Landtag von Baden-Württemberg Beschlussempfehlung und Bericht

Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7820
15. Wahlperiode
Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Finanzen und Wirtschaft
zu der Mitteilung des Ministeriums für Finanzen und
Wirtschaft vom 13. November 2015
– Drucksache 15/7708
Unterrichtung des Landtags in EU-Angelegenheiten;
hier: Den Binnenmarkt weiter ausbauen – mehr Chancen für
die Menschen und die Unternehmen
Beschlussempfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
von der Mitteilung des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft vom 13. November 2015 – Drucksache 15/7708 – Kenntnis zu nehmen.
03. 12. 2015
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Joachim Kößler
Karl Klein
Bericht
Der Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft behandelte die Mitteilung Drucksache 15/7708 in seiner 67. Sitzung am 3. Dezember 2015. Vorberatend hatte sich
der Ausschuss für Europa und Internationales in seiner Sitzung am 19. November
2015 mit der Mitteilung befasst.
Ohne Aussprache und ohne förmliche Abstimmung fasste der Ausschuss die Beschlussempfehlung an das Plenum, von der Mitteilung Drucksache 15/7708 Kenntnis zu nehmen.
09. 12. 2015
Joachim Kößler
1
Ausgegeben: 14. 01. 2016
Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet
abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente
Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“.
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7820
Empfehlung und Bericht
des Ausschusses für Europa und Internationales
an den Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft
zu der Mitteilung des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft
vom 13. November 2015
– Drucksache 15/7708
Unterrichtung des Landtags in EU-Angelegenheiten;
hier: Den Binnenmarkt weiter ausbauen – mehr Chancen für die Menschen
und die Unternehmen
Empfehlung
Der Landtag wolle beschließen,
von der Mitteilung des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft vom 13. November 2015 – Drucksache 15/7708 – Kenntnis zu nehmen.
19. 11. 2015
Der Berichterstatter:
Der Vorsitzende:
Dr. Reinhard Löffler
Thomas Funk
Bericht
Der Ausschuss für Europa und Internationales beriet die Mitteilung Drucksache
15/7708 in seiner 38. Sitzung am 19. November 2015 vorberatend für den federführenden Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft.
Da der Ausschuss öffentlich tagte, wurden die Namen der Rednerinnen und Redner
im nachfolgenden Bericht nicht anonymisiert.
Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU teilte mit, den europäischen Binnenmarkt zu stärken sei angesichts des Wettbewerbs mit anderen großen Märkten wichtig und richtig. Dabei müsse hinterfragt werden, warum bei einigen Themen die Vereinigten
Staaten von Amerika, jedoch nicht EU-Mitgliedsstaaten sehr erfolgreich seien. So
stelle beispielsweise der datenschutzrechtliche Vorteil in den USA einen Nachteil
für Unternehmen in der EU dar. Daher müsse das hiesige Datenschutzrecht wettbewerbsfähiger gestaltet werden.
Viele der in der vorliegenden Mitteilung beschriebenen 22 Maßnahmen zur Umsetzung der Binnenmarktstrategie seien nützlich und auch nachhaltig. Er stelle
allerdings infrage, dass die partizipative Wirtschaft bzw. „Sharing Economy“ einen besonderen Beitrag zum Wirtschaftswachstum leiste. Dasselbe gelte für einen
Mehrwertsteueraktionsplan und die stärkere Bekämpfung von Verbraucherdiskriminierung.
Die Überlegungen der Europäischen Kommission, weitere Deregulierungen im
Bereich der reglementierten Berufe vorzusehen, betrachte er kritisch. Mit reglementierten Berufen habe Deutschland an sich gute Erfahrungen gemacht. So sei
der Meisterbrief kein Handelshemmnis, sondern eine Bildungsqualifikation. Solche Qualifikationen leisteten einen Beitrag zu Qualität und Verbraucherschutz und
2
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7820
seien der Erfolgsgarant der Wirtschaft. Mit einer Nivellierung würden eventuell in
Frankreich oder Spanien kurzfristige Erfolge erzielt, werde allerdings der hiesigen
Wirtschaft Schaden zugefügt. Zunehmend werde duale Ausbildung in Europa als
Chance begriffen. Noch müsse das deutsche duale Ausbildungssystem allerdings
gegen anderslautende europäische Interessen verteidigt werden.
Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE äußerte, er spreche der Landesregierung
für den von ihr erstellten Berichtsbogen ein Kompliment aus, und fuhr fort, bezogen auf den Datenschutz komme er zu einer etwas anderen Bewertung als sein
Vorredner. Seines Erachtens müssten die hiesigen Datenschutzregelungen weder
aufgeweicht noch aufgegeben werden. Die Verantwortung für die personenbezogenen Daten liege bei dem Einzelnen.
Er erachte die partizipative Wirtschaft für die EU als zentral und als eine große
Chance beispielsweise für Innovationen, wobei mit dieser Wirtschaftsform auch
gewisse Risiken verbunden seien.
Von großer Bedeutung sei auch der Schwerpunkt der Europäischen Union, kleine und mittlere Unternehmen sowie Start-up-Unternehmen stärker zu fördern. In
diesem Bereich müsse Baden-Württemberg noch einiges unternehmen, um das Niveau der USA annähernd zu erreichen.
Die Entwicklungen im Bereich der freien Berufe müssten nach Berufsfeldern differenziert betrachtet werden. So stelle die Reglementierung bzw. ein Kammerwesen nicht unbedingt die höchste Qualität sicher. Er halte es für legitim, dass Faktoren, die für die Qualität nicht relevant seien, infrage gestellt würden. Ohne Zweifel
seien das duale Ausbildungssystem und die Ingenieursausbildung in Deutschland
qualitativ hochwertig.
Zentral sei ebenfalls die Vermeidung von Diskriminierung. Beispielsweise müssten nationale Preismodelle transparenter werden.
Die Intention der Europäischen Kommission in den Bereichen Vergabewesen und
Auftragsregister begrüße er. Bei der Umsetzung sollte auf realistische und handhabbare Maßnahmen ohne zu viel Bürokratie geachtet werden.
Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP trug vor, die Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen biete auch mit Blick auf Beschäftigung eine gewisse
Sicherheit. Maßnahmen z. B. bezogen auf den Meisterbrief sollten sehr bedacht
angegangen werden, da dies ganze Branchen betreffe. Dies gelte auch für die freien Berufe bzw. Heilberufe. Gegenüber anderen europäischen Ländern sollten die
Leistungen Deutschlands in diesem Bereich herausgestellt werden.
Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU legte dar, angesichts begrenzter Ressourcen
halte sie den Ansatz der partizipativen Wirtschaft für erfreulich. Allerdings müssten auch für diese Wirtschaftsform im Hinblick auf Verbraucherschutz dieselben
Voraussetzungen gelten. Entsprechende Regelungen sollten auf Bundesebene getroffen werden.
Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE brachte zum Ausdruck, es dürfe nicht geleugnet
werden, dass sich die Europäische Union in einer fundamentalen Krise befinde.
Dies betreffe nicht nur die Flüchtlings- und die Griechenlandproblematik. Vielmehr seien mit der Entwicklung des gemeinsamen Binnenmarkts Verschränkungen
entstanden. Die „Sharing Economy“ bringe ohne Zweifel problematische Veränderungen mit sich. Insofern halte er es für richtig, dass dem in Deutschland gewisse
Grenzen gesetzt seien. In der Fortentwicklung des Binnenmarkts lehne er wirtschaftliche Vorteile für Einzelne zulasten der Allgemeinheit ab. Hingegen sollten
positive Entwicklungen mit gesellschaftlichen Vorteilen ermöglicht werden. Dies
beziehe sich beispielsweise auf die Digitalisierung.
