08. Juni 2015 - 08:30 | Kommunalfinanzen Optimal steuern mit S-Kompass Andreas Scholz, Uwe Schulten Viele Kommunen haben ihr Finanzmanagement nicht zuletzt unter dem Eindruck der Finanz- und Staatsschuldenkrise modernisiert. Die Leverkusener Finanzbuchhaltung setzt zur Steuerung unter anderem die Software S-Kompass der Sparkassen-Finanzgruppe mit Erfolg ein. Eine Kurzzusammenfassung finden Sie hier. Im futuristischen Leverkusener Rathaus hat man auch das Finanzmanagement der Kommune modern und innovativ aufgestellt. (RGL) Die kommunale Finanzwelt ist spätestens mit der Lehmann- Pleite und den sich daran anschließenden Marktturbulenzen aufgerüttelt worden. Die Betrachtung kommunaler Finanzrisiken und deren notwendige Steuerung rücken dabei immer stärker in den Fokus. Diese veränderte Betrachtungsweise erfolgte zeitgleich mit den insgesamt gestiegenen Anforderungen an Kommunalverwaltungen: Im Zusammenhang mit der Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagement (NKF) waren grundlegende Anpassungen der Buchungsvorgänge nunmehr zwingend umzusetzen. Ausgangssituation in Leverkusen 2009 ist auch das Zins- und Schuldenmanagement bei der Stadt Leverkusen grundlegend neu „sortiert“ worden. Nach einem ersten Überblick über die vorhandenen Mechanismen wurde schnell klar, dass ein Anpassungsbedarf vor allem aufgrund gestiegener Anforderungen an ein belastbares kommunales Portfolio-Management bestand. Um die Ist-Situation in der Stadt Leverkusen zu bewerten, wurden als Orientierungspunkte Bestandteile der Mindestanforderungen an das Risikomanagement für Kreditinstitute (MaRisk für Kreditinstitute) analog angewendet. Die in den MaRisk beschriebene Funktionstrennung von Handel, Abwicklung sowie Controlling ist dabei als sinnvoll erachteter Kontrollmechanismus in den täglichen Geschäftsprozess übernommen worden. Um den vorherrschenden Marktbedingungen adäquat und fundiert begegnen zu können, waren verschiedene organisatorische Maßnahmen erforderlich, unter anderem die regelmäßige Teilnahme für die mit den Aufgaben betrauten Mitarbeiter an Schulungsveranstaltungen. Weiterhin wurden interne Kontrollsysteme (IKS) weiter verfeinert, eine Dienstanweisung für das Zins- und Schuldenmanagement verabschiedet und schlussendlich der Weg zu ausreichender BudgetAusstattung – trotz eines stetig reduzierten Haushaltsplanansatzes – geebnet. Ebenso wurden die Anforderungen an ein Berichtswesen und die Dokumentation an die im Zusammenhang mit der Implementierung der Doppik erforderlichen Reporting-Vorgaben angepasst. Monats-, Quartals- wie auch Jahresberichte sind als feste Größen sowie als Informationsplattform für Politik und Verwaltung implementiert worden. Um innerhalb der Änderungsprozesse Abläufe besser schematisieren bzw. automatisieren zu können, musste eine geeignete Software-Unterstützung gesucht und implementiert werden. Ein Augenmerk lag dabei darauf, eventuell gewonnene Zeitressourcen gewinnbringend in weitere Meilensteine wie den Ausbau des kommunalen Liquiditätsmanagements (Finanzstatus, Liquiditätsplanung, Liquiditätsstatus, Liquiditätsreserve etc.) zu investieren. 2009 war der Software-Markt allerdings noch relativ intransparent. Ein Finanz-Tool, das gerade die kommunalen Besonderheiten abbilden konnte, war kaum zu finden oder aber in Zeiten sich abzeichnender kriselnder Haushalte nicht finanzierbar. Marktgängige Tools waren eher auf nichtkommunale Anwender ausgerichtet. Infolgedessen ist von der Stadt Leverkusen ein Finanz-Tool implementiert worden, das zwar nicht vollständig die kommunalen Besonderheiten berücksichtigt, aber das im Aufbau befindliche Zins- und Schuldenmanagement solide unterstützt hat. Der Wunsch nach einer Software-Unterstützung, die kommunaltypische Belange wie Haushaltsplanung oder Finanzstatistik, aber auch gängige Treasury-Anforderungen sinnvoll abbildet, reifte dabei mit den im Lauf der Zeit gewonnenen Erkenntnissen der Verantwortlichen immer stärker heran. Teilnahme an Kommunaler Verschuldungsdiagnose (KVD) 2012 hat die Stadt Leverkusen dann an der Kommunalen Verschuldungsdiagnose (KVD) teilgenommen. Sie