OK TOB E R 2015 PR AGER FRÜHLING INHALT Prager Frühling Die Liebe einer Blondine Lásky jedné plavovlásky Die kleinen Margeriten Sedmikrásky Scharf beobachtete Züge Ostře sledované vlaky Ein launischer Sommer Rozmarné léto Lerchen am Faden Skřivánci na nití Der Leichenverbrenner Spalovač mrtvol Valerie – eine Woche voller Wunder Valerie a týden divů Special Jaroslav Rudiš Alois Nebel Premierenfilme 45 Years Der Staat gegen Fritz Bauer Monatsübersicht 9 10 11 12 13 14 15 16 18 19 20/21 Life The Farewell Party La tête haute Amateur Teens La vanité Dior and I Lamb The Wolfpack How to Change the World Härte Weiterhin Wild Women – Gentle Beasts Youth 10 Milliarden – Wie werden wir alle satt Giovanni Segantini – Magie des Lichts 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 33 34 35 36 Zum Unesco-Welttag des audiovisuellen Kulturguts Blitz und Donner – Elektrizität im Film 37 Informationen 39 5 Oktober 201 im e st ä G re Unse e, Yared Zelek 14. Oktober: er Andreas Furl Lionel Baier, 23. Oktober: olph Sophie Rud her Regula Zürc 27. Oktober: iš, Jaroslav Rud r: e b to k O . 28 r David Basle Editorial Das Kinok nimmt das 25-Jahr-Jubiläum der Partnerschaft St.Gallen– Liberec zum Anlass, eine Filmreihe über eine grosse Blütezeit des tschechischen Kinos zu veranstalten: die Filme des Prager Frühlings, der tschechischen Nouvelle Vague. Das tschechoslowakische Kino erfreute sich in den Sechzigerjahren einer nie da gewesenen Freiheit, die die Filmemacher sofort nutzten. Wie in keinem anderen osteuropäischen Land wurde das Kino zur Triebkraft der gesellschaftlichen Erneuerung; Unterstützung fanden die Regisseure in Bohumil Hrabal, Milan Kundera und Pavel Kohout, den wichtigsten Schriftstellern des Landes. Es entstanden Filme, die sich kritisch mit der tschechoslowakischen Gesellschaft auseinandersetzten, aber auch intime, impressionistisch-verspielte Werke, die die Freiheiten und die Suche nach dem kleinen Glück feierten. Die couragiertesten Filme wurden sofort verboten – berühmteste Beispiele sind «Lerchen am Faden» und «Die kleinen Margeriten» – und gingen als sogenannte Regalfilme in die Filmgeschichte ein. Erst Jahre später konnte sie das Publikum sehen. Durch die Zensur wurde der künstlerische Aufbruch einer ganzen Generation begabter Regisseure zerschlagen; das «tschechische Filmwunder» dauerte nur kurz, brachte aber Werke hervor, die zu den schönsten des Weltkinos gehören. Als weiteren Höhepunkt haben wir den tschechischen Autor Jaroslav Rudiš bei uns zu Gast, der mit dem Zeichner Jaromír 99 den tschechischen Kult-Comic «Alois Nebel» veröffentlichte. Wir zeigen die Verfilmung von Tomás Lunák, die 2012 mit dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet wurde. Comic und Film erzählen eine brisante Geschichte: die Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung aus dem tschechischen Sudetenland. Wie immer runden zahlreiche Premierenfilme das Programm ab, darunter der diesjährige Publikumspreisgewinner von Locarnos Piazza Grande «Der Staat gegen Fritz Bauer», das preisgekrönte britische Drama «45 Years», die beiden Sterbehilfekomödien «La vanité» und «The Farewell Party», das James-Dean-Biopic «Life», die beiden Sozialdramen «La tête haute» und «Amateur Teens», der äthiopische Spielfilm «Lamb», die Dokumentarfilme «Dior and I», «The Wolfpack» und «How to Change the World» und Rosa von Praunheims Dokudrama «Härte». Last but not least zeigen wir unter dem Titel «Blitz und Donner» historische Filme zum Thema Elektrizität, die aus dem Archiv der St.Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke stammen. An dieser Stelle möchten wir an unseren Drucker Robert Baumgardt erinnern. Seit den Anfängen hat Robert alle unsere Plakate und Programmhefte gedruckt – teils bis spät in die Nacht oder über das Wochenende, wenn es eilig war. Und eilig war es ja meist. Manchmal halfen wir ihm, seinen Familienangehörigen und seinen Freunden, die Seiten für unsere Programmhefte zusammenzutragen. So standen wir dann abends in der wundersamen, mit alten Maschinen und Papierstapeln vollgestopften Druckerei und lauschten den witzigen Erlebnissen von Roberts Schwägerin Carmen, einer begnadeten Erzählerin, die immer wieder von den Kapriolen von Roberts Hund Tschechov unterbrochen wurde, mit denen dieser seine Langeweile kundtat. Als unsere Programme immer dicker wurden, war dies von Hand nicht mehr zu bewältigen. Aber wir sind uns treu geblieben. Robert druckte weiter und übergab unsere Hefte zum Zusammentragen und Heften einer befreundeten Buchbinderei. Am 2. August ist Robert ganz unerwartet gestorben. Wir verlieren in ihm einen warmherzigen Menschen und einen leidenschaftlichen Drucker, der über viele Jahre zahlreiche kulturelle Projekte und Institutionen tatkräftig unterstützte und mit seinen Arbeiten das Stadtbild St.Gallens mitprägte. Sandra Meier, Marina Schütz PR AGER FRÜHLING Wie perlendes Gold – die Filme der Tschechischen Neuen Welle von PATRICI A VID OVIC Als der tschechische Schriftsteller Josef Škvorecký 1966 nach New York reist, wird er eines Abends von einem freundlichen New Yorker Gentleman gefragt, ob es der Tschechoslowakei eigentlich gelungen sei, noch etwas anderes ausser Pilsener Bier hervorzubringen. Ich stelle mir vor, dass Škvorecký in jenem Moment zu sprachlos und zu bescheiden gewesen sein muss, dem amerikanischen Gentleman mit Entrüstung zu begegnen. Stattdessen schreibt der lakonische Schriftsteller rückblickend in seinem Buch «All the Bright Young Men and Women», er habe sich in diesem Augenblick gefühlt wie ein Ausserirdischer aus den fernen Steppen der Elbregion, als Entsandter eines politisch schizophrenen und kulturell verarmten Landes. Wie sollte der von einer kommerziellen Kinokultur geprägte Amerikaner auch ahnen, dass noch in demselben Jahr ein tschechoslowakischer Film, und zwar Miloš Formans «Die Liebe einer Blondine», das vierte New Yorker Film Festival eröffnen würde und sein weit angereistes Gegenüber, Škvorecký, einer der wichtigsten Chronisten einer politischen Wendezeit und kinematographischen Blütephase in seinem Heimatland war? Es hatte niemand damit gerechnet, dass Mitte der 1960er-Jahre das «tschechoslowakische Filmwunder» über die westliche Festivallandschaft hereinbrechen würde. Was waren das also für Filme, die so mutig, verstörend, politisierend und klug waren, dass es 1971, nur wenige Jahre nach der Niederschlagung des Prager Frühlings, hiess, sie seien vom «Kult der Hässlichkeit, der ungesunden exhibitionistischen Erotik befallen» und «für einen gerechtfertigten Eingriff des Staatsanwaltes wie geschaffen»? Am Anfang stehen vor allem drei Namen: Věra Chytilová, Jaromil Jireš und Miloš Forman. Alle drei sind Absol5 venten der berühmten Prager Filmhochschule FAMU und sorgen 1963 mit ihren Debütfilmen für einen Paukenschlag der Begeisterung. Zugleich markieren sie die offizielle Geburtsstunde der Tschechischen Neuen Welle. Inspiriert vom französischen Cinéma vérité und getrieben von dem Wunsch nach einer ungeschminkten, schonungslosen Schilderung des Alltagslebens, verschreibt sich diese aufstrebende Generation an Jungregisseuren bei all ihrer Unterschiedlichkeit einem gemeinsamen Ziel: der Abkehr vom sozialistischen Realismus, dieser rosaroten Brille, die den Künstlern vom kommunistischen Staatsapparat aufgezwungen wird, um die Dinge nicht so zu zeigen, wie sie sind, sondern wie sie sein sollen. Neben dem dokumentarischen Realismus sind es vor allem Einflüsse des Surrealismus, des absurden Theaters und der Literatur, die sich auf die Stilistik von Věra Chytilová, Miloš Forman, Ivan Passer, Jan Němec und Jiří Menzel auswirken. Möglich macht diesen wagemutigen Schritt Richtung kreativer Freiheit vor allem die politische Tauwetterphase, die zu Beginn der 1960er-Jahre in der Tschechoslowakei einsetzt. Das sozialistische Land versucht in diesen Jahren mithilfe eines mutigen Reformkurses, einen «Sozialismus mit menschlichem Antlitz» umzusetzen. Dieser Demokratisierungsversuch, der im Prager Frühling gipfelt, wird jedoch im August 1968 durch den Einmarsch der Trup6 pen der Warschauer-Pakt-Staaten gewaltsam unterbunden. Die Filme, die in der kurzen Zeitspanne zwischen 1963 und 1969 entstehen, spiegeln jene Aufbruchsstimmung und Experimentierfreude wider, die mit der Hoffnung auf eine gesellschaftliche, kulturelle und politische Neuausrichtung einhergehen. «Die kleinen Margeriten» (1966) – dieses surreal-anarchistische Meisterwerk Věra Chytilovás, das inzwischen längst zum Klassiker avanciert ist, zählt für mich bis heute zu den unkonventionellsten Filmbeispielen eines weiblichen Regieblicks. Marie I und Marie II, die beiden Protagonistinnen, pfeifen auf jegliche Anstands- und Verhaltensregeln. Sie schmarotzen, zerstören, geniessen und langweilen sich und sind zugleich Teil von Chytilovás propagierter «Anti-Ästhetik». Während Chytilová den Film als Ausdruck ihrer philosophischen Gesellschaftskritik nutzt, lässt sich ihr Kollege Jaromil Jireš von literarischen Vorlagen inspirieren: nach Milan Kunderas Verfilmung von «Ein Scherz» (1968), einem