Management_Mitarbeiter in Industrie 4.0 Auch die Industrie 4.0 braucht Mitarbeiter iStockphoto Die vierte industrielle Revolution rollt an. Die Vernetzung von Produktionssystemen, Einzelkomponenten und Standorten und die Einführung einer dezentralen, weitgehend automatisierten Steuerung haben erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitswelt in der produzierenden Industrie. Neue Berufsfelder entstehen, langjährige Mitarbeiter werden umdenken müssen. Die Industrie 4.0 bringt neue Jobprofile hervor: Gesucht wird der «Service-Ingenieur/Service-Techniker», der vernetzt und in Prozessketten denkt und überall in der Produktion eingreifen kann sowie über ein gewisses IT-Knowhow verfügt. Die produzierende Industrie befindet sich im Umbruch. Hintergrund dieser Entwicklung ist der zunehmende Einzug von Informations- und Kommunikationstechnik in die Produktion. Maschinen und Systeme werden vernetzt zu einem Internet der Dinge; Dienste und Daten, um die Produktion echtzeitfähig zu machen. Manche Beobachter sprechen in diesem Zusammenhang von der vierten industriellen Revolution. Nun kann man sich streiten, ob die aktuelle Entwicklung wirklich die Wertung als eigene Revolution rechtfertigt. Als dritte industrielle Revolution gelten schliesslich das Aufkommen der Mikroelektronik und der anschliessende Siegeszug der computerintegrierten Fertigung (CIM). Bei Industrie 4.0 geht es um die digitale Vernetzung der 24 SWISS ENGINEERING OKTOBER 2015 Produktions- beziehungsweise generell der Wertschöpfungsprozesse durch Informationsund Kommunikationstechnologien. Bezahlbare, leistungsstarke Sensoren und Aktoren verarbeiten heute in der Produktion Echtzeitinformationen, während sich die vernetzten Maschinen selbst organisieren und steuern. Flexibilität statt Rationalisierung Wie wird sich Industrie 4.0 auf den Arbeitsmarkt auswirken? Bei früheren Automatisierungswellen strebte die Industrie eine Rationalisierung durch das Ersetzen von Angestellten mit Maschinen an. Diese ist inzwischen so weit fortgeschritten, dass sich hier kurz- und mittelfristig nur noch wenig zusätzlich rationalisieren lässt. Schliesslich sind es insbesondere standardi- sierbare Jobs, die sich am besten automatisieren lassen. Industrie 4.0 hat denn auch ein anderes Ziel im Visier: Es geht nicht primär um Einsparungen, sondern vielmehr darum, die Fertigungsgeschwindigkeit zu erhöhen und als Unternehmen agil und flexibel auf Kundenanforderungen, Lieferschwierigkeiten und Produktionsprobleme zu reagieren, um so die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Schliesslich wirkt sich die Digitalisierung in Dienstleistungsunternehmen und produzierenden Betrieben unterschiedlich aus: Während eine Bank oder auch ein Reisebüro ihre Wertschöpfung überwiegend ins Internet verlagern können, kann die Produktion an sich nicht digitalisiert werden. Es ist also nicht das Wesen der produzierenden Unternehmen an sich betroffen, sondern insbesondere die Steuerung der durchaus wesentlichen Prozesse wie Planung, Inbetriebnahme und Wartung. Industrie 4.0 eröffnet aber auch komplett neue Möglichkeiten der Wertschöpfung. Wenn die Systemkomponenten ihre Funktionalitäten als Dienste anbieten, auf die andere zugreifen können, gilt dies nicht nur vertikal im eigenen Unternehmen, sondern auch horizontal über die Unternehmensgrenzen hinaus. Dies birgt grosses Potenzial für neue, innovative Geschäftsmodelle und Dienstleistungen auf Basis der Daten, die die intelligenten Produkte und Maschinen sammeln. So lassen sich nicht nur Produktionsprozesse in einem globalen Netzwerk von Standorten managen wie in einer einzelnen Fabrik mit ihren Maschinen und Anlagen. Es lassen sich auch komplett neue Angebote entwickeln. IT erobert die Produktion Die anrollende Transformationswelle wird gravierende Auswirkungen auf die Arbeit haben, wenn mehr Abläufe von den Maschinen selbst erledigt werden – wenn also beispielsweise eine mit entsprechenden Sensoren ausgerüstete Maschine alleine merkt, wenn sie gewartet werden muss, und ein vernetztes System selbstständig Nachschub an Einzelteilen beim Lieferanten bestellt. Oder wenn – so die Vision des Fraunhofer Instituts – sich Aufträge selbstständig durch ganze Wertschöpfungsketten steuern, ihre Bearbeitungsmaschinen buchen