Rundschau 72_rundschau 04.09.15 10:57 Seite 1 Herbst 2015 · Ausgabe Nr. 72 Gedanken über die Waage des heiligen Michael Sommerfeste im Johanneshaus Post aus Südafrika Rundschau 72_rundschau 04.09.15 10:57 Seite 2 Inhalt Die Waage des heiligen Michael Christian Seitz Ikonen Annedore Friedrich Der Oktober Erich Kästner Aus der Geschäftsführung Michael Blank Mitarbeiter-Jubiläen Der Tod erst macht den Menschen frei Christian Morgenstern Verstorbene Das Gedicht – Folge 17 Hans Krauss Menschen, die zu uns gekommen sind Menschen, die uns verlassen haben Ein Liederabend im Mai Johannes Ziemann Sommer verglüht Friedo Lampe Bewohnerfahrt zu den Enzgärten der Gartenschau Mühlacker Margot Häußermann Titelbild: Der Johanneshausgarten im Oktober 2 Johanneshaus Rundschau 3 4 5 6 7 8 8 9 10 10 11 11 12 Sommerfeste im Johanneshaus Karola Albrecht Stephanie Schulte-Hordelhoff Besuch der Jugendgruppe der evangelischen Kirchengemeinde Margot Häußermann 40 Jahre Naturtextilien-Lädchen Ursula und Werner Kopp Die Kraft des Regenbogens – Farb-Licht-Therapie im Johanneshaus Ursula Weidmann Nachlese Adelheid Kast Elisabeth Trieb-v. Wistinghaus Post aus Südafrika Miriam Krohmer Mit einem Ford von 1935 nach Quedlinburg Gerhard Lehmann Notizen vom Eichhof Kulturvorschau September – Dezember Impressum Heckenrose Hilde Domin 14 16 17 18 19 20 22 24 27 27 28 Rundschau 72_rundschau 04.09.15 10:57 Seite 3 Gedanken über die Waage des heiligen Michael Bertold Brecht in seinem Gedicht „An die Nachgeborenen“ Neben dem bekannten Bild des heiligen Michael als Drachentöter finden wir auch Michael mit einer Waage dargestellt, wie er die Seelen abwiegt. Diese Waage kann uns aber auch zum Symbol des inneren Gleichgewichts Michaels werden, der bei aller Entschlossenheit im Kampf gegen das Böse in seinem Inneren doch selbst im Gleichgewicht bleibt. Er verliert sich nicht in seinem kraft- und machtvollen Streiten wider das Böse, sondern ruht in der Kraft des Christus und von ihr aus in sich selbst. Dieses Gleichgewicht ist das Gleichgewicht des Liebens, das die eigene Person ebenso achtet wie den anderen. Der Mensch, der sich selbst keinen Respekt entgegenbringt, kann auch den anderen nicht respektieren. Oder mit den Worten des Neuen Testaments: „Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst!“ Hermann Hesse nennt dieses Gebot den „Inbegriff aller Lebenskunst und Glückslehre“: „Man kann den Nächsten weniger lieben als sich selbst – dann ist man der Egoist, der Raffer, der Kapitalist, der Bourgeois, und man kann zwar Geld und Macht sammeln, aber kein recht frohes Herz haben, und die feinsten und die schmackhaftesten Freuden der Seele sind einem verschlossen. Oder man kann den Nächsten mehr lieben als sich selbst – dann ist man ein armer Teufel, voll von Minderwertigkeitsgefühlen, voll Verlangen, alles zu lieben, und doch voll Ranküne und Plagerei gegen sich selbst und lebt in einer Hölle, die man sich selbst täglich heizt. Dagegen das Gleichgewicht der Liebe, das Lieben-können, ohne hier oder dort schuldig zu bleiben, diese Liebe zu sich selbst, die doch niemandem gestohlen ist, diese Liebe zum anderen, die das eigene Ich doch nicht verkürzt oder verge- waltigt: Das Geheimnis alles Glücks, aller Seligkeit ist in diesem Wort enthalten.“ Die Grundhaltung des Liebens ist das uneingeschränkte Ja-sagen zur Person des anderen. „Ja“ sagen zu seiner Existenz, zu seinem Da-sein, zu seinem Hier-sein. Es heißt nicht, dass man den anderen immer nett und sympathisch finden müsste, denn dann wäre die Liebe ja ganz im Gefühlsbereich beheimatet und vom So-sein des anderen abhängig und damit nur ein Sich-Selbst-Bespiegeln im Anderen. Die Liebe umfasst und bereichert das Gefühlsleben, sie ist aber nicht abhängig von ihm. Es geht in der Grundhaltung des Liebens nicht um das Nett-finden des anderen, sondern um das uneingeschränkte Einverstandensein mit dem Da-sein des anderen. Wikimedia Commons, Foto Wolfgang Moroder „… Auch der Hass gegen die Niedrigkeit verzerrt die Züge. Auch der Zorn über das Unrecht macht die Stimme heiser …“ Fresko Erzengel Michael, Seelenwaage St. Katharina in Breien, Völs am Schlern Und dieses Einverstandensein mit dem Dasein des anderen setzt das uneingeschränkte Ja-sagen zur eigenen Existenz voraus: „Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst.“ Johanneshaus Rundschau 3 Rundschau 72_rundschau 04.09.15 10:57 Seite 4 In Bezug auf das Handeln hat Rudolf Steiner dieses Gleichgewicht des Liebens so formuliert: „Leben in der Liebe zum Handeln und Lebenlassen im Verständnis des fremden Wollens ist die Grundmaxime des freien Menschen.“ Nun begegnen uns die anderen aber ja durchaus auch so, dass wir zu ihrem So-sein nicht uneingeschränkt „Ja“ sagen können. Es ist ja auch beim anderen nicht alles gut und richtig zu nennen! Hier hilft uns ein Wort von Fjodor Michailowitsch Dostojewski weiter: „Einen Menschen lieben, heißt ihn so sehen, wie Gott ihn gemeint hat.“ Die Liebe muss über das So-sein des anderen hinausgehen. Sie reicht über die Alltags-Persönlichkeit des anderen hinaus zu seiner ewigen Persönlichkeit, zu seiner Individualität, die durch die verschiedenen Persönlichkeiten hindurchgeht. Sie spürt dem Wesenskern des anderen nach, macht sich von seinem derzeitigen So-sein und vom eigenen Gefühlsleben unabhängig und bestätigt den anderen in seinem Dasein. Eine so verstandene Liebe macht nicht blind für die Schwächen des anderen, und es wäre im wahren Sinne des Wortes lieblos, wenn man den anderen im seiner Schwäche belassen würde. In dieser liebevollen Hinwendung zum anderen in seiner Schwäche, in dieser Verlässlichkeit, in der Begegnung glänzt dem anderen das eigene Bild entgegen „wie Gott ihn gemeint hat“. Dieses Bild ruft im anderen Kräfte wach, sich der eigenen Schwäche zu entziehen. Es handelt sich um ein Wachwerden am Seelisch- Geistigen des anderen. Aus dieser Haltung heraus bekämpft Michael das Böse: In ihm ist kein Hass – auch nicht auf das Böse. Er handelt in seiner diamantklaren Entschlossenheit, aus der Liebe des Christus heraus „die den Tod überwand, auf dass der Menschenseele das Leben ward gerettet.“ Und indem er sich selbst treu bleibt, hält er das Gleichgewicht in seinem Inneren und kann so dem Menschen helfen, sich selbst so zu erkennen, „wie Gott ihn gemeint hat“. Christian Seitz Waldorflehrer aus Pforzheim Ikonen Wikimedia Commons, Foto Bodo Kubrak Im journalistischen Sprachgebrauch ist heute mehr und mehr die Rede davon, dass irgendein Zeitgenosse – ein Popstar, ein Sportler – die Ikone seiner Fan-Gemeinde geworden sei. Kann ein Mensch zur Ikone werden? Nein, denn: „Ikonen sind für die orthodoxe Kirche nicht Abbildungen weltlicher Natur, sondern Fenster zur himmlischen Wirklichkeit.