hochgradig politischen Stoff, widmet er sich nur zwei Jahre später mit seinem Film «Valerie – eine Woche voller Wunder» (1970) dem gleichnamigen Roman von Vítězslav Nezval. Jireš kreiert durch den unschuldigen Blick eines heranwachsenden Mädchens eine unheimliche Märchenwelt, in der das sexuelle Erwachen von dem dunklen Schauer des Unbekannten begleitet wird. Die Welt der Heranwachsenden steht für viele Filmemacher in dieser Zeit im Zentrum. Auch Miloš Forman, den Josef Škvorecký als dunkelhaarigen, stillen Jungen erinnert, der im Lebensmittelgeschäft seines Onkels gelangweilt auf Sauerkrautfässern sitzt, wird seiner Generation mit «Die Liebe einer Blondine» (1965) eine Stimme geben. Unvergleichlich komisch ist die Szene, als der junge Pianist Milda nach einer durchzechten Nacht von seiner besorgten Mutter ins elterliche Bett gezerrt wird, da in dem Zimmer ihres Sohnemanns eine unbekannte Blondine nächtigt – «zwei junge Menschen in einem Bett, so weit soll es noch kommen»! Eingepfercht zwischen Mutter und Vater liegt der Teenager in der Matratzenritze und verdeutlicht einmal mehr die Kluft zwischen Jung und Alt, die sich hier auftut. Erste Liebe und Popmusik, das sind die Themen der Jugend, anstatt grosser Ernst und Politik! Vermutlich liegt es in der Natur von Wundern, dass sie unwiederbringlich und einmalig sind. Auch das «tschechoslowakische Filmwunder» währt nicht lange. Trotz der verspielt-poetischen Ader und ihrer liebevollen Figurenzeichnung verweilen die Filme nie im Unschuldigen. Die anfänglich subtile Kritik am sozialistischen System verschärft sich gegen Ende der 1960er-Jahre zunehmend, und nahezu alle Regisseure der Tschechischen Neuen Welle kommen mit der staatlichen Zensur in Berührung. Das betrifft nicht nur Chytilová, die kurz nach «Die kleinen Margeriten» für sieben Jahre Berufsverbot erhält, sondern auch Jiří Menzel. Während er mit «Scharf beobachtete Züge» (1966) noch den Oscar gewinnt, wird sein Film «Lerchen am Faden» (1969) aufgrund der Brüskierung der sozialistischen Zwangsarbeit für 20 Jahre auf die Schwarze Liste gesetzt. Lustlos und mit beissendem Scharfsinn sortieren hier ein «abtrünniger» Philosophieprofessor, ein Saxophonist, ein Bibliothekar und ein junger Koch tonnenweise Altmetall. Als der Vorsteher den Philosophieprofessor fragt, wie es ihm heute gehe, antwortet der nur sarkastisch: «Wunderbar. Danke. Der spirituelle Aspekt meiner Arbeit verbessert sich.» Für den trockenen Humor und die komisch-tragische Weltsicht von Menzels Filmen ist vor allem einer verantwortlich: der tschechische Nationalautor Bohumil Hrabal, mit dem Menzel ab 1965 eine enge Zusammenarbeit beginnt. Hrabals Komik wird aus anekdotischen Schank- und Kneipengeschichten heraus geboren, in denen sich die stille Weisheit versteckt wie der Wolf im Schafspelz. Der Humor ist es auch, mit dem sich viele Regisseure über das ideologisch motivierte Ende ihrer kreativen 7 Schaffensperiode zu retten versuchen. «Ein Mensch muss reisen, um zu begreifen, warum eigentlich in unserem Land und in den Dingen, die uns repräsentieren, Humor so eine Rolle spielt», meint Jiří Menzel im Juni 1968, kurz bevor die sowjetischen Truppen in Prag einrollen. «Der ist uns nicht angeboren, sondern wurde uns aufgezwungen. Ohne Sinn für Humor lässt es sich nämlich in der Tschechoslowakei überhaupt nicht leben.» Filmemacher wie Miloš Forman emigrieren nach 1970 in die USA und setzen ihre Karriere dort fort. In seinem Fall äusserst erfolgreich: Seine Verfilmung von «Einer flog über das Kuckucksnest» (1975) kann im Rückblick als Parabel auf die Schizophrenie eines totalitären Staates betrachtet werden. Andere wiederum bleiben in ihrem Land und harren in der einsetzenden filmkulturellen Stagnation aus. Mag sein, dass da zuerst das Bier war. Und dass der Humor und die Lebensfreude erst nach den politischen Widrigkeiten hinzukamen, um ihren Ausdruck schliesslich in der tschechischen Filmkultur zu finden. Oder vielleicht war es auch anders? Vielleicht entstanden die besten Filmideen von Beginn an am Schanktisch? Josef Škvorecký konnte damals noch nicht ahnen, wie eng die tschechische Bier- und Filmkultur bis heute verzahnt sind. Im Jahr 2007 warb kein Geringerer als Miroslav 8 Ondříček auf riesigen Werbeplakaten für das Pilsener Urquell – der berühmte und erst kürzlich verstorbene Kameramann von Miloš Formans «Die Liebe einer Blondine». Er posierte mit einem Bierglas in der Hand neben seiner Kamera. Wir dürfen ihm jedenfalls erfreut zurückprosten. Endlich sind die Filme der Tschechischen Neuen Welle genauso ungefiltert von der Zensur zu geniessen wie das echte Pilsener Bier. «Was die Tschechen ausser ihrem Bier noch hervorgebracht haben?», könnte ich heute dem freundlichen New Yorker Gentleman entgegnen. «Na, was wohl – grossartige Filme! Die im Gegensatz zum gezapften Pilsener auch nach über 50 Jahren nicht schal werden.» Patricia Vidovic ist wissenschaftliche Assistentin und Dozentin am Seminar für Filmwissenschaft in Zürich. Nach dem Studium der Kunstgeschichte und Slavistik (Bamberg, Paris, München) liegt ihr Forschungsschwerpunkt auf der osteuropäischen Film- und Kunstgeschichte. In ihrer Doktorarbeit befasst sie sich mit der Bildlichkeit und Ästhetik von aktuellen Autorenfilmen Ostmitteleuropas. PRAGER FRÜHLING SO04.10.19h30 DI13.10.17h15 Die Liebe einer Blondine Lásky jedné plavovlásky CSR 1965, 80 min, 35 mm, O/d-f Regie: Miloš Forman Darst.: Hana Brejchová, Vladimír Pucholt, Vladimír Menšík, Ivan Kheil, Jiří Hrubý, Milada Ježková, Josef Šebánek, Marie Salačová, Josef Kolb u.a. Andula arbeitet in einer Schuhfabrik in einem Prager Vorort und lebt zusammen mit den Frauen ihrer Brigade im lokalen Wohnheim. Die Wochenenden in der Provinz sind todlangweilig, doch dann organisiert der Parteisekretär einen Tanzabend mit den Männern einer Reservistenkolonne. Andula verliebt sich dabei in Milda, den Klavierspieler aus Prag. «Formans zweiter Film ist ein kleines Glanzstück. Die Geschichte ist wegen ihrer Einfachheit schon fast klassisch: Eine hübsche Blondine trifft einen jungen Pianisten, zusammen verbringen sie eine glückliche Liebesnacht. Doch als sie die Affäre ernster nimmt als er und unangemeldet bei seinen Eltern auftaucht, sind alle entsetzt. Er sieht sich in der Falle, sie fühlt sich verraten, und die Eltern sehen beide Seiten nacheinander – am Ende weiss niemand mehr, was er denken soll, weil sich niemand mehr nach irgendwelchen Regeln verhält. Viel von Formans Humor entwickelt sich aus der Tatsache, dass die Figuren wie scheue Nachttiere in die Welt starren, immerzu bereit, sich zu verteidigen, wobei ihnen ständig das Wasser abgegraben wird durch die Entdeckung, dass Menschen nie das sind, was sie auf den ersten Blick zu sein scheinen. Forman setzt grösstenteils Laiendarsteller ein, lässt sie improvisieren, verfeinert dann, formt und perfektioniert alles und erreicht so etwas unbeschreiblich Exaktes, Berührendes und Lustiges.» Tom Milne, Time Out Film Guide 9 PRAGER FRÜHLING DI06.10.19h00 SA17.10.18h00 Schlussszene, in denen die anarchistischen Mädels ein riesiges Buffet ruinieren. Mit dieser fulminanten Komödie machte die tschechische Regisseurin Věra Chytilová, die 2014 starb, international auf sich aufmerksam. ChyCSR 1966, 74 min, DCP, O/d tilová folgte der wilden Experimentierlust ihrer Heldinnen, Regie: Věra Chytilová indem sie die Geschichte durch Slapstick-Einlagen, FarbDarst.: Jitka Cerhová, Ivana Karbanová, Julius Albert, montagen und zahlreiche Filmtricks radikal aufbrach. Jan Klusák, Marie Češková, Marcela Březinová, «Die kleinen Margeriten» ist ein wunderbar bösartig-verJiřina Myšková, Oldřich Hora u.a. spieltes Manifest gegen jede Form von Engstirnigkeit und Die verwegene Popart-Groteske ist eine der erfrischends- Spiessertum und ein beflügelnder Film, der lustvoll und ten cineastischen Explosionen der Sechzigerjahre und in experimentierfreudiger Farbigkeit den allgegenwärtigen einer der zentralen Filme der tschechischen Nouvelle Konsum hinterfragt. «Ein allegorisches Lehrstück im Stil Vague. Marie I und Marie II finden die Welt verdorben einer grotesk-bizarren Komödie, die in surrealistisch und beschliessen, genauso verdorben zu sein. Und so fres- inspirierter, virtuoser Manier mit der Zerstörung als sen und betrügen sie sich durch amüsante eineinviertel zugleich befreiender und gefährlicher Kraft konfrontiert. Stunden. Männer sammeln sie wie Ansichtskarten: kurz Eine ebenso unterhaltsame wie hintergründige Fantasie angeguckt und weggeschickt. Besonders hübsch ist die von zeitloser Faszination.» Lexikon des Internationalen Films Die kleinen Margeriten Sedmikrásky 10 PRAGER FRÜHLING MI07.10.18h30 SO25.10.19h45 schen Schaffnerin Máša an. Einige Tage später verabreden sich die beiden «ausserdienstlich» in der Scheune von Mášas Onkel, doch das Treffen geht schief. Schon bald erhält Miloš erneut eine Möglichkeit, seine MännCSR 1966, 93 min, 35 mm, O/d-f lichkeit unter Beweis zu stellen. Liebevoll schildert Jiří Regie: Jiří Menzel Menzel das Leben in einem tschechischen Dorf während Darst.: Václav