06.15 3. Jahrgang November 2015 Seiten 233–280 www.PinGdigital.de Lizenziert für Dr. Philipp Mittelberger. Die Inhalte sind urheberrechtlich geschützt. PinG Privacy in Germany Datenschutz und Compliance Prof. Niko Härting Nils Hullen, LL. M. Dr. Niclas Krohm Dr. Carlo Piltz Sebastian Schulz © Copyright Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, Berlin 2015 - (http://www.pingdigital.de) 17.12.2015 - 10:30 587013053879 Ständige Mitarbeiter: Dr. Jana Moser Philipp Müller-Peltzer Frederick A. Richter, LL. M. Prof. Dr. Jan Dirk Roggenkamp Daniel Schätzle Dr. Rainer Stentzel PRIVACY TOPICS S. Schulz / G. Moukabary Stichtag 1. November 2015: Datenschutz im neuen Bundesmeldegesetz – Keine Adressdaten (mehr) für Marketing, Inkasso und Auskunfteien? E. M. A. Beyvers / H. Gärtner / D.-K. Kipker Data Processing for Research Purposes – Current Basics and Future Needs from a Legal Point of View M. Cebulla Auftragsdatenverarbeitung oder Funktionsübertragung PRIVACY COMPLIANCE N. Böttcher Bitte recht freundlich! – Hinweise zur KFZKennzeichenerfassung im nicht-öffentlichen Bereich S. Sander / C. Diekmann Anforderungen des Datenschutzrechts an das VideoIdent-Verfahren im Rahmen der Identifizierung gemäß § 4 GwG PRIVACY NEWS M. Nanda / J. Mönikes Kosten und Folgen des Vollzuges der VDS 2.0 M. Schröder Datenschutzverstöße in Unternehmen P. Mittelberger Der automatische Informationsaustausch als eine neue Art der Vorratsdatenspeicherung 86118 Redaktion: Lizenziert für Dr. Philipp Mittelberger. Die Inhalte sind urheberrechtlich geschützt. 268 PinG 06.15 Mittelberger Der automatische Informationsaustausch Der automatische Informations austausch als eine neue Art der Vorratsdatenspeicherung Dr. Philipp Mittelberger © Copyright Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, Berlin 2015 - (http://www.pingdigital.de) 17.12.2015 - 10:30 587013053879 I. Einleitung Die weltweite Bekämpfung der Steuer hinterziehung ist in der Folge der Finanzund Schuldenkrise zu einem wichtigen und breit verfolgten Anliegen der Weltgemeinschaft geworden. Die OECD, die EU und das Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes (Global Forum) arbeiten daher bereits seit Längerem an unterschiedlichen Arten des steuerlichen Informa tionsaustauschs. Der automatische Informationsaustausch über Finanzkonten (AIA) wurde in den letzten Jahren zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung beschlossen. Am 15. Juli 2014 hat der OECD-Rat das Gesamtpaket zu einem globalen Standard zum automatischen Informationsaustausch genehmigt (sog. Common Reporting Standard, CRS)1. Der Standard wurde am 21. Juli 2014 veröffentlicht und am 21. September 2014 von den Finanz ministern der G20-Staaten bestätigt und für verbindlich erklärt. Das globale Modell für den AIA fußt auf einem einheitlichen Standard für die von den Finanzinstituten zu meldenden 1http://www.oecd.org/ctp/exchange-of-tax- information/Automatic-Exchange-Financial- Account-Information-Common-Reporting- Standard.pdf. und mit den Ansässigkeitsstaaten aus zutauschenden Informationen. Dieses globale Modell soll in der EU mit der Richtlinie 2014/107/EU vom 9. Dezember 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU umgesetzt werden. Gleichzeitig führt die Europäische Kommission Verhandlungen zur Umsetzung des AIA mit den europäischen Drittstaaten Schweiz, Liechtenstein, Andorra, Monaco und San Marino. II. Parallelen des AIA zur Vorratsdatenspeicherung Bereits im Januar 2014 veröffentlichte der Europarat einen Expertenbericht zum AIA.2 Im Juni 2014 folgte dann eine Stellungnahme des Europarates, in der die Geltung der Grundsätze des Datenschutzes in diesem Bereich betont wird.3 2Innerhalb des Europarates war dies das Büro des Beratenden Ausschusses zur Daten