FSA Forschungsgesellschaft für angewandte Systemsicherheit und Arbeitsmedizin mbH Zentrum für Bewegungstherapie Zentrum für Bewegungstherapie Patienteninformation „Die Wirbelsäule - Achsenorgan des Menschen“ Zentrum für Bewegungstherapie Aufbau und Funktion der Wirbelsäule Bei den meisten Menschen besteht die Wirbelsäule aus 24 einzelnen, untereinander beweglichen Wirbeln. Doppel-S-Form der WS Abschnitte Halswirbelsäule (HWS): 7 Wirbel Brustwirbelsäule (BWS): 12 Wirbel Lendenwirbelsäule (LWS): 5 Wirbel Kreuzbein: 5 verschmolzene Wirbel Steißbein: 4-5 verschmolzene Wirbel Stütz-/ Schutz-/ Dämpfungsfunktion · die Wirbelsäule stabilisiert den Rumpf · die Gesamtheit der Wirbellöcher bildet den knöchernen Wirbelkanal, in dem das Rückenmark verläuft, dieser Kanal schützt das Rückenmark · zusammen mit den verformbaren Bandscheiben ermöglicht die Doppel-S-Form der Wirbelsäule eine Abfederung der gesamten Struktur (Stoßdämpferfunktion) · ihr Aufbau ermöglicht verschiedenste Bewegungen Beweglichkeit · Beugung nach vorne (Flexion) · Streckung nach hinten (Extension) · Seitneigung (Lateralflexion) · Drehbewegung (Rotation) Seite 2 Zentrum für Bewegungstherapie Wirbel · Wirbelkörper · Wirbelbogen mit Knochenfortsätzen Dornfortsatz paarige Querfortsätze paarige Gelenkflächen Unterschiede im Aufbau sind funktionell bedingt: · HWS: Stellungen der Gelenkflächen ermöglichen große Beweglichkeit · LWS: stabile Wirbelkörper nehmen hohe Druckbelastung auf Bewegungssegment · besteht aus angrenzenden Wirbeln, Bandscheiben, Facettengelenken sowie den zugehörigen Muskeln, Bändern und Nerven · die Facettengelenke bilden die knöcherne Verbindung der einzelnen Wirbelkörper untereinander · am Zwischenwirbelloch treten seitlich die Nervenwurzeln aus · im Bereich der Halswirbelsäule austretende Spinalnerven bilden u.a. die Nervenbahnen, die in die Arme und bis zu den Fingern ziehen · aus den Zwischenwirbellöchern der Lendenwirbelsäule austretende Nerven bilden u.a. den Ischiasnerv, der bis in die Zehen zieht Seite 3 Zentrum für Bewegungstherapie Bänder der Wirbelsäule · die wichtigsten Bänder: das vordere und das hintere Längsband verlaufen fast über die ganze Länge der Wirbelsäule vorderes Längsband ist mit der Vorderseite der Wirbelkörper verwachsen hinteres Längsband verläuft im Wirbelkanal an der Rückseite der Wirbelkörper und ist mit den Bandscheiben verwachsen · die Spannung dieser Bänder steht in direktem Zusammenhang zur Höhe der Bandscheiben · eine Höhenminderung der Bandscheibe hat einen Spannungs-verlust der Bänder zur Folge Bandscheiben · von Bändern gehaltene elastische Zwischenelemente/Stoßdämpfer · dadurch sitzen knöcherne Wirbel nicht direkt aufeinander · Bandscheiben unterstützen die Beweglichkeit der Wirbelsäule · sie bestehen aus einem gallertartigen Kern, der durch einen Faserknorpelring umschlossen wird · der Faserknorpel ist mit den Wirbelkörpern verwachsen · der Gallertkern im Inneren ist von besonderer Bedeutung, weil er den Druck, der auf den Bandscheiben lastet, aufnimmt und verteilt · die Größe und Dicke der Bandscheiben nimmt von oben nach unten hin zu · sie werden mit dem Alter aber immer dünner Seite 4 Zentrum für Bewegungstherapie Bandscheibenernährung Wechsel von Be- und Entlastung Schwamm-Prinzip Die Ernährung erfolgt ausschließlich durch Diffusionsvorgänge. Durch ständigen Wechsel zwischen Be- und Entlastung wird ein Pump- bzw. Saugmechanismus in Gang gesetzt, bei dem Flüssigkeit und Nährstoffe - ähnlich wie bei einem Schwamm - in die Bandscheibe diffundieren bzw. wieder austreten. Wichtig: Beim Liegen sollte auf eine geeignete (mittelharte) Matratze geachtet werden, welche die natürliche Form der WS (Doppel-S) in