Weit mehr als ein Greiforgan: Wunderwerk Hand 1 Hände sind ein überaus bedeutender Körperteil und nicht nur für Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten zentral. Was Hände alles können, wie wir ihnen Sorge tragen sollten und welche Hygieneregeln zu beachten sind. Wann haben Sie zuletzt Ihre Hände betrachtet? Die Bedeutung der Hände liegt quasi auf der Hand: Faszinierende Werkzeuge, weit mehr als ein Greiforgan und wahre Meisterwerke der Schöpfung. Mit den Händen erkunden wir die Umwelt, spüren, verstehen und begreifen. Wir können sie auf bestimmte Tätig- keiten hin trainieren, sodass sie uns in den unterschiedlichsten Berufen unschätzbare Dienste leisten. Mit ihnen erledigen wir den grössten Teil unseres Tagwerks, ob bei Haus- oder Büroar- beiten, ob als Pianist, als Bauarbeiter oder als Physiotherapeutin – ohne Hände nicht vorstellbar! 30 Prozent des Bewegungsareals im Gehirn werden von den Händen beansprucht Die Hand: 27 Knochen, 15 Gelenke, 40 Muskeln, 3 Hauptnerven, unzählige Sinnesrezeptoren, Schweissdrüsen und mehr sorgen für Fingerfertigkeit und Fingerspitzengefühl. Kein anderes Organ ist mit dem Gehirn so eng verbunden wie die Hand. 30 Prozent des Bewegungsareals im Gehirn werden von den Händen beansprucht. Den Füssen steht zum Vergleich nur so viel wie zwei Fingern zu. Heilen mit den Händen Eine Physiotherapeutin muss ein umfangreiches, differenziertes anatomisches Wissen haben, das sie gezielt in der jeweiligen therapeutischen Situation einsetzt. Ihre geschickten und geübten Hände fassen fest und dennoch dosiert in das zu behandelnde Gewebe. Sie spürt die Haut, ob diese warm oder kalt, trocken oder feucht ist. Die Konsistenz des Gewebes beurteilt sie durch leichten Druck mit der flach aufliegenden Hand. Verhärtungen kann sie orten, einzelne Muskeln, Sehnen, Knochen und Nerven, ja sogar Bänder und Gelenke ertasten. Ergibt die physiotherapeutische Untersuchung, dass das Gewebe behandelt werden muss, so kann die Physiotherapeutin auf viele verschiedene Techniken zurückgreifen. Sie kann mit den Händen in Form von Massagen – durch Streichen, Reiben, Klopfen, Rollen, Schütteln, Verschieben von Narben und Faszien (Bindegewebsplatten) – über die Haut in tiefere Schichten vordringen. Muskeln werden geknetet, schmerzhafte Punkte (Triggerpunkte) mit Druckpunktmassage beseitigt. Gelenke müssen manuell mobilisiert werden, ganze Gelenksketten in die anatomisch exakte Bewegungsrichtung gelenkt werden. Diese manuellen Therapien können sehr fein, kaum spürbar sein, aber auch bis an die Schmerzgrenze des Patienten reichen. Hygieneregeln Die Physiotherapeutin ist darauf bedacht, sich und andere zu schützen. Dennoch kann sie sich nicht nach jedem Patienten die Hände waschen. Das würde die Haut trocken und spröde machen und den Säureschutzmantel angreifen. So gilt als Regel: Ist kein sicht- oder tastbarer Schmutz an den Händen zu erkennen, reicht das Desinfizieren mit einen rück- fettenden Desinfektionsmittel. Wer auf Handhygiene achtet, schützt nicht nur sich, sondern auch andere Ausserhalb des medizinischen Umfelds gilt: Das einfachste und wirksamste Mittel, um eine Keimübertragung zu vermeiden, ist das gründliche und regelmässige Händewaschen. Eine Flüssigseife mit hohem pH-Wert ist besser als ein Stück Seife. Sie schont die Haut und hat eine rückfettende Wirkung. Desinfizieren ist im Alltag nicht nötig, nur bei immungeschwächten Personen, Pflegebedürfti- gen und bei Personen, bei denen gehäuft Infektionen auftreten. 1 Mit Genehmigung von Physioswiss/ Physiomagazin Ausgabe 2/15 Die Hände sollen gewaschen werden: • • • • • • beim Nachhausekommen vor dem Kochen und Essen nach dem Aufsuchen des WCs nach dem Naseschnäuzen, Niesen oder Husten nach dem Kontakt mit Tieren vor und nach dem Windelwechseln Hände aus dem Gesicht: Wir greifen uns durchschnittlich 15-mal in der Stunde ins Gesicht. Das kann krankmachende Folgen für uns haben. Sind wir erkältet, verteilen wir die Keime mit unseren Händen an unzählige Orte und gefährden so andere. Händeschütteln gehört in unsere Kultur, aber von übertriebenem Händeschütteln wird abgeraten, besonders während einer Grippewelle. Marlene Arnold, Physiotherapeutin
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