war seinerzeit vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) zusammen mit den Sparkassen und Landesbanken zum dritten Mal initiiert worden. Im Rahmen dieser Verschuldungsdiagnose wurde das kommunale Schulden-Portfolio vollständig erfasst und entsprechenden Auswertungslogarithmen unterworfen. In einem Benchmark-Vergleich sind anschließend die Ergebnisse aller an der KVD teilnehmenden Kommunen publiziert worden. Die Rückschlüsse aus diesem Peergroup-Vergleich bzw. den Vergleichs- Clustern sowie die Ergebnisse der Analysen auf Kennzahlenebene konnten bei der Portfolio-Steuerung der Stadt Leverkusen nutzbringend eingesetzt werden. Auf der Basis der Erfahrungen sowie der konstruktiv kritischen Stimmen der Teilnehmer an der KVD 2012 wurde unter Schirmherrschaft des DSGV in Kooperation mit der Firma LPA sowie dem SIZ – logisch und folgerichtig – eine Projektgruppe „S-Kompass Kommunale Portfolioanalyse und steuerung“, eine eigene Nutzergruppe, ins Leben gerufen. Sie setzt sich aus Mitgliedern der an der KVD teilnehmenden Kommunen wie der Stadt Leverkusen sowie den Entwicklern des FinanzTools zusammen. Eingebunden worden sind die kommunalen Vertreter vor allem deshalb, um deren praktische Erfahrung sowie den vor Ort erkannten Änderungsbedarf an ein kommunales Portfolio-Management zu nutzen. Vom Abakus zum Z1 Viele Aktenordner wurden durch die moderne Software-Lösung SKompass überflüssig. (imago) Die im Zusammenhang mit der Teilnahme an der KVD 2012 erhobenen Portfolio-Daten der Stadt Leverkusen wurden zu Beginn einer sechsmonatigen Testphase in die EndkundenSoftware S-Kompass transferiert. Dadurch konnten bereits erste sichtbare Erfolge, nämlich die Zusammenführung der beiden bisher voneinander getrennt verwalteten Sub-Portfolien (Liquiditäts- und Investitionskredite) in einem Finanz-Tool realisiert werden. Im Prozess der Datenübernahme gestalteten sich Eingabe und Pflege der Datenbestände intuitiv. Der erste Schritt hin zu einer effektiven Portfolio-Analyse war somit gemacht, nämlich einen Gesamtüberblick über alle im Portfolio der Stadt Leverkusen vorhandenen Kreditverbindlichkeiten zu bekommen. Er war zugleich eine wichtige Basis für weitere Analysen und daraus abzuleitende Steuerungsmaßnahmen. Der bei Kommunen im Rahmen der Haushaltsplanungen für eine adäquate Portfolio-Strukturierung eigentlich zu kurze Betrachtungshorizont (in der Regel: laufendes Haushaltsjahr plus zwei Folgejahren) kann mithilfe der integrierten Portfolio-Werkstatt zu Planungszwecken weiter in die Zukunft ausgedehnt werden. Bei dieser vorteilhaften Betrachtung von Planungsszenarien ist neben den Bestandgeschäften auch Platz für Neuaufnahmen. Das verschafft wiederum einen sehr guten Überblick über mögliche Konzentrationsrisiken im Zeitablauf, die eventuell jenseits einer 3-JahresPlanung liegen können. Die Ergebnisse der KVD hatten dieses kommunale Phänomen bereits vermuten lassen und zugleich deutlich gemacht, dass gerade die in der Zukunft liegenden Risiken mangels Betrachtung des entsprechenden Zeitstrahls oftmals unbeachtet oder einfach unterschätzt worden sind. Häufig waren hier signifikante Konzentrationsrisiken zu verifizieren, die in einer Kombination aus nicht gesteuert auslaufenden Zinsbindungen in Verbindung mit Plankrediten oder zu erwartenden Neukreditaufnahmen entstehen können und somit eine zu vermeidende Risikoposition darstellten. Diese kommunale Besonderheit lässt sich mithilfe einer klassischen Laufzeitensteuerung eliminieren, bei der die durch Zinsbindungsenden frei werdenden Kreditnominale diversifiziert auf unterschiedliche Laufzeitenbänder verteilt werden. Das kann aber regelmäßig erst dann erfolgen, wenn die Zinsbindungsenden bzw. der jeweilige Kreditbedarf ermittelt und aussagekräftig abgebildet werden können. Szenarioanalysen möglich Mit S-Kompass ist die Simuation zukunftsgerichteter Szenarien möglich. (BBL) Im Rahmen der Risikobetrachtung ist es zudem zielführend, einen Blick auf mögliche Eventualitäten zu richten – idealerweise gewichtet nach Eintrittswahrscheinlichkeit und deren Auswirkung auf die Zinslast des