Rede zum Arrestvollzugsgesetz im Plenum am 16.09.2015

Rede zum Arrestvollzugsgesetz im Plenum am 16.9.15
Zunächst einmal möchte ich allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im
Arrestvollzug danken. Sie leisten mit den vorhandenen Ressourcen
hervorragende Arbeit.
Die Mitarbeiter agieren nicht im rechtsfreien Raum. Sie arbeiten auf der
Grundlage von § 90 JGG und der BundesVerordnung über den Vollzug des
Jugendarrestes vom 30.11.1976.
Auch wenn die Gesetzgebungskompetenz für den Jugendarrestvollzug 2006
im Rahmen der Föderalismusreform vom Bund auf die Länder übergegangen
ist, gilt in Niedersachsen nach wie vor die Bundesverordnung ergänzt um die
Landesrichtlinie zur Jugendarrestvollzugsordnung vom 1977und weiteren
Regelungen wie Geschäftsordnungen.
Ihr Vorwurf, Frau Justizministerin, die ehemalige Landesregierung hätte
bereits gesetzgeberisch tätig werden müssen, kann nicht so dringlich sein,
denn dann hätten sie sich selbst wohl kaum fast drei Jahre Zeit gelassen, um
diesen Gesetzentwurf heute dem Niedersächsischen Landtag vorzustellen.
Anrede
Ihr Gesetzentwurf, Frau Ministerin, enthält wenig Überraschendes und kaum
Neues.
Vielfach regeln sie gesetzlich in einer moderneren Sprache das, was längst
geübte Praxis ist.
Schon heute werden Aufnahmegespräche geführt.
Te
Schon heute gibt es umfangreiche Behandlungs- und
Beschäftigungsangebote
Schon heute gibt es eine enge Zusammenarbeit mit der Jugendgerichtshilfe,
der Jugendbewährungshilfe, den Trägern ambulanter Maßnahmen, den
Schulen , den Ausbildungsbetrieben etc.
Schon heute gilt es durch intensive erzieherische Maßnahmen sowie gezielte
individuelle Vorbereitung auf die Bewährungssituation bessere
Erfolgsaussichten für straffreies Leben zu schaffen.
Und trotzdem gibt es leider diese hohen Rückfallquoten.
Anrede
Nichts ist so gut, dass es nicht noch besser gemacht werden kann.
Sicherlich gibt es Optimierungsbedarf.
Die künftige Ausgestaltung des Vollzuges sollte daher eine geeignete
Reaktion auf jugendliches Fehlverhalten sein.
Neben einem hohen Prozentsatz von Schulschwänzern kommen viele
Jugendliche auch mit einer Vielzahl von privaten, gesundheitlichen und
beruflichen Problemen.
Auch wenn der Arrest zum Ziel hat, den Jugendlichen zu einem künftigen
deliktfreien Leben zu befähigen, sollten wir uns nicht der Illusion hingeben, in
der kurzen Zeit von maximal 4 Wochen Dauerarrest auf Arrestanten so
einwirken zu können, dass sie alle künftig straffrei leben. Es wird leider
immer auch Rückfalltäter geben.
Es kann uns aber gelingen, durch geeignete Massnahmen mehr Jugendliche
zu erreichen.
Ich möchte hier nicht missverstanden werden.
Für den Jugendlichen ist ein Arrest, der bis zu 4 Wochen dauern kann, eine
sehr lange Zeit, eine von ihm gefühlt längere Zeit als für einen Erwachsenen.
Schließlich wird er zumeist zum ersten Mal aus seinem gewohnten
Lebensumfeld herausgelöst und in seiner Freiheit eingeschränkt .
Sosehr der Arrest für den Jugendlichen ein gravierender Eingriff in seinen
Lebensbereich darstellt, so sind aber 4 Wochen für den Erfolg von
erzieherischen Maßnahmen, die in der Regel längerfristig angelegt sind, eine
nur kurze Zeit.
Frau Ministerin, Sie stellen zu Recht - wie auch bereits in § 90 JGG festgelegt
- die Erziehung in den Mittelpunkt ihres Gesetzesvorhabens.
