Die bne-Stellungnahme zum

Stellungnahme
AbLaV
Referentenentwurf der Verordnung über
Vereinbarungen zu abschaltbaren Lasten
vom 7. Januar 2016
Berlin, 15. Januar 2016
Die Neuaufsetzung der zum Jahresende 2015 ausgelaufenen Verordnung über
Vereinbarungen zu abschaltbaren Lasten (AbLaV) wird vom bne in Gänze
abgelehnt. Zwar wird die Notwendigkeit, verbrauchsseitige Flexibilitäten und ihre
Vermarktung endlich mit erzeugungsseitigen Flexibilitäten grundsätzlich
gleichzustellen, durchaus massiv vom bne eingefordert – allerdings in einem
Rahmen, in dem dies energiewirtschaftlich sinnvoll ist.
Da die auslaufende AbLaV nachweislich in jeglicher Hinsicht versagt hat, erscheint
es überaus unwahrscheinlich, dass die neue AbLaV diese Probleme kurieren
können wird. Zwar ist anzuerkennen, dass die Bemühungen des BMWi zur
Umsetzung des Beschlusses der Koalitionsfraktionen zumindest bei den
schwerwiegendsten Konstruktionsfehlern ansetzen. Dennoch werden aus Sicht des
bne die Bemühungen nicht ausreichen, die insgesamt als energiewirtschaftlich
fehlerhafte Systematik angelegte Einbindung zu beseitigen.
Die Evaluierung der Bundesnetzagentur (als Bundestags-Drucksache 18/6096 im
Wirtschafts- und Energieausschuss des Bundestags auch im September 2015 im
Bundestag behandelt) belegt dies detailliert:
Dargelegt wird darin, dass durch die alte AbLaV keine zusätzlichen
Flexibilitätspotenziale erschlossen wurden (von sechs Anbieter waren fünf bereits
für den Regelleistungsmarkt präqualifiziert). Die entsprechende Liquidität wurde
im Gegenteil fast vollständig aus dem Regelleistungsmarkt gezogen. Dies hat die
Preise des Regelleistungsmarktes verteuert. Die zusätzliche Vergütung für die sechs
Anbieter belief sich auf insgesamt etwa 1.500 Euro pro Megawatt im Monat
Mehrerlös gegenüber der vergleichbaren positiven Minutenreserve. Dies wurde von
allen sonstigen Netznutzern über die entsprechende Umlage mitfinanziert.
Im Betrachtungszeitraum gab es zudem keine einzige Situation, in der der Einsatz
abschaltbarer Lasten erforderlich gewesen wäre. Wenn ein Redispatcheinsatz
stattfand, wurden zudem ebenfalls sehr viel höhere Kosten ausgelöst.
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Zusammenfassend empfiehlt die Bundesnetzagentur auf dieser Basis in aller
Deutlichkeit, die Verordnung auslaufen zu lassen. Die gleiche Einschätzung hatte
der bne bereits bei der Einführung der alten Verordnung geäußert.
Anzumerken ist zudem, dass die extrem kurze Stellungnahmefrist (eine Woche) für
Verbände und anderer Stakeholder unangemessen ist. Auch wenn viele Mängel der
alten AbLaV bereits länger bekannt sind, ist die Prüfung einer umfassenden Novelle
und Abstimmung unterschiedlicher Interessen mit einem höheren Zeitaufwand
verbunden. Insofern die wiederholt vorgetragene Bitte im Eigeninteresse einer
Qualitätssicherung, längere Fristen für die Stellungnahme vorzusehen.
Sofern an der Verordnung festgehalten wird, würden die folgenden
Änderungsvorschläge diese zumindest etwas ertragbarer machen.
Kommentierung zu einzelnen §§
1. Mindestleistung, Pooling (§§ 13 Abs.4b S.4 EnWG i.V.m.
§§ 5 Abs.1 Nr.1, 6 Abs.1 AbLaV)
Durch die Absenkung der Mindestleistung auf zehn MW und die prinzipielle
Poolingmöglichkeit wird das mögliche Anbieterfeld gegenüber der alten
Verordnung von insgesamt 6 Anbietern erweitert.
Allerdings stellt sich dann die Frage, warum das Pooling nur für das Erreichen der
Mindesleistung nach § 5 Abs.1 Nr.1 AbLaV gestattet wird, aber für sämtliche weitere
Voraussetzungen in § 5 Abs.1 nicht der Pool, sondern jede einzelne
Verbrauchseinrichtung die Kriterien gesondert erfüllen muss.