“1. Und dabei sollten wir den Wortgebrauch auch belassen. Ikone, St. Otto Kirche, Berlin 4 Johanneshaus Rundschau Wir können die Frage nach der Ikone aber noch vertiefen. Was ist sie genau? Die spontane Antwort wird lauten: Ein Heiligenbild. Ja, aber Heiligenbilder gibt es viele, was macht den Unterschied aus zwischen einem Heiligenbild und einer Ikone? Das Wort Ikone kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet Bild, Abbild, aber 1 Ökumenisches Heligenlexikon Rundschau 72_rundschau 05.09.15 10:45 Seite 5 auch Schreiber, woraus geschlossen werden kann, dass der Maler das geschriebene Wort aus den Büchern der Offenbarung für die Leseunkundigen in ein Bild überträgt2. Über die Entstehungsgeschichte der Ikonenmalerei finden wir in derselben Quelle kurz zusammengefasst noch folgende Auskunft. Die Entstehungszeit ist das 6. Jahrhundert. Durch die Bilderstürmer sind jedoch viele der alten Bilder vernichtet worden, denn diese Kleriker hielten die Ikone für eine Übertretung des zweiten Gebots (Du sollst dir kein Bildnis noch Gleichnis machen...) Später fanden die Kirchenväter einen Ausweg in der Tatsache, dass Christus auch Mensch gewesen sei und die Darstellung des Christus daher erlaubt sein müsse. Der Vatergott aber befindet sich im Gegensatz zu vielen Heiligenbildern auf keiner Ikone. Da sich seit der Entstehung der Ikonenmalerei verschiedene Malschulen entwickelt haben, gibt es auch unterschiedliche Vorgaben für die Maler. Daran müssen diese sich jeweils streng halten, seien es die Beigaben der Dargestellten, die Farben, die Haltung und Blickrichtung und vieles mehr. Ein zeitgenössischer Ikonenmaler – und davon gibt es noch einige – muss genau wie die alten Meister ein selbstloser Künstler sein, dem es nicht um Eigenruhm geht. Er wirkt als „Fensteröffner“ zur „himmlischen Wirklichkeit“. Annedore Friedrich langjährige Bewohnerin, verstorben am 6. April 2015 Der Oktober Fröstelnd geht die Zeit spazieren. Was vorüber schien, beginnt. Chrysanthemen blühn und frieren. Fröstelnd geht die Zeit spazieren. Und du folgst ihr wie ein Kind. Geh nur weiter. Bleib nicht stehen. Kehr nicht um, als sei's zu viel. Bis ans Ende musst du gehen. Hadre nicht in den Alleen. Ist der Weg denn schuld am Ziel? Geh nicht wie mit fremden Füßen, und als hätt'st du dich verirrt. Willst du nicht die Rosen grüßen? Laß den Herbst nicht dafür büßen, daß es Winter werden wird. An den Wegen, in den Wiesen leuchten, wie auf grünen Fliesen, Bäume bunt und blumenschön. Sind's Buketts für sanfte Riesen? Geh nur weiter. Bleib nicht stehn. Blätter tanzen sterbensheiter ihre letzten Menuetts. Folge folgsam dem Begleiter. Bleib nicht stehen. Geh nur weiter. Denn das Jahr ist dein Gesetz. Nebel zaubern in der Lichtung eine Welt des Ungefährs. Raum wird Traum. Und Rauch wird Dichtung. Folg der Zeit. Sie weiß die Richtung. „Stirb und werde!" nannte er's. Erich Kästner (1819-1898) 2 Christiane Enkeler, im Deutschlandfunk Johanneshaus Rundschau 5 Rundschau 72_rundschau 04.09.15 10:57 Seite 6 Aus der Geschäftsführung Liebe Bewohnerinnen und Bewohner, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! Gerne stelle ich mich Ihnen an dieser Stelle als neuer Geschäftsführer des Johanneshauses vor. Ich freue mich auf die gemeinsame Tätigkeit mit Ihnen und auf meine neue Aufgabe, die ich gemeinsam mit Ihnen angehen kann! Der Mensch im Mittelpunkt Die Bewohnerinnen und Bewohner, die uns anvertrauten Menschen, stehen für mich im Mittelpunkt meiner Arbeit. Mein Bestreben war und ist es, sie zu begleiten und ihnen ein wirkliches Zuhause zu geben. Aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen für mich im Zentrum. Jeder Mitarbeiter ist sehr wertvoll und es hat für mich eine hohe Priorität, ein gutes Arbeitsumfeld zu schaffen. Dieses Umfeld soll durch Wertschätzung und Anerkennung, durch Respekt, Glaubwürdigkeit und Teamgeist geprägt sein. Das Ziel ist eine hohe Qualität in allen Bereichen, die eine Pflegeeinrichtung ausmachen: natürlich bei der Pflege und in der Betreuung, aber auch in der Verwaltung und der Hauswirtschaft, im Gebäudemanagement und in der Küche, um nur diese Bereiche zu nennen. Hohe Qualität und ein gutes Hausklima sind das Ergebnis täglichen Tuns. So schaffen wir alle gemeinsam die Grundlagen für eine Pflege, die alten Menschen die notwendigen Freiräume ermöglicht, so dass sie ein selbstbestimmtes und glückliches Leben bei uns im Hause führen können. „Die allseitige Entfaltung der ganzen Menschennatur“, wie Rudolf Steiner das in einem oft genannten Zitat formulierte. Eine lebendige Gemeinschaft der Bewohner und Mitarbeiter sowie eine Ausrichtung der Arbeit am ganzen Menschen liegen mir sehr am Herzen. Mein Werdegang, meine Aufgabe hier im Johanneshaus In Freiburg i. Br. und in Landau in der Pfalz habe ich an mehreren Hochschulen verschiedene Studiengänge erfolgreich absolviert. Die Schwerpunkte waren Sozialpädagogik/Gerontologie, Betriebsorganisation und Verwaltung sozialer Insti6 Johanneshaus Rundschau tutionen, Betriebswirtschaft und Pädagogik. Daneben habe ich als junger Mensch immer wieder in der Pflege gearbeitet, in Krankenhäusern und auch in Pflegeheimen. Diese Tätigkeit ist mir also aus langen Jahren vertraut und sie liegt mir persönlich sehr am Herzen. Seit meinem Studium habe ich mich in der Erwachsenenbildung als Dozent für Pflege- und Führungskräfte engagiert. Die Fortund Weiterbildung ist mir ein Herzensanliegen und sie hat mir immer besondere Freude gemacht; vermutlich, weil ich selber gerne Neues lerne und erfahre. Direkt nach meinem Erststudium war ich als noch junger Mann als Verwaltungsleiter eines Pflegeheimes in Rheinland-Pfalz tätig. Seitdem habe ich in den Bundesländern Hessen und BadenWürttemberg Pflegeeinrichtungen aufgebaut und geleitet, zuletzt ein größeres Pflegezentrum mit mehreren Häusern in den Bereichen stationäre Pflege und betreutes Wohnen und angeschlossenen mobilen Diensten. – Dabei stand und steht für mich die Qualität an erster Stelle. Eine hohe Qualität in allen Bereichen, wie oben beschrieben, und eine Qualität, die bei den uns anvertrauten Menschen praktisch und direkt ankommt. So konnte ich gemeinsam mit meinen Mitarbeitern in allen Häusern auch eine gesunde wirtschaftliche Basis sicherstellen. Meine Ziele gemeinsam mit Ihnen Die Pflege ist nach meiner Überzeugung ein moderner und zeitloser Beruf zugleich. Denn die Bedürfnisse der älteren und pflegebedürftigen Rundschau 72_rundschau 05.09.15 10:45 Seite 7 Menschen bleiben zwar im Grunde dieselben, diese Wünsche und Bedürfnisse treffen aber auf eine sich dynamisch wandelnde Gegenwart, in die wir uns alle zu stellen haben. Diese Gegenwart bietet viele Chancen, die wir im Sinne unserer Bewohner kennenlernen und nutzen wollen. Es geht mir um eine optimale, zeitgemäße Pflege und individuelle Betreuung der Bewohner, ein anregendes und die Qualitäten des Einzelnen aufnehmendes Arbeitsumfeld, ein wertschätzendes und persönliches Miteinander in einem guten Team qualifizierter und zufriedener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. – Ein besonderes Anliegen waren mir in allen Häusern, in denen ich arbeiten durfte, die gemeinsamen Feiern mit den Bewohnern und Mitarbeitern. Und ich freue mich daher sehr auf die gemeinsame Feier der Jahresfeste, die für das anthroposophische Leben ja eine ganz besondere Bedeutung haben. Ich möchte mich ganz herzlich bedanken für das Vertrauen, welches mir der Treuhandrat, die Bewohnerschaft, der Heimbeirat und die Mitarbeiter mir entgegenbringen. Denn Vertrauen ist der wichtigste Grundstein, damit wir die Zukunft gemeinsam positiv gestalten können. Ich bin für Sie immer erreichbar, sprechen Sie mich an. Ich freue mich auf die persönliche Begegnung mit Ihnen, aber auch auf Ihre Ideen und Vorschläge und vor allem dann auf die Chancen diese gemeinsam mit Ihnen in die Tat umzusetzen! Es grüßt Sie herzlich Ihr Michael Blank Mitarbeiterjubiläen Persönlichkeiten werden nicht durch schöne Reden geformt, sondern durch Arbeit und Leistung. Albert Einstein Herzlichen Dank allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre langjährige Treue zum Johanneshaus und seinen Bewohnerinnen und Bewohnern. Wir gratulieren Ihnen herzlich zu ihren Jubiläen. 