Pressure_makes_Diamonds_5B - Master of Arts in Creative Direction

DIE METAMORPHOSE UNSERER
TRADITIONELLEN BEKLEIDUNG
Dass diese Entwicklung nicht gesund für den Menschen sein kann, zeigt sich anhand der stetig wachsenden Allergien gegen künstlich hergestellte Stoffe,
außerdem besteht die Gefahr, dass durch die Datensammlung durch die Smart Clothes der Mensch zum
„gläsernen Patienten“ wird, was bei vielen Personen
einen beunruhigenden Beigeschmack hinterlässt.
Aber auch natürliche Rohstoffe wie Baumwolle oder
Leder werden heute unter ethisch höchst fragwürdigen Bedingungen gewonnen. Die Zeit ist also reif
nach einer Alternative zu suchen, die Mensch und
Umwelt gleichermaßen schützt.
Jeder Deutsche verbraucht im Schnitt 11 Kilogramm Bekleidungstextilien pro Jahr. Davon verliert
ein Kleidungsstück aus Fleece beispielsweise 2.000
Kunstfasern in einem Waschgang, die so ins Abwasser gelangen.[2]
Wenn die Meere schon von unserem Plastikmüll
überschwemmt sind, wohin kommen dann die kaum
abbaubaren Endprodukte unserer Kleidung?
Die Devise: Simply back to Nature. Jedoch dahin, wo
man sie kaum wahrnimmt.
›› Ein Organismus, welcher bereits
schon immer auf der menschlichen
Haut existierte, wird nun sichtbar
und interagiert mit seiner Umwelt.‹‹
Was Alex Fowler anstößt, wollen wir weiterdenken.
Bakterien, die auf unserer Haut quasi als zweite
Haut agieren; Uns schützen, wärmen, ausmachen,
gelingt keinem textilen Kleidungsstück ebenso
simultan.
So große Fortschritte die Nanotechnologie bereits
gemacht hat, sie wird niemals in so kurzer Zeit die
Quantität eines Mikrobioms erreichen können.
Bakterien. Genauer gesagt: Mikrobiome sind die
langfristige Lösung. Das klingt an und für sich unspektakulärer, als es in Wirklichkeit ist.
Dabei handelt es sich um die Gesamtheit der auf und
im Menschen lebenden Bakterien.[3]
WIE FUNKTIONIERT
DAS GANZE?
Da die Bakterien als „bessere“ zweite Haut fungieren, werden textile Kleidungsstücke bald nutzlos und
damit obsolet.
Die Idee: Eine BasicShell. Sie bildet die Grundlage und den Ersatz eines normalen Kleidungsstücks,
beispielsweise eines Unterhemdes oder einer
Leggings.
Um dem Gefühl des Nacktseins entgegenzuwirken,
verhalten sich die Mirkoorganismen auf unserer
Haut wie eine zweite Schicht, ähnlich einem nahtlosen, eng anliegenden Overall.
Die Hauttemperatur des Menschen beträgt ca. 30°C.
Auch die Bakterien wurden so modifiziert, dass sie
[6]
sich bei 30° C am wohlsten fühlen und alles daran
setzen ihre Umgebung konstant auf dieser Temperatur zu halten. Möglich wird dies, indem die Bakterien
Energie verbrennen und diese in Form von Kälte
oder Wärme an die Umgebung abgeben.
Man könnte diese Lebewesen auch als winzig
kleine Kraftwerke bezeichnen, die der Mensch in
Zukunft immer mit sich trägt ohne dies bewusst
zu merken. Ein weiterer Vorteil für den Menschen
ergibt sich aus der Art und Weise dieser Form der
Energiegewinnung: Sie wird produziert, indem die
Bakterien Salz und andere Abfallstoffe aufnehmen,
die der Mensch beim Schwitzen ständig ausscheidet
(auch im nahezu bewegungslosen Zustand, wie z.B.
beim Schlafen) und dann, je nach Bedarf, mit Hilfe
eines chemischen Prozesses in Wärme oder Kälte
umwandeln und an ihren Wirt abgeben.