schutzkonvention des Europarates (T−PD). http://www.coe.int/t/dghl/standardsetting/ dataprotection/TPD_documents/T-PD-BUR(2014) 01%20-%20Rapport%20CE%202013%20 (final)%20C%20%20Porasso_En.pdf. 3http://www.coe.int/t/dghl/standardsetting/ dataprotection/TPD_documents/T-PD(2014)05_ En_Opinion%20tax%20(final).pdf. Dr. Philipp Mittelberger ist seit Ende 2002 Datenschutzbeauftragter des Fürstentums Liechtenstein. Als solcher ist er u. a. Vertreter Liechtensteins in der Artikel29-Datenschutzgruppe, dem EWR-Gremium der nationalen Datenschutzbehörden, im Beratenden Ausschuss der Datenschutzkonvention des Europarates und Autor verschiedener Beiträge zum Datenschutz. Der Europäische Bankenverband wies im Frühsommer 2014 die Artikel-29- Datenschutzgruppe (WP 29) auf weit gehende Parallelen zwischen der Vorratsdatenspeicherung und dem AIA hin. Im Urteil zur Vorratsdatenspeicherung stellt der EuGH in den §§ 52 bis 55 fest, dass „der Schutz des Grundrechts auf Achtung des Privatlebens nach ständiger Rechtsprechung jedenfalls verlangt, dass sich die Ausnahmen vom Schutz personenbezogener Daten und dessen Einschränkungen auf das absolut Notwendige beschränken müssen ...“. Daher müssen klare und präzise Regeln für die Tragweite Lizenziert für Dr. Philipp Mittelberger. Die Inhalte sind urheberrechtlich geschützt. © Copyright Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, Berlin 2015 - (http://www.pingdigital.de) 17.12.2015 - 10:30 587013053879 Der automatische Informationsaustausch und die Anwendung der fraglichen Maßnahme vorgesehen und Mindestanforderungen aufgestellt werden, sodass die Personen, deren Daten auf Vorrat gespeichert wurden, über ausreichende Garantien verfügen, die einen wirksamen Schutz ihrer personenbezogenen Daten vor Missbrauchsrisiken sowie vor jedem unberechtigten Zugang zu diesen Daten und jeder unberechtigten Nutzung ermöglichen. Das Erfordernis, über solche Garantien zu verfügen, sei umso bedeutsamer, wenn die personenbezogenen Daten automatisch verarbeitet werden und eine erhebliche Gefahr des unberechtigten Zugangs zu diesen Daten besteht. Der EuGH kommt zum Schluss, dass es weder klare und präzise Regeln für die Tragweite und Anwendung noch ausreichende Schutzgarantien gab: Weder in Bezug auf den Zugriff noch die Aufbewahrungsdauer noch die Sicherheit der Daten und die damit verbundene Notwendigkeit einer unabhängigen Kontrolle. Im Ergebnis kommt er somit zu einer Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Worin bestehen nun die Parallelen zwischen dem AIA und der Vorratsdatenspeicherung? –– Wie bei den Vorratsdaten werden auch beim AIA Daten mit anderen Staaten ausgetauscht, ohne dass ein Verdacht besteht, dass die betroffenen Personen gegen Steuergesetze verstoßen haben. Mit anderen Worten geht es auch beim AIA um Vorratsdaten. (Übrigens gibt es auch eine gewisse Tendenz zur Einschränkung von Bargeldzahlungen. Damit werden Zahlungen transparenter und infolgedessen für den Staat überprüfbar, ohne dass ein Verdacht besteht, dass etwas Gesetzwidriges geschehen ist. In Italien beträgt die Höchstgrenze für Bargeld zahlungen 999,99 Euro.4 Dasselbe gilt seit Anfang September auch in Frankreich, wo diese Maßnahme zur Bekämpfung des „kostengünstigen Terrorismus“ eingeführt wurde.5 Dies nur am Rande.) –– Von dieser Hauptparallele ausgehend müssen die erwähnten Kriterien Ausmaß der Daten, Datenzugriff, Aufbewahrungsdauer, Datensicherheit und unabhängige Kontrolle im Fall eines Transfers von Daten in Drittländer e rfüllt sein. 4http://www.fm.nrw.de/presse/anlagen/ Bargeldbeschraenkungen_Europa.pdf. 5http://www.reuters.com/article/2015/03/18/ us-france-security-financing-idUSKBN0ME1472 0150318?irpc=932. Mittelberger III. Rechtliche Beurteilung Als Reaktion auf die oben