Neckář, Jitka Bendová, Vladimír der deutschen Besatzung. Seine Helden stehen in der TraValenta, Libuše Havelková, Josef Somr, Alois Vachek, dition des Soldaten Schwejk, der auch tragischen EreigJitka Zelenohorská, Vlastimil Brodský u.a. nissen eine komische Seite abringen kann. Jiří Menzels Die Familie Hrma ist stolz auf ihren Sohn Miloš, der in Spielfilmdebüt basiert auf einer Novelle von Bohumil Hradie Fussstapfen seines Vaters, eines Lokomotivführers, bal, der auch am Drehbuch mitarbeitete. Der Film wurde treten will und gegen Ende des Zweiten Weltkrieges eine 1968 mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film Ausbildung als Bahnhofswärter beginnt. Auf einem win- ausgezeichnet. «Hervorragend inszenierte und gut gespielzigen Bahnhof in der tschechischen Provinz nehmen ihn te Komödie.» Lexikon des Internationalen Films Stationsvorsteher Max und Fahrdienstleiter Hubička unter ihre Fittiche. Miloš entdeckt schon bald, dass es noch ein Leben neben der Eisenbahn gibt und bändelt mit der hüb- Scharf beobachtete Züge Ostře sledované vlaky 11 PRAGER FRÜHLING SO11.10.17h30 DI20.10.20h45 Ein launischer Sommer Rozmarné léto CSR 1968, 74 min, 35 mm, O/d Regie: Jiří Menzel Darst.: Rudolf Hrušínský, Míla Myslíková, Vlastimil Brodský, František Řehák, Jana Preissová, Jiří Menzel, Bohuš Záhorský u.a. Der 1968 in Karlovy Vary mit dem grossen Preis geehrte Film ist eine als Fin-de-Siècle-Idylle getarnte Analyse kleinbürgerlichen Lebensgefühls. In der Badeanstalt einer böhmischen Kleinstadt vertreiben sich drei Freunde – alle Herren «im besten Alter» – ihre Langeweile mit philosophischen Gedankenspielen und gegenseitigen Frotzeleien: der Bademeister Antonín, Hugo, Major im Ruhestand, und der Geistliche Roch. Auch das Thema Sex 12 kommt nicht zu kurz. Zum Bedauern von Antons sinnenfreudiger Gattin Kateřina allerdings nur in der Theorie – die drei Freunde sind nun mal in einem Alter angelangt, in dem Erotik fast nur noch im Kopf stattfindet, und auch Kateřina hat im Lauf der Jahre ihre Anziehungskraft auf Männer eingebüsst. Nichts stört ihr beschauliches Leben, bis ein Wanderzirkus die vier aus ihrer Lethargie aufweckt. Die blonde Anna, Assistentin des Seiltänzers Arnoštek – gespielt von Menzel selbst –, versetzt die drei Herren in ihren zweiten Frühling, während Arnoštek die unterdrückten Phantasien von Kateřina beflügelt. «In dieser poetischen Parabel nach dem gleichnamigen Buch von Vladislav Vančura bilden die Zirkusleute eine romantische Gegenwelt, in der die Jugend und das Leben nochmals aufleben. In einem impressionistischen Licht entsteht ein psychologisch äusserst präzises und atmosphärisch dichtes Gemälde.» Xenix PRAGER FRÜHLING MI14.10.20h30 SO25.10.18h00 verboten, doch mit viel List schaffen es Menschen auch hier, in den Ruinen einer absurden Ordnung ihre Liebe zu leben. Nach dem Oscar-Gewinner «Scharf beobachtete Züge» und dem Episodenfilm «Perlen auf dem MeeresCSR 1969, 94 min, 35 mm, O/d grund» ist dieser Anfang 1969 fertiggestellte Film die dritRegie: Jiří Menzel te Zusammenarbeit zwischen Jiří Menzel und dem SchriftDarst.: Rudolf Hrušínský, Václav Neckář, steller Bohumil Hrabal. «Lerchen am Faden» ging in die Jitka Zelenohorská, Vladimír Ptáček, Naďa Urbánková, Postproduktion, als die Panzer der Sowjets in Prag einVlastimil Brodský, Ferdinand Krůta u.a. rollten. Zwar konnte Menzel den Film noch beenden, doch «Wir werden unseren friedlichen Stahl den imperialis- er kam sofort in den Giftschrank – die Zustände, die hier tischen Kriegstreibern in die Kehle schütten.» Unter Pro- verspottet wurden, waren wieder Realität geworden. Erst pagandatransparenten wie diesem schuften Zwangsarbei- 21 Jahre später, nach der Samtenen Revolution von Novemter auf einem Schrottplatz. Wir schreiben das Jahr 1949, in ber 1989, konnte «Lerchen am Faden» gezeigt werden. Er der Tschechoslowakei hat sich das kommunistische triumphierte im Februar 1990 auf der Berlinale, wo er den Regime gerade installiert und sperrt «Konterrevolutionäre» Goldenen Bären erhielt. «Ein Film, der dem Totalitarismus zu Tausenden zur «Umerziehung» in Arbeitslager. Frauen direkt in die Augen schaut und, statt ihm ins Gesicht zu und Männer sind strikt getrennt, Kontaktaufnahme streng spucken, ihn laut auslacht.» Marc Savlov, Austin Chronicle Lerchen am Faden Skřivánci na nití 13 PRAGER FRÜHLING MI21.10.18h30 DO29.10.21h00 Der Leichenverbrenner Spalovač mrtvol CSR 1969, 95 min, DCP, O/e Regie: Juraj Herz Darst.: Rudolf Hrušínský, Vlasta Chramastová, Jana Stehnová, Miloš Vognič, Ilja Prachař, Zora Božinová, Eduard Kohout, Jiří Lír, Dimitrij Rafalský u.a. Prag, Ende der 1930er-Jahre. Karl Kopfrkingl führt ein perfektes Leben: Alles darin ist sauber und hat seinen Platz. Er liebt seine Arbeit im Krematorium so innig wie seine Familie. Die Machtübernahme durch Nazi-Deutschland eröffnet ihm unerreichbar geglaubte Aufstiegschancen. Dummerweise ist seine Frau Halbjüdin und sein Sohn mit Juden befreundet. Doch das lässt sich lösen … Rudolf Hrušínský, einer der populärsten tschechischen 14 Schauspieler seiner Zeit, der 1956 in der Verfilmung als braver Soldat Schwejk international bekannt wurde, verkörpert hier den opportunistischen und psychopathischen Karl Kopfrkingl. Und der Kameramann Stanislav Milota wurde am Festival des Fantastischen Films von Sitges für seine unheimlich-grossartige Arbeit ausgezeichnet. Ebenso wie die französische Nouvelle Vague ist das Kino des Prager Frühlings ein «cinéma copain», so sieht man Hrušínský in Filmen von Jiří Menzel und Menzel in einer Nebenrolle als Herr Dvořák in «Der Leichenverbrenner». «Die Form, wie hier das Abgründige in der menschlichen Seele in einen kausalen Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen gebracht wird, damit es sich bis zum visionären Wahn steigern kann, weist den Film als eines der progressivsten ästhetischen Experimente der Tschechischen Neuen Welle in den Sechzigerjahren aus.» Film.at PRAGER FRÜHLING FR09.10.21h30 SO18.10.18h15 se langsam Risse. Auch ihre Grossmutter erscheint ihr fremd, während Vampire und andere dunkle Gestalten ihr Unwesen treiben. Valerie hat Angst, doch gleichzeitig findet sie das bizarre Geschehen auf seltsame Weise anziehend … «Valerie – eine Woche voller Wunder» ist einer der letzten Filme der Bewegung und beruht auf CSR 1970, 73 min, 35 mm, O/d-f dem surrealistischen Roman des Tschechen Vítězslav Regie: Jaromil Jireš Nezval. Jireš inszeniert die Gefühlswelt eines jungen Darst.: Jaroslava Schallerová, Helena Anýžová, Petr Kopriva, Jirí Prýmek, Martin Wielgus, Jan Klusák, Mädchens auf der Schwelle zum Erwachsensein in betöAlena Stojáková, Karel Engel, Libuse Komancová u.a. rend schönen Bildern im Randbereich zwischen Märchen-, Fantasy- und Horrorfilm. «Fantastische Bilder, Eines Nachts werden der 13-jährigen Valerie ein paar eine tolle Ausstattung, die wunderbare Musik von Luboš magische Ohrringe gestohlen. Sie erwacht gerade noch Fišer und Jan Klusák und eine umwerfende Jaroslava rechtzeitig, um den Dieb davonlaufen zu sehen. Als am Schallerová in der Hauptrolle machen aus ‹Valerie› ein nächsten Tag eine Truppe Schausteller in ihr Dorf hypnotisches Filmrätsel, das selbst 40 Jahre nach seiner kommt, um für ein Hochzeitsfest zu spielen, bekommt Entstehung nichts von seiner magischen Anziehungsdie bisher heile Welt von Valeries wohlbehütetem Zuhau- kraft verloren hat.» Bildstörung, Köln Valerie – eine Woche voller Wunder Valerie a týden divů 15 SPECIAL JAROSLAV RUDIŠ MI28.10.20h00 Alois Nebel Animationsfilm nach der Graphic Novel von Jaroslav Rudiš und Jaromír 99 CSR/D 2011, 84 min, DCP, O/d-f Regie: Tomás Lunák Darst.: Miroslav Krobot, Karel Roden, Václav Neužil, Tereza Voříšková, Marie Ludvíková, Leoš Noha, Alois Švehlík, Ondřej Malý, Ján Sedal u.a. Herbst 1989: Alois Nebel lebt in einem abgelegenen, kleinen Ort namens Bílý Potok. Der Einzelgänger arbeitet als Fahrdienstleiter am örtlichen Bahnhof; in seiner Freizeit gilt seine ganze Leidenschaft dem Sammeln alter Fahrpläne. Sobald jedoch Nebel über dem Bahnhof aufzieht, beginnt Alois zu halluzinieren. Er sieht Geister und Schatten aus der dunklen Vergangenheit Europas, die in Zügen an ihm vorbeirauschen, Opfer des Zweiten 16 PREMIERE Weltkrieges und der sowjetischen Besatzung, die ihn immer wieder heimsuchen. Als sich die Situation für Alois nicht bessert, wird er in eine Nervenheilanstalt eingewiesen. Dort lernt er «den Stummen» kennen, der Alois hilft, sich seinen Dämonen zu stellen … Der Animationsfilm ist die meisterhafte Verfilmung des fulminanten tschechischen Comics von Jaroslav Rudiš und Jaromír 99, der in Tschechien zum Bestseller avancierte. Die Verfilmung wurde 2012 mit dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet. Wie schon der Comic ist auch der Animationsfilm in Schwarz-Weiss gehalten – mit wunderbaren Graustufen, die eine herbstliche und winterliche Landschaft modellieren. Der Beginn ist geradezu ein Manifest für die Möglichkeiten klassischer Animation: Kein 3D, und dennoch ist die Panoramafahrt über das windumtoste Gebirge ein Lehrstück in räumlicher