der bevorzugten Schlafhaltung unterstützt. Beim Gehen auf weichem Untergrund (bzw. mit gut gedämpften Schuhen) wird der Pump-Saug-Mechanismus angekurbelt! Belastungsmomente Druck in der unteren LWS Druckbelastungen in der unteren Lendenwirbelsäule Seite 5 Zentrum für Bewegungstherapie Bandscheibendegeneration Jugend mittleres Erwachsenenalter hohes Alter Wenn Bandscheiben degenerieren - ein Prozess, der bei den meisten Menschen bereits mit ca. 20 Jahren beginnt - verändert sich das Gewebe. Die Wasseraufnahmefähigkeit der Bandscheibe wird geringer; sie „trocknet aus“. Dadurch verringern sich das Volumen (und somit die Höhe), die Elastizität und damit die Puffereigenschaften der Bandscheibe. Es kann zu Einrissen/ Spaltbildungen im Faserring kommen, die bis zum Bandscheibenkern vordringen (sog. Diskose); der Kern kann sich dadurch verlagern und ggf. austreten (-> Bandscheibenvorwölbung/-vorfall). Rumpfmuskulatur · ermöglicht die aktive Bewegung und Stabilisierung der Wirbelsäule · ein ausgeglichenes Zusammenspiel der Bauch- und Rückenmuskulatur ist von großer Bedeutung · zu schwache oder verkürzte Muskeln führen dagegen zu Schonhaltungen, welche die Bandscheiben und Wirbelgelenke häufig stark belasten · im gesamten Rumpf liegen mehrere Muskelschichten übereinander: kurze tiefliegende (für die segmentale Stabilität) und darüber liegen längere Muskelstränge Seite 6 Zentrum für Bewegungstherapie · Rückenmuskeln Beispiele: · langer M. erector spinae: als großer Rückenstrecker · tiefliegende Musculi multifidii: wichtigste Rückenmuskeln (Querfortsätze der Wirbel werden mit den darüber liegenden Dornfortsätzen verbunden, dadurch wird eine gute Vergurtung der Wirbelkörper untereinander gewährleistet) lang kurz und tief · Bauchmuskeln wirken teils unterstützend, teils als Gegenspieler zu den Rückenmuskeln. Je nach Faserverlauf (Richtung) haben die Bauchmuskeln unterschiedliche Funktionen: - Die gerade Bauchmuskulatur beugt den Rumpf nach vorn. Sie ist somit Gegenspieler der langen Rückenstrecker. - Die schrägen Bauchmuskeln drehen und neigen den Rumpf und arbeiten dabei mit den Rückenmuskeln zusammen. - Die quere Bauchmuskulatur umspannt zusammen mit bindegewebigen Strukturen den Rumpf und stabilisiert bei Anspannung die Wirbelsäule. gerade schräge Seite 7 quere Zentrum für Bewegungstherapie Durch die Anordnung der Rücken- und Bauchmuskeln (siehe Bild unten) entsteht eine Art Ringkonstruktion, die wie ein Korsett Last von der Wirbelsäule abnehmen kann. Vor allem beim Heben schwerer Lasten helfen die Bauchmuskeln bei gleichzeitiger Anspannung mit und reduzieren den Druck, der auf den Bandscheiben lastet. Die Körperhaltung beruht immer auf einem Zusammenwirken von Schwerkraft und Muskelspannung, wobei Rücken- und Bauchmuskulatur eine wesentliche Rolle spielen. Seite 8 Zentrum für Bewegungstherapie Muskeln, die nicht physiologisch genutzt werden, werden schwächer oder kürzer. Bestimmte Muskeln neigen eher zur Abschwächung und müssen daher gezielt gekräftigt werden. Andere neigen eher zur Verkürzung und müssen gedehnt werden. Nur bei einem optimalen Zusammenspiel der Muskulatur kann das Stütz-/ Bewegungssystem reibungslos funktionieren, ansonsten entstehen sogenannte Dysbalancen, die langfristig zu einer Haltungsschwäche und Fehlhaltung führen. verkürzt abgeschwächt Rückenschmerz Häufigkeit und gesellschaftliche Bedeutung In westlichen Industrieländern tritt Rückenschmerz sehr häufig auf. Laut Befragungen hatten · 80% mindestens einmal im Leben · 60% im letzten Monat · 35% in der letzten Woche Rückenschmerzen. · Frauen häufiger als Männer Meistens: · Beginn im jungen Erwachsenenalter · Zunahme mit dem Alter · Maximum im 6. Lebensjahrzehnt