Fachkräfte gewinnen, binden, fördern. 2 Die einen berichten von leergefegten regionalen Personalmärkten, andere Handwerksunternehmer schütteln verwundert die Köpfe und kennen solche Sorgen nicht. An der jeweiligen Region liegt es nicht: Oftmals zeigen sich massive Unterschiede unter Betrieben, die nur wenige Kilometer auseinander liegen. Was sind die Erfolgsfaktoren der Gewinner? Unsere Serie beleuchtet zentrale Aspekte der Personalgewinnung und -führung im Handwerksbetrieb. Und sie führt aktuelles Praxiswissen erfahrener Handwerks-Unternehmer mit dem Expertenwissen von Personalmarketern und Human- ResourcesFachleuten zusammen. 3 Horizonte Die richtigen Mitarbeiter gewinnen So machen Sie Ihr Unternehmen attraktiv für Fachkräfte Fachkräftemangel im Handwerk – Mythos oder bittere Realität? Die neue Serie beleuchtet die Praxis der Mitarbeitergewinnung und -bindung. Die heutige Folge gibt Antworten, wie erfolgreiche SHK-Betriebe um Mitarbeiter werben, wie sie die „guten“ daraus für sich gewinnen und ihre Anziehungskraft auf engagierte Teamkollegen von morgen erhalten. 4 → Manfred Kerker, Inhaber eines SHK-Fachbetriebs mit 70 Mitarbeitern, verrät, wie er erfolg- reich neue Mit- arbeiter gewinnt. Warum ausgerechnet zu Ihnen? „Gesucht: Meister. Wenn Sie Teil eines motivierten Teams werden wollen und gerne Kundenkontakt haben, senden Sie Ihre Bewerbung an …“ Solche Anzeigen finden sich noch immer 1000fach im Internet und in Tageszeitungen. „Man macht dasselbe wie vor 20 Jahren und wundert sich, dass immer weniger Bewerbungen eingehen“, beobachtet Personalberater Martin Gaedt, Gewinner des „Human Relations Excellence Award 2013“. Viele Ausschreibungen lassen wichtige Fragen offen: Warum sich grade dort bewerben, wie sieht es in der Firma aus, wer arbeitet dort, welche Fortbildungen gibt es, wie steht es mit Schulen, Kindergärten, Vereinen? Wie beim Kunden: potentiellen Bewerbern gute Gründe geben Noch immer sieht so mancher Arbeitgeber sich selbst im Mittelpunkt anstatt den zu gewinnenden Mitarbeiter. Ausnahmen sind Youtube-Videos wie jenes, in dem sich ein Arbeitgeber vor seinem Firmengebäude an neue Mitarbeiter wendet mit den Worten: „Ich bewerbe mich bei Ihnen als Ihr neuer Chef.“ Mit dem Blickwinkel des Wechselwilligen werben Wer seine Perspektive dreht, erkennt oftmals gravierende Entwicklungsaufgaben, und das schreckt manchen ab. Nicht so Manfred Kerker, Inhaber eines SHK-Fachbetriebs mit 70 Mitarbeitern. Als attraktives Unternehmen gut sichtbar sein heißt seine erste Regel. „Und dann muss das gesamte Paket stimmen: toller Betrieb, tolle Kunden, tolle Kollegen – ohne all das kann ich werben, so viel ich will.“ Für ihn entsteht die nötige Anziehungskraft im Betrieb selbst, nicht in seinen Personalanzeigen. Natürlich wirbt er klassisch online in regionalen Jobportalen und in der Tagespresse mit Qualitäten, die für Mitarbeiter wichtig und attraktiv sind: Arbeitsklima, Wertschätzung, gute Bezahlung. Doch daneben legt er Wert auf ein stets aktuell gehaltenes Facebook-Profil, auf eine moderne Homepage und auf Empfehlungswerbung durch die eigenen Mitarbeiter. Wer sind die glaubwürdigsten Botschafter? Kerkers Mitarbeiter haben im Freundeskreis offene Ohren für unzufriedene Fachkräfte. Man kennt ja die Branchenkollegen aus dem Verein, vom Stammtisch oder aus der Nachbarschaft, und man steht positiv zum eigenen Betrieb. Denn Kerker hat nicht nur ein gut ausgebildetes Leitungsteam, sondern bietet auch ungewöhnliche Leistungen, über die sich draußen beim Joggen oder Skatspielen gut erzählen lässt. „Wir machen z. B. jedes Jahr drei volle Arbeitstage zu für unsere Mitarbeiter-Weiterbildungen. Neue Techniken, Verhalten beim Kunden, aktuelles Knowhow – das rechnet sich.