SOLARBRIEF Solarbrief Ausgabe 2 | 2015 Karikatur: Gerhard Mester Divestment oder warten, bis die Kohlenstoffblase platzt? Stromspeicher oder Fernleitungen bauen? Fliegen mit elektrischer Energie Geschichtliches und Zukunftsperspektiven 2 Divestment 3... Divestment oder warten, bis die Kohlenstoff-Spekulationsblase platzt? Editorial von Wolf von Fabeck Fernleitungsbau? 4... Fernleitungen zur Versorgung Süddeutschlands mit norddeutschem Windstrom - Eine Fehlplanung Atom 21.. Gegen das Wiederanfahren der Schrottreaktoren Tihange 2 und Doel 3! Zahlreiche unabhängig voneinander initiierte, jedoch gemeinschaftlich von tiefer Sorge getragene Aktionen: Von Susanne Jung 24.. Das „gute Leben“ nur mit Atomkraft? Wie die FAZ die globale soziale Frage instrumentalisiert: Von Rüdiger Haude Von Wolf von Fabeck 6... Umweltfreunde in der Diskussion zum Stromnetzausbau Von Wolf von Fabeck 7... Widerstand gegen den Ausbau von Fernübertragungstrassen mobilisieren Von Wolf von Fabeck 8... Der „kleine Unterschied“ zwischen Vernunftkraft und Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) Wer siegen will, sollte seine Gegner kennen: Von Wolf von Fabeck 9... Hohe Windleistungen nicht abregelbar - Speicherung ist unverzichtbar Von Wolf von Fabeck 10.. Wir brauchen Energiespeicher für das Gelingen der Energiewende Netzausbau ja – aber keine HGÜ-Leitungen: Von Stephan Grüger 13.. "Bei mir werden HGÜs groß geschrieben" Von Rüdiger Haude 37.. Zellulare Netze für 100 % Erneuerbare Energien Übersetzung des Kurzbeitrags zur International Renewable Energy Conference (IRENEC) im Mai 2015: Von Prof. Eberhard Waffenschmidt Klimapoker 14.. Hetze von Björn Lomborg gegen die Erneuerbaren Entgegnung auf den FAZ-Artikel vom 15. Mai 2015: Von Wolf von Fabeck Inhaltsverzeichnis 19.. Beleidigung des mathematischen Verstandes Zur Presseerklärung des CDU-Wirtschaftsrats vom 27.4.2015: Von Rüdiger Haude 20.. Klimaflüchtlinge Rundschreiben zu einem Anti-Atom-Montagsspaziergang in Koblenz: Von Thomas Bernhard Kohle 16.. „Niemand sonst zahlt die Zeche“ Eindrücke von der RWE-Hauptversammlung in Essen am 23.4.2015: Von Rüdiger Haude 18.. Kohleabgabe - Vom Tisch?! Kommentar von Jürgen Döschner in WDR 5, Morgenecho vom 25.6.2015 18.. Kohlelobby setzt sich auf ganzer Linie durch Klimagipfel im Kanzleramt am 1. Juli 2015: Von Rüdiger Haude EEG / Speicher 26.. EEG-Umlagepflicht auf Eigenverbrauch - Rechtsklärung in Teilbereichen Zu Ergebnissen der Empfehlung 2014/31 der Clearingstelle EEG: Von Susanne Jung 30.. Speicher unter dem EEG 2014 Informationen zum 21. Fachgespräch der Clearingstelle EEG: Von Susanne Jung 31.. Technische Normen beim Einsatz von Speichern Auswahl, kurz zusammengestellt 32.. „Stromspeichertechnologien - Stand der Technik, Wirtschaftlichkeit, Perspektive“ Veranstaltung der Industrie- und Handelskammern im Rheinland: Von Kerstin Watzke Angebote 38.. Energeticon Neues energietechnisches Museum in Alsdorf (Rheinland): Von Rüdiger Haude 39.. Mittwochswerkstatt „Zukunft gestalten“ Neue Veranstaltungsreihe 47.. Die Energiewende braucht mehr Ökostrom Ankündigung zur Tagung der Bischöflichen Akademie Aachen Solares Fliegen 40.. Fliegen mit Solar-Luftschiffen Geschichte und Perspektiven: Von Rüdiger Haude 45.. Solar Impulse 2 Kritiker liefern nur Binsenweisheiten: Von Rüdiger Haude Kurzinfos / Internes 13.. Flyer des SFV 46.. Festakt für Wolf von Fabeck Ein kurzer Bericht: Von Rüdiger Haude 46.. SFV-Infostellen 47.. Mitgliederversammlung des SFV 48.. Nachrichten, Impressum 50.. Leserbriefe 51.. Mitgliedsantrag Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 3 Divestment oder warten, bis die Kohlenstoff-Spekulationsblase platzt? Editorial So werden ohne Skrupel auch Unternehmen gestützt, die mit der Nutzung von fossilen Energien und der Ruinierung des Weltklimas befasst sind. Das gilt bisher als todsicheres Geschäftsmodell, denn der Energiehunger steigt weltweit, und die Verfügungsrechte über Kohle, Erdöl und Erdgas, die noch unter der Erd- oder Meeresoberfläche vermutet werden, werden sogar mit militärischer Macht gesichert. Angst vor dem Klimawandel? Diejenigen, die in das Spiel um den großen Geld- und Machtgewinn verwickelt sind, interessiert alles Übrige nur noch am Rande. Vielleicht ist das ähnlich, wie das Fieber bei der Fußballweltmeisterschaft oder beim Sex? Während des Spiels empfindet man alles, was nicht unmittelbar dazu gehört, nur als störende Ablenkung: „Klimawandel??? Das hat doch noch Zeit!