Ratgeber Tiergesundheit Wirbel um Ketose-Bolus Ein neuer Bolus zur Behandlung von Ketosen hat eine hitzige Debatte entfacht. Medien beschimpfen Milchbauern als „Doping-Sünder“. ie ARD-Sendung „Plusminus“ hat mit dem Beitrag „Doping für Turbo-Kühe“ vorgelegt, die „Süddeutsche Zeitung“ und andere haben mit Artikeln wie „Milch von gedopten Kühen“ nachgezogen. Sie alle hauen in dieselbe Kerbe: Milchbauern würden ihre Kühe flächendeckend mit Leistungsförderern vollstopfen und so die Milchleistung pushen. Foto: Werkbild Worum geht es? Auslöser der scharfen Vorwürfe ist das Produkt Kexxtone von Fa. Eli Lilly (Elanco). Es ist seit Anfang des Jahres in Deutschland zugelassen und soll Ketose eindämmen. Kexxtone ist ein Bolus, der den Rindern ca. drei Wochen vor der Kalbung über das Maul in den Pansen gegeben wird. Dort sorgt er dafür, dass mehr Propionsäure gebildet wird. Diese wiederum steigert die Produktion von Glukose, reduziert die Bildung von Ketonkörpern und unterstützt den Energiehaushalt. Das hilft Frischmelkern, die negative Energiebilanz zu Laktationsbeginn zu stabilisieren. Da der Bolus bis etwa zehn Wochen nach der Abkalbung wirkt, sinkt das Ketose-Risiko um bis zu 74 %. Das zeigt eine Studie des Herstellers, nach der die europäische Arzneimittelbehörde die Zulassung erteilt hat. Es besteht keine Wartezeit auf Milch und Fleisch. Das Pikante ist aber: Der Bolus enthält den Wirkstoff Monensin. „Das ist ein Antibiotikum – auch wenn es Elanco selbst nur als ,antimikrobielle Substanz’ deklariert“, erklärt Dr. Wilfried Wolter vom Regierungspräsidium Gießen, „und wir nutzen es jetzt prophylaktsich, um mögliche Krankheiten zu verhindern.“ Monensin wurde 2006 als Futterzusatz verboten. Landwirte hatten es bis dahin als Wachstumsförderer eingesetzt, beispielsweise in der Bullenmast. Fakten unterschlagen: Die Medien werfen dem Pharmaunternehmen und allen Milchbauern nun vor, über Umwegen wieder einen Leistungsförderer auf den Markt gebracht zu haben. Dabei lassen sie – gewollt oder ungewollt – R 30 top agrar 8/2013 einige Fakten unter den klinischer Ketose leiden. Tisch fallen: Das ist den Tieren äußerlich • Zulassung: Bis 2006 nicht anzusehen, drückt war Monensin als Futaber dennoch die Milchleisterzusatzstoff zugelastung. „Der Bolus wirkt und sen und frei verkäuflich. beugt einer Ketose vor. DaJeder Landwirt konnte mit wird das ursprüngliche es problemlos beziehen Leistungsniveau wieder erund in seine Ration einreicht, aber nicht zusätzlich mischen. Das hat die EU die Milchmenge gesteigert“, verboten und jetzt nach erklärt Prof. Dr. Martens. umfangreichen PrüfunSelbst der Hersteller betont, Prof. Dr. Holger Martens gen Monensin als Arzdass der Einsatz nur für neimittel zugelassen. erkrankte oder gefährdete Das ist ein entscheidenTiere sinnvoll ist. „Wir der Unterschied. „Landwirte können reduzieren das Auftreten von Ketose. den Bolus nur über ihren Tierarzt beGesunde Kühe haben weniger Folgeziehen und dieser muss zunächst die erkrankungen wie Eierstockzysten, entsprechende Diagnose erstellen“, erGebärmutterentzündungen und klärt Prof. Dr. Holger Martens von der Labmagenverlagerungen, die meist mit Freien Universität Berlin. „Und nach Antibiotika behandelt werden“, sagt Gesprächen mit Tierärzten bin ich mir Dr. Enno Gottschalk von Elanco. sicher, dass das Produkt nur im Bedarfsfall und keinesfalls flächende„Müssen umdenken!“ Die Debatte zeigt wieder einmal, wie schnell Medien und Öffentlichkeit die Landwirtschaft – und diesmal auch die Milchproduktion – an den Pranger stellen. Prof. Dr. Martens nutzt die Gelegenheit, eine neue Diskussion anzustoßen: „Anstatt Der Bolus ständig neue Gegenmaßnahmen für ergibt den kennbare Defizite zu entwickeln, müsWirkstoff sen wir uns doch fragen, warum so viele langsam Kühe unter Ketose leiden. Hier müssen frei. wir umdenken!