35-jähriges Jubiläum - Wolf, Rosemarie Wäscherei am 15.09.2015 20-jähriges Jubiläum - Stenzel, Christina Speisesaal am 02.10.2015 - Da Silva, Maria Hausreinigung am 07.11.2015 15-jähriges Jubiläum - Ismail, Rami Küche am 11.09.2015 - Ismail, Kiimet Hausreinigung am 04.10.2015 10-jähriges Jubiläum - Kast, Adelheid Stat. Bereich allgemein am 01.09.2015 5-jähriges Jubiläum - Finsterle, Jessica Ernst-Zimmer-Haus am 01.09.2015 - Schulte-Hordelhoff, Stephanie Betreuung stationär §87b am 01.09.2015 - Strohmaier, Sandra Stat. Bereich allgemein am 01.10.2015 Johanneshaus Rundschau 7 Rundschau 72_rundschau 04.09.15 10:57 Seite 8 Der Tod erst macht den Menschen frei; hier lebt er in Ohnmacht und Sklaverei. Und sollt er auf Erden von neuem ersteh’n, von neuem leben und strebend vergeh’n, dann wird er doch schreiten im Wechsel der Zeit zur Reife, zum Leben der Ewigkeit. Christian Morgenstern (1871 – 1914) als Sechzehnjähriger Menschen, die von uns gegangen sind Martha Becker am 20.06.2015 Irene Warning am 19.07.2015 Ruth Kunzmann am 08.08.2015 Josepha Scheeder am 14.08.2015 8 Johanneshaus Rundschau Rundschau 72_rundschau 08.09.15 09:21 Seite 9 Das Gedicht – Folge 17 Der römische Brunnen Aufsteigt der Strahl und fallend gießt Er voll der Marmorschale Rund, Die, sich verschleiernd, überfließt In einer zweiten Schale Grund; Die zweite gibt, sie wird zu reich, Der dritten wallend ihre Flut, Und jede nimmt und gibt zugleich Und strömt und ruht. Conrad Ferdinand Meyer (1825–1898) Im Brunnen wird das Wasser aus seiner natürlichen Bewegung in Bächen, Flüssen, Seen und schließlich dem Meer herausgehoben, sein Strömen wird auf unterschiedliche Weise künstlich gelenkt. Nicht umsonst gilt die Kunst der Brunnenanlagen als eigener Zweig der Architektur. Gleich mit dem ersten Wort des Gedichtes zeigt der Auftakt – àufsteigt – den unter Druck senkrecht nach oben geführten Wasserstrahl an. Doch schon beim zweiten Silbenpaar – der Stráhl – bildet die Endbetonung durchgehend bis das Wasser den Brunnen verlässt das rasch und stetig abwärts strömende Wasser nach. Und dreimal wird das fallende Wasser in Schalen angehalten, es „ruht“. Den Eindruck des schnellen Strömens fördern weitere Stilmittel: Das Gedicht fließt wie in einem Zug, einem Satz dahin mit kurzen Wörtern, man findet nur zwei dreisilbige. Die konzentrierte Kürze zeigt sich besonders im fünften Vers, wo wir in Prosa ein begründendes denn einfügen würden. Der vorletzte Vers fasst das Geschehen im Brunnen kurz zusammen, während der letzte, mit nur vier Wörtern halb so lang wie alle anderen, abschließend die Wirkung des Gedichtes auf uns ausspricht: Denn das gleichzeitige Nebeneinander von Ruhe und Bewegung wirkt auf uns harmonisierend und entspannend. Daher wohl kommt es, dass wir nicht leicht müde werden, einen solchen Brunnen zu betrachten. Ein rundum vollkommenes Gedicht also, so etwas denkt man sich nicht aus, es kann gewiss nur aus einer genialen Inspiration als Ganzes fertig entstanden sein. Oder etwa doch nicht ganz so? – Die wissenschaftliche Ausgabe der Werke Meyers führt uns vor, wie der Dichter über mehrere Jahrzehnte hin immer wieder korrigierend und verbessernd an seinem Text feilte. So lauteten die beiden Eingangsverse ursprünglich Es steigt der Quelle reicher Strahl Und sinkt in eine schlanke Schal. Und die zwei Endverse hießen in einer früheren Fassung Und ob’s auf allen Stufen quillt, so bleibt die Ruhe doch im Bild. Man kann nur darüber staunen, wie hier aus vergleichsweise sehr rohen Entwürfen durch handwerkliche Eingriffe das makellos vollkommene Meisterwerk entstanden ist. Doch sollten wir auch sehen, wie genau schon die zwei älteren Schlussverse trotz aller Mängel das wesentliche Anliegen des Dichters, Ruhe in der Bewegung, darstellen. Stimmt es also, das geläufige Wort, Genie sei Fleiß? Richtiger hieße es wohl, Genie ist auch Fleiß. Wobei ein Gedicht bei steigendem Anteil bemühten Fleißes nicht besser wird. Hans Krauss Johanneshaus Rundschau 9 Rundschau 72_rundschau 04.09.15 10:57 Seite 10 Menschen, die zu uns gekommen sind Dr. Renate Iwanow am 01.07.2015 Giuseppa Giardina am 03.07.2015 Theodora Franziska Ramthun am 17.07.2015 Ursula Stickel am 29.07.2015 Gudrun Grauer am 01.08.2015 Klara Augenstein am 08.08.2015 Dr. Hildegard von Andrian-Werburg am 15.08.2015 Laurent Heydmann am 20.08.2015 Calogera Di Rosa in Troisi am 27.08.2015 Gertrud Pfeiffer am 28.08.2015 Menschen, die das Haus verlassen haben Martina Möhle am 30.07.2015 Volker Rothfuss am 30.07.2015 10 Johanneshaus JohanneshausRundschau Rundschau 10 Rundschau 72_rundschau 04.09.15 10:57 Seite 11 Ein Liederabend im Mai Sommer verglüht Dahlien, Astern, Gladiolen, Georginen, Mild von der gelben Sonne beschienen, Drängen prunkend über den Gartenzaun, Und allüberragend die Sonnenblumen schaun Mit den großen gelben Gesichtern, den guten, Während die Rosen sanft verbluten. Aus der Dorfkirche leises Orgelgebrumme, Um die prallblauen Trauben Bienengesumme. Die Mezzosopranistin Annette Jahns wurde am Klavier von Hansjacob Staemmler begleitet. Die Künstler hatten ein romantisches Liederprogramm mit beliebten Volksliedern und vor allem frühen Kompositionen der Komponisten Johannes Brahms, Antonin Dvorak und Richard Strauss in ihrem Programm. Schon beim Auftreten und beim ersten Lied hatte Annette Jahns alle Sympathien für sich, ihr Mezzosopran, kräftig und zart, erfreute in jeder Stimmlage; dazu auch ihre stets die Situation unterstreichenden dezenten Bewegungen, die die farbenreiche klangliche Gestaltung bereicherten. Zu all diesem war Hansjacob Staemmler dem Gesang angepasst und zurückhaltend, den Charakter des Liedes hervorhebend, eine ideale Begleitung. Bekannte Titel wie „Ständchen“, „All meine Gedanken“ und „Schwesterlein“ kamen voll bei den Hörern an. Nach der Pause erfreuten die Zigeunerlieder (Opus 55, Antonin Dvorak). Wieder wurde die alte Mutter besungen und „Mein Lied ertönt“ berührte uns durch den reichen Ausdruck und das Temperament. Auch die vier Lieder von Richard Strauss, Jugendwerke Opus 10 bis 27, sind noch ganz dem 19. Jahrhundert zugehörig und gefielen in ihrer unkomplizierten Schönheit. Ihre Zugabe erfolgte auf den kräftigen Beifall hin. Und Nebel steigt auf aus dem feuchten Garten In Laubkronen, wo die Äpfel verdämmern, die harten. Und in der Efeulaube auf dem Eisentische Die bläulich schimmernden, süßduftenden Fische Und Wein, schwarzrot, und Butter und Brot Und die Fackel des Monds, die überm Garten loht, Und Gelächter, Umarmung, Geflüster und Kuss Und der kühlen Nächte verschwieg‘ner Genuss, Und der braunen Geige dunkler Gesang, Wie satt das über die Wiesen klang. Und Jungens, die schwimmen im schwarzen Fluss Und heben dumpf jauchzend den Arm zum Gruß, Und Kühe, leibschwere, im Wiesendunst Muhn auf zu dem Mond. O schlürfe die Gunst, Die letzte, des Sommers voll in dich ein, Noch einmal dürfen berauscht wir sein. Wie alles am tiefsten in Farben glüht, Bevor es sich neigt und von uns zieht, Wie Leben, kurz vor dem Untergang, Bricht aus in flammenden Überschwang Und dunkel flutenden Lobgesang! Friedo Lampe (1895-1945) Zu erwähnen ist noch die enge Verbindung der Familie von Annette Jahns zum Johanneshaus: die Großmutter hatte hier gewohnt, und die Mutter Ilse Ludwig hat als Kammersängerin uns hier mehrfach durch ihren Gesang erfreut. Johannes Ziemann Johanneshaus Rundschau 11 Rundschau 72_rundschau 05.09.15 10:47 Seite 12 Bewohnerfahrt zu den Enzgärten der Gartenschau Mühlacker Der Vortrag am 8. August 2015 auf der PZ-Bühne vom Johanneshausgärtner Herrn Stefan Kreuzer mit dem Thema „Kräuteranbau und Verarbeiten im sozialen Kontext“ war Anlass für eine gemeinsame Fahrt auf die Gartenschaufahrt nach Mühlacker. 