“ Der jämmerliche Hungertod von König Midas, dem wunschgemäß alles, was er anfasste, zu Gold wurde, ist offenbar nicht abschreckend genug. Wer ausschließlich im Abwägen von finanziellem Gewinn oder Verlust befangen ist, lässt sich nur noch ansprechen, wenn ihm ein Risiko vor Augen geführt wird, das zu seinen Begrifflichkeiten passt. Dass eine „Spekulationsblase“ platzen kann – dieses Risiko leuchtet jedem Börsenspekulanten sofort ein, und davor hat er echt Angst. Damit kommen wir zur Kohlenstoff-Spekulationsblase: Die derzeitige Bewertung der Fossilunternehmen ergibt sich aus der Vorstellung, dass alle bekannten und vermuteten fossilen Bodenschätze noch gefördert und energetisch genutzt werden. Wem allerdings bewusst ist, dass jede weitere Tonne Kohle den Klimakollaps noch verschlimmert und dass die Ressourcen deshalb in der Erde bleiben müssen, der erkennt, dass die fossilen Unternehmen völlig überbewertet sind. Die von Sigmar Gabriel vorgeschlagene Klimaabgabe hat offensichtlich trotz ihrer unzureichenden Höhe den FossilSpekulanten einen Schock versetzt, wie die überschießend heftigen Reaktionen zeigen. Eine administrative Beschränkung der Kohle- und Ölförderung würde dazu führen, dass die Gewinnaussichten von einigen ernüchterten Analysten geringer eingeschätzt werden. Vorsichtige Anleger werden ihr Kapital abziehen. Damit sinkt der Aktienkurs. Das alarmiert andere Anleger; sie überprüfen die Gewinnaussichten und ziehen – möglichst solange die Papiere noch einen guten Wert darstellen – ebenfalls ihr Kapital ab. So kommt es zu einer sich selbst verstärkenden Abwärtsbewegung. Von Stunde zu Stunde sind die Papiere weniger wert. Für die Anleger heißt es dann: „Rette sich wer kann“. Kommunen, die an den fossilen Unternehmen beteiligt sind, werden in den Strudel gerissen. Staaten, die ihre Banken retten wollen, bekommen Probleme. Die Ratingagenturen werden mit ihren Abwertungen kaum noch mitkommen. So könnte die „Kohlenstoffblase“ platzen. Ein Vergleich mit der geplatzten„Immobilienblase“ im August 2007 liegt nahe, doch die „Kohlenstoffblase“ ist voluminöser und die Angriffe kommen diesmal von zwei Seiten - einmal von denjenigen, die um ihre Gewinne fürchten, andererseits von der ethisch motivierten „Divestment-Bewegung“, die durch einen Ausstieg aus allen fossilen Beteiligungen die Welt vor der Klimakatastrophe retten will. Diese Zangenbewegung könnte sich als unwiderstehlich erweisen. Die einstimmige Entscheidung des norwegischen Parlaments vom 6. Juni 2015, dass der norwegische Rentenfond (der zweitgrößte der Welt) alle Anteile von Firmen verkaufen soll, die mit mehr als 30 % an Kohlenutzungen beteiligt sind, liefert einen Vorgeschmack davon, was noch geschehen kann. Wenn niemand mehr in den Erhalt der fossilen Kraftwerke investieren will, könnte das fossile Zeitalter innerhalb weniger Jahre zu Ende gehen. Mit fast dreißig-jähriger energietechnischer Erfahrung sehen wir aber auch die Gefahr, dass es zu einem ERSATZLOSEN Zusammenbruch der fossilen Energieversorgung kommen kann, denn insolvente Unternehmen können keinen Strom mehr liefern. Wir empfehlen deshalb dringend, dass die finanziellen Anstrengungen sich den Erneuerbaren Energien und ihren Speichern zuwenden. Erst mit einer ausreichenden Menge von Energiespeichern können Wind- und Sonnenenergie die Atom- und Fossilenergien vollständig ersetzen. Deshalb investiert das „divestierte“ Geld in Speicher! Ihr Geschäftsführer, Wolf von Fabeck Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Editorial Seit 100 Jahren investieren Versicherungen, Banken, Rentenfonds, Stiftungen, Kommunen, Universitäten und Privatpersonen ihr Kapital in Unternehmen, die hohe Gewinne versprechen. Sie investieren in der Hoffnung auf Reichtum und damit verbundene Macht. Ob festverzinsliche Staatsanleihen, ob Produktion von Giftgas oder Streuminen, von Zigaretten oder Kettensägen, von energieintensiven Grundstoffen wie Aluminium oder Kunstdünger, oder eben auch direkt von Strom aus Braunkohle – die Anleger fragen nur nach der Rendite. 3 Fernleitungen zur Versorgung Süddeutschlands mit norddeutschem Windstrom Eine Fehlplanung Von Wolf von Fabeck Im folgenden wird anschaulich gezeigt, dass die Versorgung von Süddeutschland durch Windenergie aus Norddeutschland mit den derzeit geplanten Windanlagen und Fernleitungen technisch nicht möglich ist. Norddeutsche Länder Ausbaustand 2014 17.168 MW Windenergie Planung für 2024 52.400 MW 51 MW 2.900 MW 993 MW 13.200 MW Welche norddeutschen Windanlagen sollen Windstrom in den Süden abgeben? Als Lieferland für Süddeutschland scheidet NRW aus, da von dort aus bereits die Versorgung des Ruhrgebiets erfolgen muss. Sachsen-Anhalt und Brandenburg werden Berlin beliefern müssen. Infrage kommen aber möglicher Weise die Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee sowie Onshore-Windanlagen in Schleswig Holstein, Niedersachsen und MecklenburgVorpommern. Dort, sowie in Bremen und Hamburg waren bisher (Stand 2014 ) insgesamt 17.168 MW installiert. Bis 2024 sollen dort 52.500 MW installiert werden. [IWES Länderplanungen] Wieviel Windstrom werden die geplanten Windanlagen voraussichtlich liefern? Um herauszufinden, wie viel Windstrom die geplanten 52.500 MW Windanlagen liefern können, wird eine gesamtdeutsche Windeinspeisungs-Grafik des Jahres 2014 [EEX] zu Grunde 5.165 MW 13.000 MW 2.564 MW 8.600 MW 152 MW 200 MW 14.500 MW 13.000 MW gelegt, jedoch wird der Leistungsmaßstab so verändert, als ob damals bereits 52.500 MW installiert gewesen wären. Die für 2024 geplanten norddeutschen Windanlagen werden also fiktiv von dem gesamtdeutschen Wind des Jahres 2014 angetrieben, um realitätsnahe Einspeisemengen zu simulieren. Die Summen-Nennleistung der Anlagen wird dabei an keinem Tag des Jahres erreicht, da nicht alle Windparks zur selben Zeit mit Höchstleistung arbeiten. Trotzdem treten immer noch erhebliche Leistungsspitzen und Zeiten gemeinsamen Stillstandes auf. Windstromeinspeisung