Astrid Schultheis* Rechnungsprüfung - Gutachten & Mediation im Streitfall Die Erstellung der Jahresabrechnung stellt eine Hauptpflicht der Verwalter für Wohnungseigentum dar. Aufgabe einer Jahresabrechnung ist es, über die Einnahmen und Ausgaben Rechnung zu legen und die Kosten des Jahres gemäß den Vorgaben der Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung und den Beschlüssen der Wohnungseigentümergemeinschaft ordnungsgemäß zu verteilen. Die Eigentümer erwarten, dass die Jahresabrechnung zeitnah, am besten bis 31. Mai, aber zumindest im ersten Halbjahr, erstellt und beschlossen ist, damit u.a. die Werte in der Steuererklärung verwandt werden können. Vor Versand der Abrechnung soll gemäß § 29 Abs. 3 der Beirat die Jahresabrechnung prüfen und dazu Stellung nehmen. Diesen Prüfungsauftrag sollte der Verwalter in seinem eigenen Interesse tatkräftig unterstützen und muss ihn in seine Planung zur Fertigstellung der Abrechnung aufnehmen. Dabei nimmt die Stellungnahme des Beirats gegenüber den Eigentümern einen hohen Stellenwert ein. Ein positiver Beiratsbericht über die Jahresabrechnung geht meist einer hohen Zustimmung zur Abrechnung auf der Wohnungseigentümerversammlung voraus. Es lohnt sich daher für Verwalter, mit einer transparenten und übersichtlichen Buchhaltung alle Fragen des Beirats ergiebig und abschließend, vor Versand der Abrechnung an die Eigentümer, zu beantworten. In der Praxis zeigt sich, dass Verwalter, die eine offene und klare Kommunikation mit dem Beirat führen, eine übersichtliche, in der Verteilung korrekte und für Eigentümer verständliche Abrechnung im ersten Halbjahr erstellen und zur Beschlussfassung vorlegen, oft wenig Probleme mit der Verwaltung einer Wohnungseigentümergemeinschaft haben. Begründet ist dies mit dem Vertrauen der Eigentümer, welches sie in ihren Verwalter setzen, wenn er mit einer guten und schnellen Abrechnung beweist, dass er mit dem Geld der Gemeinschaft ordnungsgemäß umgeht. Auf Nachfragen bei Eigentümern stellt man fest, dass 75% der Eigentümer die zeitnahe Vorlage der Jahresabrechnung für den wichtigsten Faktor einer guten Bewertung eines Verwalters halten. Jedoch stellt die Erstellung der Buchhaltung und der Jahresabrechnung für Verwalter aus den unterschiedlichsten Gründen eine Herausforderung dar. Zum Beispiel übernimmt ein Verwalter ein neues Objekt, die Unterlagen der Vorverwaltung sind unvollständig und er stellt fest, dass der alte Verwalter die Abrechnung bisher entgegen der Vorgaben der Gemeinschaftsordnung erstellt hat. Damit hat der neue Verwalter das Problem, zeitnah die Abrechnung zu erstellen und er ist der Überbringer der schlechten Nachricht, dass die bisher geübte Praxis der Kostenverteilung nicht ordnungsgemäß ist. Beide Umstände stellen eine Bewährungsprobe für den neuen Verwalter dar, da der Anspruch der Eigentümer auf eine zeitnahe Abrechnung somit meist nicht erfüllt werden kann. Zweifelt zusätzlich 1 Astrid Schultheis* der Beirat an der Kompetenz der Verwaltung ggfs. auch nur, weil er den Neuen noch nicht so gut kennt, kann schon die erste Abrechnung des neuen Verwalters schwierig werden. An der Stelle kann es hilfreich sein, einem verunsicherten Beirat anzubieten, dass ein externer Rechnungsprüfer oder Sachverständiger eingeschaltet werden könnte, um unabhängig und neutral die Buchhaltung und Kostenverteilung zu prüfen. Gilt es, die Gemeinschaftsordnung auszulegen, um die korrekten Verteilungsschlüssel anwenden zu können, kann auch die Einschaltung