Jakobus 2, 14-26 Betrachtung und Hilfestellung Seite 1 Einleitende Bemerkung Unser Text führt immer wieder zu staken Diskussionen und manche meinen sogar, dass Paulus im Römerbrief und Jakobus in seinem Brief eine andere Theologie der Erlösung darlegten. Wir wollen den Text lesen, Fragen stellen und erkennen, welche Absicht Jakobus und welche Paulus mit ihrem Brief hatten. Wichtig zu wissen: Das Grundproblem bei den Empfängern des Jakobusbriefes scheint die Gefahr zu sein, ihren Glauben nicht angemessen durch ihr Leben zu bezeugen und damit auch nach aussen hin glaubhaft zu machen. Der Glaube muss sich in der Tat beweisen/bestätigen und dort auch sein „Echtheitssiegel“ empfangen“. Genau dieser Gedanke liegt V. 26 zugrunde: „Denn gleichwie der Leib ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke (Taten) tot“. I. II. III. IV. Lesen des Textes und reagieren, Fragen stellen. Zwei verschiedene Ansatzpunkte führen Schlussfolgerungen. Und worum geht es im Text wirklich? Fragen an mein persönliches Glaubensleben. zu anderen Argumenten und I. Lesen des Textes und reagieren, Fragen stellen: - Zuerst den Text einmal lesen und sich die Frage stellen, was sagt Jakobus hier? - Nochmals lesen und mich fragen, ob diese Aussagen an anderen Orten der Bibel bestätigt werden? - Wo habe ich Fragen? Wo stimme ich zu, wo rebelliert in mir etwas und weshalb? II. Zwei verschiedene Ansatzpunkte führen zu anderen Argumenten und Schlussfolgerungen. Bei Texten wie hier (Jakobus 2, 14-26) dürfen wir die Bibel nicht nur lesen, sondern wir müssen sie im Zusammenhang der Zielsetzung eines Briefes studieren und dann erkennen wir die Absicht des Verfassers. M. Luther hatte Probleme mit dem Jakobusbrief, weil er für ihn im Widerspruch zu den Aussagen des Römerbriefes stand. Er sagte: „ein rechte strohern Epistel gegen sie, denn sie doch keine evangelistisch Art an ihr hat.“ Gibt es ein Spannungsfeld? Wo liegt die Lösung? 2.1 Spannungsfeld zwischen Paulus und Jakobus Das NT spricht von den Werken einmal im positiven, einmal im negativen Sinn. Wie ist das zu verstehen? Wir lesen in Rö 3, 28: „So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht werde ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben.“ In Jakobus 2, 24 kommt hingegen die total gegensätzliche Aussage. Da heisst es: „So seht ihr nun, dass der Mensch durch Werke gerecht wird, nicht durch den Glauben allein.“ Hier: Dort: Frage: gerecht werden ohne des Gesetzes Werke, allein durch Glauben, gerecht werden durch die Werke, nicht durch den Glauben allein. Was soll der Bibelleser jetzt verstehen? Sind beide Verse etwa Gegensätze, die einander ausschliessen? Jakobus 2, 14-26 Betrachtung und Hilfestellung Seite 2 2.2 Jakobus geht auf ein Problem der Empfänger ein Jakobus bezeichnet das blosse „Für-wahr-halten“ nur deshalb als „Glauben“, weil seine Leser (Empfänger) dies taten. Wenn er selbst von Glauben spricht (2, 18.22.23), meint er Glauben, der sich im Alltag durch ein „glaubwürdiges“ Leben erweist/sichtbar wird.1 Glaube, der wirklich im Herzen angekommen ist und aus Dankbarkeit gegenüber der Erlösung Jesu gelebt wird, wird mit „Taten der Liebe“ gegenüber den Mitmenschen sichtbar, erkennbar – das ist der Ansatz von Jakobus!2 2.3 Die zentrale Betonung des Paulus im Römerbrief