Selbst bei der Sekundärregelleistung, die in jedem Fall schneller und zielgenauer
wirken muss als die in § 5 Abs.1 Nr.2b AbLaV vorgesehenen schnell abschaltbaren
Lasten, sehen die technischen Vorgaben aus dem Transmission Code 2007 vom
FNN (VDE) in Anhang D2 Teil 2 „Anforderungen für die Umsetzung des SRLPoolkonzepts zwischen ÜNB und Anbietern“ als Anknüpfungspunkt z.B. für den
Gradienten den Gesamtpool und nicht die einzelne technische Einheit vor. Es
erschließt sich nicht, warum diese Einschränkung vorgenommen wird. Die
Begründung, dass hier der Übertragungsnetzbetreiber einen höheren Nutzen habe,
ist nicht nachvollziehbar, da dieser gegebenfalls auch einen kleineren Teil der
Poolleistung abrufen könnte.
Wenn mit Verweis auf den oben genannten Evaluierungsbericht die über den
Nutzen der AbLaV überschießende Vergütung als Problem bekannt ist, sollte
zumindest jede sachlich fragwürdige Marktverknappung beseitigt werden.
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2. Einschränkung auf Lasten im Bereich eines Höchstspannungsknotens
Gem. § 2 Nr.2 AbLaV müssen Verbrauchseinrichtungen, die von der AbLaV
profitieren sollen, im Bereich eines Höchstspannungsknotens liegen. Die
Definition eines Höchstspannungsknotens ist allerdings unklar. Wenn z.B. eine
Verbrauchseinrichtung in mittlerer Spannungsebene (20kV-Netz nach
Voraussetzung des § 2 Nr.1) liegt, kann es Konstellationen geben, dass diese über
mehrere Höchstspannungsknoten mit dem Netz verknüpft werden kann. Insofern
erscheint es praktikabler, die Voraussetzung dort aufzustellen, wo sie auch im
Evaluierungsbericht der Bundesnetzagentur gesehen wird, nämlich im Rahmen des
§ 6. Als isoliertes Erfordernis in § 2 ist die Voraussetzung ansonsten unklar
formuliert.
3. Schnell abschaltbare Lasten (§ 5 Abs.1 Nr.2b AbLaV)
Die schnell abschaltbaren Lasten (SNL) sind von der Produktausgestaltung mit der
positiven Minutenreserve vergleichbar (vgl. insofern auch die BNetzA-Evaluierung,
s.o.). Die SNL müssen wie die Minutenreserve innerhalb von 15 Minuten die
Abschaltleistung erbringen (bzw. bei der MRL zwischen 7,5 und 22,5 Minuten).
Insofern wäre es naheliegender, die Marktbedingungen für die MRL und
insbesondere die Einbindung von verbrauchsseitigen Flexibilitäten über das
Standardprodukt vorsehen würde als hier durch deutlich strengere
Voraussetzungen (Mindestleistung an einem Höchstspannungsknoten) das
Standardprodukt auszuhöhlen.
4. Leistungspreis pro Erbringungszeitraum ( § 4 AbLaV)
Es wird auch mit den neuen Bedingungen mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit kein funktionierender Marktplatz entstehen - unter anderem
aufgrund der genannten Poolingeinschränkungen und der Notwendigkeit, an
einem Höchstspannungsknoten die Mindestleistung zu erbringen. Insofern sollte
der sehr hohe Leistungspreis von immer noch über 2.000 Euro pro Megawatt pro
Monat (bzw. 500 Euro pro Woche) dahingehend modifiziert werden, dass im Fall
einer nicht ausreichenden Zahl an Angeboten der Leistungspreis deutlich reduziert
wird. Dies könnte z.B. durch die Maßgabe einer Absenkung auf z.B. 250 Euro pro
Megawatt, die im Falle einer Ausschreibungsmenge unter der
Zuschlagsmindestgröße von 750 MW Anwendung fände, sichergestellt werden.
5. Kriterien für Aggregatoren (§ 9 Abs.3 Nr.9 AbLaV)
Es ist zu begrüßen, dass durch die Übertragungsnetzbetreiber Kriterien getroffen
werden sollen, wie auch Aggregatoren in die AbLaV eingebunden werden können.
Hier sollte allerdings eine Verzahnung mit der noch immer unklaren
(§ 26 Abs.3 StromNZV und die Modifizierung durch das Strommarktgesetz)
Ausgestaltung für den Regelleistungsmarkt sichergestellt werden. Hier muss ein
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Verfahren für die Bilanzkreiskorrektur und ggf. Kompensationsregelungen
getroffen werden, das für die Märkte gleichermaßen anwendbar sein ist(zu den
Details wird auf die umfassenden Ausführungen des bne-Positionspapiers
Flexibiliätsvermarktung verwiesen).
6. Übertragung der Regelung aus § 15 Abs.3 AbLaV
Ähnliches gilt für die Regelung, dass Abschaltungen aufgrund der AbLaV nicht zu
Einschränkungen bei der Befreiung von Netzentgelten gem. § 19 Abs.2 StromNEV
führen dürfen. Eine solche Regelung fehlt noch immer für den Bereich des
Regelleistungsmarktes. Die Regelung kann prinzipiell gleichermaßen für den Abruf
von Regelleistung greifen und sollte deshalb nicht nur ausschließlich für die AbLaV
gelten.
Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne)
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