Ausgabe_Baselland Zeitung_Sonntag, 8

Schweiz am Sonntag, Nr. 45, 8. November 2015
52 BASEL
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Machtlos gegen die Wildsau
Baselbieter Bauern klagen über die Schäden. Die Jäger sollen besser ausgerüstet werden
«Muttenzer Gemeinderat
lässt sich erpressen»
SVP und FDP kritisieren, dass Gewalt politisch erfolgreich ist
VON LEIF SIMONSEN
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EIN STEINWURF BEWEGT Muttenz: Ein Un-
Der Baselbieter Kantonsförster Ueli Meier sagt es unumwunden: Den Bauern
drohe ein «katastrophaler» Frühling. Im
Baselbiet treibt die Wildsau derzeit ihr
Unwesen. Bis heute haben die Tiere in
diesem Jahr bereits einen Schaden von
107 000 Franken an Weizen, Mais und
Wiesen angerichtet. 2012 definierte der
Kanton das Ziel, die Schäden unter
80 000 Franken jährlich zu halten. In der
Region breitet sich das Wildschwein
dank der Klimaerwärmung stark aus.
Meier sagt, er hoffe «ab und zu auf einen
harten, kalten Winter, der mithilft, die
Wildschweinzahlen tief zu halten». Vor
allem aber muss er auf die Hilfe der
Jagdgesellschaften zählen. In den Jagdbestimmungen für die Saison 2015/16
weist der Jagdleiter die Jäger explizit darauf hin, dass das sogenannte Schwarzwild «nicht erst auf dem Feld, sondern
bereits im Waldrandbereich» erlegt werden darf und während der Schonzeit
Frischlinge geschossen werden dürften.
DER FRÜHERE JAGDVERWALTER Ignaz
Bloch hatte bereits erkannt, dass gegen
die Wildschäden etwas unternommen
werden muss, denn in den vergangenen
zwei Jahrzehnten haben sich die Schäden in der Baselbieter Landwirtschaft
verdreifacht.
Die unter Blochs Federführung ausgearbeitete Revision des Jagdgesetzes
wurde aber in Bausch und Bogen verworfen. Das Gesetz sah vor, dass die Baselbieter Jagdgesellschaften finanziell
dafür geradestehen müssen, wenn sie ihre Abschussquote nicht einhalten. Die Jäger begehrten auf und stellten sich auf
INSERAT
bekannter zertrümmerte die Eingangstüre von Gemeinderat Thomi Jourdan
(EVP) mit einem Stein. Die Ortsparteien
verurteilten die Tat darauf einhellig. Für
manche ereignete sich danach ein weiterer Skandal: Der Gemeinderat entschied,
doch keine Mobilfunkantenne auf dem
Hallenbad-Dach zu bauen und den Vertrag mit Sunrise aufzulösen. Der Gemeinderat deutete den Steinwurf als
Protest eines Mobilfunkgegners, da eine
schwarze Antenne aufgemalt war.
Die Kehrtwende des von Grünen, SP,
EVP und CVP dominierten Gemeinderats
sorgt bei FDP und SVP für Empörung.
Der lokale SVP-Präsident Markus Brunner sagt: «Ich finde es völlig daneben,
dass sich der Gemeinderat erpressen
lässt.» Er sei enttäuscht, dass man in
Muttenz offenbar mit einer Gewalttat
die Politik beeinflussen könne: «Das finde ich schwach.»
Er selber, sagt Brunner, habe schon
Morddrohungen per Brief erhalten, als
er für den Gemeinderat kandidierte.
Und Eier seien gegen sein Haus geworfen
worden. Dabei sei aber meist unklar, ob
politische Gegner oder Lausbuben dahinter steckten. Beim Steinwurf sei ebenfalls unklar, in welchem Zusammenhang dieser zur Mobilfunkpolitik stehe.
Der Muttenzer FDP-Präsident Daniel
Schneider kritisiert, der Gemeinderat
habe es im Vorfeld verpasst, die Bevölkerung einzubeziehen. Anstatt nun einen
Rückzug zu machen, solle er das Verpasste nachholen, rät er. Es sei zwar richtig, die Tat zu verurteilen: «Jetzt wird sie
aber aufgebauscht.»
ANDREAS MAURER
Martina Hilker wechselt zur BKB
Die Wildsau richtet an Wiesen, Weizen und Mais Schäden an.
den Standpunkt, dass man sie für die
Ausübung ihres Ehrenamts nicht bestrafen dürfe.
Bis Ende des Jahres wird Meier ein
neues Gesetz ausarbeiten – gemeinsam
mit den Baselbieter Jägern. Die finanzielle Beteiligung der Jagdgesellschaften
dürfte vom Tisch sein. «Ich werde mich
hüten, mit Androhungen von zusätzlichen Kontrollmassnahmen und Bussen
noch mehr Öl ins Feuer zu giessen», sagt
ZVG
FÜR MEDIENANFRAGEN zur Basler Kanto-
er. Um die zwischenzeitlich angespannte
Beziehung zwischen dem Kanton und
den rund 600 Baselbieter Jägern ins Lot
zu bringen, lobt er deren Arbeit bei jeder
Gelegenheit. Noch stärker in die Pflicht
nehmen will er sie nicht. Er sehe aber
«Potenzial im Bereich der Information,
Aufklärung und Ausrüstung.» Gut möglich also, dass der Kanton den Jagdgesellschaften im nächsten Jahr schusskräftigere Gewehre subventioniert.
nalbank wird bald eine Frau zuständig
sein. Martina Hilker wechselt im Januar
von der Handelskammer beider Basel
(HKBB) zur BKB, um dort die Gruppe
Kommunikation zu leiten. Die Baslerin,
die 2012 als Grünliberale für den Grossen Rat kandidierte, wird ihren neuen
Job Mitte Januar 2016 antreten. Dies bestätigen sowohl sie als auch die Bank auf
Anfrage. Hilker war sieben Jahre lang
Sprecherin der HKBB.
Die BKB holt mit Hilker eine erfahrene Kommunikationsspezialistin an
Bord. Die 49-Jährige wird in ihrer neuen
Funktion an Michael Buess rapportieren.
Dieser leitete bis anhin sowohl das Generalsekretariat als auch die Medienstelle.
Ab 1. Januar steht er der neuen Abteilung «CEO Office» vor, zu der auch die
Gruppe Kommunikation gehört. Als Mediensprecher werde er nur noch selten
aktiv sein, sagt Buess.
Martina Hilker wird bei ihrer neuen
Tätigkeit auf einen alten Weggefährten
treffen: Bankratspräsident Andreas
Sturm war einst Mitglied der Grünliberalen Basel-Stadt. (RAK)