Die Betonung und der Aufbau des Römerbriefes sind ganz anders. Dort will Paulus unmissverständlich klar festhalten, dass kein Mensch vor Gott durch seine Taten oder Herkunft etwas zu seiner „Errettung“ beitragen/mitwirken kann (Kp 1-3). Eine Kernaussage in 1,16 macht diesen Ansatz deutlich: „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben“. Deshalb hält Paulus dann in Kp 3,28 fest: „So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht werde ohne des Gesetzes Werke, allein durch den glauben“. Wichtig: Unmissverständlich halten wir durch viele andere Stellen der Bibel fest: Gottes Gerechtigkeit wird uns ohne Werke geoffenbart/zugerechnet. Aber: Wir müssen auch erkennen, dass der Römerbrief keine vollständige systematiche Theologie des NT ist, sondern dass wir im Römerbrief ein Dokument vor uns haben, das aus einer stark thematischen Beziehung und Argumentation zwischen Schreiber und Empfänger besteht – das gleiche gilt für den Jakobusbrief. 2.4 Das Thema des Jakobus-Briefes Das Problem der Empfänger des Jakobusbriefes ist, dass die Empfänger den Glauben nicht durch ihr Leben bezeugen und dadurch nach aussen hin glaubhaft machen. Das Anliegen von Jakobus ist, dass der Glaube sich in der Tat (Werk= „Werke des Glaubens“) beweisen muss. Zusammengefasst steht sein Anliegen in 2, 26: „Denn wie der Leib ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke3 tot.“ 2.5 Die Lösung des Problems liegt bei der Begrifflichkeit „Werk“ Das gr. Wort ἔργον (ergon) bedeutet: Werk, Tat, Handlung; Arbeit, Aufgabe, Amtstätigkeit; Werk, Leistung (als Ergebnis des Wirkens). Ergon kann in ganz verschiedenen Zusammenhängen verwendet werden. Ergon kann die Schöpfung und das Handeln Gottes und die guten und bösen Werke der Menschen bezeichnen. Der Begriff ἔργον (ergon) steht sowohl in Jakobus 2,24 wie in Römer 3,28. Uns interessieren jedoch nur die Beispiele, in denen die Werke im Zusammenhang mit dem Glauben gebraucht werden. 1 Heute würde Jakobus vermutlich betonen, dass ein Christ „authentisch/übereinstimmend“ mit seinen Worten leben soll. 2 Evtl. eine Formulierung, die wir besser verstehen. 3 ...die aus diesem Glauben resultieren, entspringen. Jakobus 2, 14-26 Betrachtung und Hilfestellung Seite 3 Der Schlüssel liegt nun darin, dass man zwischen den falschen Werken, aus denen Glauben zugerechnet werden sollte4 und den guten Werken, die aus Glauben kommen5, unterscheidet. Im ersten Fall (soll6) der Glaube aus den Werken folgen (erwachsen/entstehen); Im zweiten Fall handelt es sich um Werke, die Folge/Resultat des Glaubens an Christus sind. Fazit: Im ersten Fall geht es also um die Werke dessen, der noch nicht glaubt, im zweiten Fall um gute Werke (Taten) des Gläubigen. Hinweis zu Werkgerechtigkeit: Die erste (negative) Bedeutung von Werk verwendet Paulus häufig. Röm 4, 2+6; 9, 11+32; Eph 2, 9; 2Tim 1,9; Tit 3, 5. Oft bezeichnet er sie mit dem Zusatz „Gesetzeswerke“: Röm 3, 20+28; Gal 2, 16; 3, 2+10. Hinweis zu den guten Werken aus dem Glauben des Gläubigen: Die zweite (positive) Bedeutung finden wir zunächst im Jakobusbrief – also unserem Text (2, 24.25). Paulus selber kann sie entgegen den „Werken des Gesetzes“ mit dem Zusatz „Werke des Glaubens“ verstehen: 1Thess 1, 3, 2Thess 1, 11. Wichtig: Es gibt sogar zwei Stellen, in denen bei Paulus beide Bedeutungen nebeneinander vorkommen: Eph 2, 9-10; Tit 3, 1.5.8. In Eph 2, 8-10 heisst es: „Denn aus Gnaden seid ihr errettet, nicht aus Werken (Werken des Gesetzes), damit niemand sich rühme. Denn wir sind seine Geschöpfe, in Christus Jesus geschaffen zu guten Werken (Werken des Glaubens), die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln (leben) sollen.