in Norddeutschland 50.000 MW 40.000 MW 30.000 MW 20.000 MW 10.000 MW Windverhältnisse wie 2014 (EEX) Dez Nov Okt Sep Aug Jul Jun Mai Apr Mrz Feb 0 MW Jan Stromnetzausbau 4 Grafik1 : SFV Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 5 Welcher Teil des voraussichtlichen Windstroms kann 2024 in Norddeutschland ohne Speicher verbraucht werden? Der norddeutsche Eigenbedarf wird grafisch durch eine Lastkurve dargestellt. Tagsüber ist er etwas höher als nachts, im Winter etwas höher als im Sommer. Genaue Aussagen sind im Voraus nicht möglich. Da es hier nur um Abschätzung von Größenordnungen geht, genügt vereinfachend eine Gerade. Der Eigenbedarf in den betrachteten norddeutschen Ländern betrug bisher ca. 88 TWh. 88 TWh / 8760 Jahresstunden = 10.000 MW Die Lastkurve wird somit näherungsweise bei 10.000 MW verlaufen. Windstromeinspeisungen, die unter der Lastkurve liegen, können direkt in Norddeutschland verbraucht werden. Die Anteile der Windleistungen, die die Lastkurve übersteigen, müssen entweder gespeichert oder in den Süden geliefert oder abgeregelt werden. Die Befürworter der Fernleitungen wollen Speicherverluste möglichst vermeiden. Sie gehen unausgesprochen davon aus, dass man in Süddeutschland Verwendung für die in Norddeutschland nicht verwertbaren Leistungsspitzen hat. Deshalb wollen sie die gesamte Windeinspeisung oberhalb der 10.000 MW Lastkurve in den Süden abgeben. Eine genauere Betrachtung der in den Süden abzugebenden Leistungsspitzen zeigt, dass diese, obwohl man ihre Höhe durch teilweisen Verbrauch in Norddeutschland schon um 10.000 MW verringert hat, immer noch die 30.000 MW übersteigen. Andererseits werden sie aber von tagelangen Pausen unterbroche. Man könnte die Frage stellen, was Süddeutschland mit einer solchen Stromlieferung anfangen soll. Allerdings im konkreten Fall wird diese Frage dann doch nicht gestellt werden, denn die geplanten Fernleitungen haben überhaupt nur eine Übertragungskapazität von 8.000 MW. Sie können eine solche Stromlieferung gar nicht in den Süden transportieren. Ein großer Teil der erzeugten Windenergie muss wieder abgeregelt werden. Die Planungen sind somit nicht durchführbar. Wie man es auch wendet, welchen Anteil der in Norddeutschland erzeugten Windenergie man dort verbraucht und welchen Anteil man in den Süden liefern will, es führt kein Weg daran vorbei, dass die Leistungsspitzen durch Pufferspeicher in die Zeiten geringer Windleistung verschoben oder andernfalls abgeregelt werden müssen. Wenn man die teuer erzeugte Windenergie nicht wieder abregeln will, kommt man um Speicher nicht herum! Der SFV schlägt deshalb vor, die zusätzlich geplanten Fernleitungen einzusparen, die benötigten Strommengen vor Ort durch regionalen Ausbau von Windanlagen und Solaranlagen zu erzeugen und die Leistungsspitzen durch regionale Stromspeicher in die Leistungslücken zu verschieben. 3 muss abregelt werden, wenn es keine Speicher gibt 2 kann über Fernleitungen mit 8.000 MW nach Süddeutschland übertragen werden 1 kann ohne Speicher direkt in Norddeutschland verbraucht werden 50.000 MW 40.000 MW 30.000 MW 3 20.000 MW 8.000 MW 2 10.000 MW Lastkurve 1 Windverhältnisse wie 2014 (EEX) Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Dez Nov Okt Sep Aug Jul Jun Mai Apr Mrz Feb Jan 0 MW Grafik 2: SFV Stromnetzausbau 6 Umweltfreunde in der Diskussion zum Stromnetzausbau Von Wolf von Fabeck Unter Umweltfreunden spitzt sich die Diskussion auf folgende zwei Varianten zu Befürworter von Fernleitungen wünschen sich: einen schnellen Ausbau der EE-Anlagen und der Fernleitungen, damit zufällig wetterbedingte Überschussregionen EE-Strom an zufällig wetterbedingte Mangelregionen liefern können. Damit soll die Zahl der Stromspeicher reduziert werden. Groß-Speicher in Skandinavien und Südeuropa sollen durch Fernleitungen anschlossen werden. Zu diesem Wunschzettel gibt es fünf Richtigstellungen durch den SFV: Erste Richtigstellung durch den SFV Es geht nicht nur um Energiemengen, sondern um Leistungen: Strom muss sekundengenau dann geliefert werden, wenn er gebraucht wird. Die Erzeugerleistung muss jederzeit mit der Verbraucherleistung übereinstimmen. Zufällige Energieangebote sind nur dann brauchbar, wenn sie zum richtigen Zeitpunkt kommen. Wir dürfen uns nicht auf den Zufall verlassen. Nur Stromspeicher können eine jederzeitige Übereinstimmung garantieren. geschwindigkeit selbst. Ein Nachlassen der idealen NennWindgeschwindigkeit auf die Hälfte bedeutet nur noch ein Achtel der verfügbaren Windleistung. Ein Nachlassen der Windgeschwindigkeit gar auf ein Drittel bedeutet sogar, dass die Windleistung auf ein Siebenundzwanzigstel der Nennleistung absinkt. Da der Wind nur selten mit Nenngeschwindigkeit weht, ist der weitaus häufigste Betriebszustand der Windräder somit leider die ungenügende Leistung. Die Internetseiten der Windkraftgegner (z.B. http://www.vernunftkraft.de/statistik/ aus der Feder von Detlef Ahlborn) sind voller Spott über Umweltschützer, die diese einfachen Zusammenhänge nicht begreifen oder wahrhaben wollen. Vierte Richtigstellung durch den SFV Das Aufladung der Großspeicher muss zusätzlich neben der laufenden Versorgung der Verbraucher erfolgen und ist deshalb