Durch die Aufnahme und Verarbeitung von menschlichen Abfallstoffen bringen die kleinen Lebewesen
einen weiteren Vorteil für den Menschen mit sich:
schädlichen Mikroorganismen und üblen Gerüchen,
›› 2 Kilogramm Bakterien
leben auf und in uns.‹‹
Abgesehen von der Tatsache, dass 10% der Zellen
im Körper überhaupt menschlich sind, gehören die
restlichen 90% den Mikroorganismen, die sich auf
uns befinden.
Zu viel des Guten? Nicht doch! Das bedeutet, dass
umgerechnet 2 Kilogramm besagter Mikroorganismen auf und in uns leben.
Eine ziemlich gute Grundlage, für das, was in 40
Jahren blühen wird.
Ein Ansatz wurde 2001 von Wissenschaftler Alex
Fowler an der University of Massachusetts in
Dartmouth entwickelt. Getreu des Mottos hat dieser
mittels eines neuen Verfahrens Bakterien in einer
Nährlösung in Kleidung eingearbeitet, die Schmutz
und Gerüche einfach „auffressen“.
Für Fowler sind Bakterien winzig kleine Maschinen,
die man durch Gentechnik so modifizieren kann, dass
diese jedes gewünschte Endprodukt liefern.[4]
Und so konnte Dank konsequenter jahrelanger
intensiver Weiterentwicklung seine Forschungsarbeit
stetig verbessert werden, bis es irgendwann möglich
war, Bakterien direkt auf die Haut aufzutragen, die
zum einen die Körpertemperatur des Menschen automatisch regeln zum anderen aber auch andere Eigenschaften (wie Leuchten im Dunkeln, Regenschutz,
Farbänderungen und weitere nützliche Fähigkeiten)
nach Bedarf vereinen können.
Wie kann man dabei Bakterien noch als schädlich
ansehen?
AN- & AUSZIEHEN
Auch die ExpandShells machen sich die Körpertemperatur für ihr Wachstum zu eigen.
Genau wie die BasicShell Bakterien brauchen auch
diese Mikroorganismen eine Hauttemperatur von ca.
30°C zum Wachsen und Gedeihen. Bei der Expand
Shell lagern sie sich jedoch so auf der Hautoberfläche des Menschen ab, dass sie sogleich eine
gewüschte Form und Muster bilden.
Vergleichbar ist dieser Wachstumsprozess mit der
Entstehung von Eisblumen. Diese entwickeln sich,
indem sich Wasser an Fensterscheiben und anderen
Gegenständen aber auch Pflanzen ablagert und gefriert. Die Eisblumen können hierbei nicht nur in die
Breite, sondern auch in die Höhe wachsen und dabei
viele schöne, faszinierende Formen entwickeln[6]-genau wie die Bakterien der ExpandShell.
AUFTRAG
Aufgetragen wird die Bakterienlösung mittels einer
Spraydose aus recyclebarem Material, welche die
Bakterien gleichmäßig auf dem Körper verteilt. Die
BasicShell, aufgetragen auf den gesamten Körper,
ist zunächst einmal die Kälte/Wärme Schutzschicht.
Diese Bakterien leben, wie schon erwähnt, von den
Ausscheidungen des Menschen. Je nach dem welche
anderen Eigenschaften der Träger möchte, sucht er
sich ein ExpandShell Spray aus und trägt dieses auf
den Körper auf. Die ExpandShell Bakterien sind in
einer speziellen, für diese eine Eigenschaft eigens
entwickelte Nährlösung enthalten. dDiese Nährlösung reagiert mit der Körperwärme des Menschen
und regt die Bakterien, wie oben beschrieben,
sogleich zur Arbeit an.
Die Spraydosen revolutionieren somit allein durch
ihr recyclebares Material, ihrer Kompaktheit und
damit Verringerung der Transportkosten und ihrer
WIRKUNG
die beim Schwitzen entstehen, werden entgegengewirkt.
Wie schon erwähnt, kann man Bakterien durch
Gentechnik so modifizieren, dass sie jedwegliche Eigenschaften annehmen können. An dieser
Tatsache orientieren sich die ExpandShell Sprays.