14 ehrenamtlich Mitarbeitende und 14 Bewohner des Johanneshauses freuten sich, gemeinsam die Enzgärten anzuschauen und das Johanneshaus zu repräsentieren. In Kleingruppen schlenderten die Bewohner und Ehrenamtlichen durch die Blütenpracht entlang der Enz. Die Gärten sind mit viel Liebe zum Detail angelegt und konnten von den Bewohnern und ihren Begleitern in individuellem Tempo angeschaut werden. Der Vortrag von Herrn Kreuzer handelte vom Anbau von Kräutern in der Gärtnerei des Johanneshauses zur Herstellung von Tee sowie vom gemeinsamen Rebeln der Kräuter mit Bewohnern. Herr Kreuzer führte vor allem den sozialen Aspekt der Gemeinschaftsarbeit näher aus. Die Zuhörer konnten diesen sozialen Kontext auch gleich erleben, da Herr Manfred Rapp vom Naturkostfachgeschäft „Grünes Blatt“ die zahlreichen Bewohner des Johanneshauses begrüßte, die „Ihren Gärtner“ beim Vortrag unterstützten. Im Anschluss an den Vortrag versorgte Frau Häußermann die Gruppe aus dem mitgeführten Bollerwagen mit Eistee, Obst und einem Imbiss aus der Hand. Der eine oder 12 Johanneshaus Rundschau andere Bewohner ließ es sich nicht nehmen, den im Vortrag beschriebenen Tee zu kosten. Frau Marianne Worel, die Initiatorin von „Musik für die Erde“, stellte den interessierten Zuhörern die Initiative in einem Impulsreferat vor und präsentierte und verteilte den neuen Flyer mit dem Termin für die Musik- und Umwelttage im Zusammenwirken mit der Realschule Niefern (Kirnbachschule) am 2. und 3. Oktober 2015. Im weiteren Verlauf des Nachmittags zeigte und erklärte Herr Rapp zusammen mit Herrn Kreuzer Wildkräuter, die am Enzufer wachsen. In einem Bereich der Gartenschau besichtigte die Gruppe die Urkornfelder mit den alten Sorten Emmer, Einkorn, Dinkel uvm., deren Ernte an diesem Nachmittag stattfand. Immer wieder traf man auf „Johanneshäusler“ im Gelände. Sehr schön waren die Wasserspiele, bei denen man sich sofort in die Kindheit zurückversetzt fühlte und sich mit dem kühlen Nass erfrischte. Am Treffpunkt fanden viele anregende Gespräche statt, und es wurden Ideen entwickelt, mit welchen Zielen man einen solchen Ausflug wiederholen könnte. Herzlichen Dank allen, die diesen schönen Tag ermöglichten. Margot Häußermann Koordinatorin Ehrenamt Rundschau 72_rundschau 04.09.15 10:57 Seite 13 Marianne Worel, die Initiatorin von „Musik für die Erde“ Stefan Kreuzer und Manfred Rapp Johanneshaus Rundschau 13 Rundschau 72_rundschau 04.09.15 10:57 Seite 14 Sommerfeste im Johanneshaus Wohnbereich Novalis und Bettina von Arnheim Den Auftakt machte am 23. Juli 2015 das Sommer- und Grillfest der Wohnbereiche Novalis und Bettina von Arnim auf der großen Dachterrasse. Eingeladen waren auch Angehörige, Freunde und Bekannte, die sich zahlreich einfanden. Bei schönstem Sommerwetter wurde gegrillt: Schnitzel, Würschtle und Gemüse. Es gab von den Mitarbeitern angerichtete Salate und Desserts. Stimmungsvoll umrahmt wurde das Fest mit Sommerliedern vom Kinderchor der Evangelischen Kirchengemeinde Öschelbronn unter Leitung von Christa Geiger und von Holger Schimanke. Die Stimmung war bombastisch! Nicht nur bei den Würschtle, die auch passiert gereicht wurden, war großer Andrang, auch am Salat- und Dessertbuffet. „Nachteulen“ und die Mitarbeiter haben noch bis in den späten Abend zusammengesessen. Eine Woche später, am 30 Juli, fand dann, auch bei schönstem Sonnenschein, das Sommerfest für die Bewohner des Wohnbereichs Hölderlin mit Angehörigen, Freunden und vielen Ehrenamtlichen statt. Auf der Gartenterrasse wurde die sommerliche Gesellschaft durch das Drehorgelspiel von Frau Häußermann in eine nostalgisch beschwingte Stimmung gebracht. Das vorbereitete Liederwunsch-Singen ließ sonst seltener Gehörtes von „Du, du liegst mir im 14 Johanneshaus Rundschau Wohnbereich Hölderlin Herzen“ bis „Mein Vater war ein Wandersmann“ erklingen. Tief durchatmen musste man beim Seifenblasen, das tüchtig erprobt wurde und bei so manchem Kindheitserinnerungen weckte. Erfrischt haben sich alle beim Eisessen und mit saftigen Früchten. Eine sommerliche Lausbubengeschichte sorgte für Erheiterung. Nach dem Motto: „Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei“ ging das Fest mit Brühwürstchen und Kartoffelsalat zu Ende. Die Sommerfeste haben bei vielen unserer Bewohner noch einige Tage in schöner Stimmung nachgewirkt. Das werden wir wiederholen! Karola Albrecht Stephanie Schulte-Hordelhoff Rundschau 72_rundschau 04.09.15 10:57 Seite 15 Stephanie Schulte-Hordelhoff beim Seifenblasen mit den Bewohnern des Ernst-Zimmer-Hauses Das Eisauto im Johanneshaus Sommer, Sonne, Eis, so hatten es alle Auszubildenden gemeinsam mit Frau Jahn (Praxisanleiterin Schüler) und die ehrenamtlichen Mitarbeitenden geplant. Der so seltene Regen in diesem Sommer kam pünktlich an diesem Nachmittag. Doch es wurde improvisiert und die Stimmung war toll! Jeder Bewohner und so mancher Mitarbeiter konnte 2 Kugeln Eis auf Kosten des Johanneshauses genießen! Vielen Dank dem Orga-Team und dem Johanneshaus für einen schönen Sommernachmittag …bei Regen! Für alle MitarbeiterInnen gab es dieses Jahr ein gemeinsames Sommerfest, das unter dem Motto „Italienischer Abend“ stand. Die Stimmung war gut und die Polonaise führte bis weit in die Nacht hinein durch den oberen Parkt rund um den Schafstall. Johanneshaus Rundschau 15 Rundschau 72_rundschau 04.09.15 10:57 Seite 16 Besuch der Jugendgruppe der ev. Kirchengemeinde Bereits zum sechsten Mal machte die Jugendgruppe der evangelischen Kirchengemeinde Öschelbronn mit Ihrer Leiterin Conny Giek und Diakon Paul Rehberg eine Freizeit im Gemeindehaus. Dazu gehört immer wieder der Besuch im Johanneshaus an einem Nachmittag. Über 40 junge Menschen trafen sich am Mittwoch dem 10. Juni 2015 um 16. 00 Uhr und verteilten sich in den Wohnbereichen 3/1 und 2/4 sowie in den Wohnbereichen des Ernst-ZimmerHauses, um mit und für die Bewohner zu singen. Es war sehr schön, dass die Bewohner direkt in den Wohnbereichen besucht wurden, teilweise auch vor den Zimmern der bettlägerigen Bewohner. Es gab viele rührende Momente, einmal wurde die alte Nachbarin erkannt und freudig begrüßt oder die alten Lieder von jungen Menschen mit Gitarre gesungen brachten Erinnerungen hoch und die Freude war überwältigend. 16 Johanneshaus Rundschau Das Vorlesen von unterschiedlichen christlichen Bibelstellen und Psalmen war ein Teil, bei dem es ganz still wurde. Die Zeit verging wie im Flug, und bevor die Gruppe das Johanneshaus wieder verließ, gab es nochmal ein gemeinsames Singen im Foyer. Es war einfach schön, wie das Singen durchs Haus schallte und auch noch großen Nachhall erfuhr, denn einzelne Bewohner haben sich persönlich, schriftlich bei den Jugendlichen bedankt, und auch die Jugendgruppe ihrerseits hat sich gerne an den Abend erinnert und herzliche Grüße an die Bewohner durch Frau Giek übermitteln lassen. Vielen Dank nochmals allen Beteiligten im Johanneshaus und in der evangelischen Kirchengemeinde Öschelbronn! Gerne nächstes Jahr wieder! Margot Häußermann Koordination Ehrenamt Rundschau 72_rundschau 05.09.15 18:59 Seite 17 40 Jahre Naturtextilien-Lädchen im Johanneshaus Die Gründungsinitiativen des Johanneshauses, der Klinik Öschelbronn und des Carl Gustav CarusInstitutes waren vor 40 Jahren gerade in die umgestalteten Räumlichkeiten der „Neuen Heimat“ eingezogen, als Dr. Werner Kopp, Mitarbeiter des Carl Gustav Carus-Institutes, die Aufgabe bekam, sich um die Ernährung, also um das Konzept der Küche, die alle versorgte, zu kümmern. Dadurch hatte er Gelegenheit, mit vielen der neuen Bewohner bekannt zu werden. Als er im Sommer 1975 mit einem Kollegen eine Reise nach Thailand unternahm, baten sie ihn, Seidenstoffe