städtischen Portfolios. Die Frage, wie sensitiv das Portfolio auf Schwankungen der zugrundeliegenden Referenz- bzw. Marktzinsen reagieren kann, wird dabei anhand von Veränderungen der jeweils vorherrschenden Marktdeterminanten berechnet. Grundsätzlich wird zur Ermittlung der Schwankungswerte die jeweils aktuelle Euro-Zinsstrukturkurve auf das Portfolio angewendet. Im Rahmen von Szenariotechniken ist es möglich, vorherrschende Zinsmarktbedingungen zu verändern. Beispielsweise könnte das Szenario „Marktzins + 1 %“ auf das aktuelle Portfolio angewendet werden. Dieses Basisszenario unterstellt dann, dass die aktuelle Zinsstrukturkurve über alle Laufzeiten parrallel um ein Prozent nach oben verschoben und somit ein Anstieg der Zinsen über alle Laufzeiten simuliert wird. Die Auswirkungen der jeweiligen Szenarien auf die Zinslast lassen sich im Analysebereich von S-Kompass anhand einer einfachen Dropdown-Menüführung darstellen. Anhand vorhandener Standardberichte können die Ergebnisse exportiert oder zusätzlich in eigene Berichte importiert bzw. eingefügt werden. Statistiken, Berichte und Kennzahlen per Knopfdruck Dank einer in S-Kompass verfügbaren Berichtsgenerierung und/oder einer Übertragungsmöglichkeit der Portfolio-Daten in das angegliederte Berichtswesen können Berichte bei der Stadt Leverkusen heute effektiver und dementsprechend zeitsparender abgefasst werden. Mit S-Kompass lassen sich ferner ressourcenschonend vielfältige Berichtsarten (einschl. verschiedener Berichterszeiträume) entwerfen, um die finanzielle Situation beurteilen zu können. Diese Berichte können in anwenderfreundlicher Dokumentation an Entscheidungsträger weitergeleitet werden. In S-Kompass kann der Grad der Zielerreichung der im Rahmen der Portfolio-Steuerung implementierten Kennzahlen (z. B. eine vorgegebene fix/variabel Quote anhand eines LimitSystems) überwacht werden. Das führt zu der allseits geforderten Transparenz. Mithin können nunmehr relativ einfach Soll-/Ist-Vergleiche und bei vorhandenen Abweichungen anschließende zielgerichtete Analysen mit entsprechenden Handlungsvorschlägen erstellt werden. Die dadurch geschaffene Transparenz führt zwangsläufig dazu, dass Abläufe im PortfolioManagement auf mehr bzw. besseres Verständnis stoßen, aber auch die Abläufe insgesamt vereinheitlicht betrachtet werden können. Diese Standardisierung hat die Handlungsabläufe innerhalb des Portfolio-Managements optimiert. Fazit Neben der Festlegung organisatorischer Rahmenbedingungen und einer entsprechenden Richtlinie (Dienstanweisung) erfordert das Portfolio-Management in den Kommunen entsprechende Fachkenntnisse und ein hohes Engagement aller Beteiligten. Aufgrund der Schnelllebigkeit der stark volatilen Finanzmärkte ist eine laufende Anpassung an durch Marktentwicklung vorgegebener Wissensstandards unabdingbar. Zwingend notwendig ist es, das Qualifikationsniveau der Beschäftigten durch regelmäßige (verpflichtende) Fortbildungs-, Weiterbildungs- und Informationsveranstaltungen zu garantieren. Nur auf diesem Wege lassen sich die Funktionszusammenhänge der Märkte erkennen und Ableitungen von Risiken und Chancen für das Portfolio-Management entwickeln. Eine ITAusstattung sollte dabei mindestens folgende Standards abbilden können: • Bestandserfassung aller wesentlichen Geschäftsparameter • Abbildung von Zins- und Tilgungsplänen • Zahlungszeitpunkte • Aussagen über die Höhe von Zinsauszahlungen. Bei einer Portfolio-Steuerung empfiehlt sich zur Unterstützung ein Finanz-Tool, das zur Messung, Analyse, Überwachung und Steuerung von Risiken des Schulden-Portfolios die jeweils aktuellen Barwerte, abgeleitet von Zinsstrukturen verwendet. Der Einsatz eines Finanz-Tools sollte aber immer unter Beachtung von Nutzen-/Kosten-Analysen abgewogen werden. Autoren Andreas Scholz leitet bei der Stadt Leverkusen innerhalb der Abteilung Finanzbuchhaltung die Bankbuchhaltung (einschl. Zins- und Schuldenmanagement) und ist zertifizierter Treasury Manager. Uwe Schulten leitet bei der Stadt Leverkusen die Finanzbuchhaltung/Vollstreckung.
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