“ Auch die Bundesregierung betont, Tiere so zu halten, dass die Anwendung eines Arzneimittels die Ausnahme bleibt. Prof. Dr. Martens plädiert daher dafür, den Fokus in der Zucht verstärkt auf Gesundheitsmerkmale und weniger auf die Milchleistung zu ckend zum Einsatz kommt.“ Das sieht legen. „Und zwar ernsthaft, nicht so auch die Bundesregierung so. Auf eine Alibi-mäßig wie die meisten Verbände.“ Kleine Anfrage der Grünen antwortet Besonders die hohen Einsatzleistunsie wörtlich: „Aufgrund der Verschreigen sind ihm ein Dorn im Auge. Diese bungspflicht für Kexxtone ist eine Bewürden die negative Energiebilanz zu handlung mit dem Tierarzneimittel ohLaktationsbeginn verlängern und Folne Untersuchung, Diagnose und Kontgeerkrankungen mit sich ziehen. Prof. rolle des Behandlungserfolges durch Dr. Martens: „Deshalb erreichen wir den Tierarzt ausgeschlossen.“ • Leistungssteigerung: Der Bolus erhöht nur noch 2,5 bis 3,0 Laktationen im in der Tat oft die Milchleistung. Dafür Schnitt. Besser wäre aber, auf eine weigibt es aber eine einfache Erklärung: tere Steigerung der Milchleistung zu Unabhängige Studien zeigen, dass euroverzichten und die Kühe vier bis fünf paweit 20 bis 30 % aller Kühe unter subLaktationen zu halten.“ P. Liste Foto: Privat D Zwergwüchsige Kälber haben niedrige Geburtsgewichte und weisen ein eingeschränktes Wachstum auf. Zwergwuchs beim Fleckvieh ❚❚In Fleckviehbetrieben in Bayern und Österreich wurden einige Kälber des Bullen Wille mit geringem Wuchs oder Missbildungen geboren. Jetzt haben Wissenschaftler der österreichischen ZuchtData einen Bereich im Rindergenom identifiziert, der mit dem „Zwergwuchs“ in Verbindung steht. Der Polzer-Sohn Wille wurde als Zwergwuchs-Träger identifiziert. Derzeit werden weitere Polzer-Söhne auf den Gendefekt getestet. Betroffene Tiere erhalten die Kennzeichnung „DW“ (engl. dwarfism). Wille-Töchter sollten keinesfalls mit anderen Zwergwuchs-Trägern belegt werden. ❚❚Zu dem Beitrag „SchenkelEkzeme: Was tun?“ in top agrar 6/2013 S. R 24 möchten wir unsere Erfahrung vorstellen: Seit einigen Jahren behandeln wir unsere an Schenkel-Ekzem leidenden Rinder sehr erfolgreich mit Heilerde. Sie wird mit Wasser zu einer Paste angerührt und zweimal täglich nach dem Melken auf das Ekzem aufgetragen. Die Heilerde bindet das Wundsekret und deckt die Wunde luftdurchlässig ab. Die Behandlung ist völlig reizfrei, sodass die Rinder nicht mehr an der Wunde lecken. Nach ca. einer Woche ist das Ekzem in den meisten Fällen völlig abgeheilt. Diese Behandlungsmethode ist die einzige, die bei uns zum Erfolg geführt hat. Zudem ist sie günstig, natürlich und sehr hautschonend für die Rinder. Heilerde ist erhältlich in Apotheken und Drogerien. Matthias Müller u. Carmen Wagner, 56479 Irmtraut Jetzt gegen Grippe impfen Grundimmunisierung abgeschlossen (plus 2 Wochen Antikörperaufbau) Nachimpfung nach ca. 5 Monaten 1. 2. Impfung Impfung 3 bis 4 Wochen SOMMER HERBST WINTER FRÜHLING ❚❚Im Winter hält die Kälber- und Rindergrippe wieder Einzug in viele Betriebe. Um den finanziellen Schaden möglichst gering zu halten, sollte der Bestand bereits jetzt im Sommer durch eine zweimalige Grundimpfung eine aktive Immunität erhalten. Im Abstand von fünf Monaten empfielt sich eine Nachimpfung. top agrar 8/2013 R 31 Grafik: M. Höner Foto: bilder.zar.at Heilerde hilft bei Ekzemen
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