Windenergie und Rotmilan Ein Scheinproblem Oktober 2015 Inhalt 1. Rotmilan und Windpark Le Peuchpatte, Schweiz 2. Windenergie und Kollisionsopfer Rotmilan 3. Zentrale Fundkartei der Vogelschutzwarte Brandenburg und Rotmilan / Greifvögel 4. Todesursachen von Greifvögeln in Mitteleuropa 5. Todesursachen des Rotmilans 6. Bestandsentwicklung des Rotmilans 7. Meide- und Ausweichverhalten des Rotmilans 8. Dunkelziffer für nicht gefundene Kollisionsopfer 9. Haupt – und Nebenwirkungen der Energiewende 10. Kompatibilität des Rotmilans mit Windenergie 11. Zentrale Fundkartei der Vogelschutzwarte Brandenburg - Rückschlüsse 12. Ursachen für die Fehlbewertung 13. Energiewende und Naturschutz Windpark Le Peuchapatte, Schweiz o o o o Sich immer höher drehende Anforderungsspirale im Bereich Naturschutz trägt in der Schweiz wesentlich zum Stillstand beim Ausbau der Windenergie bei. Hintergrund: Schutz windkraftsensibler Arten wie dem Rotmilan Im WP Le Peuchapatte kann man häufig Rotmilane bei der Jagd beobachten: Keine Meidung des Windparks, aber Ausweichen vor den drehenden Rotoren. Ist Windenergie tatsächlich eine Bedrohung für den Rotmilan und Greifvögel ? WP Le Peuchapatte, 3 WEA 2,3 MW mit 109 m Nabenhöhe Windenergie und Kollisionsopfer Rotmilan o o o o o o o o Die Einstufung des Rotmilans als besonders windkraftsensible Art basiert im Wesentlichen auf der zentralen Fundkartei für Anflugopfer der Vogelschutzwarte Brandenburg: Rotmilane werden häufiger als andere Vogelarten als Kollisionsopfer gemeldet trotz des geringen Bestandes. Die Bestände seien im Rückgang begriffen und zusätzliche Verluste eine erhebliche Bedrohung. In allen Hauptverbreitungsländern (D, F, ES) findet ein starker Ausbau der Windenergie statt. Die Windenergie erhöhe die Verluste wesentlich, ohne dass an anderer Stelle ein Ausgleich erfolgt und trotz globaler Verantwortung für die Art. In Kernbereichen des Verbreitungsgebietes, z.B. Bundesland Brandenburg mit über 300 Kollisionen pro Jahr, sei bereits ein kritisches Niveau erreicht, so dass durch den weiteren Ausbau der Windenergie die Bestände der Art bedroht seien. Symbolisiert stellvertretend für Greifvögel und andere windkraftsensiblen Arten die inakzeptablen Auswirkungen des schnellen Ausbaus der Windenergie. «Windkraftverhinderungsart»: Rotmilane sind häufig ein Argument gegen Windparks. Nur grosse Abstände zu Brutplätzen («Helgoländer Papier») und damit eine drastische Verminderung des geplanten Windenergie-Ausbaus könnten den Schutz der Art sicherstellen. « Energiewende tötet Deutschlands heimliches Wappentier. » Die Welt « Angesichts der erfreulich weiten Verbreitung von Arten wie dem Rotmilan in den hessischen Mittelgebirgen wird es spätestens nach Anhebung des Radius auf 1,5 Kilometer kaum noch einen Standort geben, der bebaut werden kann. » Frankfurter Rundschau Zentrale Fundkartei der Vogelschutzwarte Brandenburg und Rotmilan / Greifvögel Kumulierte Zahl tatsächlicher oder vermeintlicher Windkraftopfer (D) Vogelart Rang o Mäusebussard 332 1 Rotmilan 270 2 Seeadler 108 6 Turmfalke 66 10 Amsel 7 Buchfink 13 Kohlmeise 6 o o o o o o o o o o o Greifvögel sind häufiger vertreten als andere Vogelgruppen. Rotmilan ist auf Rang 2 trotz geringen Bestands von 12’000 – 18’000 BP in D. Rotmilan: Verhältnis der Zahl der Funde zu Verlusten beträgt 1:1’000. Kumulierte Verluste über ca. 20 Jahre Für fast alle Vogelarten ist die Zahl der Funde nur verschwindend gering. Aus der Fundkartei alleine kann kein erhöhtes Tötungsrisiko abgeleitet werden. Sind Funde nur die Spitze des Eisbergs oder unbedeutend? Wie hoch ist das Tötungsrisiko durch Windenergie? Findet ein Ausgleich der Verluste statt oder verschärft Windenergie die bereits kritische Situation? Gefährden die zusätzlichen Verluste durch