nur an wenigen Stunden im Jahr bei Höchstleistung der EE-Anlagen möglich. Die Begründung ergibt sich aus der dritten Richtigstellung. Die wenigen Stunden der Nennleistung von Windanlagen müssen voll genutzt werden. Die Leitungen zwischen EEStromerzeugung und EE-Stromspeichern müssen deshalb nahezu für die Höchstleistung ausgelegt werden. Das spricht für kurze Leitungen zwischen EE-Erzeugung und EESpeicherung und gegen Fernleitungen. Zweite Richtigstellung durch den SFV Fünfte Richtigstellung durch den SFV Die Lieferung von Überschussleistung an die Mangelgebiete setzt voraus, dass die jeweilige Überschussregion eine ausreichende Zahl von Wind- und Solaranlagen aufweist, deren Leistung ausreicht, das Leistungsdefizit der jeweiligen Mangelregionen auszugleichen. Großspeicher in Skandinavien und Südeuropa sollen nach Ansicht der Fernleitungsbefürworter dann einspringen, wenn die lokalen Stromspeicher nicht ausreichen. Ein Beispiel für viele: Wenn nur auf der Iberischen Halbinsel (Spanien plus Portugal) ausreichend Wind weht, muss die Anzahl der iberischen Windanlagen ausreichen, um das gesamte Resteuropa (Skandinavien, Benelux, Frankreich, Italien, Deutschland, Polen und den Balkan) mit ausreichend EE-Strom zu versorgen. So viele Windanlagen haben jedoch schwerlich Platz auf der iberischen Halbinsel. Dritte Richtigstellung durch den SFV Der Energie-Austausch von Überschuss- zu Mangelregionen ohne Einsatz von Stromspeichern würde nur funktionieren, wenn zu jedem Zeitpunkt die Gesamtsumme des Solar- und Wind-Leistungsangebots aller Regionen der Gesamtsumme der Nachfrage in allen Regionen entspricht oder sie übersteigt. Diese Hoffnung ist allerdings nicht erfüllbar, denn das Leistungsangebot ist statistisch nicht gleich verteilt. Hohe Leistungen sind erheblich seltener als niedrige Leistungen. Da der Bedarfsfall nicht langfristig vorhersehbar ist und das Aufladen der Großspeicher viel Zeit verschlingt, müssen sie ständig gefüllt in Bereitschaft stehen (strategische Reserve) und werden nur selten genutzt. Ihre Finanzierung ist deshalb nicht über den Stromhandel möglich, sondern nur mit staatlichen Geldern für die Daseinsvorsorge. Das ist im Ausland schwer denkbar. Auch ist der Zugriff auf strategische Reserven im Ausland ungewiss. Fazit Die geplanten Fernleitungen sind aus den genannten technischen und wirtschaftlichen Gründen nicht zur Einführung der Erneuerbaren Energien geeignet. Die Fernleitungen werden aus den genannten Gründen nicht einmal in Zukunft benötigt. Es handelt sich um eine Fehlinvestition. Die Erneuerbaren Energien brauchen keine Fernleitungen sondern Nahspeicher! Die Windenergieleistung ändert sich mit der 3. Potenz der Windgeschwindigkeit, d.h. erheblich stärker als die Wind- Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 7 Vorschlag des SFV, des BUND und von EUROSOLAR • Ein schnellerer Umstieg auf EE in Deutschland hätte globale Signalwirkung. Kein Ausbau der Fernleitungen, stattdessen schneller Ausbau der EE sowie der regionalen Stromspeicherung, damit eine rasche Umstellung auf regionale Erneuerbare Energien möglich wird. Regionalisierung der Strompreise als regionaler Anreiz. • Regionale EE-Erzeugung und –Speicherung erhöht die regionale Überlebensfähigkeit bei Katastrophen und Terrorakten. Begründung des SFV: Je schneller die Energiewende abgeschlossen wird, desto kürzer ist die Zeit, in der zusätzliches Geld für die Erhaltung und Verbesserung der Fossil-Anlagen ausgegeben werden muss. • Die Wertschöpfung bleibt in der Region. • Bei einer Regionalisierung der Strompreise werden die Strompreise in den Regionen ansteigen, in denen der Ausbau der EE-Anlagen und der Speicher zurückbleibt. Damit wird ein lokaler Anreiz zum Ausbau der EE-Anlagen und Speicher (z.B. in Bayern) geboten. Widerstand gegen den Ausbau von Fernübertragungstrassen mobilisieren Von Wolf von Fabeck Geht es Ihnen auch so? Viele Menschen, die demnächst mit neuen, zusätzlichen Strommasten und -leitungen in ihrer Nähe rechnen müssen, interessieren sich seitdem verstärkt für die Thematik der Energiewende, die - konsequent durchgeführt - ohne Neubau von Fernübertragungsleitungen auskommt. Dieses erwachende Interesse sollten wir nutzen. Wir haben dafür einen Informationsvortrag vorbereitet, den unser Geschäftsführer Wolf von Fabeck oder unser Referent für Öffentlichkeitsarbeit Dr. Rüdiger Haude auch in Ihrem Heimatort halten könnte. Der Vortrag lehnt sich inhaltlich an unseren Internetbeitrag an, der letztmalig am 28.6.2015 aktualisiert wurde: Vortrag: „Fernübertragungstrassen oder Speicherausbau“ www.sfv.de/artikel/fernuebertragungstrassen_oder_ speicherausbau.htm Sie müssten allerdings die organisatorische Vorbereitung vor Ort in Gang setzen. Vielleicht finden Sie eine UmweltOrganisation (z.B. BUND, NABU) oder eine Bürgerinitiative, die einen Vortragssaal stellt, die Einladung, die Finanzierung und die Moderation übernimmt. Sie könnten auch das Umweltamt, die Kirchen oder eine Lokalzeitung darum bitten. Mit dem untenstehenden Ankündigungstext könnte für eine solche Veranstaltung geworben werden: Vortrag: Speicher, Wind- und Sonnenstrom statt Fernleitungsbau für Braunkohle Der Bau neuer Stromfernleitungen soll