beschriebene Eingabe des Europäischen Bankenverbandes verabschiedete die WP 29 eine erste Analyse,6 in der sie die OECD und die Europäische Kommission auf die zu beachtenden Datenschutzgrundsätze hinwies und die Stellungnahme des Europarates unterstützte. Zudem wurde unter anderem darauf hingewiesen, dass die einschlägige Richtlinie 2011/16/EG, die revidiert werden sollte, keine ausreichenden Datenschutzgarantien vorsah, wie sie der EuGH im Fall der Vorratsdaten eben definiert hatte. Im Anhang zu diesem Papier wies die WP 29, wie der Europarat, auf geltende Grundsätze hin. Die Geltung und Bedeutung einiger dieser Grundsätze beziehen sich auf das erwähnte Urteil des EuGH. Wie bereits ausgeführt, geht es beim AIA auch um eine Vorratsdatenspeicherung. Nach dem EuGH sind Differenzierungen im Rahmen der Verhältnismäßigkeit sehr wichtig. Die WP 29 weist im Rahmen des Schreibens vom 18. September 2014 namentlich auf die erwähnte Rechtsprechung hin. Wie der Europäische Bankenverband kommt auch eine Expertengruppe der Europäischen Kommission, die AEFI Expert Group, in ihrem ersten Bericht vom März 2015 zum Schluss, dass das Kriterium der Verhältnismäßigkeit hauptsächlich aufgrund des Ausmaßes der Daten (noch) nicht erfüllt ist.7 Außerdem weist diese Expertengruppe auf folgenden Umstand hin: „Gross proceeds from sales transactions will be part of the reporting, independent of the fact whether those forms of income are subject to taxation in the recipient jurisdiction. In this context, a lot of misleading and unnecessary data will thus be exchanged, creating suspicions about taxpayers to the detriment of the economic freedoms of the EU 6http://ec.europa.eu/justice/data-protection/ article-29/documentation/other-document/ files/2014/20140918_letter_on_oecd_common_ reporting_standard.pdf.pdf; der Anhang zum Schreiben mit den einzelnen Grundsätzen: http://ec.europa.eu/justice/data-protection/ article-29/documentation/other-document/ files/2014/20140918_annex_oecd_common_ reporting_standard.pdf.pdf. 7http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/ documents/taxation/tax_cooperation/mutual_ assistance/financial_account/first_report_ expert_group_automatic_exchange_financial_ information.pdf, S. 8 und 26. P inG 06.15269 treaty and the fundamental rights of the EU citizens enshrined in EU Charter.”8 Auch der Europäische Datenschutz beauftragte (EDPS) hat Zweifel, dass die Verhältnismäßigkeit erfüllt ist. Er stützt sich ebenso auf das erwähnte Urteil des EuGH und äußert berechtigte Zweifel zur Verhältnismäßigkeit im Falle des bereits unterzeichneten Abkommens zwischen der EU und der Schweiz.9 Gemäß der Rechtsprechung zu den Vorratsdaten müssen die folgenden Schutzmechanismen bestehen: Klar definierter Zugriff, Aufbewahrungsdauer, Daten sicherheit und die unabhängige Kontrolle im Fall eines Datentransfers in ein Drittland. –– Das Papier des Europäischen Bankenverbandes kritisiert, dass es im Rahmen des AIA weder einen klar definierten Zugriff auf die Daten noch eine Auf bewahrungsdauer und eine damit verbundene Verpflichtung zur Löschung von Daten gibt. Die Richtlinie 2014/107/EG bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung sieht in Art. 1 Abs. 5 vor: „Die im Einklang mit dieser Richtlinie verarbeiteten Informationen dürfen nur so lange aufbewahrt werden, wie dies für die Zwecke dieser Richtlinie erforderlich ist, und in jedem Fall im Einklang mit den innerstaatlichen Vorschriften der einzelnen für die Ver arbeitung Verantwortlichen über die Verjährung.