Anrede
Pädagogische Maßnahmen im Vollzug sind unumstritten die entscheidenden
Voraussetzungen für ein Gelingen und üben - hoffentlich - eine positive
Wirkung aus, um dem Jugendlichen eindringlich zum Bewusstsein zu
bringen, dass er für das von ihm begangene Unrecht auch einzustehen hat
und die Verantwortung übernehmen muss.
Der Jugendliche sollte den Arrest auch als Denkpause für sich nutzen, um
über sein Fehlverhalten nachzudenken, sich realistisch mit seiner
Handlungsweise auseinanderzusetzen, und um schlussendlich zu einer
positiven und realistischen Selbstbewertung zu kommen, die ihm eigene
Verantwortung für begangenes Unrecht bewusst macht und ihm so möglichst
ein Leben ohne weitere Verfehlungen ermöglicht.
Anrede
Das sind hohe Ziele und erfordern klare, nachvollziehbare und strukturierte
Abläufe, geeignete, aufeinander abgestimmte Maßnahmen, ausreichend
fachlich besonders qualifiziertes Personal und vor allem die Mitarbeit des
betroffenen Jugendlichen.
Entscheidend wird sein, den Jugendlichen mit für ihn geeigneten Angeboten
wirklich zu erreichen und zur tatkräftigen Mitarbeit zu bewegen.
Letztlich ist es aber immer die Entscheidung des Jugendlichen, die ihm
gebotene Chance auch zu ergreifen.
Was sieht der Gesetzentwurf vor?
Ich glaube, gerade das vorgesehene Erstgespräch ist ein wichtiges Element,
um nicht nur den persönlichen Kontakt zu dem Jugendlichen herzustellen,
sondern auch seine Motivation zu wecken und zu fördern.
Des weiteren sollen Förderpläne gem. § 14 erstellt werden und zwar sowohl
für den Dauerarrest ( 1 Woche bis max 4 Wochen) als auch rudimentär für
Freizeitarrest (Wochende, 47 Stunden) und Kurzarrest ( max. 4 Tage).
Anrede
Grundsätzlich sind standardisierte Verfahrensabläufe und Förderpläne unter
Mitwirkung des Jugendlichen sinnvoll, vor allem wenn sie für den
Jugendlichen verbindlich sind und ihm so Verlässlichkeit und Sicherheit
geben und dadurch auch Vertrauen aufgebaut werden kann.
Aber, bei allen Maßnahmen, die sie planen, Frau Ministerin, bitte ich immer
auch die relativ kurze Verweildauer des Arrests zu bedenken.
Schließlich sprechen wir beim Dauerarrest von einem kurzen Zeitraum von
maximal 4 Wochen, und bei einem Kurzarrest von maximal 4 Tagen und beim
Freizeitarrest von nur wenigen Stunden.
Die geplanten Maßnahmen müssen in dieser Zeit realistisch umsetzbar sein.
Nichts ist schlimmer, etwas anzufangen und dann aufgrund Zeitmangels nicht
zu Ende führen zu können.
Das zerstört gerade mühsam aufgebautes Vertrauen und hilft dem
Jugendlichen nicht wirklich.
Ein Scheitern zwischen Anspruch und Wirklichkeit können wir uns nicht
leisten.
Deshalb habe ich im Ausschuss zu ihrem Gesetzentwurf einige Fragen.
sowohl zur Gruppenstärke, zu den Förderplänen, insbesondere auch zum
Umfang sowie etwaigen Personalmehrbedarf.
Anrede
Ein großes Augenmerk möchte ich auch auf die individuelle Nachbetreuung
nach der Arrestzeit legen. Gerade weil für die Umsetzung von Förderplanen,
die ihren Namen wirklich verdienen, nur relativ wenig Zeit im Arrest selbst
bleibt, sind konkrete unterstützende Hilfs- und Betreuungsangebote nach
dem Arrest so wichtig.
Was genau planen Sie hier, Frau Ministerin? wie konkret wird der
Entlassungsbericht ?
Hierzu hätte ich auch weitere Fragen.
Im übrigen freue ich mich auf die Ausschussarbeit und danke fürs Zuhören.