angeblich die Versorgung Süddeutschlands mit norddeutschem Windstrom und Strom aus Offshore-Windparks möglich machen. Dass dies nicht funktionieren kann und stattdessen andere Ziele, wie die Versorgung Nord- und Süddeutschland mit Braunkohlestrom und eine Intensivierung des europäischen Stromhandels verfolgt werden, wird erst bei einer eingehenden Analyse ersichtlich. Insbesondere erweist eine solche Analyse, wie vordringlich stattdessen der Speicherausbau ist. Unser Referent ....... vom Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) wird Ihnen für diese Erkenntnis eine Reihe von Argumenten vortragen. Auch ist ihm daran gelegen, verbleibende Fragen und Zweifel im Anschluss an den Vortrag in einer ausführlichen Diskussion mit dem Publikum abzuklären. Information zum SFV Der SFV wurde erstmals 1989 bekannt durch den Vorschlag einer "Kostendeckenden Einspeisevergütung" für Solarstrom. Dieses Programm wurde ins Erneuerbare-EnergienGesetz aufgenommen und hatte maßgeblichen Anteil am Solarboom von 2000 bis 2010. Der SFV gehört auch zu den ersten Umwelt-Organisationen, die öffentlich eine rasche Umstellung der Energieversorgung auf 100% Erneuerbare Energien forderten und immer noch fordern. Seit Jahren mahnt der SFV eine Markteinführung von Stromspeichern an. Außerdem plädiert er für eine Neuordnung des Stromhandels, die dazu führen soll, dass die EEG-Umlage ausschließlich dem Ausbau der Erneuerbaren Energien zugutekommt, dass Strom aus Erneuerbaren Energien vorrangig verwendet wird und dass die Erneuerbaren sowie schnell regelbare Gaskraftwerke nicht durch die Unflexibilität von Atom- und Braunkohlekraftwerken ausgebremst werden. Weitere Infos unter http://www.sfv.de/ Veranstalter: Eintritt frei Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Zeit / Ort: Der „kleine Unterschied“ zwischen Vernunftkraft und Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) Wer siegen will, sollte seine Gegner kennen. Von Wolf von Fabeck Ein didaktisch ausgezeichnet aufgebauter Beitrag im Internet erklärt, warum Windenergie und Solarenergie ohne Speicher keine Versorgung Deutschlands mit 100% Erneuerbaren Energien übernehmen können. http://www.vernunftkraft.de/statistik/ Dieser Text stammt ausgerechnet von unseren erbitterten Gegnern: den Windenergiebekämpfern von „Vernunftkraft“ (vgl. unsere Kritik unter http://www.sfv.de/artikel/mit_vernunftkraft_gegen_saubere_energie.htm und im Solarbrief 1/2015 ab S.16.) Der Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) empfiehlt die sorgfältige Lektüre des eingangs erwähnten Beitrages aus der Feder von Detlef Ahlborn, und bestätigt sie soweit sie die Verfügbarkeit von Solar- und Windenergie betreffen. Dennoch kommt der SFV zu völlig anderen Schlussfolgerungen. Dies liegt an einem entscheidenden kleinen Unterschied: Vernunftkraft findet sich damit ab, dass „Speicher von nennenswerter Größe nicht vorhanden sind“, und behauptet kurzschlüssig, dass „auch nicht absehbar ist, dass eine Technologie zur Speicherung in ausreichendem Umfang zur Verfügung steht“. Wir wissen hingegen, dass nicht nur eine, sondern eine Reihe von Speichertechniken existieren, die das Problem lösen können. Siehe dazu den Bericht von Kerstin Watzke zu neuen Entwicklungen in der Speicherforschung auf Seite 32. Wir fordern deshalb dringend die Markteinführung von Pufferspeichern und Langzeitspeichern. Der fluktuierende Anfall von Sonnen- und Windstrom bedeutet nicht, dass die Energiewende „scheitert“, wie Ahlborn formuliert und wie er es sich offensichtlich wünscht. Aber er hat recht, dass es fatal wäre, dieses Problem einfach zu ignorieren. Markteinführung und Massenproduktion von Speichern heißt deshalb unser Zauberwort. Hohe Windleistungen nicht abregeln - Speicherung ist unverzichtbar Extrem selten und dann extrem hoch - Warum hohe Windstromleistungen unbedingt gespeichert werden müssen Von Wolf von Fabeck Datenquelle: EEX Leipzig Auflösung: Viertelstundenwerte Dez Nov Okt Sep Aug Jul Jun Mai Apr Mrz Feb Es geht wieder einmal um die Frage, ob es möglich ist, Im Wesentlichen ergeben sich für uns als Beobachter dieses die fluktuierenden Windleistungen in Deutschland mit Gedankenexperiments drei wichtige Erkenntnisse: Hilfe teurer Stromleitungen wenigstens ein bisschen geNennleistung Wind Windenergie Einspeisung IST EEX 2014 geneinander auszugleichen, GW um etwas an Speichern zu 40 sparen. Bevor wir diese Frage im Großexperiment klären, 35 sollten wir sie rechnerisch beantworten. Man braucht nur 30 die viertelstündigen Einspei25 seleistungen aller Windanlagen des Jahres 2014 in ganz 20 Deutschland zusammen zu 15 zählen und dann grafisch über der Zeitachse aufzutra10 gen. Auf den Internetseiten der Vernunftkraft (die aller5 dings im Gegensatz zum SFV 0 die Nutzung der Windenergie ablehnt) findet sich bereits eine solche Grafik: Jan Stromnetzausbau 8 Darstellung nach R. Schuster Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 9 • Die theoretische Höchstleistung entsprechend der installierten Windleistung (am oberen Rand der Grafik als rötliche Linie erkennbar) wurde zu keiner Zeit auch nur annähernd erreicht. Obwohl es im Jahr 2014 durchaus Stürme gegeben hatte - Höchstleistung kam offenbar nicht