So kann man den Mikroorganismen z.B. das bioluminizente Leuchtgen einer bestimmten Algenart
einpflanzen und diese dazu bewegen im Dunkeln zu
leuchten - daraus resultiert ein enormer Zugewinn
an Sicherheit, vor allem in unsicheren, dunklen
Gassen oder Parks. Aber auch Farb- und Formänderungen sowie Regenschutzmechanismen und sogar verschiedene Duftabsonderungen sind möglich.
Wir reden hierbei nicht nur von klassischen extravaganten Bekleidungen, wie sie seit Jahrzehnten
von Modedesignern entworfen werden. Der Fantasie sind der Bekleidung durch die Mikroorganismen
keine Grenzen mehr gesetzt.
Mehr dazu in unserem abschließenden Ausblick für
„morphShell“.
AUSBLICK
Platzersparnis in der Aufbewahrung die komplette
Textilbranche.
Obwohl das traditionelle Duschen durch das Ausbleiben von Schweiß (durch Kälte- und Hitzeregulierung)
wegfallen könnte, bedarf es dieses Schrittes, um den
Vorgang des An- und Ausziehens, der seit Jahrzehnten in den Köpfen der Konsumenten verankert ist,
beibehalten zu können. Der Ausziehprozess ist gänzlich einfach: Die Mikroorganismen können mittels
einer Spezialseife einfach und problemlos von der
Haut rückstandslos und ohne Gefahr für Mensch,
Tier oder Umwelt abgewaschen werden.
ZUKUNFT DER
MODEDESIGNER
Bei dieser völlig neuartigen Form der Bekleidung
wird es zukünftig Umstellungen im Mode- und Textilbereich geben. Mode-Designer und Textilunternehmen, wie beispielsweise H&M, Hugo Boss oder
Designer wie Marc Jacobs, werden nicht mehr die
Rollen einnehmen können, die sie heute haben. Die
komplette Textilbranche wird sich neu definieren
und aufstellen müssen. Kenntnisse in Biotechnologie werden unumgänglich sein und sich schnell als
Wettbewerbsvorteil herausstellen. Nur wer weiß,
wie man Mikroorganismen nach seinen Wünschen
modifizieren kann, wird am Markt bestehen können.
Darüber hinaus müssen sich die betreffenden
Unternehmen raffinierte Vermarktungsstrategien
überlegen, um im Bewusstsein der Konsumenten
den schlechten Ruf der Bakterien durch ein positives
Image für die biologische Kleidung zu ersetzen. Das
wird auch die Werbebranche vor neue Herausforderungen stellen.
Andererseits können sich aber auch die Designer
nach Herzenslust ausprobieren und mit den Organismen experimentieren, um neue, ausgefallene
Designs zu kreieren. Der Designer wird hierbei nicht
mehr “nur” der kreative Kopf sein, sondern auch
ein Stück weit Wissenschaftler, der forschen und
entwickeln muss. Eine Kooperation mit Biotechnologen scheint hierbei auch unumgänglich, um die
Synergieeffekte beider Parteien effizient und effektiv
nutzen zu können.
So kann jeder „morphShell“ Träger, abgesehen von der Tatsache nie wieder frieren oder schwitzen zu müssen, unabhängig von Kleidung, zu jeder Jahreszeit und Wetterlage selbst entscheiden, was er trägt und dabei
gewohnt lässig und seinen Ansprüchen gerecht „angezogen“ sein.
Doch nicht nur die Verwender können davon profitieren, auch die Arbeiter in der Herstellung sehen positive
Veränderungen. Sie sind nicht mehr ethisch unwürdigen Arbeitsbedingungen ausgesetzt, wie es in der Kleiderproduktion heute üblich ist.
Wohl am meisten aufatmen kann durch das natürliche und biologisch abbaubare Produkt die Umwelt. Kein
Entsorgungsmüll, kein unnötiger Kleidungstransport um die ganze Welt, um Produktionskosten zu sparen,
kein Raubbau an der Natur und kein unnötiges Tierleid durch die Herstellung von Baumwolle oder Leder,
sind nur einige der vielen Positiv-Beispiele.
