Obersee Nachrichten, 17.12.2015

LOKALSPIEGEL
OBERSEE NACHRICHTEN Donnerstag, 17. Dezember 2015
SCHIFFSJUNGE: ACHT TAGE IN DER SCHWEIZ
KOMMENTAR
Marco H.*: Eingeflogen,
rumgereicht, abgeschoben
Das macht
sprachlos
Wie die KESB
Linth mit dem
15-Jährigen
(und ihrer Verantwortung)
plan-, hilf- und
gefühllos
umgeht, macht
sprachlos. Dass
der KESB-Direktor den Jungen, den
er noch nie persönlich gesehen hat,
auch während der acht Tage nie sehen konnte oder wollte, ist beschämend. Wie die KESB den wehrlosen
Jungen umherschiebt, ihn Tausende
Kilometer herumfliegt, um ihn dann
von einem Schulleiter wie einen Aussätzigen abweisen zu lassen, ist
trostlos. Die Verantwortung für dieses Treiben liegt beim Direktor der
KESB Linth, Doktor Walter Grob.
Einmal mehr sei festgehalten:
Marco H. hat nie etwas verbrochen. Er
machte als Zwölfjähriger Schwierigkeiten in der Schule, weshalb ihn die
KESB im Mai 2014 aufs Jugendschiff
verbannte.
Bruno Hug
Der 15-jährige Schmerkner
Marco H.* auf dem Jugendschiff
wurde Anfang Monat für acht
Tage in die Schweiz eingeflogen. Der Umgang der Behörde
mit ihm und seiner Mutter ist
unerträglich. Der Fuss des
Jungen wurde im Kinderspital
nun endlich untersucht.
Die Mutter von Marco H.* schreibt den
ON, ihr Sohn habe sie vor seiner Rückreise aufs Jugendschiff vor zehn Tagen
inständig gebeten, der ON-Redaktion
die Bilder seines Fusses zu schicken.
Es sei «ein Hilfeschrei». Marco wolle
endlich von diesem Schiff weg.
Und tatsächlich täten die KESBVerantwortlichen gut daran, den Jungen, der absolut nichts verbrochen hat,
nicht wie eine Ware herumzuschieben.
Marcos Mutter, die Nachbarn und
sein Gotti sind «schockiert» über Marcos Zustand. Er sei ein «in sich zurückgezogener, trauriger Junge» geworden.
Vom Flughafen ins Heim
Marcos Kurzaufenthalt in der Schweiz
wurde seiner Mutter am 24. November
von KESB-Beistand Ulrich Riester angekündigt. Dieser schrieb, der Junge
müsse zu einem Vorstellungsgespräch
in die Schule Bad Sonder in Teufen.
Erst am Sonntag, den 29. November, erfuhr sie von ihrem Sohn telefonisch, dass er tags darauf um 19.30 Uhr
in Kloten ankommen werde.
Noch
am
Sonntag fragte
die Mutter KESBChef Walter Grob
per Mail an, ob
Marco während
des Aufenthalts
zu Hause wohnen
dürfe. Eine AntWalter Grob
wort bekam sie
nicht.
Am Montagabend
landet
Marco in Kloten,
begleitet vom Jugendschiffleiter
Mario Schmidli.
Auf dem FlugMario Schmidli
hafen kann die
Mutter
ihrem
Sohn Winterkleider übergeben und ihn
rund 30 Minuten sehen. Danach bringt
Schmidli den Jungen in ein Wohnheim
nach Rafz (Kosten pro Tag: 300 Franken).
Gespräch bei der KESB in Rappi
Zwei Tage später wurde Marcos Mutter zu einem Gespräch ins Beratungszentrum der KESB in Rapperswil auf-
Mit diesem Foto seines deformierten Fusses, das Marco H.* den ON zustellen liess, schreit der Junge um Hilfe.
geboten. Anwesend waren Thomas
Pedrazzoli, Schuldirektor von Schmerikon, KESB-Beistand Ulrich Riester
und Marcos neuer Beistand Christian
Höhn. (Riester verlässt die KESB,
Marco erhält nach nur vier Monaten
wieder einen neuen Beistand.)
Marco H. wurde von Schiffsleiter
Mario Schmidli in die Sitzung gebracht.
Nicht anwesend war KESB-Chef Walter Grob, der den Jungen bis heute noch
kein einziges Mal gesehen hat.
An der KESB-Sitzung ging es um
die Teufener Schule. Dabei wurde der
Mutter verkündet, falls ihr Sohn dort
nicht aufgenommen werde, müsse er
nächstes Jahr nach dem Schiffsaufenthalt ins Wohnheim nach Rafz. Dagegen
protestierten sowohl die Mutter als
auch der Schmerkner Schuldirektor,
weil das Rafzer Heim keine Schule sei.