gleichzeitig in ganz Deutschland vor. Sehr geringe und sehr hohe Windgeschwindigkeiten sind eher selten, während mittlere Windgeschwindigkeiten viel öfter auftreten. Wie entsteht aus einem Weibull-Diagramm nun das Diagramm der Häufigkeitsverteilung (Beispiel rechts unten)? • Einspeisespitzenleistungen wurden durch niedrige Einspeisewerte an anderen Orten in ihrer spitzen Form nicht wesentlich geglättet. Die Spitzen blieben deutlich erhalten. Die Einteilung der x-Achse wird geändert. Statt der Windgeschwindigkeit wird die Leistung des Windrades verwendet. Die mechanische Leistung der Windräder hängt in dritter Potenz von der Windgeschwindigkeit ab. Die farbige Tabelle rechts zeigt, welche Leistung zu welcher Windgeschwindigkeit gehört. Die Säulen im Weibull-Diagramm und in der Häufigkeitsverteilung sind entsprechend eingefärbt. Die links stehenden Säulen rutschen noch weiter nach links, ohne ihre Höhe zu verändern. • Niedrige Windleistungen kamen so oft vor, dass sie mehrmals gleichzeitig auftraten und es immer wieder einmal zu extrem niedrigen Gesamtleistungen nahe der Nullinie kam. Die Grafik von Rolf Schuster zeigt: Selbst wenn man ein ideal ausgebautes Stromnetz voraussetzt, lässt sich die Windstromleistung in Deutschland ohne Speicher nicht ausgleichen. In dieser Hinsicht sind sich Vernunftkraft und SFV sogar einig. Lediglich bei der ganz rechts stehenden Säule (grau im Beispiel) Nur ziehen sie unterschiedliche Folgerungen. Für Vernunftkraft ändert sich die Höhe. Dort werden noch die Stundenzahlen scheidet damit die Windenergie aus den weiteren Überlegun- hinzuaddiert, die sich dann ergeben, wenn bei extrem hohen gen aus. Der Solarenergie-Förderverein sieht sich jedoch in Windgeschwindigkeiten die Windanlage mit Nennleistung seiner langjährigen Forderung glänzend bestätigt: Da Stromlei- weiter betrieben wird. Bei niedrigen tungen den Windstrom nur unwesentlich glätten, brauchen wir Windgeschwindigkeiten ergeben sich so W.-Geschw. Leistung in m/s in % dringend den massiven Ausbau der dezentralen Stromspeicher. Leistungen, dass mehrere Säulen Häufigkeitkleine der Windleistungen in Jahresstunden 1 m/s 0,0125 Und wir brauchen ihn möglichst in unmittelbarer Nähe zu in ein und dieselbe kleine Leistungsklasse 2 m/s 50 175 90 80 145 1300 800 250 den Windanlagen, um deren Leistung gleich an der Quelle zu 5800 verschoben werden. Dabei addieren sich 70 3 m/s 0,1 0,3375 vergleichmäßigen. die Stundenzahlen. 4 m/s 0,8 800 h Im gewählten Beispiel steht in der obersten Zeile des Häufigkeits-Diagramms ganz links die rote Zahl von 5800 Stunden. Das Windrad erbringt also in etwa zwei Drittel der Jahresstunden nur vergleichsweise wenig Leistung. Schauen wir allerdings in die 10. Spalte, so finden wir oben eine graue „70“. Diese 70 Stunden sind sozusagen die Sternstunden des Windrades, denn dann zeigt es, was es kann. 700 h Vom Weibull-Diagramm zur Häufigkeitsverteilung 600 h 500 h Ein Weibull-Diagramm ist ein Säulen-Diagramm, in dem400 jede h Säule eineWindgeschwindigkeit repräsentiert. Die aufaddierte 300 h Zeitdauer jeder einzelnen Windgeschwindigkeit ergibt die je200 h weilige Höhe der Säulen. Die Säulen werden auf einer x-Achse errichtet, deren Einteilung die Windgeschwindigkeiten angibt. 100 h Im Idealfall haben die Säulen eine sogenannte „Weibull“0h Verteilung (z.B. die Grafik links unten). Die dort eingetragenen 0 - 10 10 - 20 20 - 30 30 - 40 40 - 50 50 - 60 60 - 70 70 - 80 80 - 90 90 - 100 gespeichert werden, Windgeschwindigkeiten könnten z.B. an der Nordseeküste Diese Leistung mussLeistungsklassen in % der Nennleistung wenn sie nicht verloren gehen soll. vorkommen. Windgeschwindigkeit Auslegungs-Windgeschwindigkeit Windgeschwindigkeit inin %% derder Auslegungs-Windgeschwindigkeit 5 m/s 1,5625 6 m/s 2,7 7 m/s 4,2875 8 m/s 6,4 9 m/s 9,1125 10 m/s 12,5 11 m/s 16,6375 12 m/s 21,6 13 m/s 27,4625 14 m/s 34,3 15 m/s 42,1875 16 m/s 51,2 17 m/s 61,4125 18 m/s 72,9 19 m/s 85,7375 20 m/s > 100 W.-Geschw. Leistung in m/s in % W.-Geschw. Leistung in m/s in % Häufigkeit der Windleistungen in Jahresstunden Häufigkeit der Windleistungen in Jahresstunden 1 m/s 0,0125 2 m/s 0,1 0,3375 3 m/s 0,3375 4 m/s 800 h0,8 5 m/s 1,5625 4 m/s 0,8 5 m/s 1,5625 6 m/s700 h2,7 6 m/s 2,7 7 m/s 4,2875 8 m/s600 h6,4 8 m/s 6,4 9 m/s 500 h 9 m/s 9,1125 h 10 m/s500 12,5 9,1125 10 m/s 12,5 400 h 11 m/s 16,6375 400 h 12 m/s 21,6 11 m/s 16,6375 12 m/s 21,6 300 h 13 m/s 27,4625 300 h 14 m/s 34,3 13 m/s 27,4625 14 m/s 34,3 200 h 15 m/s200 42,1875 h 15 m/s 42,1875 16 m/s 51,2 h 17 m/s100 61,4125 17 m/s 61,4125 18 m/s 18 m/s 72,9 19 m/s 85,7375 20 m/s > 100 0 - 10 10 - 20 20 - 30 30 - 40 40 - 50 50 - 60 60 - 70 70 - 80 80 - 90 90 - 100 800 h Weibull – Verteilung Im Idealfall ergeben alle Säulen aufeinandergestellt 8760 Jahresstunden 700 h 600 h 1 m/s 0,0125 2 m/s 0,1 5800 3 m/s 7 m/s 16 m/s 100 h 0h 1 2 3 4 5 6 7 Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 20 m/s 800 250 175 145 90 80 70 4,2875 51,2 72,9 0h 19 m/s 85,7375 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 1300 50 0 - 10 > 100 10 - 20 20 - 30 30 - 40 40 - 50 50 - 60 60 - 70 70 - 80 80 - 90 90 - 100 Leistungsklassen in % der Nennleistung Stromnetzausbau 10 Wir brauchen Energiespeicher