VS für Passau „Die Geschichte der Studentenschaften in der Hochschule gliedert sich in zwei Abschnitte. Im Mittelalter waren Studenten und Professoren zunächst gleichberechtigte Träger der Universität, bis sich im Laufe der Jahrhunderte die Teilnahme an der Universitätsselbstverwaltung immer mehr verringerte. (…) In der Neuzeit setzten dann hartnäckige Versuche der Studenten um Gründung von Studentenschaften ein, die als korporative Zusammenschlüsse alle Studenten der Hochschule umfassen sollten. Diese Bestrebungen führten nach zahlreichen vergeblichen Versuchen im Verlaufe des 19. Jahrhunderts erst mit dem Ende des ersten Weltkriegs zu einem dauerhaften Erfolg.“1 Dieser Erfolg war aber nur bei den Student*innenschaften außerhalb Bayerns zu spüren. Seit dem Regierungswechsel in Baden-Württemberg 2011 ist Bayern das einzige Bundesland, in welchem es keine Verfasste Student*innenschaft gibt. Dies bedeutet nicht nur, dass der Gruppe der Student*innen der Status als eigene Interessensgemeinschaft einer Universität abgesprochen wird, sondern bedeutet auch ganz konkret, dass eine Selbstorganisation der Student*innen grundlegend verhindert wird. Als entrechtete Gruppe der Hochschule werden wir nicht nur der Professor*innenschaft unterstellt, uns wird es zusätzlich erschwert unsere Interessen, Rechte und Forderungen an Bildung und an die Hochschule zu formulieren und durchzusetzen. Die Folgen der Nichtverfasstheit sind jedoch noch viel weitreichender. So können auch grundlegende Leistungen der Selbstorganisation einfach nicht erbracht werden. Dazu gehört unter anderem die Selbstorganisation von Seminaren, Veranstaltungen und Partys. Auch die Bereitstellung von Info- Materialien, unabhängiger studentischer BAföG- und Rechtsberatung und Serviceleistungen (z.B. Fahrradwerkstatt, Autoverleih für Umzüge etc.) wird dadurch nicht ermöglicht. Auch die Verhandlungen über das Semesterticket werden so mit einer geschwächten studentischen Stimme geführt. Die praktischen Nachteile an der Nichtverfasstheit unserer Student*innenschaft möchte ich am Beispiel der studentischen Rechtsberatung genauer erläutern. Ohne Verfasste Student*innenschaft kann keine eigenständige studentische Rechtsberatung gestellt werden. Die vorhandene studentische Rechtsberatung ist somit direkt an die Universität gebunden und darf nicht gegen eben diese vorgehen.“ Hauptsächlich werden mietrechtliche Fälle bearbeitet“2. Die Vertretung der Rechte von Student*innen gegenüber der Universität wird so auf den einzelnen Studi umgelagert. Eine für alle Student*innen zugängige Rechtshilfe, welche sie in allen Belangen beraten kann, gehört allerdings zu den grundlegend notwendigen Dingen, um ein erfolgreiches Studium gewährleisten zu können. Auch hier werden die Lernenden ihrer Rechte und Interessen gegenüber den Lehrenden beraubt. Die Interessendivergenz (zwischen Studis und Unileitung) in diesem Bereich lässt sich so auch auf anderes übertragen. Ein weiteres Beispiel hierfür wäre die BAföG-Beratung. Auch hier gibt es offensichtlich unterschiedliche Interessen zwischen Student*innen und dem BAföG-Amt. Jedoch wird auch hier, durch die Nichtverfasstheit der Student*innenschaft, auf die Interessen der Student*innen nicht eingegangen. Wir benötigen unsere Verfasstheit um als Statusgruppe an der Universität agieren zu können. Was wir fordern ist nicht mehr als eine demokratische und emanzipatorische Universität. Quellen: 1 Aus: Dr. Hellmut Bartsch: Die Studentenschaften in der Bundesrepublik Deutschland – Organisation, Aufgaben und Rechtsform der studentischen Selbstverwaltung in der Bundesrepublik – 2Bonn- Holzlar 1971, S.10 2 Aus: Studentische Rechtsberatung der Universität Passau e. V. – Jahresbericht 2013/14 – S.6 www.verfasste-bayern.de , zuletzt aufgerufen am 18.11.2015 „Wofür brauchen wir eigentlich… die Verfasste Student*innenschaft?“, fzs e.V. Jahresbericht 2013/14 ; Studentische Rechtsberatung der Universität Passau e. V. „Politische Arbeit in der StudentInnenschaft“ ; FKS e.V. ; Bonn, März 1993 Der AStA/SprecherInnenrat ist die Student*innenvertretung an der Universität Passau. Dieser Text wurde vom Referat für Hochschulpolitik im AStA/SprecherInnenrat der Uni Passau erstellt. Kontakt und V.i.S.d.P.: Universität Passau, Studierendenvertretung, Innstraße 29, 94032 Passau, Tel. 0851 509-1972, [email protected] Warum müssen wir für eine Verfasste Student*innenschaft kämpfen?
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