Universität Bremen Integrierte Europastudien 6. FS Erasmusbericht WiSe 2012/2013 Bahcesehir Üniversitesi, Istanbul, Türkei 1. Bewerbung Nach meiner Bewerbung mit einem Motivationsschreiben auf Deutsch und Englisch bei Frau Pörzgen, wurde ich von ihr für den Platz an der Bahcesehir Universität nominiert. Daraufhin musste ich mich online bei der Bahcesehir Universität bewerben. (http://international.bahcesehir.edu.tr/exchange/erasmus/incoming-students) Dort müssen auch bereits die Kurse eingetragen werden, die man später belegen möchte. (Learning Agreement) Dann mussten alle Unterlagen auch noch per Post dort eingereicht werden. Die offiziellen Annahme Dokumente wurden mir dann zugeschickt. Parallel bewarb ich mich beim International Office in Bremen für einen EILC Sommersprachkurs. Die Bewerbungsunterlagen werden von dort aus an die Wunschuniversitäten weitergeleitet. Mein Kurs fand vom 06. August bis zu, 07. September in Izmit, Kocaeli an der Kocaeli Üniversitesi statt. 2. Visum und Aufenthaltsgenehmigung Unter den Studierenden meines Jahrgangs, die mit ERASMUS in die Türkei gegangen sind, gab es unterschiedliche Auffassungen darüber, wie Visum und Aufenthaltsgenehmigung in der Türkei während eines Studienaufenthalts zu handhaben sei. Der „Trick“, mit einem Touristenvisum einzureisen (also entweder Personalausweis oder Reisepass bei der Einreise vorzulegen ein Touristenvisum für 90 Tage ausgestellt zu bekommen) und das Land dann kurz vor Ablauf der 90-Tage Frist zu verlassen, um erneut einzureisen, hat in den meisten Fällen jedoch zu Komplikationen geführt. Von der Seite der Bahcesehir Universität aus, wurde ich vor Antritt des Aufenthalts aufgefordert, ein Studentenvisum für die Türkei zu beantragen. Für Bremer Studierende, ist das Konsulat in Hannover (An der Christuskirche 3 30167 Hannover) zuständig. Die Konsulatssprechzeiten für Visumsanträge stimmen nicht mit den allgemeinen Öffnungszeiten überein, sind jedoch separat auf der Homepage des Konsulats zu finden. (http://hannover.cg.mfa.gov.tr/) Um den Antrag für ein Studentenvisum erfolgreich dort abzugeben, empfiehlt es sich alle Unterlagen im Original, sowie als Kopie zur Hand zu haben, sowie die Visumsgebühr (im Sommer 2012 für deutsche Staatsangehörige 60€) bar zahlen zu können. Eine Auflistung der notwendigen Unterlagen ist unter http://konsolosluk.gov.tr/de/de/Education_Visas.aspx zu finden, zudem wurde noch ein polizeiliches Führungszeugnis verlangt. Zusätzlich zu dem Studentenvisum wird von den Studierenden verlangt, eine Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen. Ohne Aufenthaltsgenehmigung (Residence permit) kann man die Türkei nicht verlassen, ohne, dass das „single entry“ Studentenvisum verfällt. Einen Termin dafür sollte man daher eventuell schon vor dem Reiseantritt in die Türkei online beantragen, da die Termine nach den Einführungsveranstaltungen der Universitäten zumindest in Istanbul sehr schnell vergeben sind und es passieren kann, dass man einen Termin zugeteilt bekommt, der erst nach dem Abreisedatum nach dem Ende des Auslandssemesters liegt. Den Termin erhält man über https://e-randevu.iem.gov.tr/yabancilar/dil_sec.aspx Die Aufenthaltsgenehmigungen werden von der türkischen Polizei ausgestellt - für Ausländer ist in Istanbul nur das „Yabancilar Sube Müdürlügü (Vatan)“ zuständig. In der Online-Eingabemaske ist dies unter „Başvuru Yeri” ist dies die vorletzte Auswahlmöglichkeit. Die Aufenthaltsgenehmigung kostet ca. 70€ und wird meist innerhalb einer Woche nach Wahrnehmung des ersten Termins ausgestellt. 3. EILC – ERASMUS Intensive Language Course an der Kocaeli Üniversitesi, Izmit, Kocaeli Die Zusage zum Intensivsprachkurs erhielt ich direkt vom International Office der Kocaeli Universität. Der Sprachkurs dauerte fünf Wochen und war ein sehr guter Einstieg ins Auslandssemester für mich. Der Umzug von Bremen in die Türkei ließ sich meiner Meinung nach so besser verkraften, als wäre ich direkt nach Istanbul gezogen. Istanbul mit seinen 15 Millionen Einwohnern hat mich anfangs sehr überfordert und angestrengt. Mein Aufenthalt in Izmit, einer kleineren Stadt ca. 2 Stunden entfernt von Istanbul, hingegen, ermöglichte mir einen langsamen Einstieg in die fremde Kultur ohne, dass ich zusätzlich mit dem Chaos Istanbuls konfrontiert war. Während des Sprachkurses wohnte ich bei einer sehr netten Türkischen Studentin, die der Universität ein Zimmer in ihrer Wohnung zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt hatte. 