für das Gelingen der Energiewende Netzausbau ja – aber keine HGÜ-Leitungen Von Stephan Grüger Einfache Geschichten lassen sich leicht verbreiten – das sagt aber nichts über ihren Wahrheitsgehalt aus. Zu diesen einfachen Botschaften gehört seit der 2005 von einem Konsortium aus den drei damaligen Netzbetreibern E.ON Netz, RWE Transportnetz Strom, Vattenfall Europe Transmission erstellten sogenannten „DENA-Netzstudie“ die Tatsachenbehauptung, dass in naher Zukunft „im Norden“ der Strom durch Windkraftanlagen produziert werde, der allerdings im Süden nach Abschaltung der dortigen Atomkraftwerke dringend benötigt wird. Daraus hat sich dann der landläufige Glaube entwickelt, es würde „im Norden“ in baldiger Zukunft mehr Windstrom produziert, als dort verbraucht werden könne. Kein „Windstromüberschuss“ im Norden – auch nicht mit Seatec /Offshore-Windkraft Tatsache ist aber, dass in den Ländern nördlich von Rheinland-Pfalz, Hessen, Thüringen und Sachsen mit rund 306 TWh pro Jahr mehr Strom verbraucht wird, als selbst in der optimistischsten Planung on- und offshore Windstrom produziert werden wird. Bei 40 GW installierter Leistung Windkraftanlagen an Land („onshore“, in der EUROSOLARDiktion „Landwind“) und 15 GW installierter Leistung Windkraftanlagen auf See („offshore“, in der EUROSOLAR-Diktion „Seatec“) würden im so definierten Norden Deutschlands rund 150 TWh/a Windstrom produziert – also deutlich weniger, als Strom bei der Nutzung umgewandelt („verbraucht“) wird. Die Pläne der Bundesregierung, bis zum Jahre 2030 eine Leistung von 15 GW Seatec am Netz zu haben, werden allerdings inzwischen in der Höhe innerhalb der Bundesregierung in Frage gestellt. Aktuell sind rund 0,6 GW Seatec an das Netz angeschlossen. Was die hier angenommenen 40 GW installierte Leistung Landwind angeht, so sind die genannten Länder in dieser Hinsicht auf einem guten Weg: Ende 2014 waren dort rund 35 GW Landwind am Netz. Das heißt, die aktuelle Windstromproduktion im Norden beläuft sich auf rund 55 TWh/a – bei 306 TWh/a Verbrauch. Diese Zahlen passen nicht so ganz zu der Geschichte von dem Windstromüberschuss im Norden, der – weil überschüssig – in den Süden gebracht werden muss. Vor allem passen diese Zahlen so gar nicht zu der großen Erzählung von dem vielen Offshore-Windstrom, der im Norden überschüssig sei. Dezentrale Energiewende geht überall – auch in Bayern Die Zahlen beleuchten aber noch eine andere interessante Tatsache: Das große Potenzial der Onshore-Windstromerzeugung, die ja bekanntermaßen deutlich kostengünstiger ist als Seatec/Offshore und zudem eine eher mittelständisch/genossenschaftliche Energieanlagenform ist. Dieses Potenzial gibt es aber nicht nur im Norden Deutschlands, sondern auch im Süden. Auch die südlichen Flächenländer Deutschlands Autor Stephan Grüger (MdL), geb. 1966, ist Mitglied der SPD, seit Anfang 2014 Landtagsabgeordneter in Hessen und im Vorstand von Eurosolar. Der hier abgedruckte Beitrag wurde bereits am 26. Mai 2015 auf https://www. dialog-energie-zukunft.de/wir-brauchenenergiespeicher/ veröffentlicht. können ihren Strombedarf aus allein auf ihrer Landesfläche produziertem Strom aus Erneuerbaren Energien decken. EUROSOLAR hat dies bereits 2008 in einer Studie zum Potenzial in Hessen belegt (1). Dass das Potenzial für Landwind in Deutschland um mehr als doppelt so groß ist, als der Gesamtstromverbrauch in Deutschland, hat das Umweltbundesamt in einer im Juni 2013 veröffentlichten Studie (2) eindrucksvoll beschrieben. Dieses Potenzial besteht natürlich auch und gerade in Bayern, wo allerdings die Energiewende und speziell die Windkraft von Horst Seehofer und seiner CSU massiv behindert wird. Wie bei einem flächendeckenden Ausbau von Landwindkraft Flexibilität durch regionalen Austausch entstehen kann, hat Agora Energiewende in einer ebenfalls im Juni 2013 veröffentlichen Studie (3) aufgezeigt. Dieser regionale Stromaustausch ist freilich auf ein gut ausgebautes und vermaschtes Höchstspannungs-Drehstromnetz sowie ebensolche Mittelspannungsnetze angewiesen. Punkt-zuPunkt-Übertragung durch HGÜ-Leitungen helfen hierbei nicht weiter. Energiespeicher und NEUE ENERGIEMARKTORDNUNG statt „Strommarktdesign“ und teure HGÜ-Leitungen Was aber soll mit den Leistungsspitzen geschehen, die in den ca. 200 Stunden Starkwindaufkommen (zur Erinnerung: das Normaljahr hat 8.760 Stunden) entstehen? Schließlich muss, egal ob Landwindkraft oder Seatec, auf Grund der Tatsache, dass Windkraftanlagen weniger als 8.760 Benutzungsstunden haben, mehr Windkraftleistung installiert sein, als insbesondere nachts verbraucht wird. Welchen Sinn würde es aber machen, an 3% des Jahres Strom-Leistungsspitzen mit Hilfe von drei 22 Mrd. € teuren HGÜ-Leitungen nach Süden zu schaffen, wo sie auch nicht gebraucht werden? Dabei könnten wir mit nur einem kleinen Teil dieser Kosten Speichermöglichkeiten am Ort der Produktion schaffen. Hierfür bietet sich Powerto-Gas und die Nutzung des bestehenden Erdgasnetzes an. Hier zeigt sich, dass für das Gelingen der Energiewende die Integration von Energiespeichern viel entscheidender ist als der Ausbau von Stromnetzen. Die Vernachlässigung der Energiespeicherfrage und die überzogene Fixierung