und ihr Material und ihre Auslieferung zum Kunden organisieren. In der Tat zeichnet sich ein relativer Rückgang in der Nachfrage nach klassischen Berufsbildern wie Arbeitsvor- Ecknauer+Schoch ASW bereiter oder Instandhalter ab zugunsten von Jobprofilen, die die Verbindung der Produktionsprozesse betonen: Gesucht wird der «Service-Ingenieur/ Service-Techniker», der vernetzt und in Prozessketten denkt und überall in der Produktion eingreifen kann sowie über ein gewisses IT-Know-how verfügt – etwa in der SPS-programmierung und im Umgang mit ERP-Software. Für dieses übergreifende Profil werden demnach entweder Informatiker mit einem Hang zur Produktion oder Produktionsmitarbeiter mit IT-Weiterbildung benötigt. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden die Informatiker am meisten von Industrie 4.0 profitieren, da sie von Anfang an in die Entwicklung der modernen cyber-physischen Systeme involviert werden. Indem sich die Industrie für die Informations- und Kommunikationstechnologien öffnet, entstehen neue Berufsfelder für IT-Spezialisten. Zum einen erfordert die Vernetzung der Maschinen und Systeme im Internet der Dinge Spezial-Knowhow im Bereich der drahtlosen Datenübermittlung, zum anderen muss eine Unmenge von Informationen über Fertigung, Logistik und so weiter verarbeitet werden. Typische Informatikthemen wie Big Data, Cloud-Computing oder ITSecurity gewinnen deshalb auch in der Produktion zusehends an Bedeutung. Hier bieten sich für die bestehenden Mitarbeiter der bis anhin eher an der Peripherie stehenden IT-Abteilungen im Unternehmen interessante Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der persönlichen Karriere. Damit soll aber nicht gesagt sein, dass die bisherigen Produktionsfachkräfte gegenüber den IT-Spezialisten ins Hintertreffen geraten müssen. Es ist nämlich durchaus auch denkbar, dass die Fachbereiche in den Unternehmen das Heft des Handelns ergreifen, den Lead über die IT an sich reissen und entsprechendes Knowhow aufbauen. Zudem werden Techniker, die ihr kaufmännisches Verständnis schulen, um prozessübergreifend denken zu lernen, und ein Verständnis für Software entwickeln, um der Vernetzung folgen zu können, auch in Zukunft Karriere machen können. Der Produktionsfaktor Mensch Klar ist jedoch auch, dass die Arbeitsweise umfassenden Veränderungen unterworfen ist, wenn die Flexibilisierung der Unternehmen weiter zunimmt. Das traditionelle zentralistische Führungskonzept wird einer «geteilten Führung» weichen müssen, die sich an temporären Erfordernissen orientiert, während die klare Trennung zwischen Produktions- und Wissensarbeit aufgehoben wird. Auch die Flexibilisierung von Arbeitsort und Arbeitszeit ist eine logische Folge: Wenn die Produktionsplanung automatisch erfolgt und die Maschinen eigenständig miteinander kommunizieren, brauchen die mit der Steuerung befassten Spezialisten nicht mehr dauernd vor Ort zu sein. Dies ermöglicht eine hochflexible Personalplanung. Die Einsatzsteuerung des Werkpersonals laufen dann über moderne Kommunikationswerkzeuge ab wie Smartphones, Tablets, die Cloud und soziale Medien. Nun arrangiert sich nicht jeder Mitarbeitende, ob altgedient oder jung, gleich gut mit einem Produktionsstandort, der sich selbst organisiert und in konstanter Veränderung begriffen ist. Mancher mag davon überfordert werden. Es liegt deshalb an der HR-Abteilung, darauf zu reagieren und die bestehenden Mitarbeiter bei den anstehenden Veränderungen zu unterstützen sowie ausreichend flexible Persönlichkeiten zu finden, anzustellen und im Unternehmen zu halten. Anders gesagt: Industrie 4.0 verlangt nach HR 4.0. Aber noch scheinen Personalabteilungen und Management zu wenige Antworten auf die drängenden Fragen gefunden zu haben. Marc Lutz, Managing Director der Hays (Schweiz) AG ABACUS PPS-Software Effiziente Planung und Steuerung der Produktivität > Ressourcenverwaltung mit verlängerter Werkbank > Stammarbeitspläne mit Varianten > Auftragsbezogene Beschaffung > Plan-Manager mit grafischem Leitstand > Reihenfolgeplanung für Engpassressourcen > Vor-/Nachkalkulation > Serienummern/ Chargenverwaltung > Definierbare Produktionsauftragsprozesse www.abacus.ch h n bacus.c 25. Ju www.a g n u ld Anme SWISS ENGINEERING OKTOBER 2015 25
© Copyright 2025 ExpyDoc