Erfahrungsbericht Vorbereitung Im klassischen Jura-Studium ist ein Auslandsaufenthalt eigentlich nicht vorgesehen. Da ich aber sehr sprachinteressiert bin und noch einmal die Erfahrung machen wollte, im Ausland zu leben, habe ich mich für ein Auslandssemester entschieden. Im 5. Semester werden im Prinzip die letzten Klausuren und Hausarbeiten für die "großen Scheine" geschrieben, und so habe ich mich dazu entschlossen, im 6. Semester ins Ausland zu gehen. Klang erst nach einer guten Idee, da sich im Ausland die Semesterzeiten jedoch komplett von den deutschen unterscheiden, lief es dann doch nicht wie geplant. Diejenigen, die bereits im 5. Semester ins Ausland gegangen waren, kamen schon vor Weihnachten oder Mitte Januar wieder, und konnten so die Prüfungen aus dem 5. Semester im Februar mitschreiben. Da das nächste Semester aber bereits Mitte/Ende Januar beginnt, konnte ich an den Prüfungen im Februar nicht wie geplant teilnehmen. Die Wahl der Uni war nun die nächste Hürde. Österreich oder die Schweiz waren mir nicht "ausländisch" genug. An den meisten übrigen Partnerunis wird leider in der jeweiligen Landessprache unterrichtet und ich wollte nicht schnell noch ein halbes Jahr Spanisch/Portugiesisch etc lernen. Somit war die Auswahl schonmal sehr viel kleiner geworden. Am Ende entschied ich mich für Riga, da ich schon viel Gutes von der Stadt gehört hatte und sowieso sehr gerne mal ins Baltikum fahren wollte. Ich habe mich gegen die University of Latvija entschieden und für die RGSL Law School, weil ich erwartete, dass ich dort wahrscheinlich mehr Möglichkeiten hätte, was die Kurswahl betrifft haben, da ich dort noch einen Grundlagenschein erwerben wollte. Ein Nachteil war daran, dass die RGSL keine Wohnheime besitzt und ich mich somit selbst um eine Wohnung kümmern musste, was sehr schwierig war, und wobei ich auch große Probleme hatte. So wurde mir mein Zimmer, das ich mit Mühe und Not doch noch gefunden hatte, keine 24 Stunden vor Abflug wieder abgesagt und ich musste mich schnell um etwas anderes kümmern. Ich hatte mich auch für einen EILC- Sprachkurs beworben um vorab schon ein wenig die Sprache und Kultur kennen zu lernen und erste Kontakte zu knüpfen. Hier war die Frist am 25.10. und ich hatte die Unterlagen bereits 3 Wochen vorher losgeschickt um ja keine Frist zu versäumen. Als ich Ende November immer noch keine Rückmeldung bekommen hatte, habe ich mich noch einmal erkundigt, wann denn die Zu- und Absagen kommen würden und man sagte mir, dass meine Bewerbung nie eingegangen sei und nun auch nicht mehr berücksichtigt werden könne. Nunja, wieder Pech gehabt. An der RGSL werden außerdem keine Lettisch-Sprachkurse angeboten und zu den Sprachkursen an der LU konnte ich nicht gehen, da sich diese zu häufig mit den Kursen an der RGSL überschnitten. Erste Kontakte und Kurswahl Ich hatte von der zuständigen Dame an der RGSL sehr schnell eine Mail bekommen und hatte einigen Kontakt mit ihr. Durch einige Missverständnisse hatte ich dann im Dezember die Anmeldefrist an der RGSL versäumt, aber dies war völlig unproblematisch. An der RGSL gibt es keine Semester. Die Kurse werden in 6-Wochen-Modulen angeboten, anschließend finden die Prüfungen statt. Ich musste also fast alle Kurse neu wählen, wobei es schwierig ist, sie ohne Überschneidungen zu wählen, wenn man aus den verschiedenen Jahren wählen möchte. Allerdings konnte ich nicht nur aus einem Jahr wählen, da hier zu wenig Auswahlmöglichkeiten bestanden, was die Jura- Kurse betrifft. Es werden an der Uni zwei Bachelor-Studiengänge angeboten. Zum einen Law and Business und zum anderen Law and Diplomacy. Dementsprechend sind auch die Studierenden weniger an den Rechtskursen sondern mehr an den jeweiligen anderen Kursen interessiert. Wichtig war für mich nun auch die Kurswahl. Ich hatte mir einige Kurse rausgesucht und im Learning Agreement festgehalten. Als ich jedoch in Riga ankam, wurde schnell klar, dass ich an fast keinem der gewählten Kurse würde teilnehmen können, da diese bereits vorbei waren. (Das 6-Wochen-System wurde mir erst vorort offenbart.) Auch ist es nicht möglich im Voraus Kurse zu wählen, da man sich, um den Kursplan einsehen zu können, im Internetportal anmelden muss, wofür man wiederum seine Registrierungsnummer und sein Passwort braucht, dass man aber erst nach Ankuft bekommt - ein unmögliches Unterfangen. Da die Prüfungen ungefähr alle sechs Wochen stattfinden und man erst zu Beginn des Moduls die Prüfungstermine bekommt, ist es auch fast unmöglich Ausflüge etc. im Voraus zu planen. Ein weiterer Nachteil war, dass