“ Schlussfolgerungen: Jakobus beschäftigt sich also nicht mit den Werken vor der Bekehrung (Werken des Gesetzes), wie Paulus dies an einigen Stellen tut, sondern mit den Werken des Glaubens, der Bekehrten. 4 Der wahre, glaubwürdige „Glauben“ erweist sich in den Werken (des Glaubens), weil Glaube, der nicht das Handeln verändert, nach dem NT undenkbar ist (1Thess 1,9; Jak 1, 22). Ein Widerspruch zu Paulus entsteht dabei nicht, denn auch für ihn erweist sich der wahre Glaube in lebensverändernder Kraft und im Sieg über die Sünde, wie der Römerbrief zeigt (Rö 12, 2). Werkgerechtigkeit... D. h. die konsequente, logische Folge sein sollte nach der Schrift (vgl. z. B. Jak 1, 22; Gal 5, 22; Eph 4, 1ff). 6 Lehre der Werkgerechtigkeit, die von der Bibel nicht bestätigt wird...) 5 Jakobus 2, 14-26 III. Betrachtung und Hilfestellung Seite 4 Und worum geht es im Text (Jakobus 2,14-26) also? 2, 14-17: Glaube muss leben – er darf nicht nur ein Standpunkt sein und bleiben! 2, 18-20: Der Glaube an Jesus Christus muss sich im Alltag durch „Werke des Glaubens“ bestätigen, als glaubhaft erweisen. 2, 21- 26: Der Glaube Abrahams und Rahabs werden durch konkrete Taten sichtbar! IV. Fragen (Anfragen) an mein persönliches Glaubensleben Es ist sehr wichtig, dass wir jetzt nicht miteinander in’s Gericht gehen, sondern diese Fragen eher in der persönlichen Beziehung zu Gott klären. Es ist immer wieder wichtig, eine Art „Standpunkt“ zu machen, denn das Problem der Empfänger des Jakobusbriefes kann auch unser Problem werden. Hier einzelne Fragen, die ich mir im Zusammenhang mit meinem persönlichen Glaubensleben stellen kann: Handle ich in meinem Ansatz zum „Dienst an Mitmenschen“ und dem Reich Gottes eher aus dem Lager: Werke des Gesetzes?7 Habe ich verstanden, was die Bibel mit Gnade meint? (Evtl. sollte ich wieder einmal den Galaterbrief oder Epheserbrief lesen). Hat mich ein Mitchrist in den letzten Monaten auf meine dienende Diensthaltung aus dem Glauben angesprochen? Kann man erkennen, dass ich aus Dankbarkeit für Jesus diene? Ist mein Dienst eher Pflicht? Wo praktiziere ich ganz praktisch „Werke des Glaubens“ in der Familie, am Arbeitsplatz, an dem „Fremden“, der einige Häuser weiter wohnt… usw.8 Habe ich in meiner Bereitschaft, anderen zu dienen zugenommen oder bin ich in dieser Beziehung eher mit den Jahren „träge“ geworden? Muss es ständig um mich gehen? Usw. usw. H. Goldenberger, Basel. 28.1. 2016 7 D. h. konkret: Habe ich die Gesinnung, durch meinen Dienst für Gott ein besserer Mensch/Christ zu werden, zu sein als andere oder diene ich Jesus einfach aus Dankbarkeit für das, was ER für mich getan hat? 8 Konkret: Wo habe ich gelernt, den Mund zu halten und nicht mit Zorn auf Anschuldigungen zu reagieren? Wo bin ich bereit, anderen zu dienen ohne zu erwarten, dass eine Gegenleistung kommt?
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