“ „Erfolgsgeheimnis: Das ganze Paket muss stimmen – toller Laden, tolle Kollegen, tolle Kunden.“ Der Mix macht’s: aussagestarke Werbung plus Kollegenempfehlungen Bei passenden Bewerbungen führt der Chef grundsätzlich alle Gespräche selbst. Kerker hat sich dafür einfache Tests zusammengestellt. Er erkennt, dass der Vorbildungsgrad im Schreiben, Rechnen, Zeichnen gerade beim Nachwuchs zurückgegangen ist. Dennoch bildet er offensiv aus: 20 % seiner Belegschaft besteht aus Azubis. „Die tragen die Philosophie des Hauses, unseren Stil und die Taktung ins Gesellenleben, das stärkt uns“, weiß der Schwabe. Auch Quereinsteiger in den Blick nehmen Auch um Fachkräfte aus verwandten Berufen wie Elektriker oder Anlagenmechaniker wirbt Kerker. Die schult er sorgsam und macht sie zu guten Kundendienst-Technikern. Klagen, die Industrie sauge gute Leute mit Geld vom Markt, weist er zurück. „Industrie-Mitbewerber gibt es in jeder Region Deutschlands, und doch finden bestimmte Handwerksbetriebe immer fähige Mitarbeiter. Bei guten Leuten kommt das Gehalt erst weiter hinten: Nähe, Klima, Entwicklungschancen und ein gutes Betriebsimage gehen vor.“ Gutes Geld: wichtig, aber nicht alles Personalexperte Martin Gaedt: „Der Mythos ‚Fachkräftemangel‘ ist nichts anderes als die Sehnsucht mancher Betriebe nach der guten alten Zeit.“ Ein magischer Kniff, ein geheimer Dreh zur Gewinnung guter Fachkräfte existiert also nicht. Erst der Mix aus menschlichen Qualitäten, Führungskönnen, moderner Kommunikation und der Bereitschaft, mit der Zeit zu gehen, führt zum Erfolg – dann aber dauerhaft. ← Tipps: → Anziehungskraft auf gute „Neue“ entsteht im Betrieb selbst: durch gutes Klima, gute Führung, gute Kunden. → Engagierte Wechselwillige wollen klipp und klar gesagt bekommen, warum sie sich ausgerechnet bei Ihnen bewerben sollen („Drei gute Gründe“). → Sie werben um Personal? Dann bewerben Sie sich bei den „Neuen“, nicht umgekehrt. → Die Internetseite des Betriebs ist professionell gestaltet und enthält Originalzitate von Bestandsmitarbeitern (mit Bild). → Wenn Facebook-Profil, dann authentisch und immer aktuell. → Personalanzeigen in Zeitungen oder OnlinePortalen enthalten über den Betrieb und über das Kollegen-Team solche Informationen, die für Wechselwillige und nicht für den inserierenden Chef interessant und relevant sind. → Buchtipp: Mythos Fachkräftemangel. Was auf Deutschlands Arbeitsmarkt gewaltig schiefläuft. Wiley-Verlag Weinheim, 2014. ISBN 978-3-527-50769-6 5 Horizonte Mitarbeiter, die gerne bleiben So halten und binden Sie Ihre Leistungsträger Durchschnittlich mehr als 30 % aller Mitarbeiter befassen sich mit dem Gedanken, innerhalb der nächsten fünf Jahre ihren derzeitigen Betrieb zu verlassen. Das haben das Stellenportal experteer.de und ZEITonline 2013 in einer Studie belegt. Was lässt sich im Handwerksbetrieb dieser steten Abwanderungstendenz entgegensetzen? Und mit welchen Strategien können die personellen Stützen des Betriebs dauerhaft gehalten werden? 