und Seidenkleidung, für die Thailand berühmt war, mitzubringen. So landeten mehrere Koffer, gefüllt mit kostbarer Seide, beim Zollamt in Pforzheim. Um sie von dort ohne hohe Kosten herauszubekommen, war es nötig, eine Firma zu gründen. Mit der Erlaubnisurkunde des Landratsamtes Enzkreis vom 1.10.1975 konnte seine Ehefrau Ursula Kopp den Verkauf im Naturtextilien-Lädchen im Johanneshaus beginnen. Das Johanneshaus stellte als erstes Ladengeschäft einen noch freien Aufenthaltsraum im Gebäudekomplex zur Verfügung. Dieser provisorische Standort wechselte mehrmals, bis mit der gelungenen Neugestaltung des Speisesaales und seiner Nebenräume alle Dienstleistungs-Angebote neben dem Haupteingang im Erdgeschoss von Haus 2 angesiedelt wurden. In dieser sogenannten „Ladenstraße“ ist jetzt das Naturtextilien-Lädchen jeden Mittwoch von 15:00-18:00 Uhr und samstags von 10:00-13:30 und 14:00-18:00 Uhr geöffnet. Wie am Anfang, so wurde auch weiterhin das Sortiment durch die Nachfrage der Kunden gestaltet. Frau Kopp machte Lieferfirmen ausfindig, die Bekleidung aus Baumwolle, Wolle, Seide und ande- ren Naturfasern ohne Beimischung von Synthetik anboten. Das war anfangs nicht einfach, denn Vorteile der Mischgewebe wurden damals stark propagiert. Der Niedergang des Nylon-Hemd-Kultes weckte bald neue Ansprüche. Verträgliche Materialien waren wieder gefragt. Hersteller, Importeure, Händler und Einkäufer fanden sich zur Naturtextilien-Messe zweimal jährlich zusammen. Das macht diesen Markt einfacher und überschaubarer. Unsere Kunden sind heute ganz andere als vor 40 Jahren. Die Bewohner des Johanneshauses sind älter geworden und haben schon alles. Gern kommen Patienten und Angehörige der Klinik Öschelbronn, Besucher (auch der Kulturveranstaltungen), Mitarbeiter und Bewohner der umliegenden Ortschaften. Entsprechend dem Bedarf der Kunden bieten wir an: Kleidung aus reiner Baumwolle, Wolle und Seide, Wollwäsche von den sozialtherapeutischen Gemeinschaften Weckelweiler, Wolle-Seide Unterwäsche von der Schwäbischen Alb, Socken aus Wolle, Baumwolle, Bambus, Hanf, auch ohne Gummi, gebatikte Blusen aus Baumwolle oder Viskose, Filzpantoffeln, Mützen, Hüte und sehr viele Schals und Tücher. Wie sieht die wirtschaftliche Situation aus? Unser Stundenlohn ist gering. Da wir jetzt in Filderstadt bei Stuttgart wohnen, verschlingen die Fahrtkosten einen großen Teil des Gewinns. Nur durch die bereitwillige Hilfe von meinem Mann, Kolleginnen und Freundinnen konnten die regelmäßigen Öffnungszeiten eingehalten werden. Dafür danke ich allen herzlich. 40 Jahre haben auch uns verändert. In dieser Zeit haben wir den Kontakt zu den Kunden und zu unseren Institutionen sehr schätzen gelernt. Jetzt suchen wir einen Nachfolger, der das Lädchen übernehmen möchte. Unseren Kunden danken wir für das entgegengebrachte Vertrauen, lobenden Rat und freundlichen Zuspruch. Wir laden Sie ein, mit uns zu feiern. Den ganzen Oktober über finden Sie reduzierte Preise und viele Sonderangebote im Johanneshaus beim Haupteingang, Erdgeschoß, Haus 2. Ihre Ursula und Dr. Werner Kopp Johanneshaus Rundschau 17 Rundschau 72_rundschau 04.09.15 10:57 Seite 18 Die Kraft des Regenbogens Farb-Licht-Therapie im Johanneshaus Der Sonne Licht, es hellt den Tag Nach finst’rer Nacht: Der Seele Kraft, Sie ist erwacht Aus Schlafes Ruh‘: Du meine Seele, Sei dankbar dem Licht, Es leuchtet in ihm Des Gottes Macht; Du meine Seele Sei tüchtig zur Tat. Rudolf Steiner Der Arzt und Phänomenologe Dr. Glas (geb. 28. Januar 1897 in Wien, gestorben 30. März 1988 in Whaddon/Wynstones Großbritannien) hatte schon während seiner Kindheit den Wunsch Mediziner zu werden. Durch den ersten. Weltkrieg wurde sein Studium der Medizin unterbrochen, nach Rückkehr aus der russischen Gefangenschaft nahm er es wieder auf und begegnete in dieser Zeit erstmals der Anthroposophie. Ab 1920 begann die engagierte anthroposophische Wirksamkeit von Glas, denn bei der Eröffnungsfeier des ersten Goetheanums lernte er Rudolf Steiner und Ita Wegmann, mit der er als junger Arzt eng zusammengearbeitet hatte, persönlich kennen. Bis 1938 leitete Dr. Glas in Gnadenwald bei Innsbruck eine Heilanstalt, die eng mit Wegmans Klinisch-Therapeutischem Institut zusammenarbeitete, bevor er mit seiner Familie nach England emigrierte und in der Grafschaft Gloucester seine eigene Praxis aufgebaut hatte. Zusammen mit seiner Frau Maria, ebenfalls Ärztin, arbeitete er im Kollegium der Waldorfschule „Wynstones School“ mit und leitete eine kleine Privatklinik und später ein Altersheim. Sein besonderes medizinisches Interesse galt den Geschwulstkrankheiten, und mit Rita Leroi-von May und ihrer 1963 gegründeten Lukasklinik (Arlesheim/Schweiz) verband ihn die Suche nach neuen Wegen in der Krebstherapie. Norbert Glas begriff das Krebsgeschehen als Sinnesorganbildung an falscher Stelle und entwickelte mit Unterstützung seiner Frau ein eigenes Therapiekonzept, in dem unter anderem die Farb-Licht-Therapie im Mittelpunkt stand. (Quelle: Forschungsstelle Kulturimpuls, Biographien Dokumentation). 18 Johanneshaus Rundschau Seit 30 Jahren bietet Christel Kissel die Farblichttherapie nach Dr. med. Norbert Glas im Johanneshaus an, die bei Alterserkrankungen wie Sklerose, Tumorerkrankungen, Depressionen und Erschöpfungszuständen angewandt wird. Zu Beginn der Therapie betrachtet der Patient einige Minuten eine farbig beleuchtete Wand. Die Farbe wechselt täglich, denn jeder Wochentag hat seine bestimmte Farbe. Der Patient fühlt, wie er mit seinem ganzen Organismus in die Farbe eintaucht. Nach diesem intensiven Erleben wird das Licht gelöscht und er sitzt im verdunkelten Raum und erlebt nun, wie in ihm die Gegenfarbe zur soeben gesehenen Farbe entsteht. Die Komplementärfarben entstehen nicht physisch sondern werden von den Lebenskräften unseres Organismus selbst gebildet. Das Auge ist die Lichtquelle, da der Lebenskräfteleib auch in ihm wirkt. Bei grüner Beleuchtung entsteht das Rot, bei violetter Beleuchtung wird das Gelb gebildet. Im täglichen Wechsel der Farbeindrücke spürt der Patient eine tiefe Erfrischung der Lebenskräfte, seine Seele arbeitet freier, seine Starre löst sich. So kann er gekräftigt länger und deutlicher die Gegenfarbe wahrnehmen als Ausdruck seines wiedergewonnenen Gleichgewichtes. Seine Lebenskräfte werden gestärkt, ebenso sein Immunsystem und sein seelisches Befinden. Neben dem Farb-, Seh- und dem Wärmesinn wird die Therapie ergänzt durch Übungen zur Anregung des Gehörs, des Tast- und des Sprachsinnes. Wer sich für die Farb-Licht-Therapie interessiert, kann sich direkt an Christel Kissel wenden: ([email protected]) · Telefon 07233 67-0 Ursula Weidmann Rundschau 72_rundschau 04.09.15 10:57 Seite 19 Nachlese Unsere Mitarbeiterinnen Adelheid Kast und Elisabeth Trieb-von Wistinghaus besuchten eine Altenpflegefortbildung der Christengemeinschaft zum Thema „Die Wirbelsäule und die innere Haltung“ und brachten neben Wissenserweiterung auch viele Aphorismen mit nach Hause. Aus den Beiträgen von Herrn Prof. Warning „Das Skelett – mein ganz persönlicher Kalk!“ „Aufrichten – das ist Horizonterweiterung!“ „Gar nicht krank ist auch nicht gesund.“ Karl Valentin Aus den Beiträgen von Frau Dr. Treß „Es gibt nur einen Tempel in der Welt und das ist der menschliche Körper.“ Novalis „…alles, was mit dem Rücken zu tun hat, ist doppeldeutig (die innere und äußere Haltung)…“ „Mit ca. 25 Jahren ist die Wirbelsäule fertig – und dann fängt schon der Abbau an.“ „Der Kardiologe ist mit dem Radfahren zufrieden. Der Hausarzt und Orthopäde eher nicht: es finden nur Parallelbewegungen statt, das ist zu wenig. Also: Tanzen!