4. Bahçeşehir Üniversitesi 4.1 Lage und Campus Die Bahçeşehir Universität ist sehr zentral, in Beşiktaş direkt am Bosporus, gelegen und von den zahlreichen Terassen des Universitätsgebäudes lässt sich ein wunderschöner Ausblick über die nähere Umgebung und den Bosporus genießen. Zwischen den Vorlesungen wird gerne Tee oder Kaffee getrunken, es gibt mehrere Cafeterien auf dem Campus-Gelände, sowie eine Starbucks-Filiale. Das Essen auf dem Campus ist allerdings relativ teuer. In Besiktas, ca 10 Minuten vom Campus entfernt lassen sich jedoch zahlreiche kleine Restaurants und „Lokantas“ finden, die sehr preiswertes und leckeres Essen anbieten. 4.2 Studium Das Learning Agreement, welches zuvor in Absprache mit der Universität Bremen und der Bahcesehir Universität erstellt wurde, wurde vor Ort noch einmal verändert, da einige Kurse letztendlich doch nicht stattfanden. Von Studierenden der Integrierten Europastudien können im Rahmen der Kooperation Kurse in den Bereichen International Relations, Sociology oder European Studies, sowie einiger anderer Fachbereiche belegt werden, allerdings muss davon mindestens die Hälfte aus dem Fachbereich International Relations stammen. Das universitäre Niveau an der Bahcesehir Universität schien mir mit dem Bremer Niveau nicht wirklich vergleichbar. Da die Universität keine Öffentliche Einrichtung ist, sondern eine private und die Studiengebühren dementsprechend hoch sind, ist die Studierendenschaft dort zum Großteil sehr wohlhabend und das Studium an sich scheint oft nicht im Vordergrund zu stehen. Unter den ERASMUS-StudentInnen meines Jahrgangs bestand der Eindruck, dass die Universität viel mehr ein Ort des „socialising“ ist, als eine Bildungseinrichtung. Für diesen Eindruck sprach leider auch die Ausstattung der Universitätsbibliothek. Es waren dort kaum brauchbare Bücher vorhanden, alle Kursmaterialien mussten sich im Copyshop der Universität kopiert werden. Viele DozentInnen erwarten dementsprechend wenig von ihren StudentInnen. Der Arbeitsaufwand ist zumeist zwar sehr hoch, da in fast jedem Kurs mindestens ein Midterm-Test und ein Abschlusstest gestellt werden und zudem noch Essays oder Buchrezensionen verlangt werden, allerdings sind dies vor allem Fleißaufgaben, die ein hohes Maß von Auswendiglernen verlangen. Teilweise wird in den Veranstaltungen mit Lehrbüchern gearbeitet, wodurch eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit vielen Themen meiner Meinung nach leider zu kurz kommt. Sehr gut gefallen haben mir jedoch die Kurse der Dozentin Nora Fisher Onar. Sie lehrte „Griechisch-Türkische Beziehungen“ und „Diplomatische Geschichte“, sowie eine Einführungsveranstaltung für die Internationalen Beziehungen. Wie viele andere Dozenten an der Bahcesehir Universität stammt sie von einer hochrangingen internationalen Universität – sie lehrte zuvor unter anderem an der Oxford Universität – das gute Ausbildung der Lehrenden selbst, schlägt sich jedoch wie gesagt in den meisten Fällen leider nicht in ihrer Lehre wieder. Frau Fisher Onars Kurse schlossen jedoch thematisch als auch methodisch ausgezeichnet an die Vorlesungen und Seminare an, die ich im Rahmen der Integrierten Europastudien in Bremen bereits besucht hatte. Neben „Griechisch-Türkische Beziehungen“ und „Diplomatische Geschichte“ belegte ich „EU-Türkei Beziehungen“, „Istanbul aus Sozialer und Historischer Perspektive“, „Türkische Geschichte“, sowie „Religion und Politik“. Alle Kurse an der Bahcesehir Universität werden auf Englisch gelehrt; teilweise findet jedoch eine Aufteilung der drei Wochenstunden eines Kurses auf zwei Termine statt, von denen der längere auf Englisch und der andere auf Türkisch gelehrt wird. 4.3 Organisatorisches Während meines gesamten Aufenthalt an der Bahcesehir Universität wurden die ERASMUS StudentInnen eingehend vom International Office vor Ort betreut. Unsere Ansprechpartnerin Gizem war stets zur Stelle, wenn wir Probleme hatten. 