6 ↑ Unternehmerin Elisabeth Strobl, Sanitärbetrieb Bäderwelten am See in Velden: „Unser Engagement für ein gutes Klima macht sich durch beständig hohe Mitarbeiter-Motivation mehr als bezahlt.“ Drei Hauptgründe, so die Studie, hat dieser oftmals unerkannte Abwanderungstrend. Ganz vorn: Mitarbeiter spüren, dass ihr fachliches Können und ihre persönlichen Stärken im Betrieb nicht erwünscht sind. Viele Unternehmensverantwortliche vom Altgesellen über den Teamleiter bis zum Inhaber scheinen nicht zu sehen, was einmal aus einem Mitarbeiter werden könnte, sondern interessieren sich ausschließlich für das, was er an seinem derzeitigen Arbeitsplatz leistet und bringt. Grund 2: vom Chef als Person und Fachkraft nicht ernst, also nicht für voll genommen zu werden. Der Mitarbeiter vermisst Respekt und Augenhöhe. Den drittwichtigsten Grund sehen Abwanderungswillige in fehlenden Entwicklungs- und Aufstiegsperspektiven: Entweder blockiert die nächste Hierarchieebene möglichen Verantwortungszuwachs und einen Aufstieg, oder die Weiterentwicklungschancen im Unternehmen sind nicht bekannt oder gar nicht vorgesehen. Wechsel- und Bleibegründe sind bestens erforscht Doch weshalb halten Mitarbeiter ihrem Betrieb über lange Jahre die Stange? Mehr als 98 % wünschen sich ein gutes Arbeitsklima und nette Kollegen – so die Umfrageergebnisse von Tomorrow Focus Media von 2012. Erst dahinter kommen weitere gute Gründe wie ein attraktives Gehalt (Platz 2), ein Unternehmensstandort, der den eigenen Lebensplänen und Familienwünschen entgegenkommt (Platz 3), und der gute Ruf des Arbeitgebers (Platz 4) im sozialen Umfeld und in der Region. Überlegene „Soft Facts“: praktischer Werkzeugkasten an Bindungs-Tools Zum Prinzip seiner Personalpolitik gemacht hat dieses Wissen z. B. das Ehepaar Strobl im bayerischen Velden. Mit „Strobl Heizung Solar“ und den „Bäderwelten am See“ beschäftigen die beiden Unternehmer mehr als 25 Mitarbeiter aus handwerklichen und kaufmännischen Berufen und bilden seit rund zwei Jahrzehnten auch selbst aus. Für ein gutes und zugleich leistungsorientiertes Arbeitsklima sorgen sie mit einem ganzen Bündel an sich ergänzenden Werkzeugen – und mit einer zwischenmenschlich-unternehmerischen Haltung, die sie auch im Personalwesen erfolgreich gemacht hat. Per freiwilligem Eintrag in die „Mittwochsliste“ treffen sich Chef(in) und Mitarbeiter zum Vier-AugenGespräch. Hier gibt’s Rückmeldung, was gut läuft und was nicht, hier werden Ziele vereinbart und persönliche Entwicklungen geplant und reflektiert. Es macht zudem frühzeitiges Gegensteuern bei eventuellen Abwanderungstendenzen möglich. Zur freiwilligen wöchentlichen Inforunde eine Viertelstunde vor Arbeitsbeginn kommen mindestens 80 % der Belegschaft jedes Mal. Hier erfährt man Neuigkeiten, Projekte, neue Kunden und Vorhaben – und man gibt und erhält faires Feedback im Stehen. Arbeitnehmer gestalten Arbeitsplatzqualität „Als im Februar der Neubau eingeweiht wurde, haben wir die zentrale Bedeutung unserer Mitarbeiter als wichtigste Erfolgs-Säulen des Betriebs klar herausgestellt: vor dem Landrat, vor