Die volkswirtschaftliche Bedeutung der österreichischen Privatstiftung Eine empirische Studie Die österreichische Privatstiftung wird medienöffentlich häufig als Steuersparmodell dargestellt, welches aus Gründen der steuerlichen und sozialen Gerechtigkeit abgeschafft werden sollte. Ihre volkswirtschaftliche Bedeutung wird dabei zumeist nicht erwähnt oder auch abgestritten. Abgesehen von den nicht unerheblichen steuerlichen Nachteilen gegenüber Privatpersonen (2,5 %-ige Eingangsbesteuerung und die 25 %-ige Belastung bei Herausnahme von Substanz), welche den noch vorhandenen steuerlichen Vorteil aus der Thesaurierung von Erträgen weitestgehend kompensieren, untersucht eine neue Studie des Economica Institutes für Wirtschaftsforschung erstmals den volkswirtschaftlichen Mehrwert der österreichischen Privatstiftung auf der Grundlage umfangreicher empirischer Analysen. Die Studie kommt zu folgenden Hauptergebnissen: 1. Wertschöpfung und Beschäftigung Der österreichischen Privatstiftung ist direkt und multiplikativ ein totaler Wertschöpfungseffekt in Höhe von 2,1 Mrd. Euro zuzurechnen. Davon entfallen 1,74 Mrd. Euro auf Österreich und 0,36 Mrd. Euro auf das Ausland. Dies entspricht einem Anteil von 0,79 % an der gesamten jährlichen Wertschöpfung in Österreich. Dieser Betrag stellt den originären Wertschöpfungsbeitrag der Stiftungen dar und enthält nicht die Wertschöpfung der durch Stiftungen gehaltenen Unternehmensbeteiligungen. Die nachstehende Tabelle weist die Ergebnisse zusammenfassend aus. Tabelle 1: Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse Wertschöpfungseffekte in Mio. € Direkter Wertschöpfungseffekt 1.194,78 Multiplikativer WS-Effekt 900,87 Totaler WS-Effekt davon im: 2.095,65 Inland Ausland Beschäftigungseffekte 1.738,45 357,20 in Beschäftigten in VZÄ Direkter Beschäftigungseffekt 13.119 10.759 Indirekter Beschäftigungseffekt 14.220 11.893 Induzierter Beschäftigungseffekt 5.134 2.390 Totaler Beschäftigungseffekt 32.473 25.042 Quelle: Economica, 2009. Der korrespondierende Beschäftigungseffekt erreicht 32.473 Stellen in Kopfgrößen beziehungsweise ein Vollzeitäquivalent in Höhe von rund 25.000 Jahresarbeitsplätzen. Dieser Beschäftigungseffekt umfasst sowohl die unmittelbar bei Stiftungen beschäftigten Personen als auch die über Liefer- und Leistungsverflechtungen betroffenen Arbeitsplätze (Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Notare, Banken usw.) sowie den durch Konsumausgaben dieser Beschäftigten induzierten, zusätzlichen Wertschöpfungs- und Arbeitsmarktimpuls. 2. Produktivität und Kapitalausstattung Als der Gesetzgeber im Jahr 1993 das neue Privatstiftungsgesetz schuf, stand das Anliegen, Kapital in Österreich zu halten bzw. ausländisches Kapital nach Österreich zu bringen, im Vordergrund. Dies sollte insbesonders auch dadurch herbeigeführt werden, dass Nachfolgeregelungen bei Familienunternehmen durch Privatstiftungen erleichtert würden. Um die empirischen Effekte dieser gesetzgeberischen Intention zu analysieren, wurden auf Grundlage des Datenbestandes der Creditreform zwei große Stichproben gezogen. Der Stichprobenumfang erreicht bei den Unternehmen mit Stiftungsbeteiligung NS = 2.564, in der Referenzgruppe der Unternehmen ohne Stiftungsbeteiligung NR = 17.513. Ergänzend wurden Angaben der Oesterreichischen Nationalbank zu Vergleichszwecken herangezogen. Die Studie gelangt zu folgenden Befunden: In allen ÖNACE-Sektoren liegt der Median der Arbeitsproduktivität (gemessen als Umsatz pro Beschäftigten) der Unternehmen, an denen Stiftungen beteiligt sind, über dem Wert der jeweiligen sektorspezifischen Vergleichsstichproben. Produktivität (Umsatz pro Beschäftigten in 1.000 €) - 700 600 500 400 300 200 100 0 C D E F G Median Referenzgruppe H I J K Median Stiftungen - Der (Gesamt-)Kapitaleinsatz je Beschäftigten fällt zu Lasten der Kapitalproduktivität und zugunsten einer höheren Beschäftigungskontinuität überdurchschnittlich hoch aus. - Die Eigenkapitalquoten der von Stiftungen gehaltenen Unternehmen liegen in den meisten ÖNACE-Kategorien (weit) über dem Wert der von der Oesterreichischen Nationalbank untersuchten Unternehmen, welche diesbezüglich als jeweils sektorspezifische Referenzgruppe dienen. - Überdurchschnittlich hohe Eigenkapitalquoten lassen längerfristig eine überdurchschnittlich lange Unternehmensbestandsdauer für Unternehmen im Stiftungsbesitz erwarten. Dabei reduziert eine um einen Prozentpunkt höhere Eigenkapitalquote (also von 21 % statt 20 % wie im Durchschnitt der Sachgütererzeugung) die Insolvenzwahrscheinlichkeit um 0,8 %. Zudem liegt die Eigenkapitalquote der von Stiftungen gehaltenen Unternehmen im Gegensatz zu dem allgemeinen Befund bei österreichischen KMU über dem europäischen Durchschnitt. 60 Eigenkapitalquote in % 50 40 30 20 10 0 C D E Stiftungsunternehmen F G H I J K OeNB-Erhebung (Referenzgruppe) Statistisch unzureichende Anzahl von Unternehmen 3. Darüber hinaus zeigen konkrete einzelne Erfahrungen, dass Unternehmensweitergaben erleichtert wurden, da Unternehmen von Familienkonflikten wegen der Existenz einer Privatstiftung ferngehalten werden konnten.
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