspekte:
- Wie geht die Lehrperson mit guten/ schlechten Schülerbeiträgen um?
- Wie reagieren die Schüler/innen darauf?
- Wie geht die Lehrperson mit Störungen (Verspätung, Seitengespräche u.a.)
um?
- Wie würden Sie den Führungsstil der Lehrperson charakterisieren?
Lehrerverhalten
Schülerverhalten
Führungsstil
Reflexion nach der Stunde: Reflektieren Sie nach der Stunde die wahrgenommenen Beobachtungen. Tragen Sie die Reflexion mit einer zweiten Farbe in die Tabelle ein. Tauschen Sie sich mit dem Fachlehrer/in
dazu aus.
Stand: 06.07.2015
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Hospitationsauftrag: Aufbau von Unterricht
Fach:
Thema:
Klasse:
Zeit:
Raum:
Beobachten Sie die Artikulationsphasen des Unterrichts:
-
Welche Leitfrage oder welches Problem wird in der Konfrontation mit dem Lernstoff
behandelt?
Wie lautet das Thema/Ziel der gesamten Stunde?
Wie sind die Inhalte im Strukturaufbau gestaltet, was bildet den roten Faden?
Gibt es eine Anknüpfung an den Lernstoff der letzten Stunde?
Welche Medien/Methoden werden eingesetzt, wie ist deren Wirksamkeit?
In welcher Form findet die Stoffverarbeitung statt?
Lehrerverhalten
Schülerverhalten
Medium/Methode
Konfrontation:
Strukturaufbau:
Konsolidierung:
Reflexion nach der Stunde: Reflektieren Sie nach der Stunde die wahrgenommenen Beobachtungen. Tragen Sie die Reflexion mit einer zweiten Farbe in die Tabelle ein. Tauschen Sie sich mit dem Fachlehrer dazu aus.
Stand: 06.07.2015
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Hospitationsauftrag: Konfrontationsphase
Fach:
Thema:
Klasse:
Zeit:
Raum:
Beobachten Sie den Einstieg in die Stunde unter folgenden Aspekten:
- Unterrichtsorganisation
- Unterrichtsritual
- Hausaufgabenkontrolle
- Anknüpfung an den Lernstoff der letzten Stunde
- Konfrontation mit dem Lernstoff
Lehrerverhalten
Schülerverhalten
Medium/Methode
Reflexion nach der Stunde: Reflektieren Sie nach der Stunde die wahrgenommenen Beobachtungen. Tragen Sie die Reflexion mit einer zweiten Farbe in die Tabelle ein. Tauschen Sie sich mit dem Fachlehrer dazu aus.
Quelle: Hospitationsaufträge erstellt von Weidenhausen, Evelyn
Stand: 06.07.2015
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6. Ausbildungslehrer und Kollegen an der Schule
Ein guter Ausbildungslehrer kann mehr wert sein als alle Seminare und jede Theorie zusammen. Schon
daraus wird klar, wie wenig die Ausbildungsbedingungen vergleichbar sind. Häufig melden sich Kollegen
für eine Ausbildungslehrertätigkeit, denen ihr Beruf sehr am Herzen liegt, die viel Freude daran haben
und daher gerne die Aufgabe übernehmen, junge Kollegen und Kolleginnen in diesen anspruchsvollen
Beruf einzuführen. Nicht selten erinnern sie sich noch an ihr eigenes Referendariat und möchten Sie
nun an ihren Erfahrungen teilhaben lassen, Sie bei Ihren ersten Schritten unterstützen und vor den vielen kleinen Stolpersteinen des Anfangs bewahren.
Durch ihre Vertrautheit sowohl mit Ihren Unterrichtsfächern als auch mit den Klassen und Schülern, die
Sie unterrichten werden, können die Ausbildungslehrer Ihnen so manche praktische Hilfen geben, von
denen Sie sehr profitieren können. Sie sind meist einfach „näher“ am Unterrichtsalltag dran und unterrichten vielleicht dasselbe Thema im selben Fach fast zeitgleich in einer Parallelklasse. Auch übernehmen die Ausbildungslehrer häufig die Funktion, Sie ins Schulleben einzuführen: Sie machen Sie mit anderen Kollegen und Kolleginnen und dem Hausmeister bekannt, zeigen Ihnen, wo man Kreide, OHFolien und sonstige Materialien bekommt und begleiten Sie bei Ihren ersten Elternabenden und außerschulischen Veranstaltungen.
Oft sind es auch nur Hinweise auf kleine technische Details, die aber so manche Lehrprobe retten können: Welche Steckdose im Raum XY unzuverlässig ist und wo man die Ersatzbirnen für den Tageslichtprojektor findet, der beim Probelauf zehn Minuten vor Ihrem ersten Unterrichtsbesuch seinen Geist aufgibt. Mancher sorgt auch für Kaffee und Brezeln, wenn Ihr Fachleiter zum Unterrichtsbesuch kommt.
