Binge Eating Disorder Klinisch-psychologische Interventionen Präsentation von Mirjam Heck, Lukas Müller und Johanna Kummetat BES Diagnosekriterien im DSM 5 A) Wiederkehrende Episoden von Essanfällen. Ein Essanfall wird durch die folgenden zwei Punkten: • Einnahme einer Menge an Nahrung in einem bestimmten Zeitraum (z.Bsp 2 Stunden), die definitiv grösser ist als andere in diesem Zeitraum in ähnlichen Umständen zu sich nehmen würden • Das Gefühl von Kontrollverlust über die Nahrungsaufnahme während der Episode des Essanfalls. Zum Beispiel das Gefühl, nicht aufhören zu können zu essen oder zu kontrollieren, was und wie viel man isst. B) Ein Essanfall tritt mit mindestens drei der folgenden Eigenschaften auf: • Sehr viel schnellere Nahrungsaufnahme als normal • Essen, bis ein unwohlsames Völlegefühl eintritt • Essen sehr grosser Mengen an Nahrung, obwohl man sich nicht hungrig fühlt. • Alleine essen aus Scham über die gegessene Nahrungsmenge • Ekelgefühl, depressive oder Schuldgefühle nach Nahrungsaufnahme C) Leidensdruck durch den Essanfall D) Essanfälle treten im Mittel mindestens ein mal wöchentlich in einem Zeitraum von drei Monaten auf. E) Essanfälle treten nicht in Verbindung mit unangemessenem Kompensationsverhalten (sich erbrechen) auf und sind nicht ausschliesslich in Zusammenhang mit Anorexia Nervosa, Bulimia Nervosa oder vermeidend/restriktiver Esssstörungspathologie auf. Indikation BES - Leitsymptome Essanfälle mit Kontrollverlust Indikation BES - Leitsymptome - Scham- und Schuldgefühle Essanfälle mit Kontrollverlust - Grübeln über Gewicht - Diätversuche - Deprimiertheit Indikation BES - Leitsymptome Essanfälle mit Kontrollverlust - Scham- und Schuldgefühle Kompensation - Grübeln über Gewicht - Auslassen von Mahlzeiten - Diätversuche - Deprimiertheit - Körperliche Betätigung Indikation BES - Leitsymptome Essanfälle mit Kontrollverlust - Scham- und Schuldgefühle Kompensation - Grübeln über Gewicht - Diätversuche - Auslassen von Mahlzeiten - Deprimiertheit - Körperliche Betätigung Indikation BES - Leitsymptome Unterschied der zu Bulimia Nervosa: Regelmässigkeit und intensität der kompensatorischen Massnahmen - Scham- und Schuldgefühle Essanfälle mit Kontrollverlust - Grübeln über Gewicht - Diätversuche - Deprimiertheit Kompensation - Auslassen von Mahlzeiten - Körperliche Betätigung Leitsymptome BES Körperbild aversiv • Selbstwert stark an Figur und Gewicht gekoppelt Nicht in Diagnosekriterien enthalten • Erhöhte Figur- und Gewichtssorgen gehen mit erhöhter Psychopathologie und Essstörungspathologie einher (!) Psychische Symptome Unkontrollierte Essanfälle Grübeln über Nahrung und Figur Gestörtes Essverhalten Störung der Wahrnehmung von Hunger Unregelmässige Ernährung Interpersonelle Defizite • sozialer Rückzug Körperliche Symptome Erhöhte Morbidität, Mortalität Metabolisches Syndrom • Hypertonie • Osteoporose • Schlaf-Apnoe • Fettleber • Etc. Der Essanfall Trigger Interpersonell, Stresssituationen, Langeweile Binge Verschieden hohe Kalorienzufuhr !auch subjektiver Essanfall kann Leidensdruck verursachen! Dauer Oft nicht genau eingrenzbar, teils über Stunden hinweg Obacht (!) BMI kann, muss aber nicht hoch sein! Multifaktorielles Entstehungsmodell Adipositas in der Kindheit •Heritabilität, Psychophysiologie •Diätieren und übergewicht •Fam. Transmission des Essverhaltens •Stigmatisierung und Hänseleien •Nahrungsmittelangebot Erhöhte Vulnerabilität fürpsychische Störungen •Elterliche Psychopathologie •Psych. Problem in Kindesalter •Missbrauchserlebnisse •Perfektionismus, rigide Ansprüche Manifestation der BES Auslösende und aufrechterhaltende Faktoren • • Stresserleben Defizitäre Impuls- und Emotionsregulation • (klass.)Konditionierungseffekte • Ess- und Ernährungsverhalten Wo knüpft Therapie an ? Kognitive Verhaltenstherapie bei Essanfällen - Ziele Grundsätzlich: 1. Ziel: Bewältigung der Essstörung 2. Ziel: Gewichtsreduktion Therapieaufbau & -struktur (Langversion: 16 Sitzungen) Phase 1 (Sitzung 1-6): Verminderung der Frequenz und Intensität von Essanfällen Phase 2 (Sitzung 7-16): Ausbau und Stabilisation der erreichten Erfolge Durchführung ist im Einzel- und Gruppensetting möglich. (Munsch, Biedert & Schlup, 2011) Kognitive Verhaltenstherapie bei Essanfällen - Langversion: Phase 1 1. Sitzung: Einführungs- und Motivationssitzung 2. Sitzung: Persönliche Ziele formulieren 3. Sitzung: Das ABC-Modell – Einführung in die Problemanalyse 4. Sitzung: Einführung in die Bewältigung von Essanfällen 5. - 7.Sitzung: Bewältigung von Essanfällen 8. Sitzung: Standortbestimmung (Munsch, Biedert & Schlup, 2011) Kognitive Verhaltenstherapie bei Essanfällen - Langversion: Phase 2 9. Sitzung: Das Körperkonzept I 10.Sitzung: Das Körperkonzept II 11.Sitzung: Erkennen und Verändern irrationaler Gedanken 12.Sitzung: Erkennen und Verändern irrationaler Gedanken bzgl. des eigenen Körpers 13.Sitzung: Entstehung und Regulation von Übergewicht 14.Sitzung: Gewichtsregulation – fettnormalisierte Ernährung 15.Sitzung: Rückfallprophylaxe und Zielerreichungsskalierung 16.Sitzung: Rückfallprophylaxe, Abschluss und Neustart (Munsch, Biedert & Schlup, 2011) Kognitive Verhaltenstherapie bei Essanfällen - Struktur der Sitzungen Besprechung der Hausaufgaben der letzten Sitzung Informationsblock: Wissensvermittlung Übungsblock Vorgabe der Übungen für zuhause Diskussion möglicher Schwierigkeiten und Lösungsvorschläge (Munsch, Biedert & Schlup, 2011) Verhaltenstherap. Interventionen Ziele Selbstbeobachtung · Erste Kontrollerfahrung durch Beobachten eines bis dahin automatisch ablaufenden Verhaltensmusters · Information über auslösende, aufrechterhaltende und nachfolgende Faktoren des Problemverhaltens · Information über Behandlungsverlauf und Transfer in den Alltag Regelmäßige Ernährung nach Mahlzeitplan ABC-Modell · Stimuluskontrolle bzgl. der Nahrungsaufnahme Stimuluskontrolle · Reduktion der Frequenz des Problemverhaltens durch Vermeiden der Auslöser dieses Verhaltens Reaktionskontrolle · Vermeiden des Problemverhaltens, selbst wenn Auslöser vorhanden sind · Ablenkung · Belohnung · Stimmungsaufhellung · Individualisierung der Techniken zum Symptommanagement · Unterstützen des Transfers in den Alltag · Antizipieren von Risikosituationen und Planen der Bewältigung · Steigern der Selbstwirksamkeitserwartung · Problemaktualisierung und Erleben des Spannungsreduktion · Akzeptierender Umgang mit dem eigenen Körper Angenehme Tätigkeiten Notfallkärtchen Körperübungen · Erstellen eines individuellen Modells des Problemverhaltens als Grundlage für Symptommanagement Kognitive Interventionen Ziele Kognitives Modell · Erkennen von Zusammenhängen zwischen irrationalen Gedanken, Emotionen und Verhaltensweisen · Verbesserung der Selbstwirksamkeitseinschätzung bzgl. Problemlösefähigkeit und Belastbarkeit · Positiverer Umgang mit dem eigenen Körper · Positiveres Selbstbild · Selbstständiges Erarbeiten wesentlicher Zusammenhänge Umstrukturieren dysfunktionaler Gedanken Sokratische Befragung Kognitive Verhaltenstherapie bei Essanfällen - Interventionen Einzelne Therapiebausteine… • ABC-Modell • Körperübungen (Munsch, Biedert & Schlup, 2011) Kognitive Verhaltenstherapie bei Essanfällen - ABC Modell- A C Auslöser Was ging dem Verhalten voraus? Wie habe ich mich gefühlt? An was habe ich gedacht? Wer war dabei? Wo war es? B (Munsch, Biedert & Schlup, 2011) Kognitive Verhaltenstherapie bei Essanfällen - ABC Modell- A C Verhalten Was geschah wann? Wie lange dauerte es? War jemand dabei? Wo war es? Was habe ich in welcher Reihenfolge gegessen? B (Munsch, Biedert & Schlup, 2011) Kognitive Verhaltenstherapie bei Essanfällen - ABC Modell- Konsequenzen Was habe ich dann gemacht? Was habe ich gedacht? Wie habe ich mich dann gefühlt? C A B (Munsch, Biedert & Schlup, 2011) Kognitive Verhaltenstherapie bei Essanfällen - Körperübungen • Kärtchen-Übung • Spiegel-Übung (Munsch, Biedert & Schlup, 2011) Kognitive Verhaltenstherapie bei Essanfällen - Schwierigkeiten in der BehandlungWo seht ihr Schwierigkeiten in dieser Behandlung? • Hohe Motivation der TN erforderlich: viele Übungen für zuhause • Durch feste Struktur und Gruppensetting ist wenig Raum, um individuell auf einzelne TN einzugehen • (…) (Munsch, Biedert & Schlup, 2011) Evaluation der beschriebenen Therapie • RCT Studie mit n=80 die KVT mit BGR vergleicht – Häufigkeit Essanfälle, essstörungsspezifische und allg. Psychopathologie und der BMI als AV • KVT zeigt rasch große Effekte • KVT und BGR reduzieren nach Ende und 12 M danach * die Essanfälle Munsch, S., Biedert, E., & Schlup, B. (2011). Binge Eating: Kognitive Verhaltenstherapie bei Essanfällen. Mit Online-Materialien. Beltz. Evaluation der beschriebenen Therapie • Bei Therapieende KVT > BGR • 12 Monate danach KVT = BGR • Nach 5 Jahren 60 % frei von BES (33% bei BGR) Munsch, S., Biedert, E., & Schlup, B. (2011). Binge Eating: Kognitive Verhaltenstherapie bei Essanfällen. Mit Online-Materialien. Beltz. Stabilität der Behandlungsergebnisse • Kurzzeit KVT Behandlung • Vergleich von BED-pathologie, EDE und BMI nach Therapieende und 4 Jahre danach – Untersuchte Werte zeigen Stabilität über Zeit und zeigen sogar leichte Verbesserungen nach Behandlungsabschluss Fischer, S., Meyer, A. H., Dremmel, D., Schlup, B., & Munsch, S. (2014). Short-term Cognitive-Behavioral Therapy for Binge Eating Disorder: Long-term efficacy and predictors of long-term treatment success. Behaviour research and therapy, 58, 36-42. Prädiktoren • Negativer Verlauf – Komorbide Störungen – Schwere der Essstörung – Frühe Erstmanifestation – Essen als Spannungsregulation Munsch, S., Biedert, E., & Schlup, B. (2011). Binge Eating: Kognitive Verhaltenstherapie bei Essanfällen. Mit Online-Materialien. Beltz. Prädiktoren • Positiver Verlauf – Frühes Eigenengagement – Rasches Ansprechen auf Therapie – Soziale Unterstützung (für langfristige Stabilisierung) Munsch, S., Biedert, E., & Schlup, B. (2011). Binge Eating: Kognitive Verhaltenstherapie bei Essanfällen. Mit Online-Materialien. Beltz. Pisetsky, E. M., Durkin, N. E., Crosby, R. D., Berg, K. C., Mitchell, J. E., Crow, S. J., ... & Peterson, C. B. (2015). Examination of early group dynamics and treatment outcome in a randomized controlled trial of group cognitive behavior therapy for binge eating disorder. Behaviour research and therapy, 73, 74-78. Pharmakotherapie • Bspw. Mit SSRI oder SNRI • Pharmaka nur in Kombination mit anderer Behandlung ratsam • Insgesamt zeigen sich mittlere Effekte, die jedoch eher hohen Placeboeffekten gegenüberstehen • Kombinationstherapie zeigt keinen additiven Nutzen Munsch, S., Biedert, E., & Schlup, B. (2011). Binge Eating: Kognitive Verhaltenstherapie bei Essanfällen. Mit Online-Materialien. Beltz. Resultierende Leitlinien • • • • Psychotherapie = Mittel der Wahl 1. Schritt strukturierte Selbsthilfe KVT aufgrund Datenlage Therapie der Wahl IPT oder DBT für non-Responder Munsch, S., Biedert, E., & Schlup, B. (2011). Binge Eating: Kognitive Verhaltenstherapie bei Essanfällen. Mit Online-Materialien. Beltz. Fragen?? Take Home ?!
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