Offener Brief

. . . aus dem sonnigen Freiburg
Paul Busse
Waldseestr. 77
D- 79117 Freiburg
Tel.: 0761 - 7 75 70
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e-mail: [email protected]
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Tag: 01.11.2015
Paul Busse * Waldseestr. 77 * 79117 Freiburg
Offener Brief
Herrn
Bgm Daniel Enzensperger
Hauptstraße 19
88079 Kressbronn
Nacktbadeverbot für Kleinkinder
Unterstützt Kressbronn Pornoindustrie?
Sehr geehrter Herr Enzensperger,
erfreulicherweise wurde aufgrund einer dpa-Meldung das auch von Ihnen
gewünschte Nacktbadeverbot für (Klein)Kinder einer großen Öffentlichkeit bekannt.
Ihre veröffentlichte Argumentation,
„Das ‚Badebekleidungsgebot‘ diene neben hygienischen Aspekten auch dem Schutz
der Kinder“ und „Einerseits bekämpft unsere Gesellschaft zu Recht Kinderpornografie, dann ist es aber inkonsequent und mehr als fahrlässig, wenn wir gleichzeitig
unsere Kinder in der Öffentlichkeit unbekleidet herumlaufen lassen und den Blicken
solcher Menschen aussetzen, die wir gerade nicht im Strandbad haben wollen.“
ist nicht nur peinlich; sie ist schlichtweg dumm und menschenverachtend.
In einzelnen:
1. hygienische Aspekte
Badebekleidung sind Bakterienschleudern: besonders in nasser Badekleidung fühlen
sich schädliche Bakterien wohl mit Folgen wie Blasen- und Scheidenentzündungen.
Es gibt nichts Gesünderes, als Licht und Luft an die bloße Haut zu lassen, gerade in
den sensiblen Bereichen!
2. Schutz der Kinder
Wovor soll Badebekleidung, die nur negative Auswirkungen auf die Gesundheit und
das Wohlgefühl (gerade Kinder ziehen sich gern aus, wenn sie dürfen) hat, realistisch ‚schützen‘?
3. Kinderpornografie
Eine Killerphrase. Kinderpornografie auf diese Weise zu ‚bekämpfen‘, heißt den Teufel mit dem Beelzebub austreiben: je puritanischer, körperverachtender sich eine
Gesellschaft gestaltet, desto höher der Pornografie-Anteil und -Konsum. Der Jahresumsatz der Pornoindustrie soll bei 60-100 Mrd US-$ liegen, 89% aller pornografischen Internetseiten sollen aus den USA stammen. Nacktheit zu diskriminieren oder
gar zu kriminalisieren fördert aktiv ganz andere (Wirrtschafts-)Interessen.
4. ... inkonsequent und mehr als fahrlässig, wenn wir gleichzeitig unsere Kinder in
der Öffentlichkeit unbekleidet herumlaufen lassen ...
Es hat schon etwas Volksverhetzendes, die Menschen als ‚fahrlässig‘ subtil zu kriminalisieren, denen ein ungezwungener, körperbejahender und gesundheitsfördernder Lebensstil zum Wohl ihrer Kinder wichtig ist.
5. . . . den Blicken solcher Menschen aussetzen
Solche Formulierungen sind nicht weit von Unterstellungen entfernt, daß, wer nackte
Menschen betrachtet oder ihnen bei Sport und Spiel zuschaut, „solche Menschen“
sind.
Wie falsch Sie mit Ihrer Angst um nackte Körper liegen, belegt die jüngere Geschichte: die initialisierende Freikörperbewegung ab Ende des 19. Jhdts. im mitteleuropäischen Raum, die Entwicklung des Saunabadens im 20. Jhdt, die riesigen internationalen FKK-Urlaubsbereiche nach dem Krieg und neuere Aktivitäten wie bspw.
Nacktwandern etc. etc., ganz zu schweigen vom (inzwischen bröckelnden) Selbstverständnis der Nacktheit an allen Gewässern in der DDR.
Herr Enzensperger, wenn die Situation nicht so traurig und beschämend wäre, wäre
Ihre Kapitulation vor irgendwelchen Horrorszenarien eine Lachnummer.
Bringen Sie die Welt wieder in Ordnung!
Zur Unterstützung füge ich ein Gedicht von Khalil Gibran von bei.
Mit freundlichen Grüßen
Paul Busse
Anhang
Von den Kleidern
Khalil Gibran, Der Prophet, 1923
Und der Weber sagte: Sprich zu uns von den Kleidern.
Und er antwortete:
Eure Kleider verbergen viel von eurer Schönheit,
doch verstecken sie nicht das Unschöne.
Und obwohl ihr in Gewändern die persönliche Freiheit sucht,
könnt ihr in ihnen nur eine Fessel und eine Kette finden.
Könntet ihr doch der Sonne und dem Wind mit
mehr Haut und weniger Kleidung begegnen!
Denn der Atem des Lebens ist im Sonnenlicht,
und die schöpferische Kraft des Lebens ist im Wind.
Einige von euch sagen:
Der Nordwind hat die Kleider
gewoben, die wir tragen.
Und ich sage euch:
Ja, es war der Nordwind,
aber Scham war sein Webstuhl,
und Verweichlichung sein Faden.
Vergeßt nicht, daß Züchtigkeit ein
Schild gegen die Augen der Unreinen ist.
Und wenn die Unreinen nicht mehr sind,
was ist Züchtigkeit dann anderes als eine
Fessel und eine Trübung des Geistes?
Und vergeßt nicht, daß es die Erde
freut, eure nackten Füße zu spüren,
und daß die Winde sich danach sehnen
mit eurem Haar zu spielen.