Besuchern, Kunden und vor der Presse“, berichtet Elisabeth Strobl. Neben solch öffentlichen Wertschätzungen, die sich auch bildhaft im Internetauftritt des Unternehmens zeigen, wird hohe Mitarbeiterorientierung intern bewiesen. Zum Beispiel dann, wenn die Belegschaft ihre Arbeitsplätze von der Sitzordnung über das Mobiliar bis zur Raumdeko selbst gestaltet. „Für uns sind unsere Mitarbeiter wie eine erweiterte Familie“, resümiert die Chefin. Deshalb nimmt man in Velden auch Rücksicht auf die persönlichen Urlaubswünsche und auf die Lebenslage eines jeden Einzelnen. Denn „schließlich gibt es ja noch mehr im Leben als die Arbeit. Es darf nicht passieren, dass die Familie des Mitarbeiters unter unseren Projektplanungen leidet. In 20 Jahren Betriebsgeschichte mussten wir noch keinen Urlaubswunsch abschlagen.“ Und die Nebenerwerbslandwirte unter den Monteuren können zur Erntezeit auf die Flexibilität von Chefs und Teamkollegen bauen. Aus Wertschätzung wird Wertschöpfung Die Strobls übertragen Verantwortung, sie vertrauen ihren Mitarbeitern und lassen möglichst selbständige Arbeit zu. So lässt sich zuverlässig erkennen, wer sich für welche Art von Weiterentwicklung eignet. „Wir schubsen unsere Talente regelrecht, fördern sie und ermutigen zur Weiterbildung hin zum Meister oder zum Techniker. Im Ergebnis sind wir in der Region zum Innovationsführer und Trendsetter geworden, und das zieht wiederum gute Leute an.“ Verweildauern von 15 Jahren und mehr sind dort der Normalfall unter den Leistungsträgern. Welche Rolle spielt das Gehalt? „Der Bindungswert einer Gehaltserhöhung nutzt sich rasch ab“, lautet die Erfahrung der Strobls. Das Einbinden in die Unternehmensplanung und die konsequente Arbeit am guten Klima übertrumpft deutlich alle finanziellen Bindungsbemühungen, so das erfahrene Unternehmerehepaar. Weshalb sollten Mitarbeiter die Kennzahlen nicht erfahren, wenn diese „sauber“ sind? Was die familiär organisierten Strobls nicht brauchen, größere Firmen jedoch vor allem in wettbewerbsstarken städtischen Regionen zunehmend für sich entdecken, ist zum einen die Kraft einer gemeinsamen, kulturell gelebten Unternehmensvision. Zum anderen entscheiden sich immer mehr Handwerksunternehmer für transparente Unternehmens-Kennzahlen als bindende Kraft. Frank Steffen, SHK-Unternehmer und Managementtrainer, kürzlich in der „Zeitung für Sanitär und Heizung“: „So befriedigen wir die Neugier und machen es zugleich jedem möglich, nach neuen Auftragspotenzialen und unnötigen Kosten zu suchen. Wir haben die Mitarbeiter eigens geschult, damit sie die wirtschaftlichen Zusammenhänge im Unternehmen verstehen und ein Gefühl dafür entwickeln, welchen Einfluss jeder Einzelne auf das Betriebsergebnis hat.“ ← Tipps: → Haltung: Wer sich als Chef ehrlich um ein gutes Arbeitsklima bemüht, erlebt fast immer einen Motivations- und Produktivitätszuwachs. → Lernen und wachsen am Modell: Chefs leben die Haltung, den Umgang und die Werte vor, die sie dann als Kultur im Arbeitsalltag wiederfinden. → Persönliche Entwicklungsziele besprechen, vereinbaren, dokumentieren und überprüfen. → Freiwillige Info-Viertelstunden vor Arbeitsbeginn halten Mitarbeiter auf dem Laufenden und binden sie in die Unternehmenspolitik ein. → Arbeitsplatzqualität: Mitarbeiter, die mitgestalten, sind zufriedener und engagierter. → Wertschätzung auch nach außen zeigen: Kunden, Medien, Geschäftspartner und Familienmitglieder sollen erfahren, wie wichtig Ihre Mitarbeiter für den Erfolg des Unternehmens sind. → Buchtipp: Respekt im Job: Strategien für eine andere Unternehmenskultur. Andrea Lienhart, Kösel-Verlag, München, 2011. 