Bildungsblog vom 2. Dezember 2015 Bildung und Wohlstand Die Schweiz verfügt über ein gut ausgebautes Bildungssystem und erreicht in Vergleichen betreffend Wirtschaftskraft regelmässig führende Rangierungen. In einem Beitrag in der Neuen Zürcher Zeitung1 widmete sich kürzlich der bekannte deutsche Bildungsökonom Ludger Wössmann dem Zusammenhang zwischen Bildung und Wohlstand. Der Autor schliesst mit der Erkenntnis, dass gute Bildungspolitik langfristig die wohl beste Wirtschaftspolitik sei. Damit stellt sich die Frage, ob und wie diese Erkenntnis zum Nutzen des Kantons Graubünden angewendet werden kann. Verfügt unser Kanton über eine Bildungspolitik, welche auch der Wirtschaftspolitik dient? Aus pädagogischer Sicht wird wohl sogleich eingewendet, dass es nicht primäre Aufgabe der Bildungspolitik sei, der Wirtschaftspolitik zuzudienen. Bildungspolitik sei viel umfassender zu verstehen und auch entsprechend umzusetzen. Insbesondere gehe es in der Bildungspolitik auch darum, ethische Werte zu vermitteln, Kriterien für gutes oder schlechtes Handeln aufzuzeigen. Dem wiederum ist entgegenzuhalten, dass die Bildungspolitik dem Individuum auch die Grundlagen für sein wirtschaftliches Überleben und Gedeihen in die Hand geben muss. Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen (Euro-Mindestkurs, Masseneinwanderung, Demografie), welchen unser Kanton in den nächsten Jahren gegenübersteht, neigt man dann jedoch auch als zuständiger Erziehungsdirektor resp. Bildungsminister zur Annahme, dass das Bildungssystem allein diese externen Einflüsse kaum beseitigen kann. Dies wiederum lässt allerdings ausser Acht, dass primär die fachlich qualifizierten und motivierten Mitarbeitenden das kreative Potenzial jeder Unternehmung bilden. Diese Mitarbeitenden sind es also, welche aufgrund ihrer Fachkompetenz, ihres Wissens und ihres Verhaltens Ideen zur Bewältigung der anstehenden Herausforderungen entwickeln und umsetzen können. Auf allen Stufen des bündnerischen Ausbildungssystems werden deshalb breite Anforderungen an alle Beteiligten gestellt, wobei auf die individuellen Potenziale Rücksicht genommen wird, sei dies im Rahmen besonderer Fördermassnahmen oder der Förderung besonderer Begabungen. In meinem beruflichen Alltag werde ich immer wieder mit Forderungen konfrontiert, dass der Auftrag an die Bildungsinstitutionen mehr finanzielle Unterstützung benötige. Überraschenderweise zeigt jedoch die empirische Forschung, dass nicht primär mehr Ressourcen ins Schulsystem zu stecken sind. In unseren Breitengraden korre1 NZZ vom Mittwoch, 21. Oktober 2015, S. 29, Bildung schafft Wohlstand lieren mehr Ausgaben, kleinere Klassen und mehr oder modernere Computersysteme nämlich nicht direkt mit besseren Leistungen in Mathematik oder im Lesen. Professor Wössmann fasst das so zusammen: «Damit es in einem Schulsystem zu erfolgreicher Vermittlung von Kompetenzen kommt, müssen Schüler zum Lernen und Lehrer zum Lehren motiviert sein.» Eine der Hauptaufgaben der Bildungspolitik liegt somit darin, diese Motivationshaltung aller am Bildungssystem beteiligter Akteure zu unterstützen und zu fördern.
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