Betreff: 2016.01.29 Maulkorb für Abgeordnete

Betreff: 2016.01.29 Maulkorb für
Abgeordnete
=====>> Donnerwetter, da haben unsere "Volksvertreter" aber wie die Löwen gekämpft und einen
tollen Erfolg errungen. Welch ein Glück für unser Volk, solch ein aufopferungsbereites,
verantwortungsbewußtes, charaktervolles, kenntnisreiches, mutiges Spitzenpersonal zu haben, das
unermüdlich für unser Wohl kämpft!
W.B.
-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------https://correctiv.org/recherchen/ttip/blog/2016/01/26/exklusiv-leserechte-auf-widerruf/
Maulkorb für Abgeordnete
Das Wirtschaftsministerium feiert es als Erfolg, dass Bundestagsabgeordnete künftig TTIPDokumente unter Aufsicht lesen dürfen. Doch ein bisher geheimes Dokument der EU-Kommission
macht klar, dass diese Leseräume jederzeit geschlossen werden können, falls Abgeordnete den
Inhalt der TTIP-Dokumente der Öffentlichkeit verraten.
Justus von Daniels Marta Orosz 26. Januar 2016
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Am Dienstag hatte das Wirtschaftsministerium die Bundestagsabgeordneten informiert, dass zum 1.
Februar die TTIP-Leseräume eingerichtet werden. In diesen Leseräumen können die Parlamentarier
Einsicht nehmen in die aktuellen Verhandlungsdokumente. Ein bisher geheimes Schreiben der EUKommission, das correctiv.org vorliegt, zeigt jedoch, dass die Leseräume jederzeit wieder
abgeschafft werden können.
USA stellen die Bedingungen
Bereits im Dezember hatte die EU-Kommission die Regierungen der Mitgliedsstaaten haarklein
darüber informiert, an welche Bedingungen das Leserecht geknüpft ist:
 Die Leseerlaubnis kann jederzeit widerrufen werden. Wörtlich heißt in dem am 14.
Dezember 2015 verfassten Dokument über die „Einrichtung von Leseräumen in den
Mitgliedsstaaten“: „Die USA betonten, dass die Übermittlung von konsolidierten TTIPTexten und deren Verfügbarkeit in den Leseräumen der Mitgliedsstaaten nur auf Probe (trial
basis) erfolgt, und von der Integrität und Zuverlässigkeit der Vorgehensweise abhängt. Die
USA haben darauf hingewiesen, dass sie die Genehmigung (...) in einem oder allen
Mitgliedsländern widerrufen würden, falls eine unbefugte Veröffentlichung der Dokumente
oder deren Inhalte erfolgen soll.“ In einem solchen Fall wolle man die Quelle der
unbefugten Veröffentlichung ermitteln und „die entsprechenden Maßnahmen, darunter
disziplinäre und/oder rechtlichen Maßnahmen“ angewenden. Mit anderen Worten: Gibt ein
Abgeordneter Informationen über das, was er gelesen hat, an die Öffentlichkeit, wird der
Mitgliedstaat bestraft.
 Bundestagsabgeordnete werden beim Lesen der TTIP-Dokumente von einem
Sicherheitsbeamten beaufsichtigt. Er „wird während der gesamten Zeit des Besuchs
anwesend sein“ und soll nicht nur die persönlichen Daten des Parlamentariers und die
Zeitpunkte der Einsichtnahme erfassen, sondern auch die Dokumente registrieren, die
gesichtet werden.
 Die Texte werden nicht ausgedruckt sondern können nur an Computern gelesen werden, die
nicht mit dem Internet verbunden sind. Maximal acht Abgeordnete dürfen gleichzeitig an
den Computer-Arbeitsplätzen TTIP-Texte lesen.
 Wörtliche Zitate dürfen nicht abgeschrieben werden. „Besucher dürfen handschriftliche
Notizen mitnehmen; solche Notizen dürfen aber im Umfang oder inhaltlich keine Kopien
(...) von vertraulichen Inhalten wiedergeben.“
 Es herrscht Handyverbot. „Mobiltelefone oder andere elektronische- oder Aufnahmegeräte
sind im Leseraum nicht zugelassen.“
Hintergrund
Die USA haben in der Vergangenheit immer wieder durchblicken lassen, dass sie es nicht für nötig
halten, die nationalen Parlamente der EU-Staaten in den TTIP-Informationsfluss einzubeziehen.
Auch die EU-Kommission sieht die Parlamente der Mitgliedstaaten in der zweiten Reihe. EUKommissarin Cecilia Malmström hatte kürzlich bei einer Diskussion
https://correctiv.org/recherchen/ttip/blog/2016/01/15/ttip-malmstroem-daempft-erwartungen/
mit dem Wirtschaftsausschuss des Bundestages gesagt, dass Leserechte ein „Bonus“ für den
Bundestag seien. Mitarbeitern der Abgeordneten – die oft deren fachliche Arbeit erledigen – bleibe
der Zutritt zu den Räumen verwehrt.
Bei dem Treffen hatten die Parlamentarier die Kommissarin so verstanden, dass TTIP-Dokumente
ins Deutsche übersetzt würden. Die EU-Kommission hat jetzt klar gestellt, dass das nicht geschehen
werde. Der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, Peter Ramsauer (CSU), informierte den
Bundestag darüber am Montag per Brief: „Übersetzungen, die nicht von Rechts- und
Sachverständigen formell überprüft und freigegeben worden sind, könnten zu Missverständnissen
führen“, schrieb Ramsauer, die Kommission zitierend.
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Eineinhalb Jahre lang hatten das Wirtschaftsministerium und zuletzt auch Bundestagspräsident
Norbert Lammert (CDU) dafür gekämpft, die Vertragsentwürfe zu dem Freihandelsabkommen TTIP
den Parlamentariern zugänglich zu machen. Die fehlende Transparenz der Verhandlungen ist einer
der Hauptkritikpunkte an dem Handelspakt.
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