es an der RGSL im Gegensatz zur LU, keine Osterferien gab. (Stattdessen haben wir vor und nach Ostern eifrig Klausuren geschrieben.) Die Partnerhochschule RGSL Die Uni selbst ist sehr klein. Dort studieren etwa 250 Studenten, fast ausschließlich Letten. Mit mir zusammen waren noch vier andere Erasmus- Studenten dort, aus Kroatien, Schweden und der Türkei. Daher gibt es auch kaum Angebote für die Erasmusstudenten. An der LU hingegen ist ESN sehr präsent und plant (mehrmals) wöchentlich diverse Events. Am ersten Tag hatte ich um 10 einen Termin bei Ulla, mit der ich vorher schon Email-Kontakt hatte. Sie hat mir die Uni gezeigt und mir die ersten Fragen beantwortet. Jedem ausländischen Studenten wird zudem ein Study Buddy zur Seite gestellt. Meiner hatte mich bereits vor Ankunft kontaktiert und auch die anderen Studenten vor allem von der Student Association waren sehr nett und hilfsbereit. Die Mensa ist sehr klein, aber das Essen ist relativ günstig. Mich persönlich hat nur der Kümmel, der hier Nationalgewürz ist und in jedem Gericht üppig verwendet wird, gestört. Die Bibliothek befindet sich im 7. Stock, von wo aus man eine nette Aussicht hat. Dort stehen auch einige Computer und Drucker, für die man ganz am Anfang einen Ausweis bekommt, den man dann mit Geld aufladen kann. Hat man den einmal vergessen, ist es auch kein Problem, man bekommt einfach einen Gästeausweis. Sonstige Informationen Lettland ist ein sehr kleines Land mit nur ca. zwei Millionen Einwohnern, von denen etwas die Hälfte in Riga und Umgebung wohnt. Riga ist eine sehr schöne Stadt. Zu meinem Glück wurde sie auch gerade zur Kulturhauptstadt Europas gewählt und so gab es sehr viele kulturelle Veranstaltungen und die Stadt wurde richtig „auf Vordermann gebracht“. Überall wurden Häuser renoviert und im Mai/Juni die Parks hergerichtet. Sehr zu empfehlen ist das neu eröffnete KGB Museum, das sich im alten KGB-Gebäude befindet. Die Führung geht durch die ehemaligen Zellen, den Verhörraum und viele andere Zimmer und ist sehr eindrucksvoll (und zudem sehr günstig - 2 €). Ebenfalls sehr günstig und zu empfehlen ist ein Besuch in der Nationaloper. Die günstigsten Tickets gibt es hier schon ab 4 €, wobei man hier ruhig etwas mehr (7-10 €) investieren sollte, um nicht hinter einer Säule zu sitzen. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist fast alles gut zu erreichen. Ein one way ticket kostet 60 ct, es gibt auch 10er-Karten etc, die etwas günstiger sind. (Zu kaufen sind alle Tickets in den Narvesen-Kiosks, die an fast jeder Ecke sind.) Die Fahrpläne sind an den jeweiligen Haltestellen zu finden, sowie auf rigassatiksme.lv. Taxifahrten sind ebenfalls sehr günstig, am günstigsten sind die Panda-Taxen. Hier muss man jedoch aufpassen, da „Touristen“ manchmal von den Taxifahrern übers Ohr gehauen werden. Ein gebrauchtes Fahrrad zu kaufen kann ich nicht empfehlen. Hier bekommt man für relativ viel Geld sehr wenig geboten. Auch sind die rigaer Autofahrer nicht so sehr an Radfahrer gewöhnt und übersehen sie gerne, weshalb die Radfahrer hauptsächlich auf dem Gehweg fahren, wo sie das Recht des Stärkeren in Anspruch nehmen. Ich habe mir in Riga außerdem eine lettische Handykarte zugelegt. Hier hat man die Wahl zwischen bite und tele2. Für 4 € im Monat bekommt man alles was man braucht. Wer mehr viel im Internet ist, kann hier auch noch günstig mehr dazu buchen. Allerdings gibt es in jedem Café freies Wlan. Mit Überlandbussen sind außerdem Tallinn und Vilnius schnell und günstig zu erreichen, die beide einen Besuch wert sind. (Hier z.B. Ecolines, Simpleexpress etc.) Auch sehr schön ist der Nationalpark bei Sigulda und Cesis. (Hier sollte man jedoch nur in den warmen Monaten hinfahren.) Anerkennung von Studienleistungen Zur Anerkennung von Studienleistungen kann ich nicht viel sagen, da es immer noch nicht klar ist, ob überhaupt etwas anerkannt wird. Fazit Mir hat das Auslandssemester insgesamt gut gefallen. Allerdings ist es doch extrem viel Aufwand und Organisation, die man in seine Überlegungen mit einbeziehen sollte. Ich denke, in anderen Studiengängen ist ein Auslandsaufenthalt um ein vielfaches einfacher. Als Jurastudent sollte man sich jedoch von vornherein darauf einstellen, viele Probleme zu bekommen von Anerkennung der Studienleistungen bis zur Wahl der Kurse etc. Als Stadt ist Riga wirklich toll. Lettland ist ein sehr kleines Land mit wenigen Einwohnern und so kann man schnell Ausflüge in die Umgebung und in andere Länder, wie Estland, Litauen oder Russland machen.
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