Illusion. Kein Computerrealismus, sondern klassisch rotoskopierte Szenen, die zunächst mit echten Schauspielern gedreht und dann vollständig überzeichnet wurden. «Alois Nebel» verbindet auf kunstvolle Weise die «grosse», oft unheilvolle Geschichte des 20. Jahrhunderts in Mitteleuropa mit dem Schicksal «kleiner» Menschen. Er ist zugleich eine Ode an die Eisenbahn, an den Hauptbahnhof der Stadt Prag und an eine wenig bekannte europäische Region, das Altvatergebirge, und seine Menschen. Vorstellung in Anwesenheit des Comic-Autors Jaroslav Rudiš. Mit ihm unterhält sich David Basler, Verleger Edition Moderne. PREMIERENFILME PREMIERENFILM 45 Years DO01.10.17h15 SA03.10.19h00 GB 2015, 95 min, DCP, E/d-f Regie: Andrew Haigh Darst.: Charlotte Rampling, Tom Courtenay, Dolly Wells, Geraldine James, David Sibley, Hannah Chalmers, Richard Cunningham u.a. SO04.10.15h15 DI06.10.20h30 SA10.10.15h30 DO15.10.17h15 SA17.10.19h30 Kate steckt mitten in den Vorbereitungen zu ihrem 45. Hochzeitstag, als ihr Mann Geoff eine unerwartete Nachricht bekommt, die ihn in die Vergangenheit zurückversetzt und zutiefst erschüttert. Vor 50 Jahren verunglückte seine damalige Freundin bei einem Unfall in den Schweizer Alpen tödlich. Erst jetzt wurde ihre Leiche vom Gletscher freigegeben. Geoff beginnt sich immer mehr in eine ferne Welt der Erinnerungen zurückzuziehen, während Kate versucht, aufkei- MI21.10.14h30 FR23.10.17h30 SO25.10.16h15 DI27.10.20h30 18 mende Eifersucht und Verunsicherung mit Pragmatismus zu unterdrücken. Es gilt, die Musik und das Menü für die Feier auszusuchen und weitere Arrangements zu treffen. Nach aussen geht alles seinen gewohnten Gang. Doch die Kamera registriert behutsam, wie das eingespielte Zusammenleben aus dem Takt gerät. Ob beim gemeinsamen Frühstück oder beim einsamen Stadtbummel – Kate fühlt sich mehr und mehr wie eine Fremde im eigenen Leben. Mit «45 Years» gelingt Regisseur Andrew Haigh («Weekend») ein stilles, facettenreiches Meisterwerk. In den Hauptrollen brillieren Charlotte Rampling und Tom Courtenay, die für ihre bravouröse Leis tung an der diesjährigen Berlinale mit je einem Silbernen Bären ausgezeichnet wurden. «Die Schauspieler schaffen es meisterhaft, diesen intimen und zugleich gehemmten Umgang des Paares miteinander zu vermitteln. Tom Courtenay lässt eine faszinierend komplexe Gefühlswelt hinter der Verschlossenheit seiner Figur aufscheinen. Es ist die perfekte Ergänzung zum sensiblen Spiel von Charlotte Rampling, die das emotionale Wechselbad (…) fast allein durch ihr vielschichtiges Mienenspiel auszudrücken vermag. In aller Stille entwickelt sich ein aussergewöhnliches Drama, das glaubhaft und anrührend vermittelt, wie unerwartete Herausforderungen selbst eine jahrzehntelange glückliche Bindung noch ins Wanken bringen können.» Marius Nobach, Film-Dienst PREMIERENFILM Der Staat gegen Fritz Bauer D 2015, 105 min, DCP, D Regie: Lars Kraume Darst.: Burghart Klaussner, Ronald Zehrfeld, Robert Atzorn, Sebastian Blomberg, Stefan Gebelhoff, Cornelia Gröschel, Rüdiger Klink, Dani Levy u.a. Fritz Bauer (1903–1968) war Deutscher, Jude, Sozialdemokrat, Homosexueller – und als Staatsanwalt der jungen BRD kämpfte er dafür, dass Nazi-Verbrecher mit den Mitteln des Rechtsstaates ihrer Strafe zugeführt wurden. Doch da der Staat in weiten Teilen von Männern durchsetzt war, die schon im Dritten Reich ihren Dienst versahen, schien dies fast aussichtslos. «Wenn ich mein Büro verlasse, betrete ich Feindesland.» Der Satz des realen Fritz Bauer illustriert, in wel- cher Welt sich der Mann bewegte, der einst der Nazi-Mordmaschinerie entkommen war und nach dem Krieg dennoch nach Deutschland zurückkehrte, um beim Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen mitzuhelfen. Am Anfang von «Der Staat gegen Fritz Bauer» steht ein Original-TV-Dokument von 1961. Es geht darin um den Prozess gegen Adolf Eichmann, den «Buchhalter der Endlösung», der damals gerade in Jerusalem vor Gericht stand. Niemand wusste zu der Zeit, dass es Bauer gewesen war, der dem israelischen Geheimdienst Mossad den entscheidenden Hinweis auf Eichmanns Aufenthalt in Argentinien gegeben hatte. Bauer nahm dieses Geheimnis mit ins Grab. Erst Jahre nach seinem Tod wurde diese Tatsache bekannt, die Regisseur Lars Kraume nun ins Zentrum seines Filmes stellt. «Dem couragierten Pionier der Aufarbeitung von NS-Verbrechen (…) ein filmisches Denkmal zu setzen, war längst überfällig. Lars Kraume hält sich in (…) seinem Psychogramm eines Aufrechten nicht immer nur an die nüchternen Fakten. So ist sein junger, verkappt homosexueller Staatsanwalt Karl Angermann (hervorragend: Ronald Zehrfeld) ein fiktiver Charakter. Der dramaturgische Schachzug ermöglicht künstlerische Freiheit, die das kraftvolle Biopic um einiges spektakulärer gestaltet. (…) Und mit Hauptdarsteller Burghart Klaussner gelang ein Glücksgriff, (…) er verkörpert den Ausnahmejuristen und Kettenraucher bis in kleinste Nuancen überzeugend. Prägnant, sensibel und präzise spielt er, spricht nicht viel, aber er wirkt. Das ist seine Stärke.» Luitgard Koch, programmkino.de DO01.10.19h00 SO04.10.17h15 FR09.10.19h30 SA10.10.21h30 MO12.10. 18h45 Montagskino Fr. 10.– SA17.10.16h00 MI21.10.20h30 SO25.10.12h30 DO29.10.19h00 19 KINOK, CINEMA IN DER LOKREMISE DO01.10. 15h15 45 Years 17h15 Der Staat gegen Fritz Bauer 19h30 17h15 19h00 21h00 Life FR02.10. 17h15 Wild Women – Gentle Beasts 20h30 45 Years La tête haute Der Staat gegen Fritz Bauer Prager Frühling Die Liebe einer Blondine Lásky jedné plavovlásky MO05.10. MONTAGSKINO FR. 10.- 17h15 19h30 Ein launischer Sommer Youth SA03.10. Life Giovanni Segantini – Magie des Lichts 15h00 SA10.10. 45 Years MI07.10. Prager Frühling Die kleinen Margeriten 13h45 20h45 Sedmikrásky 45 Years 45 Years 19h00 The Farewell Party 20h30 14h15 SO04.10. 16h15 15h30 The Farewell Party The Farewell Party 10 Milliarden – Wie werden wir alle satt La tête haute Scharf beobachtete Züge 18h30 Prager Frühling Ostře sledované vlaky FR16.10. 17h30 Härte 17h15 The Farewell Party Amateur Teens Der Staat gegen Fritz Bauer DI13.10. 19h15 21h00 Dior and I Giovanni Segantini – Magie des Lichts La tête haute 13h00 Prager Frühling Dior and I 20h30 11h00 18h45 DI06.10. Dior and I 21h30 Der Staat gegen Fritz Bauer 21h30 17h15 19h00 19h00 17h00 Skřivánci na nití 45 Years MONTAGSKINO FR. 10.- La tête haute Lerchen am Faden 17h15 MO12.10. Valerie – eine Woche voller Wunder Valerie a týden divů 10 Milliarden – Wie werden wir alle satt 17h00 Youth FR09.10. 20h30 Prager Frühling DO15.10. 19h30 Härte 19h30 Prager Frühling Rozmarné léto 21h15 Wild Women – Gentle Beasts 13h15 17h30 The Wolfpack Youth 20h30 In Anwesenheit des Regisseurs Yared Zeleke. Das Gespräch führt der Filmjournalist Andreas Furler. Lamb 17h15 17h15 18h45 15h15 10 Milliarden – Wie werden wir alle satt Life 21h30 18h00 Dior and I DO08.10. Giovanni Segantini – Magie des Lichts 19h15 13h00 How to Change the World 19h45 Prager Frühling Die Liebe einer Blondine Lásky jedné plavovlásky LETZTE VORSTELLUNG Amateur Teens 21h30 Life SA17.10. 14h15 17h15 The Wolfpack 19h15 La tête haute 21h30 MI14.10. 16h00 Giovanni Segantini – Magie des Lichts Die kleinen Margeriten Life Der Staat gegen Fritz Bauer SO11.10. 11h00 The Wolfpack 14h00 15h45 Youth Reservation: www.kinok.ch Die Kasse öffnet 45 Minuten vor der ersten Vorstellung. Reservierte Tickets bitte 20 Minuten vor Vorstellungsbeginn abholen. Giovanni Segantini – Magie des Lichts LETZTE VORSTELLUNG Der Staat gegen Fritz Bauer 18h00 Sedmikrásky Prager Frühling LETZTE VORSTELLUNG OKTOBER 2015 MO26.10. 19h30 19h00 21h30 21h30 20h45 Prager Frühling LETZTE VORSTELLUNG 45 Years Amateur Teens Härte Ein launischer Sommer (Rozmarné léto) SO18.10. LETZTE VORSTELLUNG 10h30 14h30 How to Change the World 16h30 Wild Women – Gentle Beasts 18h30 16h30 Spalovač mrtvol 14h45 The Farewell Party LETZTE VORSTELLUNG Der Leichenverbrenner Prager Frühling Valerie – eine Woche voller Wunder Valerie a týden divů LETZTE VORSTELLUNG 19h45 Dior and I MO19.10. MONTAGSKINO FR. 10.- 17h00 The Farewell Party 18h45 The Wolfpack 20h30 La tête haute DI20.10. 17h00 How to Change the World Der Staat gegen Fritz Bauer 20h00 Blitz und Donner – Elektrizität im Film Mit einer Einführung und Kommentaren der Historikerin Regula Zürcher, Staatsarchiv St.Gallen. SO25.10. 19h00 12h30 LETZTE VORSTELLUNG Der Staat gegen Fritz Bauer 14h30 21h15 The Wolfpack La vanité EINZIGE VORSTELLUNG 20h30 LETZTE VORSTELLUNG FR30.10. 17h30 La vanité LETZTE VORSTELLUNG 19h15 Life LETZTE VORSTELLUNG 21h30 The Wolfpack 45 Years LETZTE VORSTELLUNG MI28.10. SA31.10. 14h15 14h00 16h00 LETZTE VORSTELLUNG 15h45 18h15 LETZTE VORSTELLUNG Prager Frühling LETZTE VORSTELLUNG In Anwesenheit des Regisseurs Lionel Baier. Das Gespräch führt die Kommunikations- und Medienwissenschaftlerin Sophie Rudolph. Prager Frühling Der Leichenverbrenner 45 Years Skřivánci na nití 19h30 21h00 Youth Lerchen am Faden 45 Years LETZTE VORSTELLUNG La vanité 18h00 17h30 Der Staat gegen Fritz Bauer Lamb 16h15 FR23.10. Lamb Spalovač mrtvol Youth 21h30 17h15 Life Amateur Teens 19h15 UNESCO-Welttag des audiovisuellen Kulturguts 10 Milliarden – Wie werden wir alle satt Lamb 18h45 La vanité 10h30 DO22.10. 