7 Horizonte Teams wirksam motivieren Wie lassen sich Hochleistungsteams entwickeln? Eine SHK-Unternehmerin berichtet Erneuerer Berater Beweger Ziele vorgeben Unterstützer Kultur gestalten Entwickler Stärken Einzelner einbinden Überwacher Organisator Umsetzer Handwerksunternehmer träumen von motivierten, verantwortlich handelnden Hochleistungsteams. Freude am professionellen Tun soll in der Mannschaft vorherrschen, Kunden sollen staunen über die fachlich kompetente, sauber arbeitende und freundlich kommunizierende Könnermannschaft des Unternehmens. Doch wie gelingt das? Lassen sich Monteure, Kundenberater, Innendienstmitarbeiter überhaupt gezielt „motivieren“ – oder ist das ein Mythos? 8 ↑ Jeder Einzelne hat seine Stärken. Ein Team, das darüber Bescheid weiß, arbeitet leistungsbereiter und konfliktärmer (vgl.: Margerison/McCann: Team Management System) Keine Firma kann allein von „Umsetzern“ leben Anstatt Monteuren lediglich ihre Arbeitszettel zuzuweisen und sie damit zu reinen Umsetzern zu machen, band sie ihre Mitarbeiter mehr und mehr in die Unternehmensentwicklung ein. „Wer nur seinen Arbeitszettel abarbeitet, weiß ja gar nicht, was von seiner guten Leistung alles abhängt.“ ↑ Birgit Dammer, SHK-Betrieb Dammer Bad und Heiztechnik GmbH Generationswechsel als Verlustwahrnehmung „Als ich als Unternehmertochter vor acht Jahren die Firma übernahm, war der bisherige Firmenpapa plötzlich weg“, berichtet Birgit Dammer, die heute den SHK-Betrieb Dammer Bad und Heiztechnik GmbH in Nettetal mit 16 Mitarbeitern und eigener Badausstellung führt. „Das ganze bisher bekannte Familiending fehlte, und wir hatten eine ganz neue Kommunikation aufzubauen.“ Die Diplom-Ingenieurin begann ihre Entwicklungsarbeit mit klaren, von der Mitarbeiterschaft mitentschiedenen Unternehmenszielen und einer neuen, transparenten Verständigungskultur im Haus. „In unserem Einzugsgebiet kommt künftig kein Kunde mehr an uns vorbei: Wir sind die erste Adresse und zugleich das Team, das es anders macht“, lautete die selbstbewusste Ansage der Dammer-SHK-Mannschaft. Chefs leben selbst vor, wie sie sich Kommunikation wünschen Als Nächstes lebte Birgit Dammer beispielhaft vor, wie Kommunikation am Arbeitsplatz gelingen kann: nachfragen, ob und wie man verstanden wurde, Rückmeldung geben, zuhören, Wertschätzung vermitteln. Als weitreichendsten Schritt hin zum Hochleistungsteam öffnete sie dann der Mitarbeiterschaft alle bis dahin diskreten Informationen über den Stand des Unternehmens. „Heute weiß jeder hier, wie viele Aufträge wir vor uns haben und wie die Auslastung ist“, berichtet die Unternehmerin. „Ich kann nur Menschen Verantwortung übertragen, die wissen, wo sie und ihr Unternehmen stehen.