Windenergie die Art? Sind die Auswirkungen bereits regional oder sogar überregional zu spüren? Sind Windenergie und Rotmilan nicht kompatibel? Todesursachen von Greifvögeln in Mitteleuropa Abbildung: Todesursachen verunglückter Greifvögel vor und nach 1980 in Mitteleuropa. Quelle: Atlas des Vogelzugs, Auswertung von Ringfunden der drei deutschen Vogelwarten o o o o o o o Deutsche Vogelwarten beringen seit 100 Jahren Vögel, bisher insgesamt 18 Mio. Vögel Bei 45 % der Funde Angabe der tatsächlichen oder vermeintlichen Todesursache Drei Ursachen für tödliche Unglücke bei Greifvögeln. Unglücke entsprechen 61 % aller Todesursachen (nach 1980). Hauptursache Strom/Kabel ist in deutlichem Rückgang. Kollisionen von Greifvögeln mit Windenergieanlagen sind selten. Tötungsrisiko für Greifvögel durch Windenergieanlagen wird nicht nennenswert erhöht. Todesursachen des Rotmilans Todesursachen von in Wildtierstationen eingelieferten Rotmilanen in Spanien (Castilla y León, Aragón, Islas Baleares, 2009) o Vergiftung 44,0 % o Stromschlag 9,8 % o Abschuss 8,2 % o Kollision mit elektrischer Leitung 6,4 % o Strassenverkehr 7,2 % o Traumata 6,1 % o Krankheiten 5,1 % o Schwäche/Hunger 3,3 % o Kollision mit Windenergieanlagen 0,8 % o Andere 4,0 % • Der Rotmilan ist sehr empfindlich gegenüber menschlicher Verfolgung: 65 x häufigere Verlustursache als Windenergie. • Stromleitungen auf Rang zwei der Velustursachen. 20 x häufiger als Windenergie. • Windkraftopfer: 7 von 926 Rotmilanen Todesursachen des Rotmilans o Vogelberingungszentrale Hiddensee: 17’580 in Ostdeutschland beringte Rotmilan, 1990 – 2013. o 833 als Totfunde gemeldet. o Davon 16 als tatsächliches oder vermeintliches Kollisionsopfer einer Windenergieanlagen in der zentralen Fundkartei der Vogelschutzwarte Brandenburg. Ein Fund im Ausland. o Bundesland Brandenburg: Über 70’000 Kontrollen unter Windenergieanlagen wurden durchgeführt. Zahl der Totfunde beringter Rotmilane der Vogelberingungszentrale Hiddensee in der Fundkartei = 0. Abbildung: Totfunde beringter Rotmilane der Beringungszentrale Hiddensee Zahl jährlich in Ostdeutschland beringter Rotmilane der Beringungszentrale Hiddensee und gemeldeter, toter Rotmilane Bestandsentwicklung des Rotmilans o Wegen des grossen Aufwandes, Schwierigkeiten bei der Erfassung der Horste und regional starken Schwankungen sind Bestandsangaben häufig ungenau (D: 12‘000 – 18‘000 BP). o Aufgrund der vielfältigen Einflussfaktoren für den Bestand (Nahrungsverfügbarkeit, Wetter, Unglücke, menschliche Verfolgung etc.) ist es sehr schwierig, Bestandsrückgänge der Windenergie zuzuordnen. o Durch Zählungen von Rotmilanen an Konzentrationspunkten während des Vogelzugs und an Schlafplätzen können Rückschlüsse auf die Bestandsentwicklung gezogen werden. o An Beobachtungsstation „Défilé de l‘Ecluse“(Zug von Mittel- nach Südeuropa an Grenze CH-F) findet ein starker Zuwachs der Zahl ziehender Rotmilane statt. Seit 2010: Anstieg um ca. 5‘000 in nur 2 Jahren. Bestandsentwicklung des Rotmilans o Eine starke Zunahme des Rotmilans wird auch an anderen, bedeutenden Beobachtungsstationen für den Vogelzug und an Schlafplätzen beobachtet: o Vogelzug über die Pyrenäenpässe im Baskenland: deutlicher Anstieg seit 2006. o Vogelzug in Frankreich: Crêt des Roches, le Hucel. o Simultanzählungen an Schlafplätzen in Frankreich: Von 5‘295 (2008) auf 10‘103 (2015). +31 % für 2015. o Simultanzählungen an Schlafplätzen in der Schweiz: Neuer Rekord im Jahr 2013 Zahl ziehender Rotmilane an Beobachtungspunkten auf Pyrenäen-Pässen im Baskenland. Quelle: Birdlife Verhalten des Rotmilans an Windenergieanlagen o Fehlendes Meideverhalten ist ein grosser Vorteil, weil der Lebensraum auch nach Errichtung von WEA erhalten bleibt. o Zum Ausweichverhalten des Rotmilans an