19h00 DI27.10. Amateur Teens 20h30 The Farewell Party 17h00 La vanité 18h15 Prager Frühling 17h15 20h30 Dior and I 45 Years 18h15 14h00 DO29.10. MONTAGSKINO FR. 10.- LETZTE VORSTELLUNG 16h15 12h30 Lamb SA24.10. The Farewell Party MI21.10. 10 Milliarden – Wie werden wir alle satt Härte 19h45 Prager Frühling Scharf beobachtete Züge Ostře sledované vlaky LETZTE VORSTELLUNG Dior and I LETZTE VORSTELLUNG How to Change the World Amateur Teens 18h00 Alois Nebel LETZTE VORSTELLUNG 20h00 Special Jaroslav Rudiš Anschliessend führt David Basler, Verleger Edition Moderne, das Gespräch mit dem Comic- und Drehbuchautor Jaroslav Rudiš. EINZIGE VORSTELLUNG Lamb 19h45 Amateur Teens LETZTE VORSTELLUNG 21h30 La tête haute LETZTE VORSTELLUNG Die Bar öffnet 45 Minuten vor der ersten Vorstellung und ist durchgehend bis über das Ende der letzten Vorstellung hinaus bedient. www.kinok.ch PREMIERENFILM Life das Ausnahmetalent des 24-Jährigen und versucht fortan alles, um den als launisch und unzuverlässig bekannten CDN/D/AUS/USA 2015, 111 min, DCP, E/d James Dean vor die Kameralinse zu bekommen. Als er es Regie: Anton Corbijn schliesslich schafft, für das Life-Magazin einen Auftrag zur Darst.: Robert Pattinson, Dane DeHaan, Peter Lucas, fotografischen Dokumentation einer gemeinsamen Reise Joel Edgerton, Ben Kingsley, Alessandra Mastronardi, Lauren Gallagher, Kendal Rae u.a. von New York nach Indiana, Deans Heimat, zu bekommen, entwickelt sich auf dieser Zugsfahrt eine Freundschaft. Noch Das Bild «James Dean haunted Times Square» gehört zu kann Stock nicht ahnen, dass er die letzten Lebensmonate den am meisten reproduzierten Fotografien des 20. Jahr- des erst nach seinem Tod zum Superstar gewordenen Dean hunderts. Es zeigt einen jungen Mann, der mit eingezogenem dokumentiert – und dabei Bilder schafft, die zu Pop-Ikonen Kopf, schwarzem Mantel und einer Zigarette im Mundwin- werden. Sieben Jahre nach «Control» über den früh verstorkel durch den Regen New Yorks geht. Es war im Jahr 1955, benen Joy-Division-Sänger Ian Curtis wagt sich Anton Corals der aufstrebende People-Fotograf Dennis Stock den noch bijn, dessen vorherigen Film «A Most Wanted Man» wir vor wenig bekannten James Dean – «East of Eden» war soeben Jahresfrist im Kinok zeigten, erneut an ein Biopic über eine abgedreht – auf einer Party kennenlernte. Stock glaubt an Legende der Populärkultur. Dabei beweist er bei der Wahl seiner Schauspieler ein gutes Händchen, indem er den aus den «Twilight»-Filmen bekannten Robert Pattinson den Fotografen und den vergleichsweise weniger bekannten Dane DeHaan das Idol spielen lässt. «Man merkt, wie sehr Anton Corbijn mit seinem Handwerk verwachsen ist. Ob Film oder Fotografie: Er lebt für beides, und er kann beides auch sehr gut zusammenführen. So entsteht ein ruhiges, interessantes und optisch ansprechendes Drama über die lose Freundschaft zweier Männer, die unterschiedlicher nicht sein könnten. ‹Life› ist die Geschichte eines Fotos, durch das zwei Männer berühmt wurden (…) und von denen der eine sieben Monate später verstarb.» Julia Stache, cereality.net DO01.10. 21h00 FR02.10.19h15 MO05.10. 20h30 Montagskino Fr. 10.– SA10.10.19h15 FR16.10.21h30 DO22.10. 19h00 FR30.10.19h15 22 PREMIERENFILM The Farewell Party ISR/D 2014, 95 min, DCP, O/d-f Regie: Tal Granit, Sharon Maymon Darst.: Ze’ev Revach, Levana Finkelstein, Aliza Rosen, Ilan Dar, Raffi Tavor, Yosef Carmon, Hilla Sarjon, Assaf Ben-Shimon, Ilanit Dado u.a. Der etwas über 70-jährige Yehezkel, ein Technikfreak und Erfinder, und seine gleichaltrige Frau Levan leben zusammen in einer Altersresidenz, wo beide mit allerhand Technik versuchen, den Alltagssorgen ihrer Mitmenschen zu begegnen. Eines Tages kommt Yana, eine gemeinsame Freundin, mit einer ungewöhnlichen Bitte zu ihnen. Sie braucht Hilfe, um ihrem im Sterben liegenden Ehemann einen letzten Wunsch zu erfüllen. Dieser will nicht mehr länger an Bett und Maschinen gekettet vor sich hin vegetieren und leiden, sondern lieber sanft einschlafen – etwas, das ihm die Ärzte verweigern, denn in Israel ist, anders als in der Schweiz, Sterbehilfe verboten. Für Yehezkel, den Tüftler, ist dies ein Thema, das man pragmatisch angehen sollte, während sich seine Frau stets gegen Sterbehilfe ausgesprochen hat. So beginnt Yehezkel heimlich eine Maschine zu bauen, die einem das Sterben erleichtern soll. Bald aber wird er mit einer folgenschweren Entscheidung konfrontiert, die er so nicht hatte treffen wollen. Ähnlich wie Lionel Baier in «La vanité» machen sich auch die beiden israelischen Filmemacher Tal Granit und Sharon Maymon über das Ende, das uns allen bevorsteht, lustig. «Ein Film, der nicht nur über Undenkbares nachdenkt, sondern auch über ‹Unlachbares› lacht. Nominiert für 14 israelische Oscars und ausgezeichnet mit dem Publikumspreis am Filmfestival von Venedig, ist ‹The Farewell Party›, dessen hebräischer Originaltitel übersetzt ‹Ein guter Tod› lautet, ein in jeder Hinsicht respektlos-amüsantes cineastisches Kabinettsstückchen über das Ende des Lebens. Mit einem untrüglichen Sinn für bissigen Humor, der schon so manche israelische Filme auszeichnete, haben Maymon und Granit zusammen mit ihrer Truppe israelischer Komikerveteranen ein filmisches Fest geschaffen, das in seiner feinen Balance zwischen Emotionen und Komik seinesgleichen sucht.» Kenneth Turan, Los Angeles Times SO04.10.11h00 MI07.10.14h15 SA10.10.17h15 DO15.10.19h15 MO19.10. 17h00 Montagskino Fr. 10.– MI21.10.16h30 SA24.10.14h00 MO26.10. 17h00 Montagskino Fr. 10.– 23 PREMIERENFILM La tête haute SA03.10.21h30 SO04.10.13h00 F 2015, 120 min, DCP, F/d Regie: Emmanuelle Bercot Darst.: Catherine Deneuve, Sara Forestier, Benoît Magimel, Catherine Salée, Diane Rouxel, Rod Paradot, Ludovic Berthillot, Anne Suarez u.a. MI07.10.20h30 FR09.10.17h15 DI13.10.20h30 MO19.10. 20h30 Montagskino Fr. 10.– Schon als Sechsjähriger, kurz nach seiner Einschulung, ist Malony ein Schwerenöter; zusammen mit seiner alleinerziehenden Mutter Séverine wird er der Jugendrichterin Florence vorgeführt. Jahre später hat sich die Situation verschärft: Malony raucht, säuft und klaut Autos; immer wieder landet er in Jugendheimen, während die immer noch gleiche Jugendrichterin ein angemessenes Strafmass für ihn zu finden sucht. Doch der jahrelange Goodwill von Florence hat SA31.10.21h30 24 keine positiven Auswirkungen auf Malonys Betragen. Etwas Besserung kommt erst auf, als er Tess, die Tochter einer Heimerzieherin, kennenlernt. Tess ist von dem aggressiven Jungen fasziniert, eine Beziehung bahnt sich an. Trotzdem baut Malony weiter Mist, und so droht er mit 17 ins Gefängnis zu wandern. Zwei Jahre nach «Elle s’en va», der ersten Zusammenarbeit zwischen Regisseurin Emmanuelle Bercot und Catherine Deneuve, zeigt «La tête haute», der das diesjährige Filmfestival von Cannes eröffnete, eine überraschend mütterliche Catherine Deneuve. Sie ist der ruhende Pol eines Sozialdramas, das mit Benoît Magimel als Bewährungshelfer und Sara Forestier als Malonys überforderter Mutter mit zwei weiteren Stars des französischen Kinos aufwartet. Die grosse Entdeckung aber ist der 19-jährige Rod Paradot. «Dass der Regisseurin der schwierige Spagat zwischen hartem sozialem Realismus und emotional packenden Zwischentönen gelingt, ist zu einem guten Teil dem Debütanten Rod Paradot (…) zu verdanken. Unterschwellig ist stets zu spüren, wie der vermeintlich unverbesserliche Chaot nach Orientierung sucht. (…) Doch auch wenn es Paradot in vielen Szenen gelingt, Verständnis und sogar eine gewisse Sympathie für den emotionalen Berserker Malony zu wecken, ist ‹La tête haute›, anders etwa als das durchaus vergleichbare USIndependent-Drama ‹Short Term 12›, kein optimistischer Film mit Wohlfühlende, (…) sondern ein kraftstrotzendes Sozialdrama, das in seiner rauen Emotionalität jederzeit zu packen vermag.» Carsten Baumgardt, filmstarts.de PREMIERENFILM Amateur Teens er möchte gegenüber seinen Kollegen – allen voran gegenüber dem grossmäuligen Adi – nicht als Verlierertyp dasteCH 2015, 92 min, DCP, Dialekt hen, der sich mit einem Mauerblümchen einlässt. Der ZürRegie: Niklaus Hilber cher Regisseur und Drehbuchautor Niklaus Hilber erzählt Darst.: Fabrizio Borsani, Annina Walt, Chiara Carla Bär, in seinem dritten Spielfilm von der gnadenlosen HackordLuna Wedler, Benjamin Dangel, Jérôme Humm, Zoë Pastelle Holthuizen, Fayrouz Gabriel u.a. nung, die unter Teenagern herrscht. Klug in kleinste Einzel szenen fragmentiert, in fünf Kapitel aufgeteilt und von der Selim ist in seine Klassenkameradin Sabrina verliebt; Sabri- Kamera Tobias Denglers («Der Kreis») kongenial begleitet, nas beste Freundin Milena gibt sich cool und ist stolz auf ist «Amateur Teens» ein Jugenddrama von verstörender ihre Erfolge bei älteren Typen; Lara ist neu in der Klasse von Intensität, wie man das so noch kaum in einem Schweizer Selim, Sabrina und Milena an einer Zürcher Sekundarschu- Film erlebt hat. Sein bewusst zweideutig-schlüpfriger Titel le. Sie kämpft gegen ihren Status als Aussenseiterin ohne zielt präzise und unerbittlich auf die zunehmende PornograZugang zur Clique der Mädchen, die so gnadenlos sind mit fisierung des Alltags, die bisweilen fatalen Folgen von Social ihren Urteilen bezüglich Style, Gos und No-Gos. So sucht Media und ihre Auswirkungen auf das Beziehungsleben von Lara die Nähe zum schüchternen Jan, der aber zögert, denn Jugendlichen, die gerade ihre Sexualität zu erkunden beginnen. «Ein fein beobachtetes Porträt heutiger Jugendlicher. Die Nahaufnahmen vermitteln einem das Gefühl, selbst in der Runde der Teenager zu sitzen (…). Die Leistungen der jungen Darsteller und Darstellerinnen sind bemerkenswert, die Montage ragt heraus. Niklaus Hilber (…) will Dilemmata, Ambivalenzen und Widersprüchlichkeiten. Deshalb gibt es in ‹Amateur Teens› auch keinen Helden, der es am Ende schafft oder der scheitert, sondern viele Figuren, die viel zu lernen haben.» Denise Bucher, NZZ am Sonntag DO15.10.21h00 FR16.10.19h45 DI20.10.19h00 SA24.10.18h15 MO26.10. 