Der Idealfall ist natürlich, dass Praktikanten und Anleitende zu Teams zusammenwachsen, die offen
miteinander umgehen und ohne Konkurrenz und Missgunst begeistert voneinander lernen. So etwas gibt
es - sogar relativ oft. In diesem Fall ist man einfach dankbar und zeigt das auch hin und wieder. Leider
läuft das nicht immer so problemlos. Manche Kollegen empfinden Praktikanten als Konkurrenz, haben
die Befürchtung, dass die Schüler eventuell sogar lieber bei der „Neuen“ Unterricht haben als bei ihnen,
haben das Gefühl, dass man ihnen die Jugendlichen „wegnehmen“ will, werfen den Schulpraktikanten
vor, ihre Klassen zu „versauen“, durch „Spielkram“ die Schüler zu verwöhnen und ihnen den Übergang
in die nächste Klasse oder auf eine weiter führende Schule zu erschweren. Manche finden auch, dass
Ausbildungslehrertätigkeit eine unzumutbare Mehrarbeit und Last ist und bringen ihre Überforderungsgefühle deutlich zum Ausdruck. Denn nicht selten kommt es vor, dass der zukünftige Ausbildungslehrer
von seiner Aufgabe in dem Moment erfahren hat, als Sie ihm vom Schulleiter vorgestellt wurden: „Ah,
gut, dass ich Sie treffe, Herr Muster, dies hier ist Ihr neuer Praktikant. Ihre Entlastungsstunde können
Sie dann im nächsten Jahr abrechnen!“ Sie werden durch die vielen Hospitationen zahlreiche Lehrer und
Lehrerinnen kennen lernen. Dabei werden Sie vielleicht auch auf Kollegen treffen, deren Ansichten bei
Ihnen Erstaunen oder sogar ablehnende Gefühle hervorrufen – und das vielleicht sogar zu Recht. Trotz-
Stand: 06.07.2015
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dem muss ich dazu folgende Bemerkungen loswerden: Es geht hier um einen Beruf, der voller Leben
und Herausforderungen ist, in dem nie ein Tag so ist wie der andere, der viel Befriedigung und Anerkennung geben kann. Und es ist auch ein Beruf, der zu den aufreibendsten und anstrengendsten zählt, die
es gibt. Vergessen Sie das nicht, wenn Sie Ihre Kollegen einer kritischen Betrachtung unterziehen. Die
älteren - und das werden wohl die meisten sein, sind schon viele Jahre durch die Mühle Schule gegangen. Man sieht es ihnen an. Viele sind ganz einfach erschöpft und haben die Nase voll.
Es hilft auch nicht, dass Leute, die die Schule nur als Schüler oder von außen kennen, Pflichtstundenzahl, „Greisenermäßigung“ und Pensionsalter ständig nach oben schieben. Wenn diese Damen und
Herren auch nur einmal eine Woche in einem Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) unterrichtet hätten, sähe
ihre Argumentation mit Sicherheit anders aus. Jedenfalls sind viele Kollegen müde, fühlen sich morgens
wie hundert und sind ständig damit konfrontiert, dass ihr Beruf in der Öffentlichkeit diffamiert wird. Die
Klientel ist zwar garantiert vorhanden, wird aber garantiert nicht leichter
in der Handhabung. Und häufig genug wird das große Engagement der Kollegen von den Schülern
selbst nicht entsprechend gewürdigt und in angemessener Weise beantwortet. Sie werden das alles im
Augenblick kaum verstehen, können Sie nicht, müssen Sie auch nicht. Nehmen Sie es einfach freundlich
zur Kenntnis! Auch von diesen Kollegen werden Sie eine Menge lernen können. Sie können sich dabei
gerne vornehmen, dass Sie zukünftig selber gegen diese Art von Resignation und Erschöpfung Vorsorge treffen werden. Suchen Sie gezielt nach Kollegiumsmitgliedern, die wenigstens hin und wieder Lebensfreude und eine positive Einstellung zu ihrem Beruf ausstrahlen und für die die Schule nicht der
Inbegriff und Ausgangspunkt einer untergehenden abendländischen Kultur ist. Es wird an Ihrer Schule
genügend Kollegen geben, denen ihr Beruf viel Freude und Genugtuung bereitet.
In diesen Text sind eingeflossen: Eigene Erfahrungen, Erfahrungen von Referendaren und vor allem (bearbeitete) Auszüge
aus: Ulrike Handke: Der Mutmacher. Ratgeber für den pädagogischen Berufseinstieg. Berlin: Cornelsen Scriptor 1997. S. 15ff
Stand: 06.07.2015
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