Windenergieanlagen existieren sich widersprechende Befunde. Grund dafür sind offensichtlich die ungenaue Definition für Meide-/Ausweichverhalten und die Ungenauigkeit der Messverfahren (Beobachtung, Telemetrie). Ausweichverhalten : Ausweichen, bevor der gefährliche Bereich des drehenden Rotors erreicht wird. Neue Ergebnisse an einer WEA im Rheintal, Schweiz: Genaue Aufzeichnung der Flugbahnen mit am Mast installierten Kameras. (Quelle: BFE, Schweiz) Verhalten des Rotmilans an Windenergieanlagen o Präzise Messung des Verhaltens an einer WEA an einem zuvor von der Schweizer Vogelwarte Sempach als sehr kritisch für Vögel eingestuften Standort. o Vögel weichen in der Regel in einem Abstand von 100 m oder mehr aus, und spätestens vor Erreichen des Rotors. o Ein Einfliegen von Turmfalken in den Bereich, der von den Rotorblättern überstrichen wird, erfolgte nur bei stehendem Rotor. o Eine Kollision während des Beobachtungszeitraums kann ausgeschlossen werden. o Ein zu Testzwecken installiertes, automatisches System (akustisch) zur Vertreibung von Vögeln hatte keinen Einfluss auf das Ausweichverhalten. Keine einzige Abschaltung des Rotors wegen einer gefährlichen Annäherung eines Vogels. o Während des gesamten Beobachtungszeitraums (Brutzeit und Vogelzug im Herbst) wurde ein einziger Durchflug eines Vogels bei drehendem Rotor festgestellt. Ergebnis Alle «windkraftsensiblen» Vogelarten (Rot- und Schwarzmilan, Mäusebussard, Wanderfalke, Steinadler, Habicht, Turmfalke, Storch, etc.) weichen dem Rotor konsequent aus. Dunkelziffer für nicht gefundene Kollisionsopfer o o o o o o Die Zahl der tatsächlichen und vermeintlichen Windkraftopfer in der zentralen Fundkartei für Windkraftopfer ist gering oder verschwindend gering im Verhältnis zu den Verlusten. Für den Rotmilan beträgt das Verhältnis 1 : 1’000. Im Bundesland Brandenburg wurde bis heute über 70’000 systematische Kontrollen unter WEA durchgeführt. Die Zahl der tatsächlichen und vermeintliche Windkraftopfer in Brandenburg hat auf nur noch sehr niedrige Werte abgenommen trotz zunehmender Zahl an Windenergieanlagen und hoher Kontrollintensität. Die deutliche Erhöhung oder Erniedrigung der Kontrollintensität hat keinerlei Einfluss auf die Zahl der Totfunde. Es ist bisher für keine einzige Vogelart in Deutschland gelungen, eine hohe Dunkelziffer nachzuweisen. Haupt- und Nebenwirkungen der Energiewende in Deutschland Verluste von Vögeln durch tödliche Unglücke im Bereich Energie sind im starken Rückgang. Insbesondere die «windkraftsensiblen» Greifvogelbestände entwickeln sich günstig. o Strom-Freileitungen: Hauptunglücksursache für viele Vogelarten wegen Kollisionen und Stromtod. o Verkabelung und in Deutschland bestehende Sanierungspflicht von gefährlichen Strom-Masten: Starker Rückgang von Verlusten. o Ursache: Geringe Sichtbarkeit von Freileitungen (Kollision), fehlende Scheuchwirkung, weite Verbreitung und die grosse Stromtodgefahr von gefährlichen Masttypen, fehlendes Anpassungsvermögen der Vögel. o Im Vergleich Windenergie: Viel bessere Sichtbarkeit, viel geringere Zahl, Scheuchwirkung des Rotors, Anpassung möglich. o In den letzten 20 Jahren wurden ca. 300’000 km Strom-Freileitungen verkabelt (= Vielfaches des Erdumfangs). o Zusätzliche Bedarf an Hochspannungsleitungen für die Energiewende ist gering im Vergleich zur Verkabelung des Mittel- und Niederspannungsnetzes. Stromtodrisiko = 0. o Vogelfreundliche Umbau der Stromnetzes hat als Unfallursache für Greifvögel, Storch etc. im Gegensatz zu Windenergie drastische Auswirkungen auf die Zahl der Verluste. o Die positiven Auswirkungen werden erst in den kommenden Jahren voll zum Tragen kommen. Anteil Freileitungen am Stromnetz in Deutschland Mittelspannung Niederspannung 1993 40,3 % 26,3 % 2013 21,2 % 11 % Der