“ Auf diese Weise wurde aus einer Mitarbeiterschar auf Orientierungssuche im Lauf der Jahre wieder ein echtes Team mit Blick nach vorn. Und zwar eines, das nicht mehr streng hierarchisch oder patriarchalisch geführt werden musste. Offene Firmenkultur, Übertragung von Verantwortung „Früher musste ich mich immer um alles kümmern, heute macht’s ein anderer – das war zu Anfang seltsam für mich. Irgendwann aber brauchte ich mich nicht mehr zu sorgen.“ Das verantwortungsbewusste Hochleistungsteam reift bei Dammer noch immer, ist aber auf Kurs. Das Erfolgs-„Geheimnis“: „Weg vom Basteln, gemeinsame Bilder von unserer Firma heute und morgen, raus aus dem stillen Unternehmerkämmerlein“, benennt Birgit Dammer das Rezept, das für eine nachhaltig motivierte Mannschaft sorgt, anstatt lediglich kurze Begeisterungsschübe zu erzeugen. Vielfalt im Team: nicht nur erlaubt, sondern auch erwünscht Einerseits setzen erfolgreiche Unternehmer wie Birgit Dammer die richtigen Leute an den richtigen Platz, und dazu müssen alle voneinander wissen, wo die Stärken, die „Präferenzen“ eines jeden Kollegen liegen. Jeder Einzelne hat seine Stärken, die das Team und das Unternehmen braucht. „Für uns spürbar liegt die Verantwortung für unseren Unternehmenserfolg heute stets auf mehreren Schultern, und das senkt das Druckgefühl bei allen.“ Andererseits lässt sie sich selbst in ihrer Rolle als „Coach der Mannschaft“ coachen und sorgt zusätzlich mit Fahrsicherheitstrainings-Veranstaltungen, Werks- besuchen und Exkursionen für eine Stärkung des erforderlichen Wir-Gefühls im Team. Nachhaltige Motivation, wirtschaftlich messbarer Erfolg „Offen kommunizieren und Verantwortung übertragen – das hat bei uns auch klar messbare wirtschaftliche Ergebnissteigerungen gebracht“, berichtet Birgit Dammer aus ihrer Firmen-Entwicklungsarbeit. „Das Vertrauensverhältnis zwischen Kunde und ausführendem Handwerker ist hoch. Heute nehmen unsere Kundendienst- und Montagekollegen eine wertgeschätzte, sanitärfachliche Empfehlerrolle bei den Bauherren ein und nutzen sie gezielt für das Unternehmen.“ Konzeption, Kontinuität, Kompetenz Unternehmensgeschichten wie die der Dammers zeigen: Motivation, die anhält, ist nie Schnellschuss oder einmalige Investition, sondern Konzeption, Kontinuität und Kompetenz. „Irgendwann brauchst du dich nicht mehr zu sorgen.“ Wo Führung als Beruf neu und anders verstanden wird, können Hochleistungsteams entstehen. Indem Ziele gegeben werden und Verantwortungsübernahme ermöglicht wird – mit der Motivation zu Mut und Durchhaltewillen. In solchen Arbeitsumgebungen kann ein verbreiteter Unternehmertraum also durchaus wahr werden. ← Tipps: → Mitarbeiterteams, die an den Unternehmenszielen mitarbeiten, kennen diese dann nicht nur gut, sondern können auch aktiv an deren Erreichung mitwirken. → Erfolgreiche Chefs leben im Alltag vor, wie sie sich die Kommunikation untereinander vorstellen. → Persönliche Entwicklungsziele besprechen, vereinbaren, dokumentieren und überprüfen. → Wer Coach seiner Mannschaft werden will, lässt sich sinnvollerweise mindestens zu Beginn des Entwicklungsprozesses selbst coachen. Es lohnt sich, bei der Auswahl eines Führungscoachs auf dessen Mitgliedschaft im DBVC Deutscher Bundesverband Coaching e. V. zu achten – und natürlich auf die passende „Chemie“ (www.dbvc.de). 