18h45 Montagskino Fr. 10.– MI28.10.18h15 SA31.10.19h45 25 PREMIERENFILM La vanité FR23.10.19h30 SA24.10.20h00 CH/F 2015, 75 min, DCP, F/d Regie: Lionel Baier Darst.: Carmen Maura, Patrick Lapp, Ivan Georgiev, Adrien Barazzone, Nian Théron, Pierre-Isaie Duc, Monique Kramer, Stéphanie Blanchoud u.a. MO26.10. 20h30 Montagskino Fr. 10.– MI28.10.14h15 FR30.10.17h30 weitere Vorstellungen im November Der verwitwete Architekt David ist alt, krank und des Lebens überdrüssig. Er will sterben und hat sich deshalb mit einer Organisation zur Freitodbegleitung in Verbindung gesetzt, damit ihm sein letzter Wunsch erfüllt werde. So liegt er in einer Winternacht im Zimmer eines etwas heruntergekommenen, dem Abbruch geweihten Motels ausserhalb von Lau sanne und wartet auf seine Sterbebegleiterin. Als diese eintrifft, zeigt sich schnell, dass die ältere Frau, eine Spanierin mit dem schönen Namen Esperanza (Hoffnung), nicht befugt ist, allein Sterbehilfe zu leisten. Doch da gibt es im Nebenzimmer noch den jungen russischen Stricher Treplev, und so versucht David mit allen möglichen Tricks, Treplev zu überzeugen, ihn bei seinem Vorhaben zu unterstützen. Nur zwei Jahre nach seinem komödiantischen Roadmovie «Les grandes ondes (à l’ouest)» kehrte der Lausanner Lionel Baier im August mit seinem schwarzhumorigen Film auf Locarnos Piazza Grande zurück und begeisterte das Publikum so sehr, dass es dem Film den Publikumspreis verlieh. Mit Patrick Lapp als David Miller ist ein alter Bekannter aus «Les grandes ondes (à l’ouest)» mit von der Partie, derweil Carmen Maura, Protagonistin in sieben Almodóvar-Filmen, wohl kaum besonders vorgestellt werden muss. Der junge Bulgare Ivan Georgiev als Treplev ist die schauspielerische Überraschung in diesem charmanten Kammerspiel über die Liebe zum Leben. «Eine Komödie über die Hilfe beim Sterben mag ja ein Ding der Unmöglichkeit sein, doch Lionel Baier überspielt diesen Widerspruch mit heiterer Gelassenheit und grösster Selbstverständlichkeit. Der Humor entsteht dabei aus den Zwangsläufigkeiten, in denen sich die Figuren befinden. Diese gehen mit der Unausweichlichkeit des Todes so um, wie sie Woody Allen einst in seiner umwerfenden Art beschrieben hat: ‹Ich habe keine Angst vor dem Tod, ich möchte nur nicht dabei sein, wenn er mich trifft.›» Richard Mowe, eyeforfilm.co.uk Premiere am 23. Oktober in Anwesenheit des Regisseurs Lionel Baier. Das Gespräch führt die Kommunikations- und Medienwissenschaftlerin Sophie Rudolph, Universität St.Gallen. 26 PREMIERENFILM Dior and I wahnwitzig kurzen Frist von acht Wochen fertigstellen, da der Termin für die Präsentation bereits feststeht – in der F 2014, 90 min, DCP, O/d Regel sind es mindestens vier Monate. «Dior and I» gewährt Regie: Frédéric Tcheng nie gesehene, private Einblicke in die vielschichtige Welt des Mitw.: Raf Simons, Grace Coddington, Marion Cotillard, Modehauses Dior und einen einmaligen Blick hinter die Isabelle Huppert, Marc Jacobs, Jennifer Lawrence, Sharon Stone, Donatella Versace u.a. Kulissen der verschiedenen Ateliers mit ihren teils langjährigen Mitarbeiterinnen – alles perfekt eingespielte Teams, Nach der unrühmlichen Entlassung von John Galliano bei die mit Herzblut am Werk sind. Regisseur Frédéric Tcheng Dior übernimmt der belgische Designer Raf Simons, der hat sich bereits mit den Modedokumentationen über Modezuvor als Kreativdirektor bei Jil Sander tätig war, Anfang schöpfer Valentino «Valentino: The Last Emperor» und die April 2012 dessen Nachfolge. Für Simons eine ungeheure Stylistin Diana Vreeland «Vreeland: The Eye Has to Travel» Herausforderung – einerseits soll er sich dem Stil des Tra- einen Namen gemacht. «Ähnlich wie Raf Simons in seiner ditionshauses Dior verpflichten, anderseits wird erwartet, Mode für Dior verwebt Tcheng das Jetzt geschickt mit der dass er das Modehaus mit eigenen Ideen modernisiert. Dazu Vergangenheit: So springt ‹Dior and I› zwischen biogramuss er seine erste Haute-Couture-Kollektion innerhalb der fischen Details, Originalaufnahmen von Christian Dior und emotionsgeladenen Live-Szenen des Laufsteg-Countdowns hin und her. (…) In anderthalb Filmstunden lernt man Simons besser kennen: Wirkt er bei der ersten Begegnung mit den Direktricen im Herzen der Marke, dem Couture-Atelier, noch zurückhaltend, sieht man ihn wütend, als beim Fitting kein Kleid pünktlich vorgeführt wird, und vor Showbeginn so aufgewühlt, dass ihm die Tränen kommen. Momente wie diese – so intim, persönlich und ganz nah dran am kamerascheuen Belgier – Regisseur Tcheng gelang es, sie in berührenden Nahaufnahmen einzufangen.» Marie Hein, Vogue SA03.10.17h00 DI06.10.17h15 SO11.10.13h00 MO12.10. 17h00 Montagskino Fr. 10.– SO18.10.19h45 SA24.10.16h15 SA31.10.14h00 27 PREMIERENFILM Lamb sich und Chuni eine Fahrkarte zu ersparen, indem er auf dem Dorfmarkt selbstgemachte Gemüsebällchen verkauft. ETH/F/D/NOR/KAT 2015, 94 min, DCP, O/d-f Hilfe bekommt er von der jungen Tsion, die ebenfalls in der Regie: Yared Zeleke Familie lebt und lieber Zeitungen liest und ErnährungsfraDarst.: Rediat Amare, Kidist Siyum, Welela Assefa, gen debattiert, als sich für ihren angehenden, von der FamiRahel Teshome, Surafel Teka, Indris Mohamed, Bitania Abraham, Mihiratu Alemu u.a. lie ausgewählten Bräutigam schön zu machen. Die Situation spitzt sich zu, als ein Feiertag naht und Chuni im Kochtopf Die Mutter des neunjährigen Ephraim wurde Opfer der herr- landen soll. «Lamb» ist der erste Film aus Äthiopien, der in schenden Dürre. Mittellos geworden sucht sein Vater Arbeit der 68-jährigen Geschichte des Filmfestivals von Cannes 2015 in der Hauptstadt und bringt den Sohn zu Verwandten in für den offiziellen Wettbewerb in der Reihe Un Certain Regard eine entlegene, aber fruchtbare Gegend. Nach dem Tod der ausgewählt wurde. «Regisseur Yared Zeleke (…) unterliegt Mutter ist Ephraims bester Freund und einziger Trost das der beeindruckenden Schönheit der äthiopischen LandschafLamm Chuni. Dem Onkel gefällt es nicht, dass Ephraim ten nicht; vielmehr nutzt er sie, um die Charakterstärke seilieber kocht, als auf dem Acker zu arbeiten – Kochen sei nes jungen Helden hervorzuheben. Nie geht dieser in den Frauensache. Von Heimweh geplagt, versucht Ephraim, für atemberaubenden Weiten unter, die von der genialen Kamerafrau Josée Deshaies gekonnt in Szene gesetzt werden. Was zunächst wie ein exotischer Feel-Good-Movie daherkommt, wirft in Wirklichkeit grundsätzliche Fragen auf, geht es doch um die Entschlossenheit eines noch im Werden begriffenen jungen Menschen, der in keine Schublade passt. (…) Als unschuldige Verkörperung von Transgression und Umbruch geht der junge Koch – stets begleitet von seinem geliebten Schäfchen – erstaunlich mutig und entschieden seinen Weg. Ein unbeirrbarer Kämpfer und Versöhner. Virginie Apiou, arte.tv MI14.10.18h00 SO18.10.16h30 DO22.10.17h15 SO25.10.14h30 DO29.10.17h15 SA31.10.18h00 Premiere am 14. Oktober in Anwesenheit des Regisseurs Yared Zeleke. Das Gespräch führt der Filmjournalist Andreas Furler. 28 PREMIERENFILM The Wolfpack brille und Anzug während fünf Jahren begleitete. Von der übrigen Welt, ausser von Hollywood, abgeschnitten, hatten USA 2015, 90 min, DCP, E/d die Brüder während ihrer ganzen Kindheit das wahre Leben Regie: Crystal Moselle nur aus Filmen kennengelernt und diese unter Anleitung Mitw.: Bhagavan Angulo, Govinda Angulo, ihres Vaters mit einer Kamera auch nachgespielt. Als sie Jagadisa Angulo, Krsna Angulo, Mukunda Angulo, Narayana Angulo, Chlore Pecorino u.a. sich in Begleitung der Filmemacherin langsam von ihren schrulligen Eltern emanzipieren und befreien, beginnen sie, Die sechs Angulo-Brüder, zwischen 1991 und 1998 geboren, das Filmen professioneller anzugehen. «Das Wolfsrudel» lebten zusammen mit ihren Eltern, einem alternden Hippie- war der Hit des letzten Sundance Film Festivals. Der Film Paar, und ihrer geistig behinderten älteren Schwester total ist gleichermassen eine erschreckende Familiengeschichisoliert von der Aussenwelt in einer Sozialwohnung in der te und eine äusserst witzige Hommage an die Welt der Bronx, als die amerikanische Dokumentarfilmerin Crystal Illusionsmaschine Film. «Kino nach Art der Angulo-Brüder Moselle sie im Jahr 2010 kennenlernte. Es sei für sie gewe- liegt irgendwo zwischen einem Fan-Remake von ‹Raiders sen, als ob sie ein verschollenes Volk entdeckt hätte, erzählt of the Lost Ark: The Adaptation› und den selbstgedrehten Moselle, die daraufhin die langhaarigen Jungs mit Sonnen- Klassiker-Neuverfilmungen, wie sie der Videotheken-Angestellte in Michel Gondrys ‹Be Kind Rewind› kreiert. Den Brüdern bei der Herstellung ihrer aufwändigen Hommagen zuzusehen, ist ein unbändiges Vergnügen und eine reine Freude.» Scott Foundas, Variety DO08.10.19h30 SO11.10.11h00 DI13.10.19h00 MO19.10. 