BASELLAND 27 BASEL | BASELLANDSCHAFTLICHE FREITAG, 11. DEZEMBER 2015 Im Nest der Glücklichen Verkehrte Welt Baselland ächzt unter dem Spardiktat – nicht aber Biel-Benken: Dort gönnt man sich tiefere Steuern sagt er zur bz: «Die Biel-Benkemer sind sparsame, aber auch anspruchsvolle Leute.» Wenn sie sich etwas leisten würden, dann müsse es gut sein – oder wie er es in seinem Obwaldner Dialekt sagt (Burch wuchs in Stalden auf): Es müsse «vrthäbä». Die kritisch-anspruchsvolle Haltung macht das Beispiel der Sportanlage deutlich. Zwar kommt auch sie, wie das Budget, fast einstimmig durch. Zuvor jedoch haben die Biel-Benkemer insgesamt drei Vorgängerprojekte an der Urne versenkt. Diese sahen allesamt ein Kunstrasenfeld vor, doch der Plastik kam nicht gut an beim Stimmvolk – dieses wollte echtes Gras. Das neue Feld wird nun erheblich teurer, doch das ist es der Gemeindeversammlung offensichtlich wert. Das neue Feld hat seinen Preis. Aber es «vrthäbt». VON BENJAMIN WIELAND Peter Burch ist wohl ein wenig flau im Magen. «Seine» Biel-Benkemer haben soeben drei Millionen Franken für neue Sportplätze gesprochen, ebenso mehr Geld für die Vereine. Und sie haben sich selber ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk gegönnt: Sie haben die Steuern gesenkt. Da denkt sich der Gemeindepräsident, es wäre gut, ein wenig Gegensteuer zu geben. Er will den Teilnehmern der Gemeindeversammlung in Erinnerung rufen, dass ihre Situation nicht selbstverständlich ist. Gerade in Zeiten, in welchen andernorts die Steuern erhöht werden und der klamme Kanton seinen Angestellten in die Lohntüte greift. Und so schliesst Peter Burch die «Gmeini» in der Turnhalle Kilchbühl am Mittwochabend mit einem Witz. Er geht so: Der alte Geizkragen MacDonalds geht mit seinem Sohn an eine Weihnachtsfeier. Er schaut die Schuhe des Sohnemanns an und fragt ihn: «Hast du etwa schon heute die neuen Schuhe angezogen?» – «Ja», antwortet dieser. – «Dann mach wenigstens grosse Schritte!» Kurzes Gelächter. Dann gehen die Teilnehmer zum Apéro über, tauschen Finanzplan und Budgetunterlagen gegen Salzstängeli und Weisswein. Er habe den Witz kurz vor der Versammlung irgendwo gelesen, sagt Burch zur bz. Eine pädagogische Wirkung habe er damit nicht erzielen wollen. «Ich wollte den einfach erzählen. Politik soll doch auch lustig sein.» «Die Biel-Benkemer sind sparsame, aber auch anspruchsvolle Leute.» Peter Burch Gemeindepräsident von Biel-Benken «Reformierte Sparfüchse» Nur Bottmingen ist günstiger Grund zur Fröhlichkeit herrscht in BielBenken auch ohne Witze. Der Gemeinde geht’s prächtig. Sie ist schuldenfrei, das Eigenkapital beträgt stolze 12,8 Millionen Franken. Finanzchef Christoph Müller könnte sämtlichen 3416 Einwohnerinnen und Einwohnern je drei Feinunzen Gold schenken – es bliebe immer noch ein schöner Batzen übrig. Fast einstimmig votierten die 153 Teilnehmer der Gemeindeversammlung für die Entlastung ihres eigenen Portemonnaies: Die Gemeindesteuern sinken im 2016 von 49 auf 46 Prozent. Im Kanton ist nur noch Bottmingen günstiger. «Hier Finanzchef zu sein», sagte Christoph Müller kurz zuvor bei der Präsentation des Finanzplans 2016 – 2020, «macht Spass.» Auch Voten wie diese dürften bei Peter Burch ein flaues Gefühl im Magen hinterlassen. Er sieht sich zumindest zur Relativierung gezwungen. Man dürfe auf keinen Fall den Eindruck erhalten, seine Gemeinde gebe das Geld mit vollen Händen aus, Die Idylle trügt nicht: Biel-Benken gehts prächtig. «Glungge» wird totalsaniert Dornach Das Gartenbad nahe der Birs wird erneuert. Ein Rückbau zugunsten eines Naturparks mit Weiher hatte an der GV keine Chance. VON LUKAS HAUSENDORF