9 Horizonte Aus Mitarbeitern werden Botschafter Wie Handwerksunternehmer ihre Mitarbeiter für Empfehlungsmarketing gewinnen Wer eignet sich am besten als Botschafter des Handwerksunternehmens bei neuen Kunden und künftigen Kollegen vom Fach? Glaubwürdiger als die Chefin oder der Chef sind Mitarbeiter allemal, wenn sie mit anderen über ihren Betrieb und dessen Qualitäten sprechen. Gut, wenn ein Betrieb auf positive Empfehlung bei Vereinskollegen, Bekannten, Freunden und Familienmitgliedern bauen kann. Wie können Chefs dieses „Empfehlungsmarketing“ wirksam beeinflussen und fördern? 10 einzuhalten. „Unsere Kollegen wollen Arbeitgeberqualitäten erleben und nicht von den Führungskräften darüber erzählt bekommen.“ ↑ Jürgen Niedereichholz Der Geschäftsführer der Minnhard Meewes GmbH in Witten verrät, wie Mitarbeiter zu Team-Botschaftern werden. Eigene Führung, Erwartungen der Mitarbeiter und die richtigen Botschaften im Blick Jürgen Niedereichholz, Geschäftsführer der Minnhard Meewes GmbH in Witten, ist sich sicher: „Den Stamm halten, gute Leute selbst ausbilden und wachsen lassen, das vertrauensvolle Miteinander fördern, Führung als eigenen Beruf verstehen. Dann entstehen Loyalität und hohe Identifikation mit dem Betrieb. Und das sind die Grundbedingungen dafür, dass draußen gut über die eigene Firma gesprochen wird.“ Was zunächst simpel klingt, ist für den Wittener SHK-Chef tagtägliche, bewusste Führungsarbeit. Niedereichholz achtet dabei im eigenen Haus vor allem auf dreierlei: seinen eigenen Führungsstil, die Suche nach Mitarbeitern, die gerne bleiben, und die Botschaften über den eigenen Betrieb, die draußen verbreitet werden. Heute führt er ein Team, das ein vertrauensvolles Klima mit hoher Leistungsbereitschaft im Arbeitsalltag lebt – und das spricht sich täglich neu herum. Loyalität ist Ergebnis guter Führung, kein Management-Tool „Ich muss jeden meiner Leute gut kennen und mehr über ihn wissen als nur Namen und Tätigkeit“, weiß der Sanitär- und Heizungsbaumeister aus eigener Erfahrung. „Ich will auch die Sorgen der Familien kennen und schichte auch schon Pläne um, wenn ein Teammitglied in der Familie gebraucht wird. Das Geben und Nehmen, das muss spürbar sein.“ Deshalb will er möglichst immer ansprechbar sein, nimmt sich Zeit für ein persönliches Wort hier und da, zeigt Wertschätzung, hört zu und achtet darauf, Zusagen Identifikation kommt nicht durch Gratifikation Damit er auf dem Laufenden darüber bleibt, „wo es auch mal klemmt“, hat er einen Tischkicker angeschafft. „Dort bekomme ich mehr führungsrelevante Informationen als bei jeder Mitarbeiterbesprechung“, berichtet Jürgen Niedereichholz aus seiner Unternehmerpraxis. Mit solch tiefem „Insider-Wissen“ kann er Qualitäten erkennen und Wachstumschancen gestalten, wo Zutrauen angebracht ist. „Wichtig sind außerdem plausible Erklärungen zum Sinn von Entscheidungen, die ich für das Unternehmen getroffen habe.“ Angemessene Vergütung, ab und zu einen Einkaufsgutschein, das private Nutzen der Geschäftswagen und gelegentliche Prämien? Schwamm drüber, sagt Niedereichholz: „Das macht man, weil es heute selbstverständlich ist, aber es ist nicht entscheidend für Loyalität. Hohe Bindung an die Leistungsgemeinschaft und damit die Loyalität entstehen durch Beheimatung und Geborgenheit.