Schule nimmt den Jungen nicht
Am Donnerstag muss sich Marco in
der Teufener Schule vorstellen. Er wird
von Schiffsleiter Schmidli aus dem
Rafzer Heim dorthin gebracht.
Im Besprechungszimmer sitzen
dem Jungen und seiner Mutter gegenüber: Schiffsleiter Schmidli, KESBBeistand Höhn, eine KESB-Praktikantin, der Schmerkner Schuldirektor
Pedrazzoli und der Teufener Schulleiter Thomas Schwemer. Dieser beschreibt seine Schule und führt die
Gruppe dann durchs Schulhaus. Nach
eineinhalb Stunden – und ohne dass der
Schulleiter mit dem Jungen auch nur
eine Minute allein gesprochen hat –
sagt er, der Junge werde in seiner
St. Gallischen Sonderschule nicht aufgenommen. Er sei zu wenig interessiert. (Da fragt sich: Hat der Schulleiter
geglaubt, der 15-Jährige halte zwischen dem Herumgeschiebe und dem
Heim vor fünf wildfremden Menschen
einen Bewerbungs-Vortrag?)
Marco beginnt zu weinen. Seine
Mutter sagt den ON: «Er hatte gehofft,
endlich eine Chance zu bekommen.»
Der Schmerkner Schuldirektor versucht dann noch, den Teufener Schulleiter umzustimmen, jedoch ohne Erfolg.
Unverrichteter Dinge ziehen alle wieder ab. Zum ersten
Mal darf Marco nun
mit seiner Mutter
nach Hause.
Arztbesuch
In Schmerikon besucht Marco FreunThomas
de der Familie. Alle
Pedrazzoli
sind schockiert. Der
Junge schweigt viel.
Am Montagmorgen fährt die Mutter
Marco ins St. Galler Kinderspital. Der
Besuch wäre seit eineinhalb Jahren
nötig und wurde letzten Herbst von
KESB-Präsident Dr. Walter Grob vereitelt. (Die ON haben berichtet.) Der
Arzt diagnostiziert eine starke Deformation von Marcos Fuss. Er sagt, Marco könne später nur einen Beruf ausüben, bei dem er sitzen kann. Dafür sei
nun ein Schulabschluss nötig.
5
RAPPERSWIL-JONA
Bollingen: Konflikt
um Radweg
Annemarie H.*, Mutter von Marco.
Zurück aufs Schiff
Nach dem Arztbesuch, am Abend ruft
Schiffsleiter Schmidli an und befiehlt
der Mutter, ihm den Jungen am Folgemorgen, den 8. Dezember, um 9 Uhr,
auf dem Flughafen Kloten zu übergeben.
Gegen 10 Uhr verschwindet Marco
hinter dem Zoll, via Lissabon in die Karibik. Aufs Schiff, wo Marco noch mindestens zwei Monate gefangen bleibt.
Bis jetzt ohne Aussicht auf eine Zukunft.
Über Weihnachten/Neujahr sind
Mutter und Kind einmal mehr getrennt.
Am 2. Oktober 2014 sagte Doktor
Walter Grob, Direktor der KESB Linth,
in den Obersee Nachrichten: «Bis der
Junge volljährig ist, hält der Staat seine
Hand über ihn.»
Es ist mehr als zu bezweifeln, ob das
richtig ist.
Bruno Hug
* Name der Redaktion bekannt
Die Massnahmen, die die Stadt
Rapperswil-Jona für Verbesserungen
am Strandweg plant, um ihn für Velofahrer sicherer zu machen, sind dem
Dorfverein Bollingen zu wenig. Der
Weg sei zu schmal und durch das grosse Besucheraufkommen überlastet, so
die Kritik des Dorfverein-Präsidenten
Stefan Haumüller. Gegenüber der
«Zürichsee-Zeitung» bekräftigt er,
dass man auf dem Veloweg beharren
werde. (on)
SIEBNEN
Richtplan-Entwurf
vorgestellt
Die wesentlichsten Veränderungen
im neuen Richtplan betreffen die Teilbereiche Siedlung und Verkehr. Freie
Fläche für Wohnungen hat es zum
Beispiel beim Gebiet Unterer Althof
(350 zusätzliche Einwohner), sowie
in den Gebieten Kapellhof (200 Einwohner) und Fischerhöfli (120 Einwohner). Auf der Fläche Unterer
Althof könnten ausserdem 290
Arbeitsplätze geschaffen werden.
Beim Verkehr wolle man sich unter
anderem der Bahnhofstrasse und der
Äusseren Bahnhofstrasse annehmen,
wie der «March Anzeiger» zusammenfasst. (on)
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