eines Fachanwaltes für Miet- und Wohnungseigentumsrecht weiterhelfen. Sollte die Beauftragung eines Beraters den Kompetenzrahmen des Beirats übersteigen, sollte über den Vorschlag auf der Eigentümerversammlung abgestimmt werden. Eine andere Situation stellt sich dar, wenn eine beschlossene Jahresabrechnung erfolgreich angefochten und aufgehoben wurde. Insbesondere, wenn eine große Mehrheit durch den positiven Beschluss über die Jahresabrechnung Vertrauen in die Arbeit des Verwalters gezeigt hat und nun über das Gericht und die Aufhebung des Beschlusses erfährt, dass der Verwalter Fehler in der Erstellung der Jahresabrechnung gemacht hat. Im Vordergrund steht bei den anfechtenden Eigentümern oft nicht der Inhalt oder materielle Schaden, den eine Jahresabrechnung bei dem Anfechtenden ausgelöst haben könnte, sondern die Zerstörung der Reputation des Verwalters. Schafft es der betroffene Verwalter mit der Neuerstellung eine korrekte Jahresabrechnung vorzulegen, lassen sich die Wogen oftmals glätten. Gibt aber auch die neue Abrechnung Grund zur Anfechtung oder werden Abrechnungen gar mehrere Jahre nacheinander erfolgreich angefochten, so verliert fast jeder Eigentümer das Vertrauen in die Verwaltung. Wiederbestellungen werden schwierig bis unmöglich und selbst eine Abberufung aus wichtigem Grund könnte im Raum stehen. In so einem Fall ist es für den Verwalter und die Eigentümergemeinschaft hilfreich und ratsam externe Berater einzuschalten. Dieser kann auf Rechnung des Verwalters tätig werden und ihn bei der Neuerstellung der Jahresabrechnung unterstützen. Er kann aber auch im Namen der WEG tätig werden und die Jahresabrechnung neu erstellen, erläutern und auf der Versammlung den Eigentümern Rede und Antwort stehen. Oft liegt die Funktion eines Sachverständigen darin, den Eigentümern neutral die Streitpunkte zu erklären und die Rechtslage darzustellen. Die Unabhängigkeit des Sachverständigen erhöht erfahrungsgemäß automatisch die Akzeptanz der Eigentümer für das Ergebnis. Ein weiterer Fall in der Praxis stellt sich in der Frage, ob die Instandhaltungsrückstellung vollständig vorhanden ist und warum auf den Geldkonten, insbesondere den Termingeldkonten, vielfach Rücklagenkonto genannt, nicht der Betrag zur Verfügung steht, welcher als Instandhaltungsrückstellung in der Jahresabrechnung ausgewiesen wurde. Die Logik des Finanzierungssystems der Wohnungseigentümergemeinschaft kennt die Situation, dass die Liquidität einer WEG auf einen Stichtag bezogen, nicht der ausgewiesenen Instandhaltungsrückstellung entspricht. Im Finanzstatus (auch 2 Astrid Schultheis* Vermögensstatus genannt) wird das Verhältnis zwischen Liquidität und dem Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft komprimiert ausgewiesen. Fehlt ein Finanzstatus, führt dies häufig zu Nachfragen und Misstrauen, wenn auf den Konten nicht genug Geld zur Verfügung steht, zum Beispiel, weil die Gemeinschaft hohe Forderungen an Eigentümer aus Hausgeldrückständen hat. Auch hier kann die Arbeit eines Sachverständigen hilfreich sein, der durch Erstellung eines Gutachtens ggfs. Differenzen aufzeigt, welche dann einer Klärung zugeführt werden können. Oft sind es auch nur Missverständnisse über die Struktur des Rechnungswesens einer Wohnungseigentümergemeinschaft, die durch Mediation zwischen Beirat, den Eigentümern und dem Verwalter geklärt werden können. So kann das Vertrauen zum Verwalter oftmals wieder hergestellt werden. 3
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