“ „Lordose (Vorwölbung) und Koephose (Krümmung) der Wirbelsäule sind Bilder von Zukunft und Vergangenheit – im Gehen schwingen wir darin – die Gegenwart können wir mit den Händen frei gestalten.“ „… Seitenabweichungen der Wirbelsäule haben mit dem seelischen Gleichgewicht zu tun…“ „Ist die Natur nicht mehr unser Freund? Warum können so viele das Vitamin D nicht mehr ausreichend „selbst herstellen“? „Es gibt keine krankhaften Prozesse. Nur physiologische Prozesse zur falschen Zeit am falschen Ort.“ „… das Ätherische an den Körper heranbringen, z.B. durch rhythmische Einreibungen, Eurythmie. Ätherische Bewegungen haben Wirkung, auch wenn der physische Leib sich nicht mehr bewegen kann: wer nicht mehr „kann“ sollte trotzdem zuschauen dürfen, „können“…“ „… am Widerstand gewinne…“ Aus den Beiträgen von Frau Dorothea von Heynitz „… den Rücken des Bewohners nicht vordergründig waschen, weil er schmutzig ist, sondern weil wir damit die Aufrichtung hervorlocken, die Gegenwart hereinholen, dem Bewohner den Rücken stärken wollen…“ „Kleinen Kindern erzählt man Geschichten zum Einschlafen, großen vom Aufwachen.“ „…Jahresfeste feiern wir, um die Gegenwart zu zelebrieren, Anbindung an Höheres, Göttliches zu ermöglichen, egal wie weit man von der Realität schon entfernt ist…“ Johanneshaus Rundschau 19 Rundschau 72_rundschau 04.09.15 10:57 Seite 20 Post aus Südafrika Liebe Johanneshausbewohnerinnen und -bewohner! Hier in Südafrika hat es mich doch wieder ungeplanterweise in die Arme der Anthroposophen getrieben. Nach ca. zwei Monaten in meinem eigentlichen Projekt, einem Kinderheim, bin ich in das Camphill Village West Coast gewechselt, in dem ich zusammen mit sechs behinderten Erwachsenen, Barbara, Maria, Brian, Lala, Joanna und Eckhard und meinen Hauseltern Ann und Errol in einem Haus lebe. Miriam Krohmer, 3. von links Hier bereite ich jeden zweiten Tag das Frühstück und das Abendessen vor und am Wochenende koche ich auch noch das Mittagessen. Unter der Woche übernimmt das unsere Köchin Fatima, die im Haus bleibt, während ich im Garten arbeite. Drei meiner Bewohner gehen unter der Woche ebenfalls in einem unserer Workshops arbeiten. Entweder auf der Farm, im Garten, in der Bäckerei, im Laden, in der Kosmetikabteilung, in der Molkerei oder in der Handarbeitsabteilung. Die restlichen drei Bewohner bleiben im Haus und helfen Fatima bei der Hausarbeit oder pflegen unseren kleinen Hausgarten. Im Garten, in dem ich arbeite und der das Dorf weitestgehend versorgen sollte, bauen wir Gemüse wie Karotten, Rote Beete, Kohl, Spinat, Zwiebeln und Kürbisse und Kräuter wie Pfefferminze, Spearmint, Zitronenverbene, Oregano, Thymian, Rosmarin, Basilikum und Schnittlauch an. 20 Johanneshaus Rundschau Leider klappt das mit der Selbstversorgung nicht so recht, unsere Produkte werden überwiegend an Kunden von außerhalb des Dorfes verkauft, und wir gehen einmal pro Woche auf einen Großmarkt, um Gemüse für das ganze Dorf einzukaufen. Im Haus bin ich als „große Schwester“ oder „Mami“, wie das einer meiner Bewohner ausgedrückt hat, dafür da, ein offenes Ohr für Geschichten und Erlebnisse oder Wehwehchen zu haben und kleinere, aber auch mal größere Streitereien und Probleme zu lösen. Jeden Dienstag habe ich mit einigen anderen Freiwilligen frei, was wir dann dazu nutzen, um Kapstadt und die Umgebung zu erkunden. Da wir ein Auto haben, ein Bakkie, in den wir auf die überdachte Ladefläche, ganz in Südafrika-Manier, eine Matratze gelegt haben, sodass wir uns alle in das Auto quetschen können, klappt das auch immer sehr gut, solange unser Bakkie nicht wieder beschließt, einfach liegen zu bleiben. Somit hatte ich schon viele Möglichkeiten das Land kennen zu lernen. Den Löwenkopf bin ich schon hochgewandert, um mir von dort den Sonnenaufgang anzuschauen, den Tafelberg ebenfalls, das Kap der guten Hoffnung habe ich mir angeschaut, auf Robben Island habe ich erfahren, wo Nelson Mandela gefangen gehalten wurde, am Boulders Beach habe ich Pinguine gesehen und ich bin schon im atlantischen und im indischen Ozean geschwommen. In einem Urlaub war ich mit drei anderen Freiwilligen im Krüger-Park, wo wir alle Big Five, also Rundschau 72_rundschau 05.09.15 19:03 Seite 21 entlang nach Kapstadt zurück gefahren, wo wir viele verschiedene schöne Landschaftsformen und Menschen gesehen und kennen gelernt haben. In meinem zweiten Urlaub sind drei Freiwillige und ich sogar über die Landesgrenze Südafrikas hinaus gekommen und wir haben eine Tour durch Namibia und Botswana gemacht. Hier haben wir nochmal ganz andere Landschaftsformen und Lebensumstände kennen gelernt. Der Süden Namibias ist kaum bevölkert und die Fahrt durch diese karge Wüstenlandschaft auf unbefestigten Steinoder Sandstraßen in unserem Mietwagen war richtig abenteuerlich. Hier ist uns ein Reifen geplatzt, den wir dann mitten in der Wüste wechseln mussten und an einem anderen Tag haben wir den Halt auf der Straße verloren, sodass es uns unfreiwillig um 180° gedreht hat. Geschlafen haben wir fast jede Nacht im Auto, da wir entweder zu spät in der nächsten Stadt ankamen, sodass alle Besitzer der Schlafgelegenheiten schon geschlafen hatten oder es gab nur Lodges, die zu teuer für uns waren. In Namibia haben wir uns den Fish River Canyon und heiße Quellen angeschaut, waren beim Berg Spitzkoppe, haben Sanddünen gesehen und haben eine Geisterstadt besichtigt. Außerdem haben wir im Etosha-Park nochmal wilde Tiere gesehen. In Botswana haben wir uns in den Tsodilo Hügeln 100.000 - 300.000 Jahre alte Felsmalereien der Buschmänner angeschaut und sind auf einem kleinen Boot auf dem Okavango entlang gefahren. Neben und auf den Straßen Botswanas grasen überall Esel, Pferde und Kühe, sodass man vorsichtig sein muss, keines der Tiere zu überfahren. Eines Nachts sind wir in einem Sandweg stecken geblieben, sodass wir unser Zelt aufgebaut und ein Lagerfeuer gemacht haben, worauf wir uns Essen gekocht haben und die Nacht unter einem klaren, mit Sternen übersäten Himmel und einem riesigen, hellgelben, sehr hellen Mond verbracht haben. In den afrikanischen Ländern, in denen ich bisher war, komme ich mit meinen Dreadlocks und den nackten Füßen super an, da die meisten Leute mich für einen Rasta halten und mich immer mit den Worten „Irie Sister“ begrüßen und super nett zu mir sind. Manche starren auch nur dieser ungewohnten Erscheinung hinterher. Soviel zu meinen Erlebnissen und meinem Alltag in (Süd-) Afrika; ich hoffe, Ihnen allen geht es gut und sie genießen die warmen Sonnenstrahlen im schönen Johanneshaus-Garten. Liebste Grüße vom afrikanischen Kontinent, Miriam Krohmer aus dem (südafrikanischen) Garten Fotos: Miriam Krohmer Elefanten, Büffel, Leoparden, Nashörner und Löwen und noch reichlich andere Tiere, wie Zebras, Giraffen, sehr viele Antilopen-Arten, Warzenschweine, Hyänen, Wildhunde, viele verschiedene Vogelarten, Gnus und Schildkröten beobachten konnten. Danach sind wir über Durban die Küste Johanneshaus Rundschau 21 Rundschau 72_rundschau 05.09.15 19:04 Seite 22 Mit einem Ford von 1935 nach Quedlinburg 22 Johanneshaus Rundschau Fotos: Gerhard Lehmann Auch nach 25 Jahren sind meine Frau und ich glücklich über die Wiedervereinigung unseres Landes. Wir entdecken immer wieder schöne Fleckchen in dem für uns „neuen“ Teil Deutschlands. Im Spreewald haben wir ja so etwas wie unsere zweite Heimat gefunden. Im Spätsommer letzten Jahres veranstalteten Pforzheims Oldtimerfreunde eine Mehrtagesfahrt in den Harz mit Standquartier in Quedlinburg. Da unser alter Ford von 1935 nicht autobahnfest