17. Workshop Fische der AGAW am 08. Oktober 2015 – Innertkirchen (CH) Unterschiedliche Perspektiven der Wasserkraftnutzung und der Gewässerökologie Überlegungen zu einigen Themenbereichen Vito Adami Büro für angewandte Limnologie – Bozen, Südtirol (I) Themenübersicht Themen: • Neue Normen bzgl. der Dotationswassermengen in Südtirol (I) • Unterschiedliche Bedeutung der Kontinuität • Von der Planung bis hin zur Betriebsphase • Der Referenzzustand aus unterschiedlichen Blickwinkeln • Datenerhebung und Kontrollen unerwünscht… Neue Normen bzgl. der Dotationswassermengen in Südtirol (I) Rund 1050 Wasserkraftwerke, darunter rund 850 kleine und kleinste Anlagen Wassernutzungsplan Fläche des Einzugsgebiets (km2) Statische Dotation Mindestwert (l/s*km2) Variable Dotation Mindestwert (%*Qnat) ≥ 1500 2,0 3 1000 2,0 5 500 2,3 7 200 2,7 10 50 3,0 15 10 3,5 20 ≤6 4,0 25 Unterschiedliche Bedeutung der Kontinuität Mittelwerte ↔ Instantanwerte Ab der Inbetriebnahme eines Kraftwerkes ist das Bestehen der Lebensgemeinschaft im betroffenen Wasserlauf nicht mehr selbstverständlich: Es hängt dann von «Maßnahmen» bzw. von der sorgfältigen und störungsfreien Einhaltung von Vorschriften ab. Die Dotationsabgabe ist hierbei ein markantes, doch keineswegs das einzige Element... Die Turbinen eines Kraftwerkes und die Lebensgemeinschaft eines Fliessgewässers brauchen Wasser, in einer gewissen Menge und Qualität. Fehlt den Turbinen das Wasser, so stellt sich die Produktion ein. Fehlt das Wasser im Bach, so ist die Lebensgemeinschaft vernichtet. Unterschiedliche Bedeutung der Kontinuität Eine temporäre Einstellung der Produktion ist zumeist kein Grund für nennenswerte Schäden der Kraftwerksanalage. Grob unzureichende Restwassermengen, extreme Abflussschwankungen, einschneidende GeschiebeEinstösse oder die wesentliche Veränderung der Morphologie sind hingegen langwierige ökologische Eingriffe, deren Folgen im Laufe längerer Zeitspannen oder «gar nie» zu beheben sind. Es ist anzunehmen, dass der «gar nie-Fall» verhältnismässig selten erkannt wird. Viel zu gering sind dafür unsere Kenntnisse (z.B. taxonomisch, genetisch…). Von der Planung bis hin zum Betrieb Seit Jahren wird der Weg vom ersten Konzept bis hin zur Verwirklichung eines neuen EW bzw. zur wesentlichen Veränderung (zumeist Potenzierung) eines bestehenden durch die Berücksichtigung vom (gewässer-)ökologischen Belange weitgehend geprägt. Ausschlaggebend ist hierbei, in den meisten europäischen Ländern, die einschlägige Gesetzgebung, die wiederum auf großen Fortschritten des gewässerökologischen Wissens und auf die Sensibilisierung der Öffentlichkeit basiert. Von der Planung bis hin zum Betrieb Planung und Genehmigungsphase: • mühsame Erörterung von ökologisch vertretbaren und v.a. genehmigungsfähigen Projektvarianten und –anpassungen Erste Betriebsphase: • man geht sehr zuversichtlich von der vollkommenen Funktionsfähigkeit aller Umweltmassnahmen aus… ist dies aber wirklich so? Auf der anderen Seite: • nach der Inbetriebnahme des Werkes arbeitet man sehr lange weiter, trotz der planmässigen Ausführung, an allen möglichen Überprüfungen, Anpassungen und sinnvollen Verbesserungen des Kraftwerksbetriebes. Von der Planung bis hin zum Betrieb Modellierungen: Dr. Matthias Platzer - Bozen Von der Planung bis hin zum Betrieb Kann die Modellierung noch helfen? …und ist die gelegentliche Wiederherstellung eine ausreichende Lösung? Die Referenz Die Sache mit dem Referenzzustand… An sich stellt in der Evaluierung der Projekte der Bezug auf den Referenzzustand eines Gewässers einen wichtigen Fortschritt dar (in der Schweiz, nicht in Italien…). Es stellt sich jedoch die Frage: Auf welcher Ebene, die Referenz? Die Gefahr einer Alibi-Funktion ist groß. Die Referenz Anhand der massiven Verluste an Wasser- und Fischwasserflächen in tiefen und mittleren Lagen ist der Ausschluss „a priori“ von Maßnahmen zur Erhaltung von potenziellen oder neu-entstandenen Fischgewässern möglicherweise zu restriktiv. Vielmehr wäre hierbei – z.B. bei „nicht mehr gletscherbeeinflussten“ Fließgewässern - eine von allen Seiten flexible Abwägung der konkreten Möglichkeiten angebracht. In mehreren Stauseen ist der Verzicht auf die Nutzung eines sehr geringen Anteils des Speichervolumens oft imstande, die Lebenszyklen vieler Organismen abzusichern und das Bestehen von diesen sekundären, z.T. recht beliebten Fischgewässern zu gewährleisten. Datenerhebung und Kontrollen unerwünscht… Die Wasserkraftnutzung ist in Südtirol eine primäre Wirtschaftsbranche, die in den letzten Jahren stark intensiviert wurde. Für die Nutzung des verhältnismäßig geringen „Restpotenzials“ liegen ca. 400 Projekte vor. Vor zwei Jahren wurden die Außenstellen des Amtes für Jagd und Fischerei der Aut. Prov. Bozen von 7 auf 3 reduziert. Nicht nur die Bestandserhebungen sondern auch die Kontrolle über die Einhaltung der Restwassermengen wurden dadurch gehemmt und grundsätzlich auf die Forstbezirke delegiert. Im Jahresdurchschnitt werden nun rund 30 Restwassermessungen durchgeführt, teils durch das Amt für J.&.F., teils durch einige Bezirke. Zwischen 30 und 40% liegt bei den Kontrollen die Rate der nicht auflagenkonformen Dotationsabgaben. Danke für die Aufmerksamkeit!
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