Die Landesregierung schreibe in ihrem Berichtsbogen:
Der auf europäischer Ebene erreichte Schutzstandard für Verbraucher hat
bereits jetzt ein beträchtlich hohes Niveau erreicht. Bei allen weiteren Überlegungen ist daher ein Ausgleich zwischen Verbraucherinteressen und den
Interessen der Unternehmen entscheidend.
3
Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 15 / 7820
Der zweite Satz könnte auch so verstanden werden, dass Verbraucherschutz, der
über ein bestimmtes Maß hinausgehe, abgelehnt würde. Hierzu gebe er zu bedenken, dass sich die Europäische Union auch durch gemeinsame Werte auszeichne.
Dies gelte es bei der Fortentwicklung des Binnenmarkts zu berücksichtigen. So
müsse akzeptiert werden, falls die datenschutzrechtlichen Regelungen in der Europäischen Union ein Wirtschaftshemmnis darstellten.
Seines Erachtens sollten der europäische Binnenmarkt und das Wertesystem eher
konsolidiert werden. Insofern müsse auf eine wirtschaftliche Entwicklung gesetzt
werden, die im Interesse der Allgemeinheit liege und ausgleichend wirke. Andernfalls sei mit gravierenden Problemen zu rechnen.
Minister Peter Friedrich stellte voran, er halte es für ein positives Zeichen und für
nicht selbstverständlich, dass die Europäische Kommission in der vorliegenden
Mitteilung die Belange von kleinen und mittleren Unternehmen berücksichtige.
Er fuhr fort, die Entwicklungen im Bereich von innovativen Dienstleistungen
und „Sharing Economy“, die in gewisser Weise durch die Nutzer vorangetrieben würden, sollten aufmerksam verfolgt werden. Hier werde auf das Modell der
genossenschaftlich organisierten Wirtschaft zurückgegriffen, mit dem in BadenWürttemberg hervorragende Erfahrungen gemacht worden seien und das einen
wesentlichen Teil der hiesigen Wirtschaft ausmache. Insofern sei zu prüfen, wie
sich mögliche Änderungen der Rahmenbedingungen auch auf andere Formen von
organisierter Wirtschaft auswirkten. Dies betreffe z. B. öffentlich-rechtlich organsierte Wirtschaftsunternehmen, Stadtwerke, Genossenschaften und Sozialversicherungen. Bei Regulierung müsse stets die Balance gewahrt werden.
Die Europäische Kommission belege nicht, welche Wachstumsimpulse von einem
Abbau regulatorischer Hindernisse bei Berufszugängen zu erwarten seien, zumal
auf dem europäischen Arbeitsmarkt beispielsweise die Berufsanerkennungsrichtlinie Zugänge eröffne. Somit stelle sich vielmehr die Frage, welche wirtschaftliche
Organisationsform mit einer bestimmten Einschränkung verbunden sei. Das Kammersystem, das eine Form demokratischer Wirtschaftsorganisation bzw. Selbstverwaltung darstelle, leiste durchaus einen wichtigen Beitrag für die Stabilität der
wirtschaftlichen Entwicklung. Insofern sollte dieses System, auch wenn es nicht
überall existiere, beibehalten werden. Er könne keinen großen wirtschaftlichen
Vorteil entsprechender Eingriffe erkennen. Die Landesregierung setze sich auf der
Ebene der Europäischen Union weiterhin für die geschützten Berufe ein.
Abschließend wies er darauf hin, dass es in Deutschland in einigen Berufen Nachwuchsprobleme gebe. Unabhängig von den Sprachkenntnissen gelinge es ausländischen Arbeitnehmern nicht unmittelbar, hier in diesen Berufen tätig zu werden.
Der Ausschuss für Europa und Internationales empfahl dem federführenden Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft ohne förmliche Abstimmung, von der Mitteilung Drucksache 15/7708 Kenntnis zu nehmen.
07. 01. 2016
Dr. Reinhard Löffler
4