ist, haben wir uns zwei Tage früher auf den Weg gemacht und sind auf möglichst verkehrsarmen Nebenstrecken gemütlich bis Quedlinburg gefahren. Zunächst ging es durch den Kraichgau ins Kocher- und dann ins Jagsttal. Ein Navigationsgerät war für unsere Nebenstreckenroute nicht geeignet. Wir fuhren also ganz altmodisch mit Autoatlas und Karte, die schon einige Jahre alt waren. Bei Neudenau verließen wir unbeabsichtigt das Jagsttal und merkten viel zu spät, dass wir entlang der Scheflenz fuhren. Am Ende des wunderschönen Scheflenztälchens ging es plötzlich steil bergauf. Ich hatte Angst, dass es unser Methusalem nicht schafft. Er ließ uns nicht im Stich. Auf der Landkarte fanden wir dieses Sträßchen nicht, es führte uns aber kilometerweit bergauf und bergab durch herrlichen Laubwald. Die Straße mündete in die B27, die uns nach Buchen führte, wo wir uns und dem Auto eine Stärkung gönnten. Demnach waren wir ein Stück durch den Naturpark Odenwald gefahren. Weiter ging die Fahrt durch das Bauland an den Main nach Marktheidenfeld, etliche Kilometer den Fluss entlang. Gegen Abend bogen wir nach Norden ab in den Naturpark bayerische Röhn, vorbei an Bad Bocklet, unter dem wir uns einen netten Kurort vorgestellt hatten. Leider sieht man zu deutlich, dass der Badeort mal bessere Zeiten gesehen hatte. Bei Mellrichstadt fanden wir schließlich ein schönes Hotel für die erste Übernachtung. Bei herrlichem Sonnenschein gondelten wir am nächsten Morgen nach dem Frühstück Richtung Meiningen. Wie hat sich diese ehemalige Residenzstadt seit unserem letzten Besuch 1990 verändert! Viele restaurierte Häuser, ein strahlendes Schloss im gepflegten Park. Allerdings herrschte ein solcher Trubel, dass wir erst nach langem Suchen am Stadtrand einen Parkplatz fanden. Nach einem kleinen Stadtbummel fuhren wir weiter mit vielen Steigungen und Kurven durch den Thüringer Wald. Von Breitungen über Trusetal und Ruhla nach Wutha. Bei Ruhla hatte der alte Ford ordentlich zu arbeiten, war es doch recht gebirgig, aber wunderschön. Wir unterbrachen unsere Fahrt und spazierten einen kleinen Fluss entlang. Nach Wutha durchfuhren wir eine Gegend, die sich Hainichen nennt und nicht gerade aufregend ist. Durch das kleine Kyffhäusergebirge wurde es vom Quedlinburg Rundschau 72_rundschau 04.09.15 10:57 Seite 23 Motorraum her noch einmal recht warm. Aber dann kam das Städtchen Kelbra, wir zu einer Erfrischung und das Auto zu einem kräftigen Schluck Benzin. Von Kelbra gelangten wir über ein paar schlecht ausgeschilderte Umleitungen in den für seine Fachwerkhäuser berühmten Ort Stolberg im Südharz. Nachdem wir in dem historischen „Gasthof Kupfer“ Quartier genommen hatten, machten wir uns auf den Weg zu einer ausgiebigen Stadtbesichtigung. Das Städtchen, in ein nettes Tal eingebettet, ist mit den wunderschönen alten Fachwerkhäusern für die Besucher eine Idylle. Der „Gasthof Kupfer“, wir kennen ihn noch aus der unmittelbaren Nachwendezeit, ist bekannt für seine Stolberger Lerchen, das sind würzige Würstchen. Nach dem Frühstück ging es noch einmal steil bergauf, am großen Auerberg vorbei über Harzgerode, Gernrode nach Quedlinburg. Im Hotel Bären, mitten im Zentrum von Quedlinburg, war unser Standquartier, und dort trafen nach und nach auch unsere Pforzheimer Oldtimerfreunde ein. Unser alter Ford, der uns im 60 Kilometertempo durch einen schönen, abwechslungsreichen und teilweise wenig bekannten Teil Deutschlands geschaukelt hatte, bekam im Hof des Hotels ein sicheres Ruheplätzchen, und wir genossen drei Tage Quedlinburg und den Harz. Über Quedlinburg gibt es eine Menge zu erzählen. Es hat viele wunderschöne und gut restaurierte Gebäude. Die gewundenen Gassen der Altstadt führen an vielen prächtigen Fachwerkbauten aus verschiedenen Jahrhunderten vorbei. Besonders interessant sind die gut 600 Jahre alten Fachwerkhäuser in Stän- derbauweise. Prächtiger zeigen sich die Gebäude aus der Spätgotik, der Renaissance und dem Barock. Das Balkenwerk ist zum Teil prachtvoll verziert. Der Schlossberg mit seiner Stiftskirche und ihrer Geschichte sind berühmt. Zu Anfang des letzten Jahrtausends war die Quedlingaburg ein Schwerpunkt des Reiches. Es war ein Lieblingssitz der Ottonen. Am Fuße des Burgberges ist ein schmales Häuschen, der Finkenkäfig, wo Heinrich der Vogeler von seiner Wahl zum deutschen König erfahren haben soll. Die eindrucksvolle Stiftskirche ließ Königin Mathilde, die Witwe Heinrichs I., erbauen. Sie gehört zu dem 936 gegründeten Damenstift mit der Aufgabe der Toten zu gedenken und für sie zu beten. Fast 900 Jahre lang wurden die Geschicke der Stadt von den Äbtissinnen des Stiftes gelenkt. Am Fuße des Schlossberges gibt es ein Cafe, in dem nur verschiedene Käsekuchen angeboten werden, aber was für welche! Beim ersten Biss, vergisst man den anstrengenden Aufstieg zu Schloss und Stiftskirche. Der Besuch dieser Stadt hat alle Teilnehmer unserer Gruppe begeistert. Wer Quedlinburg noch nicht gesehen hat, sollte dies unbedingt nachholen. Wir haben den Ausflug dorthin nicht bereut. Gerhard Lehmann Johanneshaus Rundschau 23 Rundschau 72_rundschau 05.09.15 10:57 Seite 24 Notizen vom Eichhof Parkführung für die Ehrenamtlichen Margot Häußermann, die als Koordinatorin für das Ehrenamt tätig ist, und Stefan Kreuzer, der unseren Garten pflegt, führten die vielen „helfenden Hände“, die sich im Johanneshaus ehrenamtlich für unsere Bewohner einsetzen, durch den weitläufigen Park. Eine kleine Exkursion, die für viel Freude bei den Ehrenamtlichen sorgte. Neues aus der Personalabteilung Unsere Mitarbeiterin Sandra Strohmaier (Wohnbereich 3/1) hat im Juli 2015 die berufsbegleitende Ausbildung zur examinierten Fachkraft mit Bravour bestanden. Wir gratulieren ihr herzlich und freuen uns, dass Frau Strohmaier auch nach dem Examen dem Johanneshaus treu bleibt. Straßenfest im Ortsteil Niefern Beim alljährlichen Nieferner Straßenfest war das Johanneshaus mit einem eigenen Stand vertreten. Margot Häußermann und Team boten hier allerlei kreative Spiele für Groß und Klein an (Murmeln marmorieren, Geschicklichkeitsspiele, Wasserbombenwurf usw.). Wir freuen uns, dass sich so viele Menschen für unsere Angebote interessiert haben. 24 Johanneshaus Rundschau Ausbildungsmentorin Britta Jahn (rechts) gratuliert ihrer ehemaligen Auszubildenden Sandra Strohmaier zum erfolgreich bestandenen Examen Heidrun Klinge, langjährige Mitarbeiterin unseres Hauses, ist nach längerer Krankheitszeit wieder bei uns und wird einen neuen Wirkungskreis übernehmen: Die Planung einer Tagespflege im Johanneshaus. Für die Stelle der Pflegedienstleitung ist Judith Wick, die vor genau einem Jahr bereits bei uns tätig war, zurück ins Johanneshaus gekommen. Seit dem 1. August ist Frau Wick als Pflegedienstleitung für den stationären Bereich des Johanneshauses verantwortlich. Birgit John, seit dem Sommer 2014 als Pflegedienstleitung Ambulanter Dienst bei uns im Haus, hat nun die Pflegedienstleitung im Rahmen des Gesamtversorgungsvertrages inne und wird in dieser Position Frau Wick unterstützend und beratend zur Seite stehen. Die Redaktion Rundschau 72_rundschau 05.09.15 19:07 Seite 25 In eigener Sache JOHANNESHAUS ÖSCHELBRONN Wer die Johanneshaus-Rundschau nicht erst seit dieser Ausgabe liest, sondern vielleicht sogar schon ein paar Jahre verfolgt, dem sind die beiden Autoren Hans Krauss und Gerd Kutscher ein Begriff. Ersterer entzückt seit rund vier Jahren die Rundschau-Leserschaft mit der Artikelserie „Das Gedicht“ während der Zweite sich in seinen Artikeln und Reportagen den aktuellen Themen aus dem Johanneshaus zugewandt