“ Im Fall der Vorratsdaten war immerhin eine Aufbewahrungsdauer zwischen sechs Monaten und zwei Jahren vorgeschrieben, ohne jedoch Unterscheidungen bei den Datenkategorien im Hinblick auf den Nutzen der Daten zu treffen (§ 63). Der neue Art. 1 sieht eine solche definierte Dauer nicht vor. In dem Sinne bemängelt auch der EDPS beim künftigen Ab kommen zwischen der Schweiz und der EU, dass es keine definierte Auf bewahrungsdauer gibt (§§ 26 ff.). Dies bedeutet, dass die Aufbewahrungsdauer weniger klar definiert ist als im Fall der Vorratsdaten. Eine Zugriffsregelung ist nicht ersichtlich. 8http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/ documents/taxation/tax_cooperation/mutual_ assistance/financial_account/first_report_ expert_group_automatic_exchange_financial_ information.pdf, S. 24 f. 9https://secure.edps.europa.eu/EDPSWEB/webdav/ site/mySite/shared/Documents/Consultation/ Opinions/2015/15-07-08_EU_Switzerland_EN.pdf. Lizenziert für Dr. Philipp Mittelberger. Die Inhalte sind urheberrechtlich geschützt. © Copyright Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, Berlin 2015 - (http://www.pingdigital.de) 17.12.2015 - 10:30 587013053879 270 PinG 06.15 Somit ist davon auszugehen, dass die Kriterien des klaren Zugriffs auf die Daten und die Aufbewahrungsdauer im Rahmen des AIA nicht erfüllt sind. –– Nach dem EuGH (§§ 66 f.) sind auch spezielle Sicherheitsvorschriften zu beachten. Im Rahmen des AIA sind solche Sicherheitsvorschriften nicht auszu machen. Art. 1 Abs. 4 der revidierten Richtlinie sieht zwar vor, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten für die Weiterentwicklung des Systems oder der Systeme zuständig sind, wenn dies für den Informationsaustausch notwendig ist. Wie die Sicherheit gestaltet sein muss, ist jedoch nicht geregelt. In diese Richtung geht auch der EDPS, der beim geplanten Abkommen mit der EU und der Schweiz bemängelt, dass keine Sicherheitsstandards oder Sanktionen festgelegt wurden (§ 23). –– Die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung sah nicht vor, dass Daten innerhalb der EU zu speichern sind. Im Rahmen der Prüfung von Sicherungs maßnahmen forderte der EuGH eine unabhängige Kontrolle bei einem Datentransfer in Drittländer. Der AIA wird nicht nur innerhalb der EU stattfinden, treibende Kraft ist die OECD. Der AIA wird der weltweite Standard werden. Mit anderen Worten ist auch hier ein Transfer in Drittländer vorgesehen. Die erwähnte AEFI-Expertengruppe fordert ebenfalls Sicherungsmechanismen, wie z. B. peer reviews (S. 26). Ob und inwiefern hier eine unabhängige Kontrolle gegeben sein wird, ist nicht geklärt. –– Was den Datentransfer in Drittländer allgemein betrifft, sind in der EU nur die Regelungen der allgemeingültigen Datenschutzrichtlinie 95/46/EG anwendbar. Außerhalb der EU gibt es das multilaterale Übereinkommen über Amtshilfe in Steuersachen und das dazugehörige Protokoll.10 Basierend auf dem Übereinkommen wurde eine multilaterale Vereinbarung der zu ständigen Behörden über den auto matischen Informationsaustausch über Finanzkonten11 geschaffen. Dieses bestimmt in Abschnitt 5: „Alle ausgetauschten Informationen unterliegen den im Amtshilfeübereinkommen vor 10European Treaty Series Nr. 127 und 208: http://conventions.coe.int/Treaty/Commun/ ListeTraites.asp?CM=8&CL=ENG. 11 http://www.oecd.org/tax/exchange-of-tax- information/multilateral-competent-authorityagreement.htm. Mittelberger gesehenen Vertraulichkeitsvorschriften und sonstigen Schutzvorkehrungen einschließlich der Bestimmungen zur eingeschränkten Verwendungsfähigkeit der ausgetauschten Informationen und, soweit für die Gewährleistung des notwendigen Schutzes personenbezogener Daten erforderlich, im Einklang mit den gegebenenfalls von der übermittelnden zuständigen Behörde nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts und in Anhang C festgelegten Schutzvorkehrungen.