vogelfreundliche Umbau des Stromnetzes in Deutschland überwiegt Verluste durch Windenergie um mindestens Faktor 10 – 100. Kompatibilität des Rotmilans mit Windenergie o Keine negativen Auswirkungen der Windenergie auf den Lebensraum. o Keine nennenswerte Erhöhung des Unfallrisiko. o Starker Rückgang der Todesursache Stromleitungen. o Keine nennenswerten Auswirkungen auf die Bestände. o Anpassung des Rotmilans an neue Bedingungen findet statt. = Hohe Kompatibilität des Rotmilans mit Windenergie Eine Reihe geeigneter Ausgleichsmassnahmen steht zur Verfügung: o Schutz von Nistbäumen gegen Nesträuber o Verkabeln elektrischer Freileitungen und Entschärfen gefährlicher Mittelspannungsmasten o Massnahmen zur Erhöhung der Nahrungsverfügbarkeit o Schutz vor menschlicher Verfolgung Zentrale Fundkartei für Anflugopfer (Vögel) der Vogelschutzwarte Brandenburg: Schlussfolgerungen o Die Verluste durch Kollisionen an Windenergieanlagen sind für alle Vogelarten gering oder verschwindend gering (Mitteleuropa). o Die «Ausnahmestellung» des Rotmilans in der zentralen Fundkartei der Vogelschutzwarte Brandenburg erklärt sich mit der Tatsache, dass Kollisionen bei fast allen Vogelarten in der Regel nur sehr selten auftreten. o Andere Verlustursachen überwiegen Verluste durch Windenergie bei weitem. o Die Unfallursache Strom-Freileitungen fällt zunehmend weg. Verluste durch Windenergie sind um mindestens Faktor 10 – 100 geringer. o Anpassung der Vögel an Windenergieanlagen findet statt. o Ansteigen der Bestände zahlreicher «windkraftsensibler» Vogelarten im Zuge der Energiewende und des Ausbaus der Windenergie. Ursachen der bisherigen Fehlbewertung o Es existiert eine hohes Kollisionsrisiko für einzelne Vogelarten wie dem Gänsegeier. Führt zu einer Übertragung auf andere Vogelarten und einer negativen Grundhaltung gegenüber Windenergie. o Es existieren Probleme mit hohen (verglasten) Bauwerken, Brücken etc. o Die Grösse und Drehbewegung führen zu einer psychologischen Verstärkung der Befürchtung, dass WEA gefährlich für Vögel sind. o Änderung der Fragestellung nach Jahren der Forschung ohne Ergebnis: Die Frage «existiert ein hohes Kollisionsrisiko?» wird durch die Frage «wieso existiert eine hohes Kollisionsrisiko?» ersetzt. o Aussagekraft und Genauigkeit von eingesetzten Methoden wurden überschätzt, ein hohes Kollisionsrisiko und Auswirkungen auf die Bestände nachzuweisen (Telemetrie, Hochrechnungen mit Computermodellen). o Ignorieren von Warnzeichen oder widersprüchlichen Befunden. o Wegen des jahrelangen persönlichen Einsatzes fällt es schwer, die bisherige Bewertung in Frage zu stellen. o «Formatierung»: Die jahrelange «Verfestigung» der These erschwert zunehmend eine sachliche Diskussion und Aufklärung. Energiewende und Naturschutz o Der Bereich Energie hat nicht zu überschätzende und entscheidende Auswirkungen auf die Artenvielfalt (Klimaerwärmung, Biomassenutzung, Verschmutzung, Lebensraumverlust, etc.) o Unsere Gesellschaft und der Naturschutz sind auf eine korrekte Bewertung der Auswirkungen der einzelnen Energieträger angewiesen, um eine möglichst naturverträgliche und kosteneffiziente Auswahl treffen zu können. o Der Naturschutz ist zudem auf eine korrekte Bewertung angewiesen, damit Artenschutzmassnahmen eine möglichst grosse Wirkung erzielen. Die korrekte Bewertung der Auswirkungen der Windenergie ist sehr wichtig: o Hervorragende Ökobilanz und geringe Kohlendioxid-Emissionen. o Wirtschaftliche Bedeutung. o Hohe Kompatibilität mit Solarenergie. o Niedrige Stromerzeugungskosten. o Grosses Potential und hoher Beitrag an umweltfreundlicher Stromversorgung. o Alternativen zur Windenergie führen für die Natur zu negativen Konsequenzen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit !
© Copyright 2025 ExpyDoc