18h45 Montagskino Fr. 10.– DO22.10.21h15 FR30.10.21h30 29 PREMIERENFILM How to Change the World losfuhr, um vor Alaska einen Atombombentest der NixonRegierung zu verhindern. Aus Tausenden Stunden ArchivCDN/GB 2015, 110 min, DCP, E/d material aus dem Amsterdamer Greenpeace-Archiv hat Regie: Jerry Rothwell Rothwell anlässlich von Bob Hunters zehntem Todestag eine Mitw.: Bill Darnell, David Garrick, Bobbi Hunter, faszinierende Dokumentation über die ersten Jahre einer Emily Hunter, Robert Hunter, Will Jackson, George Korotva, Myron MacDonald u.a. Organisation geschaffen, die visionär schon früh die Macht medial vermittelter Bilder spektakulärer Aktionen erkannDie heute weltumspannende Umweltschutzorganisation te. Eine «Mind Bomb», die das Bewusstsein der Menschen Greenpeace hatte einst 1971 als Gruppe verwegener junger verändere, sollten diese Bilder sein, deshalb war von Anfang Leute aus dem Umfeld der Hippie- und Anti-Vietnamkriegs- an bei jeder ihrer Aktionen die Kamera mit dabei. «Geschickt bewegung im kanadischen Vancouver begonnen. Der Doku- montiert der Film zu den Archivaufnahmen Auszüge aus mentarfilm des US-Amerikaners Jerry Rothwell erzählt in persönlichen Aufzeichnungen und die Berichterstattung in seinen ersten Szenen, wie es damals war, als der 2005 ver- den Medien (…) und greift auf Hunters Tagebucheintrastorbene Journalist, Comic-Zeichner und Autor Bob Hunter gungen und Notizen zurück, die aus dem Off vorgelesen mit einigen Freunden auf einem gecharterten Fischkutter und teilweise animiert werden, so dass Hunter oft als Erzähler des Gezeigten fungiert. Auch gruppeninterne Diskussionen werden nicht ausgespart, die sich zunehmend am Widerspruch zwischen altruistischer Weltverbesserung und der Finanzierung der Kampagnen entzündeten und schliesslich zum Bruch führten. Dabei gehen die damaligen Aktivisten offen mit ihren Zerwürfnissen um. Im Mittelpunkt steht die Veränderung der Welt, die Leidenschaft und der Idealismus. Hier zeigt dieser sehr gute Dokumentarfilm, dass selbst mit kleinen Mitteln viel erreicht werden kann. Und das ist gerade in der heutigen Zeit eine wichtige und motivierende Erinnerung.» Sonja Hartl, kino-zeit.de FR16.10.17h30 SO18.10.12h30 DI20.10.17h00 SA31.10.15h45 30 PREMIERENFILM Härte Ende 2006 unter dem Titel «Härte: Mein Weg aus dem Teufelskreis der Gewalt» erscheint. Rosa von Praunhein hat im D 2015, 89 min, DCP, D ungefähr 70. Werk seiner reichen Filmografie den unglaubRegie: Rosa von Praunheim lichen Werdegang eines Reuigen in einer Mischung aus SpielDarst.: Andreas Marquardt, Marion Erdmann, und Dokumentarszenen zum Leben erweckt. In makellosem Hanno Koffler, Luise Heyer, Katy Karrenbauer, Rüdiger Götze, Ilse Amberger-Bendin u.a. Schwarz-Weiss präsentieren sich die inszenierten Spielfilmsequenzen mit Hanno Koffler («Freier Fall»), der als junger Der heute 59-jährige Andreas Marquardt wurde als kleines Andreas Marquardt brilliert, während die farbigen DokuKind von seinem Vater im Berlin der 1960er-Jahre auf bru- mentarfilmszenen einen abgeklärten und austherapierten talste Weise misshandelt und gequält, während ihn seine Andreas Marquardt zusammen mit seiner Lebenspartnerin Mutter über Jahre hinweg sexuell missbrauchte. Später wird Marion Erdmann zeigen, die eine beeindruckende Stärke er im Berlin der 1970er- und 1980er-Jahre zum brutalen ausstrahlt. «Was ihn nicht umbrachte, machte ihn gemäss Zuhälter und Schläger und landet 1994 für achteinhalb Jah- dem Nazispruch ‹härter›. Die Genialität des Films besteht re im Gefängnis. Dort beginnt er sich mit Hilfe eines The- aber darin, den sexuellen Doppelsinn dieser Härte herausrapeuten zu läutern und schreibt seine Autobiografie, die zuschälen. Den psychologischen Zusammenhang zwischen dem mütterlichen Missbrauch und seiner Laufbahn als einem der brutalsten Zuhälter Berlins beleuchten von Praunheim und seine beiden Koautoren Nico Woche und Jürgen Lemke mit gelungenen Spielszenen. (…) Ein Kunstfilmer wollte von Praunheim eigentlich nie werden, doch seine stilisierte Darstellung einer Missbrauchskarriere kann sich mit Fassbinder messen. Ähnlich wie Dominik Grafs ‹Hotte im Paradies› fühlt ‹Härte› sich in das verletzte Innenleben eines Zuhälters ein, ohne dessen frauenverachtenden Gestus zu rechtfertigen. Ein kleiner, aber wuchtiger Film, dessen ‹Härte› im Gedächtnis bleibt.» Manfred Riepe, epd Film DO08.10.21h15 MO12.10. 20h45 Montagskino Fr. 10.– SA17.10.21h30 FR23.10.21h30 31 WEITERHIN WEITERHIN anderen Frauen kommen aus Ägypten, Frankreich und Russ land. Im Gegensatz zur Deutschen, die einst Spitzensportlerin in der DDR war, stammen sie aus Zirkusfamilien und sind von klein an mit den «Beasts» vertraut. Die Französin erzählt, wie bei ihr als Baby im Kinderwagen kein Stofftier, sondern ein Minilöwe lag. Und die junge Russin, die zusammen mit ihrer Mutter Bären zähmt, sagt: «Die Bärin, mit der ich jetzt arbeite, ist wie eine Schwester.» Und die Ägypterin wollte auf ihrer Visitenkarten neben ihrem Namen schon immer den Beruf «Löwenbändigerin» setzen – derweil die deutsche Künstlerin die Tigersprache sprechen und verstehen kann und zusammenbricht, als einer ihrer Lieblinge mit Nierensteinen in die Klinik muss. «Schon als Mädchen fühlte ich mich angezogen von einer Dompteurin aus ‹Salto Mortale›, einer Fernsehserie der 60er-Jahre. Ich wollte nach ihrem Vorbild Tigerdompteurin werden. Nun als 50-jährige Filmerin will ich erforschen, wie die Realität dieser wagemutigen Frauen tatCH/F/D/KAT/RUS 2015, 96 min, DCP, O/d-f sächlich aussieht. (…) Diese Magie der Zähmung ging durch Regie: Anka Schmid die Dreharbeiten und den Blick hinter die Kulissen keinesMitw.: Namayca Bauer, Carmen Zander, Aliya Takshantova, wegs verloren. (…) Gerade durch das Wissen, wie hart die Nadezhda Takshantova, Anosa Kouta u.a. Schufterei (…) und wie ambivalent die Rolle der Frauen ist, Das Raubtier und seine Herrin sind ein erhabenes Paar; das entstand für mich eine neue Magie: ihre absolute Hingabe machen schon die ersten Szenen von Anka Schmids neuem und Bedingungslosigkeit. Insofern haben mir die glitzernden Dokumentarfilm klar. Man hält den Atem an, wenn Carmen Raubtierdompteurinnen mit ihrer Achtsamkeit und ihrem Zander in der Manege mit einem halben Dutzend ausgewach- Respekt gezeigt, wie angewiesen wir Menschen auf ein Zusamsener Tiger spielt, als wären es putzige kleine Schmusekätz- menwirken mit Tier und Natur sind.» Anka Schmid chen. Die deutsche Dompteurin ist eine von fünf Königinnen der Manege, die die Zürcher Regisseurin – die in früheren Filmen schwangere Teenager, Künstlerinnen und Hopi-Indianer porträtierte – bei ihrer gefährlichen Arbeit begleitet. D ie FR02.10.17h15 MO05.10. 18h45 Montagskino Fr. 10.– SO18.10.14h45 Wild Women – Gentle Beasts 33 WEITERHIN bewegen will. Mit Harvey Keitel (76) und Michael Caine (82) hat Paolo Sorrentino, dessen letzter Film «La grande bellezza» mit einem Oscar und unzähligen weiteren Preisen ausgezeichnet wurde, zwei Schauspiellegenden zusammengebracht, die hier vor grandioser Bergkulisse ein Werk über die Vergänglichkeit tragen, das an Fellinis Geniestreiche «La dolce vita» und «Otto e mezzo» erinnert – und das mit Jane Fonda, Rachel Weisz und Paul Dano weitere Weltklasse schauspieler präsentiert. «Eine Farce, zumindest anfangs – gerade so, als hätte Sorrentino die gloriose Celebrity-Leere aus ‹La grande bellezza› weiterspinnen wollen. Dann aber, eingebettet in ein Panoptikum kurioser Gästegestalten, mischen sich Bitterkeit und Weisheit (…), irrwitzige Szenen treffen auf vorsätzlichen Leerlauf, Leute fangen an, sich zu lieben oder zu hassen. (…) Das Leben lahmt längst in der Bonuszeit, und da ist es eigentlich egal, wenn man gerade einem Kuhglockenkonzert beiwohnt (…) – es sei denn, Miss I/F/CH/GB 2015, 118 min, DCP, E/d-f Universe steigt gerade neben einem nackt in den Pool. Das Regie: Paolo Sorrentino Alter. Die Unsichtbarkeit für die Jüngeren. Ein feines VorbeiDarst.: Michael Caine, Harvey Keitel, Rachel Weisz, gehen und Vorkommen dann doch in deren Welt. All das Paul Dano, Jane Fonda, Mark Kozelek, Robert Seethaler, Alex Macqueen, Luna Zimic Mijovic u.a. spielt der Film in aller Schwerelosigkeit an, bevor er sich davonmacht in ein magistrales musikalisches Finale. Und Der alternde Filmregisseur Mick hält sich zusammen mit traumwandlerisch übergeht in eine Pressekonferenz, in der seinem besten Freund, dem Dirigenten und Komponisten Michael Caine auch auf seltsamste Fragen umwerfende AntFred, in einem luxuriösen Kurhotel in den Schweizer Alpen worten hat. War es nicht komisch, den nackten Körper so auf. Während Mick und sein Assistententeam mit der Dreh- im Film zu zeigen? ‹Nun, das ist der einzige, den ich habe.