“ Positive Botschaften durch positiv beeindruckte Botschafter Wertige, saubere Arbeitskleidung, gewaschene Fahrzeuge, einwandfreies Verhalten gegenüber dem Kunden, unter Kollegen und mit den anderen Gewerken auf der Baustelle sind heute Selbstverständlichkeiten. Sie differenzieren einen Betrieb vom anderen nicht mehr spürbar für neue Kunden oder für Fachund Nachwuchskräfte in der Region. „Erst auf Basis unseres guten Klimas können wir aktiv rausgehen und glaubwürdig über unseren Beruf und den Betrieb berichten: auf Jobbörsen, in Schulen, bei öffentlichen Veranstaltungen“, resümiert Niedereichholz heute. Dass ein Handwerksberuf eine hochqualifizierte Tätigkeit ist, berichtet sein Team dann dort. Ein Beruf, der auch mal hart sein kann, der schnelle Lernzyklen nötig hat und bei dem es engagierte Leute mit Hirn, Hand und Herz braucht. Aber auch, dass heute im Handwerk auf genau solche Kollegen fantastische Berufsperspektiven warten – vom Hauptschulabsolventen bis zum Uni-Abgänger. Doch wichtigste Botschaft des Sanitärprofis von der Ruhr bleibt: „Wir Chefs sind Vorbilder, die ihren Beruf lieben und leben.“ ← ↑ Mario Nantscheff Der Autor dieser Horizontreihe „Mitarbeiter gewinnen, binden und zu Empfehlern machen“, Mario Nantscheff, war viele Jahre Führungskräfte-Berater und -Coach in Handwerk und Industrie und ist selbst Geschäftsführer eines mittelständischen Marketing-Unternehmens in Baden-Württemberg. Zudem ist er passionierter Bauherr und Modernisierer und somit langjähriger Handwerkskunde. → www.n-h-ulm.de Tipps: → Aufgaben klar ordnen und regeln: Sicherheit und Orientierung machen zufrieden. → Arbeitszeiten verlässlich einhalten: Arbeit und Privatleben wollen heute in Balance gebracht werden, sonst droht Abwanderung. → Mitarbeiter sind erwachsen: Sie wollen nicht gehät- schelt werden, sondern schätzen ein offenes Wort. Wie zufrieden sind Sie mit der Haltung, dem Umgang im Team, der Leistung? Sagen Sie’s. → Mitarbeiter sind nicht aus Glas: Keine Angst vor Kritik, wo sie angebracht ist! Aber stets sachlich, ohne Vorhaltungen. Stattdessen mit gemeinsamem Blick auf morgen Fehler abstellen. → Manches ist nicht zum Aussuchen: Entscheidungen treffen, sie bekannt machen und begründen. Und sie nicht ausdiskutieren lassen. Artikelserie zum „Kundenkompass“: Wir haben für Sie die beiden vergangenen Serien „Verkaufen mit dem Kundenkompass“ und „Mein Handwerkskunde, das unbekannte Wesen“ übersichtlich in einer Sammlung aufbereitet und zum Download bereitgestellt: → www.geberit.de/kundenkompass-verkaufen → www.geberit.de/kundenkompass-handwerkskunde 11 Geberit Vertriebs GmbH Theuerbachstraße 1 88630 Pfullendorf Geberit Technik Telefon T 07552 934 1011 F 07552 934 866 [email protected] → www.geberit.de Geberit ist eine Handwerkermarke. Mit dem Zeichen „Handwerkermarke Meisterklasse“ zeichnet der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) Unternehmen aus, die nach festgelegten, strengen Fachkriterien handwerksgerechte, industrielle Markenprodukte entwickeln und vertreiben. Die Handwerkermarke steht für Qualität, Zuverlässigkeit und Service und gibt Installateur, Betreiber und Nutzer mehr Sicherheit bei der Produktauswahl. Urheberrechtlich geschützt. Nachdruck oder Veröffentlichung, auch durch elektronische Medien, auch auszugsweise nur mit Genehmigung Geberit Vertriebs GmbH, Pfullendorf.
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