5. Unterkunft Die Zimmersuche bereitete den meisten ERASMUS-Studenten in meinem Umfeld zunächst einige Schwierigkeiten – manche wohnten für einige Wochen zunächst in Hostels, weil sie kein passendes Zimmer finden konnten. Die Wohnungspreise in Istanbul sind entgegen vieler Annahmen nicht günstiger als in Deutschland und besonders für ausländische Studierende ist es schwer, ein günstiges, aber dennoch bewohnbares Zimmer zu finden. Es gibt sogenannte „ERASMUS flats“ oder auch andere private Vermieter, die ein Geschäft aus der Situation der Studierenden machen und viel zu hohe Mieten verlangen. Nicht selten kam es vor, dass sich junge TürkInnen ihre Miete von unwissenden AusländerInnen mitfinanzieren ließen, die zu ihnen in die Wohnung zogen. Ich persönlich hatte großes Glück, da ich in die Wohngemeinschaft eines türkischen Freundes von mir einziehen konnte, der selbst in Istanbul studiert. Man kann sein Glück entweder über Facebook-Seiten (die der Gastuniversität, Erasmus Istanbul, etc.) oder über Craigslist.org (http://istanbul.craigslist.com.tr/roo/) versuchen und im Kopf behalten, dass die Preise zwischen 200 und 350€ liegen sollten. Für Bahcesehir-StudentInnen lohnt es sich übrigens auch in Kadiköy und Üsküdar, auf der asiatischen Seite der Stadt zu suchen und nicht nur in Besiktas und Ortaköy. Mit der Fähre, die Teil des öffentlichen Nahverkehrs ist, ist man von dort aus in 10-20 Minuten am Fähranleger in Besiktas, der direkt an der Bahcesehir Universität liegt. Mit einer Überquerung des Bosporus per Fähre am Morgen, spart man sich einige Nerven, die sonst im Stau der Millionenmetropole schnell abhanden kommen können. 6. Istanbul 6.1 Freizeit Da ich das Glück hatte, direkt bei Freunden einziehen zu können, fiel mir die Orientierung in der Stadt vergleichsweise einfach. Dennoch gehört es im Auslandssemester in Istanbul sicherlich dazu, sich des Öfteren mit dem Bus zu verfahren oder sich im Gewirr der kleinen unüberschaubaren Gassen zu verlaufen. Generell lässt sich sagen, dass die TürkInnen in solchen Fällen außerordentlich hilfsbereit sind. Obwohl man nur eine Person auf der Straße nach dem Weg gefragt hat, umringene einen oft innerhalb kürzester Zeit drei bis vier Menschen, die untereinander diskutieren, welches der beste, schnellste oder schönste Weg zum Ziel sei. Ich habe mich in der Stadt zu jeder Uhrzeit stets sehr sicher gefühlt und konnte mich alleine überall bewegen. Es gibt jedoch Unterschiede zwischen den einzelnen Stadtteilen. In Fatih, einem sehr konservativen Stadtviertel, ist es als Frau sicherlich besser auch im heißen Türkischen Sommer keine sehr kurze Hosen oder weitausgeschnittene T-Shirts anzuziehen. In Taksim hingegen kann man sich gut an den jungen Türken und Türkinnen orientieren, was Kleidung und Verhalten anbelangt. 6.2 Öffentliche Verkehrsmittel Der Straßenverkehr in Istanbul ist, wie bereits unter dem Punkt Unterkunft erwähnt, ein nervenaufreibendes Erlebnis, da es zu fast jeder Tageszeit zu Stau kommt. Das Metro und Straßenbahnnetzwerk, das stetig ausgebaut wird, ist im Moment noch sehr klein und daher beispielsweise für die Anreise zur Universität nutzlos. Als StudentIn empfiehlt es sich eine Studenten-Istanbulkart zu kaufen, die entweder pauschal monatlich für 75 Lira und somit 200 Fahrten aufgeladen werden kann oder als Einzelfahrkarte genutzt werden kann. Jede einzelne Fahrt kostet damit ca. 1 Lira – der Normalpreis beträgt 2 Lira. Um eine Studenten-Istanbulkart zu beantragen wird verlangt, ein Online-Appointment mit einer IETT-Stelle zu vereinbaren. Für ausländische Studierende ist dies jedoch unmöglich, da das Online Formular verlangt, die Passnummer einzutragen ausländische Passnummern werden vom System jedoch nicht als solche erkannt und somit nicht akzeptiert. Um trotzdem zu Semesterbeginn schnell an eine Karte zu kommen, empfiehlt es sich nicht die große IETT-Zentrale in Beyoglu aufzusuchen, sondern beispielsweise eine kleinere Filiale auf der asiatischen Seite, die nicht so überlaufen ist. Außerdem gilt es, sich nicht schnell abspeisen zu lassen, sondern auch trotz eventuell geringer Türkisch Kenntnisse, darauf zu bestehen, dass eine Online Anmeldung als AusländerIn nicht möglich ist.
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