Natürlich kommen Wirtschaft und Politik auch nicht zu kurz. Es werden zum einen neue Industriezweige
entstehen oder alte sich weiterentwickeln, zum anderen werden enorme Einsparungen durch das Produkt realisierbar sein. Man denke hierbei nur an die Einsparungen der Krankenkassen, die durch die automatische
Temperaturregulierung viel weniger Folgen durch Krankheiten finanzieren müssen. Oder der Wegfall der
Entsorgungskosten von “normaler Kleidung” ist als positiver Aspekt zu beachten.
Bereits Hussein Chalayan zeigte uns mit seiner Kollektion für den Frühling/Sommer 2007 eine Variante
sich transformierender Kleidung. Diese
Kombination aus Mikroelektronik und üblicher Kleidungsstücke (später auch
aus Leuchtdioden mit Glasfasern) ist technologisch
begrenzt, unpraktisch, unbequem und wasserempfindlich. Die „morphShell“ allerdings lässt diese
Probleme gar nicht erst aufkommen. Sie scheint
nicht nur zu leben, sondern sie tut es tatsächlich.
Ein Organismus, welcher bereits schon immer auf
der menschlichen Haut existierte, wird nun sichtbar
und interagiert mit seiner Umwelt. Je nach Wetterlage, Haut- und Außentemperatur, des Hormonhaushaltes ihres „Wirtes“, oder weiterer Faktoren,
morpht sich diese Schicht lebender Organismen zu
einer für den Träger günstigeren um, sie wird zur
morphing Shell.
Diese Tatsache verändert die Außenwirkung, den
Wert, den Kleidung zu jetztigem Zeitpunkt noch vermittelt. Kommunikation in Mode, so wie wir es
kennen, besteht noch darin zum Beispiel anhand
der Materialien, der Silhouette oder auch der
Schnittkonstruktion den eigenen Geschmack, zu
präsentieren.
Diese Kommunikation wird nun viel intimer. Persönliche Einstellungen, körperliche Reaktionen werden
direkt visualisiert, oder auch versteckt.
Stellen wir uns ein hitziges Gespräch mit einem
Vorgesetzten vor. Wir fühlen
uns aufgrund dessen unangenehm und schämen uns.
Natürlich merken es die kleinen Organismen sofort,
wenn sich ihr Träger aufregt, der Herzschlag
schneller wird und die Körpertemperatur steigt,
da diese ihnen eine Nährstoffgrundlage bieten. Sie
beginnen ihren Zustand zu verändern, regulieren
die Temperatur, beruhigen uns, bilden eine Schutzschicht, welche unser Erröten nicht erkennen lässt
und sorgen dafür dass der Schweiß schneller abgebaut wird. Wir interagieren mit unserer „Kleidung“.
Sie kann uns beschützen, uns besänftigen, uns
attraktiver erscheinen lassen und mit Duftstoffen
unser Gegenüber anlocken. Eine lebende Hülle für
unseren Körper, die diesen versteht und beschützt.
Zusätzlich können die Organismen unterschiedlicher
Träger interagieren, also direkt kommunizieren, was
die Kleidung, wie wir sie kennen nur mit
integrierten Bildschirmen oder Lautsprechern
umsetzen könnte. Sie verstärken die natürliche
Hormonwirkung bei der Selektion des
Sexualpartners. Die Kleidung zweier Menschen, die
sich gut verstehen,pulsiert im gleichen Takt und
wirkt beruhigend. Ebenso können sich die Mikroorganismen verbinden, eine Hülle über zwei Menschen
bilden, welche daran interessiert sind, ein privates
Gespräch zu führen. Die Möglichkeiten, wie sich die
Kommunikation der gesamten Gesellschaft
verändern kann, sind unendlich und können nur
ergründet werden, wenn sich
diese Entwicklung bereits einstellt.
Sicher ist jedoch, dass die „morphShell“ sie
grundlegend verändern wird.
morphShell