Dornach behält sein Gartenbad. Die Gemeindeversammlung sprach sich am Mittwoch mit deutlichem Mehr für den Erhalt der «Glungge» aus. Der Gemeinderat hatte auch die Variante einer Umgestaltung in einen Naturpark mit Weiher ohne Bademöglichkeit zur Debatte gestellt, was schon innerhalb des Rats für intensive Diskussionen bei der Vorbereitung des Geschäfts sorgte. Das Bädli, das die Gemeinde Anfang der 90er-Jahre von den Metallwerken übernommen hatte und damals schon für 2,54 Millionen Franken totalsanierte, wird erneut saniert. Der Zustand der Anlage ist teilweise desolat. «Der Kanton wird den Betrieb eine weitere Saison ohne Sanierung nicht bewilligen», erklärte Bauverwalterin Priska Plüss den 265 anwesenden Stimmbürgern. Der Ersatz der Wasseraufbereitungsanlage ist mit 850 000 Franken der grösste Kostenblock im Sanierungs- projekt. Weiter soll der Grünbereich aufgefrischt, das Garderobengebäude neu gebaut und ein bestehendes Gebäude saniert werden. In der Gemeinderatsvorlage wurden dafür 2,035 Millionen Franken budgetiert. Damit wäre nach dem Versammlungsbeschluss auch noch eine Urnenabstimmung nötig geworden. Ein Antrag von Alt-Gemeinderat Hansjörg Staub, der ein Kostendach von 1,999 Millionen Franken verlangte, war allerdings mehrheitsfähig. Somit muss das Projekt um rund 36 000 Franken gestutzt werden, dafür ist das Verdikt des Stimmvolks vom Mittwoch endgültig. Zumal ein Antrag auf obligatorische Volksabstimmung das nötige Viertelsquorum verpasste. Drohender Rechtsstreit? Ein Urnenentscheid wird allerdings für die Sanierung der Apfelseestrasse nötig. Dort wird das Dornacher Stimmvolk über die Einführung von Tempo 30 und die Sanierung abstimmen. An der GV folgte eine Mehrheit dem Antrag, die Umsetzung der Verkehrsberuhigung der Kompetenz des Gemeinderats zu entziehen. Damit kommt es am 28. Februar zur Abstimmung über das drei Millionen Franken teure Projekt. Gegen den GV-Beschluss wird aber voraussichtlich Beschwerde erhoben. Max Rumpel, der schon einen mehrjährigen Streit um Perimeterbeiträge am Lehmweg gewonnen hatte, monierte einen Verstoss gegen §50 des Gemeindegesetzes. Demnach darf ein Projekt erst budgetiert werden, wenn es genehmigt ist. Das Solothurner Amt für Gemeinden prüfte diese Frage vorgängig und erteilte Dornach grünes Licht. Rumpel ist dennoch überzeugt, dass das Vorgehen nicht rechtens ist. Der Haushaltsvoranschlag für 2016 bilanziert einen bescheidenen Gewinn von knapp 114 000 Franken. Weil aber grössere Investitionen anstehen, wie etwa die geplante Sanierung der Apfelseestrasse oder die «Glungge»-Instandstellung ist Dornach dennoch mit einem Mittelabfluss von rund 4 Millionen Franken konfrontiert. Trotz der schwarzen Null im Budget sieht Dornach einer finanziell schwierigen Zukunft entgegen. «Der Kanton wird weiterhin versuchen, die Gemeinden mit zusätzlichen Aufgaben oder Beiträgen zu belasten», heiss es im Ratschlag zum Budget. Zusätzlich sei mit einer höheren Belastung beim Finanzausgleich zu rechnen, dessen Index noch auf den tieferen Erträgen von 2012 und 2013 basiert. Dornach konnte sich in den letzten Jahren aber über den Zuzug nicht weniger potenter Steuerzahler freuen. BZ-ARCHIV Die Mentalität der Biel-Benkemer hat wohl auch mit ihrer Konfession zu tun, vermutet Burch. Biel-Benken ist – neben Binningen – die einzige reformierte Gemeinde im katholisch geprägten Leimental. «Reformierte Sparfüchse» seien die Dorfbewohner, sagt Burch. «Da ist nichts mit barocker Verschwendungslust». Mit Sparsamkeit allein ist Biel-Benken aber kaum reich geworden. Für Elisabeth Schneider-Schneiter steht fest: Die Fusion war eine entscheidende Ingredienz für das Erfolgsrezept ihrer Heimatgemeinde. 