Seite 9 Zentrum für Bewegungstherapie Entstehung von Rückenschmerz Es gibt eine Reihe von Faktoren, die bei der Entstehung von Rückenschmerzen eine Rolle spielen können: · umweltbedingte Faktoren: - Zwangshaltungen - Lasten - Umgebung - Arbeitsmittel - Arbeitsorganisation... · personenbedingte Faktoren: - Alter - Geschlecht - Vorerkrankungen - Psyche - Fitnesszustand - Arbeitstechnik... Häufig treten mehrere, verschiedene Faktoren kombiniert auf, so dass nicht immer eine klare Ursache ermittelt werden kann! Vorbeugen von Rückenschmerz Einfluss auf umweltbedingte Faktoren àVerhältnisprävention: · Überprüfung bzw. Änderung der äußeren (Arbeits-)Bedingungen: - Anschaffung geeigneter Hilfsmittel ( z. B. Trolley, Schubkarre, Sackkarre, Rucksack, gute Matratze, gut gepolstertes Schuhwerk bzw. Einlegsohlen) - angemessenes Verhältnis zwischen Arbeitszeit und Pausenzeit (z. B. auch im Garten) - Arbeitsorganisation (z. B. Arbeitsteilung, Gebindegröße) - falls möglich: persönliches Einrichten des Arbeitsplatzes (im Beruf und Haushalt) nach ergonomischen Gesichtspunkten (z. B. Anpassung der Tischhöhe und/oder des Bürostuhles; in Regalen schwere Gegenstände nicht zu weit oben, oft gebrauchte Gegenstände in Hüfthöhe; dickes Schneidbrett für Küche, Bügelbrett auf entsprechende Höhe u.a.m.) Einfluss auf personenbedingte Faktoren àVerhaltensprävention: · Überprüfung bzw. Änderung des eigenen (Arbeits-)Verhaltens: - Nutzung von technischen Hilfsmitteln im Beruf und Alltag (z. B. Lastenaufzüge, Tragegurte, Trolley) - gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung und sportlicher Betätigung (z. B. Schwimmen, Walking, Radfahren) - Beachtung von ergonomischen Hebe- und Tragetechniken Seite 10 Zentrum für Bewegungstherapie - aktive Haltungskorrektur, Ausgleichs-/Dehnübungen, moderates Krafttraining - Haltungsfehler, statische u./o. einseitige Beanspruchung vermeiden - Psychosoziale Ressourcen aufbauen, stärken und erhalten (Stress abbauen; Wochenenden bzw. Urlaub für schöne und erholsame Dinge nutzen u.a.m.) Behandlung von Rückenschmerz So vielfältig die Ursachen von Rückenschmerzen sind, so vielfältig sind auch die Behandlungsmethoden. Allgemein kann man sagen, dass mehr Bewegung, eine Stärkung der Rumpfmuskulatur und die Beseitigung von Fehlhaltungen entscheidend zum Abklingen der Rückenschmerzen und zur Vorbeugung chronischer Rückenschmerzen beitragen. Therapeutische Maßnahmen: · Physiotherapie - physikalische Therapie: Wärme/Kälte, Elektrotherapie, Bäder, Laser, Extensionsbehandlung etc. - Krankengymnastik: spezielle Übungen mit und ohne Gerät - Massagen: Bindegewebs-, Fußreflexzonen-, klassische Massage etc. - Manuelle Therapie: Triggerpunktbehandlung, Releasetechniken etc. · Sporttherapie/Medizinische Trainingstherapie - Koordinationstraining - Krafttraining - Beweglichkeitstraining - Herz-Kreislauf-Training · muskelentspannende Maßnahmen/Entspannungstechniken: - Progressive Muskelrelaxation, Yoga, Tai Chi, Qi Gong, Autogenes Training und Meditation….. · medikamentöse Therapie · operative Therapie bei Bandscheibenvorfall und Stenose - ist dann notwendig, wenn neurologische Ausfälle auftreten (unter anderem auch Probleme mit Blase und/oder Enddarm) · psychologische Behandlungsmethoden Seite 11 Zentrum für Bewegungstherapie Impressum: Zentrum für Bewegungstherapie Bürohaus am Thüringenpark Dubliner Str. 12 99091 Erfurt Tel.: (0361) 26 24 40 Fax: (0361) 26 24 429 Terminvereinbarung: Montag - Mittwoch von 7:00 – 18:00 Uhr Donnerstag von 7:00 – 12:30 Uhr und 14:00 -18:00 Uhr Freitag von 7:00 – 13:30 Uhr Ergo_Patienteninfo_Rücken.doc; Stand 20.07.2015 Seite 12 von 12
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