“ In diesem Anhang C wird jedoch bisher nichts definiert. Damit gibt es auch keine Leitplanken für die Einhaltung des Datenschutzes. Dies sollte nachgeholt werden. Der automatische Informationsaustausch laufen mit Hochdruck (so wurde der Entwurf des nationalen Gesetzes zum AIA z. B. in Liechtenstein bereits im Landtag behandelt). Nur so kann der AIA ab Anfang 2016 plangemäß in Betrieb gehen. Wie erwähnt, steht die WP 29 im Dialog mit der Europäischen Kommission und erarbeitet derzeit Leitlinien für die nationalen Steuerbehörden. Diese sollten so rasch wie möglich verabschiedet werden und die Steuerbehörden beraten. Auf der anderen Seite ist auch der Dialog mit der Europäischen Kommission noch nicht abgeschlossen. Offen ist insbesondere, ob dem An liegen der WP 29 im genannten Statement zur Schaffung eines Privacy Impact Assessment (PIA) auf EU-Ebene nachgekom- „Zwar geht es beim AIA primär darum, dass die einzelnen Staaten zu berechtigten Steuereinnahmen kommen, während es bei der Vorratsdatenspeicherung um schwere Kriminalität geht. Dieser politische Unterschied führt jedoch juristisch zur selben Bewertung.“ Das erwähnte Schreiben der WP 29 war der Start eines Dialoges mit der Kommission, welcher noch nicht abgeschlossen ist. In einem veröffentlichten Statement vom Februar 2015 wiederholte die WP 29 ihr Anliegen und wies die nationalen Gesetzgeber und EU-Institutionen erneut auf die Wichtigkeit der Beachtung der genannten Rechtsprechung des EuGH in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit und Zweckgebundenheit hin. Zudem wird betont, dass eine Nichtbeachtung der Grundsätze des Datenschutzes zu Gerichtsverfahren und Haftungsproblemen führen könnte.12 Dies sollte vermieden werden. Auf dieses „große Haftungsrisiko“ weist auch die AEFI-Expertengruppe hin.13 IV. Wie weiter? Der AIA steht ganz oben auf der Prioritätenliste der sogenannten „early adopters“. Dazu gehören mit der Ausnahme Österreichs alle EU-Staaten wie im Übrigen auch das Fürstentum Liechtenstein. Die entsprechenden Vorbereitungsarbeiten 12http://ec.europa.eu/justice/data-protection/ article-29/documentation/opinion- recommendation/files/2015/wp230_en.pdf. 13http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/ documents/taxation/tax_cooperation/mutual_ assistance/financial_account/first_report_ expert_group_automatic_exchange_financial_ information.pdf, S. 25. men wird. Jedenfalls ist hierzu nichts bekannt. Schließlich hat auch der Beratende Ausschuss des Europarates in seiner letzten Sitzung beschlossen, das Thema weiterzuverfolgen.14 Es ist zu hoffen, dass die Ergebnisse dieser laufenden Arbeiten nicht zu spät kommen. Die Parallelen zum Urteil des EuGH sind klar und jedenfalls bei der Umsetzung des AIA zu beachten. Wie die WP 29 feststellt, geht es auch um Haftungsfragen. Eine Klage vor dem EuGH – oder nationalen Gerichten – sollte vermieden werden. Dabei ist die Berücksichtigung der Datenschutzanforderungen zentral. Zwar geht es beim AIA primär darum, dass die einzelnen Staaten zu berechtigten Steuereinnahmen kommen, während es bei der Vorratsdatenspeicherung um schwere Kriminalität geht. Dieser politische Unterschied führt jedoch juristisch zur selben Bewertung. 14Punkt 9 des Sitzungsberichts vom Juli 2015 lautet: “took note of the information provided by the Liechtenstein delegation on automatic exchanges of data, relating to recent developments in the European Union and to the challenges posed particularly following the Statement of the WP29 of 4 February 2015 and Directive 2014/107/EU of the Council of 9 December 2014 amending Directive 2011/16/ EU and instructed its Secretariat to commission an expert to study the case-law on the prin ciple of proportionality and its Bureau to consider the follow-up to be given to the proposals made by Liechtenstein.”
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