› buchendfassung seines filmischen Testaments ringen, hat Und überhaupt, schon eine traurige Oldie-Rolle, oder? ‹Die Fred keine Lust mehr zum Arbeiten und lässt selbst eine einzige Alternative für mich wäre, einen Toten zu spielen.›» Abordnung der Queen abblitzen, die ihn zur Wiederauffüh- Jan Schulze-Ojala, Der Tagesspiegel rung seines berühmtesten Werkes, der «Simple Songs», FR02.10.21h30 DO08.10.17h15 SO11.10.19h30 MI14.10.15h45 SA24.10.21h30 MI28.10.16h00 Youth 34 WEITERHIN Valentin Thurn hat mit seinem letzten Film «Taste the Waste» aufgezeigt, welche immensen Mengen an Lebensmitteln heutzutage ungenutzt auf den Müll wandern. Damit hat er eine breite Öffentlichkeit angesprochen und eine intensive gesellschaftliche Debatte über Deutschland hinaus entfacht. Jetzt geht er einen Schritt weiter und rückt in seinem neuen Dokumentarfilm «10 Milliarden – Wie werden wir alle satt» die Landwirtschaft als Basis der Welternährung in den Mittelpunkt. Wie kann zukünftig genug Nahrung für zehn Milliarden Menschen erzeugt werden? Zwei Lager behaupten, die Lösung zu kennen: einerseits die industrielle Landwirtschaft, die global immer weiter expandiert und hocheffizient auf Massenproduktion setzt. Demgegenüber stehen die biologische und die traditionelle Landwirtschaft, die zwar weniger Masse produzieren, dafür aber schonend mit den begrenzten Ressourcen umgehen. Von beiden Seiten will der Filmemacher wissen, wie sie die Welt künftig ernähren wollen. Der Film zeigt die globalen Wechselwirkungen in der Landwirtschaft anhand von Protagonisten aus den zentralen ProdukD 2015, 107 min, DCP, O/d-f tionsbereichen Saatgut, Düngung, Schädlingsbekämpfung, Regie: Valentin Thurn Mitw.: Liam Condon, Johan Botterman, Kusum Misra, Futtermittelherstellung, Tierproduktion und Handel. Dabei Andreas Gransee, Felix Prinz zu Löwenstein, Michael Sinn, wird kritisch die derzeit gängige Praxis beider Seiten hinterJohn Percy Fernando u.a. fragt, aber auch unvoreingenommen ihre Lösungsansätze und Visionen für die Zukunft vorgestellt. Dabei geht es dem Im Laufe dieses Jahrhunderts wird die Weltbevölkerung auf Regisseur nicht darum, ein düsteres Szenario für die Zukunft zehn Milliarden anwachsen. Wo soll die Nahrung herkom- zu zeichnen, sondern Perspektiven und Lösungsansätze zu men, die jeder Einzelne täglich zum Überleben benötigt, von bieten. Am Ende steht die wichtige Erkenntnis, dass wir alle der ja bereits heute jeder Sechste zu wenig hat? Wie können mit unserem Essverhalten einen gewaltigen Einfluss darauf wir verhindern, dass die Menschheit allein durch ihr Wachs- haben, in welche Richtung die globale Landwirtschaft sich tum die Grundlage für ihre Ernährung zerstört? Regisseur in Zukunft entwickelt. Essen ist politisch. SA03.10.15h00 MI07.10.16h15 SO11.10.15h15 SO18.10.10h30 SO25.10.10h30 10 Milliarden – Wie werden wir alle satt 35 WEITERHIN mann Pio Corradio treten in Dialog mit dessen Gemälden – eine hochauflösende Spezialkamera gewährleistet die farbgetreue Wiedergabe der Originalbilder. Radikal war die Entscheidung, auf Kommentare oder Interviews zu verzichten und den Maler selbst zu Wort kommen zu lassen in seinen autobiografischen Texten, gelesen von Bruno Ganz. Dazu liest Mona Petri Auszüge aus Asta Scheibs erfolgreicher Roman-Biografie «Das Schönste, was ich sah». Die Musikaufnahmen mit Paul Giger, Marie-Louise Dähler und dem Carmina Quartett entstanden in der Chiesa Bianca in Maloja, wo Segantini nach seinem Tod aufgebahrt wurde. 1858 in Arco am nördlichen Ufer des Gardasees geboren, kämpfte er sich aus den widrigsten Verhältnissen hoch. Als er 1899 nur 41-jährig in der Hütte auf dem Schafberg oberhalb von Pontresina wahrscheinlich an einer Bauchfellentzündung starb, war er ein international bekannter Künstler. «Wohl noch nie ist Segantinis Tiefe derart ausgelotet worden. Durch seine eigenen Worte erfährt das Publikum, dass zum Handwerk des Künstlers poetische Visionen und philosophische CH 2015, 82 min, DCP, D Betrachtungen gehören. Dass für ihn nur Kunst entsteht, Regie: Christian Labhart wenn die Passion des Lebens in ihr enthalten ist. (…) Wenn Musikalische Leitung: Paul Giger, Marie-Louise Dähler die Grossartigkeit der Bergwelt mit ihrem flirrenden Licht, Christian Labhart hat seinen filmischen Essay über Giovan- ihren Horizonten, ihren Blumen und Wasserquellen, den ni Segantini analog zu dessen Hauptwerk, dem Alpentrip Sonnenstrahlen, dem Schnee und Eis als Feier der Schöptychon, in die drei Teile Werden – Sein – Vergehen geglie- fung erscheint.» Guido Magnaguagno dert. Seit Jahren schon beschäftigt sich der Regisseur mit Segantini und ist an die Orte gereist, wo der Maler gelebt hat. Entstanden ist ein einzigartiges Gesamtkunstwerk, bei dem die am Film beteiligten Künstler ihren eigenen Zugang zu Segantini entwickelten. Die Aufnahmen von Kamera- SA03.10.13h15 MO05.10. 17h15 Montagskino Fr. 10.– SA10.10.13h45 MI14.10.14h00 SA17.10.14h15 Giovanni Segantini – Magie des Lichts 36 ZUM UNESCO-WELTTAG DES AUDIOVISUELLEN KULTURGUTS Blitz und Donner – Elektrizität im Film ca. 60 min, digital HD Strömende Kraft DI27.10.19h15 CH 1952, ca. 13 min Regie: Adolf Forter Ein Gewitter auf dem Gotthard löst einen Kurzschluss an der internationalen Starkstromleitung aus. Kurzschluss. Ein Dokumentarfilm, welcher den langen Weg der elektrischen Energie vom Kraftwerk bis zum Konsumenten zeigt CH 1950, ca. 13 min Regie: Valérien Schmidely Der diesjährige UNESCO-Welttag des audiovisuellen Kulturguts steht unter dem Motto «Archives at Risk: Protecting the World Identities». Damit soll weltweit auf die Bedeutung und Gefährdung von Bild- und Tondokumenten aufmerksam gemacht werden. Das Staatsarchiv St.Gallen zeigt zu diesem Anlass erneut Dokumente aus seinem Fundus, diesmal Beispiele aus dem Firmenarchiv der St.GallischAppenzellischen Kraftwerke SAK, die im Dezember 2014 ihr 100-jähriges Bestehen feierten. Vorgestellt wird auch das älteste, neu restaurierte Filmdokument im Staatsarchiv. Dieses hielt die Sprengung des Kamins im Kubel am 12. Dezember 1931 fest. Gib acht! Aus dem Notizbuch eines Schadeninspektors CH ca. 1970, ca. 14 min Regie: Hans Probst Im Auftrag des Verbandes Schweizerischer Elektrizitätswerke Kaminsprengung im Kubel, St.Gallen CH 1931, ca. 3 min Regie: Hausammann & Co. AG, St.Gallen Mit einer Einführung und Kommentaren der Historikerin Dr. Regula Zürcher, Staatsarchiv St.Gallen. 37 INFORMATIONEN Für das Zustandekommen des Programms danken wir: Lionel Baier, Lausanne; David Basler, Zürich; Joachim Bitter, St.Gallen; Cinémathèque Suisse, Lausanne; Elite Film, Zürich; Filmcoopi, Zürich; Frenetic Films, Zürich; Andreas Furler, Zürich; JMH Distributions, Neuchâtel; Kinemathek Basel; Look Now, Zürich; National Film Archive, Prag; Marietta Ochsner, St.Gallen; Praesens Film, Zürich; Jaroslav Rudiš, Berlin; Sophie Rudolph, St.Gallen; Trigon Film, Ennetbaden; Patricia Vidovic, Zürich; Xenix Filmdistribution, Zürich; Yared Zeleke, Addis Abeba; Regula Zürcher, St.Gallen. Kinok, Cinema in der Lokremise Grünbergstrasse 7 9000 St.Gallen Tel. + Fax Büro: 071 245 80 89 Reservationen: 071 245 80 72 E-Mail: [email protected] www.kinok.ch Kasse Die Kasse öffnet 45 Minuten vor der ersten Vorstellung. Reservationen Reservierte Tickets 20 Minuten vor Vorstellungsbeginn abholen. Induktive Höranlage Das Kinok ist mit einer induktiven Höranlage ausgestattet. Impressum Redaktion: Sandra Meier, Marina Schütz Gestaltung: Michael Schoch, mschoch.ch Druck: Typotron St.Gallen Erscheinungsdatum: 22.September 2015 Auflage: 5000 Exemplare Geht an alle Mitglieder des Kinok. Mitgliederbeitrag von CHF 60.– auf PC 90-20538-7. Mit freundlicher Unterstützung von Stadt und Kanton St.Gallen Bar Die Bar öffnet 45 Minuten vor der ersten Vorstellung und ist durchgehend bis über das Ende der letzten Vorstellung hinaus bedient. Freier Eintritt in die Ausstellung Mit dem Kinoticket haben Sie freien Eintritt in die Kunstzone der Lokremise. Nur am selben Tag gültig. Mitgliedschaften: Einzel Für einen Mitgliederbeitrag von 60 Franken profitieren Sie vom ermässigten Eintrittspreis von 10 statt 15 Franken. Kollektiv Für einen Mitgliederbeitrag von 60 Franken plus 40 Franken für jedes weitere Mitglied im gleichen Haushalt profitieren Sie vom ermässigten Eintrittspreis von 10 statt 15 Franken. Star Für einen Mitgliederbeitrag von 110 Franken erhalten Sie und eine Begleitperson den ermässig ten Eintrittspreis von 10 statt 15 Franken. Superstar Für Filmsüchtige: Für einen Mitgliederbeitrag von 300 Franken haben Sie freien Eintritt in alle Kinok-Veranstaltungen. Kinok – Cinema in der Lokremise, St.Gallen www.kinok.ch
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