hat. Beide Herren waren jedoch nicht nur zuverlässige Autoren, sondern auch zuverlässige Redaktionsmitglieder in unserer Redaktionsrunde, die sich tatkräftig eingebracht haben, damit die Rundschau vier Mal im Jahr für Sie erscheinen kann. Herr Krauss und Herr Kutscher haben im Sommer 2015 ihre Tätigkeit als Redaktionsmitglied – nicht jedoch als Autoren – niedergelegt, so dass wir uns auch in der Zukunft über die unverwechselbar aus ihren jeweiligen Federn fließenden Textbeiträge freuen dürfen. Für die langen Jahre der aktiven Redaktionsmitarbeit möchten wir Hans Krauss und Gerd Kutscher von Herzen danken! Hedi Delfino und Dorette Jensen fungieren weiterhin als Redaktionsrunde, so dass die Rundschau wie gewohnt jedes Quartal erscheinen kann. Worüber wir uns auch in der Zukunft sehr freuen: über redaktionelle Beiträge aus Ihren Reihen, aus der Bewohnerschaft, von Familienangehörigen oder Freunden unseres Hauses. Und, wer weiß, vielleicht ist auch die eine oder andere Persön- CAFETERIA Samstag, Sonntag und an Feiertagen 14.30-16.30 Uhr Herzlich Willkommen ENTDECKEN SIE UNSERE VIELFALT! lichkeit dabei, der es Freude bereiten würde, sich in unsere Redaktion mit einzubringen. Anfragen nimmt gern unser Sekretariat entgegen. (Telefon 07233 67-9711) Ich gebe dir die Schaffenskraft im Schreiben, auch wenn du krank und müde bald erschlaffst. Es soll dir bis ins hohe Alter bleiben, dass du dich schreibend immer neu erschaffst". Ich werde still. Da blitzt mir der Gedanke im Innern auf, mit Glück erfüllt er mich: Aufgaben sind die Gaben! Herr, ich danke. Wie reich bin ich, ich schreibe ja für DICH! Friederike Michelsen Johanneshaus Rundschau 25 Rundschau 72_rundschau 05.09.15 18:56 Seite 26 Nachrichten vom Treuhandrat Abschied von Thomas Kirst Abschied nehmen hat immer etwas Melancholisches in sich. Wege trennen sich, neue Richtungen werden eingeschlagen. Herr Thomas Kirst wird neue Aufgaben ergreifen, nachdem er vor 6 Jahren in die Geschäftsführung unseres Hauses in dessen 6. Jahrsiebent berufen wurde. Sein Vorgänger, Hans Hermann Wolf, hatte sich zuvor umorientiert. In den ersten Jahren arbeitete Herr Kirst in Teilzeit, ab Herbst 2012 wurde er in die vollzeitliche Verantwortung berufen. Herr Kirst realisierte unser Demenzzentrum, das von Herrn Wolf und Ute Döring vorbereitet wurde. Beide sahen die Notwenigkeit, eine Wohnstätte für an Demenz erkrankte Menschen zu schaffen. Herr Kirst eröffnete vor 2 Jahren in einer schönen Feier unser „ErnstZimmer-Haus“, an der unser Bürgermeister, Landrat, Freunde und weitere Förderer teilnahmen. Herr Kirst war nachfolgend federführend bei der weiteren baulichen und konzeptionellen Entwicklung des Johanneshauses in sozialpolitisch veränderter Zeit. Schwierigere Phasen waren zu meistern, was mit der kompetenten Unterstützung von vielen engagierten Mitarbeitenden gelang. Die Gewinnung des Nikodemus-Siegels ist ein Ausdruck davon und ebenso die solidere wirtschaftliche Ausgangssituation. Wir danken Herrn Kirst sehr gerne für seine Arbeit in den vergangenen Jahren und wünschen ihm für seine weiteren beruflichen Perspektiven alles Gute. Mir bleibt Thomas Kirst als Sänger von Ausschnitten aus dem Wanderer-Zyklus von Franz Schubert in lebendiger Erinnerung, als er sich, von Friedgart Kobieter am Klavier begleitet, bei meiner Verabschiedung, freudig überraschend, auf der Bühne zeigte. Wir werden ihn Mitte Oktober in einem Konzert mit den „Briadern“ wieder hören. Auch dafür herzlichen Dank. Auf Wiedersehen! Dieter Kissel 26 Johanneshaus Rundschau Hier L E B E ich! Wer im Alter tätig bleibt, erfüllt sein Leben mit neuer Kraft! Im Johanneshaus Öschelbronn, Zentrum für Lebensgestaltung im Alter, finden Sie ein Zuhause, in das Sie sich einbringen können, denn freiwilliges Engagement prägt seit über 40 Jahren unser Haus. Zwischen Bewahren und Entwickeln leben wir die Balance zwischen Individualität und Gemeinschaft, sozialer Verantwortung und wirtschaftlichem Handeln. Wir verstehen Alter als wichtige Lebensphase, in der wir Selbständigkeit unterstützen und Individualität Rechnung tragen. Im Johanneshaus leben künstlerisch-kulturelle, philosophisch-anthroposophische, handwerklichlebenspraktische und viele andere Bewohnerimpulse, die zum Teil weit in die Region ausstrahlen. Wir bieten Betreutes Wohnen in freundlichen Appartements und ein umfangreiches Dienstleistungsangebot der ambulanten u. stationären Pflege (einschließlich Pflege dementiell erkrankter Menschen). Gerne senden wir Ihnen auf Anfrage unser Informationsmaterial und stehen Ihnen für persönliche Gespräche und Hausführungen zur Verfügung. Johanneshaus gGmbH Am Eichhof 20 · 75223 Niefern-Öschelbronn Telefon 07233 67-9711 Telefax 07233 67-9210 [email protected] www.johanneshaus-oeschelbronn.de r wir fü n e u a 5b ngen In 201 ere Wohnu n! it ne Sie we euten Woh tr im Be Rundschau 72_rundschau 05.09.15 19:14 Seite 27 OKTOBER 2./3.10. MUSIK FÜR DIE ERDE 9.10. VORTRAG 19.30 Uhr 17.10. JUNGE INTERPRETEN 16.00 Uhr 18.10. IN DER CAFETERIA 15.30 Uhr 24.10. JUNGE INTERPRETEN 16.00 Uhr 31.10. KONZERT 16.00 Uhr Heimat – ein Zusammenklang von Mensch und Erde? Virginia Sease, Goetheanum „Meditation: Vorstufen – Vollzug – Wirkung“ Pandolfi Quartett Anna Margenfeld, Miriam Dietenberger, Bettina Wald, Linus Hägele Vokalensemble „Die Briadr“ Sophia Herbig, Florian Podgoreanu Svetlana Rupa, Klavier NOVEMBER 14.11. JUNGE INTERPRETEN 19.30 Uhr Alwina Kempf, Philipp Rivinius 15.11. EURYTHMIE 16.00 Uhr „Die Nixe am Teich“, Klasse 10c der Goetheschule Pforzheim 21.11. GALERIE 11.00 Uhr Vernissage Senta Stein 28.11. EURYTHMIE 19.30 Uhr Else-Klink-Ensemble Stuttgart DEZEMBER 6.12. KONZERT 13.12. KONZERT Impressum Herausgeber Johanneshaus gemeinnützige GmbH Zentrum für Lebensgestaltung im Alter Am Eichhof 20 · 75223 Niefern-Öschelbronn Telefon 07233 67-0 · Telefax 07233 67-9210 [email protected] Redaktion: Hedi Delfino Dorette Jensen Layout: Renate Schmidt Produktion: Schmidt Werbegrafik Auflage: 1500 Stück Fotos: Johanneshaus 16.00 Uhr Trio 2003 Pia Schäfer-Mayer, Thomas Leins, Gerhard Beilharz 16.00 Uhr „Gaudete, Christus est natus“ Doris Kulossa-Delfino, Riccardo Delfino Die Rundschau - kann im Internet kostenlos heruntergeladen werden: www.johanneshaus-oeschelbronn.de/rundschau.htm - erscheint viermal jährlich zu den Jahresfesten Ostern – Johanni – Michaeli – Weihnachten - lebt von den Beiträgen der Bewohner und Mitarbeiter. Insofern freuen wir uns über jede Zuschrift! Die Redaktion kann jedoch keine Zusage über den Zeitpunkt der Veröffentlichung geben, ebenso kann keine Haftung für unaufgefordert zugesandte Manuskripte übernommen werden. Für Inhalt und sachliche Richtigkeit der Beiträge zeichnet der jeweilige Autor verantwortlich. Die Redaktion behält sich Überarbeitungen und Kürzungen vor. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde in der Regel die männliche Schreibweise verwendet. Wir weisen jedoch ausdrücklich darauf hin, dass die männliche Schreibweise die weibliche stets mit einbezieht. Redaktionsschluss für die Weihnachts-Ausgabe am 28.10.2015 Johanneshaus Rundschau 27 Rundschau 72_rundschau 04.09.15 10:57 Seite 28 Heckenrose Mir träumte, ich sei eine Heckenrose mit blassen Blättern über dem engen Kelch. Du gingst vorbei. Da war ich eine Hagebutte bunt und voll Samen. Ich träumte von einem gepflügten Feld, du wie quellendes Korn in der Furche. Doch wie ich erwachte, da war mein Leib kaum gewölbt und unsere Stimmen leichter als der Wind, der mit dem Laub einer Birke spielt. Hilde Domin (1912-2002)
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