1972 schlossen sich Biel und Benken zusammen. Die CVP-Nationalrätin leitete von 2000 bis 2010 die Gemeindeverwaltung. «Mit der Fusion konnte die Infrastruktur zusammen gelegt werden», sagt Schneider-Schneiter. «So wurden schlagkräftige, schlanke Strukturen geschaffen. Das wiederum sorgte dafür, dass man die Steuern tief halten konnte.» Der tiefe Steuersatz wiederum zog gute Steuerzahler an. Die Bevölkerung hat sich seit der Fusion mehr als verdoppelt. BielBenken ist begehrt, trotzdem konnte das Dorf hinter dem Löliwald seinen ländlichen Charakter bewahren. Auch dies ein Erfolgsfaktor, wie Schneider-Schneiter betont: «Wir sind nicht zu schnell gewachsen, die Neuzuzüger wurden integriert.» Das würde Peter Burch sofort unterschreiben. Er kam 1987 nach Biel-Benken, als 29-jähriger Posthalter und integrierte sich rasch. An einer seiner ersten Gemeindeversammlungen, die er besuchte, standen Steuersenkungen zur Debatte. Burch stimmte, als einer der wenigen, dagegen. Er glaubte damals offensichtlich noch nicht an das Erfolgsrezept Biel-Benkens. Doch er lernte rasch, dass es funktioniert. Oder wie er sagen würde: Dass es «vrthäbt». Kantonsspital Baselland Keine Standort-Königreiche mehr Das Kantonsspital Baselland (KSBL) reformiert seine Führungsstrukturen: Künftig soll je ein Chefarzt die vier Bereiche Medizin, Chirurgie, Orthopädie und Notfall leiten, und zwar für alle drei Standorte. Diese Abkehr von Standort-Königreichen soll das KSBL flexibler und effizienter machen. Vier Jahre nach der Verselbstständigung habe der Verwaltungsrat am Dienstag eine «Fokussierung» ab 2016 beschlossen, teilte das KSBL gestern mit. Die Entscheide seien kein Präjudiz für die angedachte Spitalgruppe beider Basel, die Ende Juni gemeinsam mit dem Basler Universitätsspital sowie den beiden Gesundheitsdirektoren Thomas Weber (BL) und Lukas Engelberger (BS) angekündigt wurde. Die Spitalgruppe soll ab 2019/2020 realisiert werden. Liestal klarer A-Standort Zentrales Element der Reform nun ist die Departementalisierung des gesamten Spitals. Prozesse und Organisation werden vereinheitlicht. Fachpersonal soll so gezielter eingesetzt werden können. Geprüft wird auch, was künftig besser ambulant statt stationär angeboten werden soll. Unter dem Strich muss das KSBL wirtschaftlicher werden, wie der Mitteilung des KSBL zu entnehmen ist. Zu den einzelnen Standorten hiess es, Liestal solle sich auf stationäre Akutmedizin konzentrieren, eine erweitere Grundversorgung anbieten und Zentrum sein für Ausund Weiterbildung sowie Forschung. Das ist also quasi der A-Standort. B wie Bruderholz bedeutet fortan internistische und chirurgische Grundversorgung. Zudem werde dort ein Kompetenzzentrum für den Bewegungsapparat aufgebaut und das Zentrum für Rehabilitation ausgebaut. Die Spitalgruppen-Idee sieht auf dem Bruderholz dereinst eine Tagesklinik ohne den alten Bettenturm vor. Für Laufen als kleinsten KSBL-Standort nennt das Communiqué als Prioritäten internistische Grundversorgung, Schmerztherapie, Rehabilitation und Altersversorgung. Per Jahresbeginn 2016 wird jedoch nichts sofort verlegt: Ziel ist, innert fünf Jahren die ganze Intensivmedizin nach Liestal zu verlegen, wie KSBL-Chef Jürg Aebi auf Anfrage sagte. Bis dann werde noch an allen drei Standorten alles angeboten, wenn auch nicht jede einzelne Operation überall. Die Mitteilung zu kleinen Schritten in einem laufenden Prozess erklärte Aebi auch mit Nebengeräuschen der KSBLTransformation. Chefarzt-Abgänge am Standort Bruderholz hatten Medieninteresse geweckt. (SDA)
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