auf den Netzausbau kommt einem manchmal so vor, als würde ein Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 11 Bauherr das für das Dach zurückgelegte Geld für den Bau eines zweiten – aber eigentlich unnötigen – Badezimmers aufwenden. EUROSOLAR weist schon seit Jahren auf diese Schieflage der öffentlichen und vor allem veröffentlichten „Diskussion“ hin. Selbst „Agora Energiewende“, die ja landläufig als Verfechter der Übertragungsnetzausbau- und auch HGÜ-Orientierung gilt, hat in der im September 2014 veröffentlichten Studie „Stromspeicher in der Energiewende“ (4) die Notwendigkeit unterstrichen, mit der Einführung der Speicher JETZT zu beginnen, damit diese in 15 Jahren zur Verfügung stehen, wenn sie im Massenmarkt gebraucht werden. Der regulatorische Rahmen hierfür müsse, so auch Agora Energiewende, JETZT geschaffen werden. Interessanterweise berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung FAZ, dass die Studie sich für Netzausbau STATT Stromspeicherausbau ausgesprochen habe – und (fast) alle Medien schrieben diese Falschmeldung ab. Einfache Geschichten… siehe oben. Es ist wohl leider notwendig, an dieser Stelle noch einmal auf die simple industriepolitische Tatsache hinzuweisen, dass mit industrieller Massenproduktion eine massive Preisdegression einhergeht. Dies war ja auch die Grundidee des Erneuerbare Energien Gesetzes EEG, das eine Massennachfrage für Solaranlagen und eine industrielle Massenproduktion induziert und durch die stetige Degression der Einspeisetarife eine massive Preisdegression verursacht hat. Ohne EEG gäbe es heute keine kostengünstigen Solarzellen und keine Kostendegression. Ähnliches muss auch mit dem Speichermarkt geschehen. Dort reicht jedoch eine geringe Anschubförderung, viel wichtiger ist die Schaffung eines regulatorischen Rahmens, der es z.B. Stadtwerken und mittelständischen Unternehmen erlaubt, mit Stromspeichern regionalen Energiemärkten Flexibilität (z.B. Ausgleichsenergie) zu verkaufen. Das wird natürlich nur gegen den vehementen Widerstand der Noch-Oligopolisten im Ausgleichsenergiemarkt durchzusetzen sein – inklusive der damit erfahrungsgemäß verbundenen Desinformation und Propaganda, einschließlich einfacher Geschichten, die dann von der Bundeskanzlerin herumerzählt werden können. Zu diesen einfachen Geschichten gehört auch das Märchen vom „Strommarktdesign“, das es zu finden gelte. Dabei kann die Energiewende auf Grund der Konvergenz vieler Erneuerbarer Energien nur in einer Konvergenz der Energiemärkte (Strom, Wärme, EE-Gas, Mobilität) funktionieren. Daher fordert EUROSOLAR in der Stellungnahme zum Grünbuch des Bundeswirtschaftsministers eine „NEUE ENERGIEMARKTORDUNG statt nur eines Strommarktdesigns“ (5). Eine gesonderte Betrachtung und Regulation der einzelnen Energiemärkte läuft der Energiewende zuwider – allein schon auf Grund der Konvergenz zwischen Strom- und Wärmemarkt bei Power-to-Gas und Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Ein Schelm also, wer Böses dabei vermutet, wenn die Möchtegern-Oligopolisten von Big Energy die getrennte Betrachtung der Energiemärkte einfordert und die Ministerialbeamten des jahrelang von der FDP beherrschten Wirtschaftsministeriums brav folgen. irgendwann geschehen, wenn der (Braun)Kohlestrom nur in das Höchstspannungsdrehstrom-Übertragungsnetz eingespeist werden kann, in dem dann ja auch der Windstrom wäre. Wenn man aber an den Braunkohlekraftwerken bei Garzweiler und in der Lausitz eine HGÜ-Leitung beginnen lassen würde – könnte man den schrittweise wegfallenden Atomstrom im Süden durch Braunkohlestrom ersetzen. Und weiter richtig gut Geld verdienen mit längst abgeschriebenen Kraftwerken. Und wenn man dann noch einen Teil des Windstroms durch eine Punkt-zuPunkt-Mittelleitung an den Kohlekraftwerken in Hamburg, Niedersachsen und NRW vorbei nach Süden leiten könnte, können auch diese Kraftwerke weiter Profite mit Kohlestrom machen. Wenn also schon die Atomkraftwerke abgeschaltet werden müssen, dann sollen wenigstens die Kohlekraftwerke bis zum Sankt Nimmerleinstag weiterlaufen, als kleine Kompensation. Voraussetzung hierfür sind aber Punkt-zu-Punkt-Leitungen ohne „Ab- und Auffahrten“. Deshalb übrigens ist die Bezeichnung der HGÜ-Leitungen als „Stromautobahn“ reine – aber zugegebenermaßen geschickte – Propaganda. „Autobahn“ ist in Deutschland ein positiv besetzter Begriff, zudem insinuiert der Begriff, dass das bestehende Höchstspannungsdrehstromübertragungsnetz eigentlich kein gutes Fernleitungsnetz ist, was noch durch die Behauptung unterstrichen wird, die Übertragungsverluste wären bei HGÜ-Leitungen um ein Vielfaches geringer als bei Drehstromleitungen. Dies stimmt aber nur, wenn man die Konverterverluste unterschlägt. MIT Konverterverlusten (etwa 2% pro Konverter) sind die Übertragungsverluste auf 1000 km etwa gleich groß. Es gibt keinen ökonomischen Vorteil von HGÜ-Leitungen. Die Vorstände von E.ON, RWE, Vattenfall, ABB und Siemens müssen sich weggeworfen haben vor Lachen, dass die Bundesregierung diese doch sehr durchsichtige Selbstabsicherungsstrategie aus den beiden sogenannten „DENA-Netzstudien“ in die Netzentwicklungsplan und Standorte der derzeitigen fossilen und atomaren Kraftwerke (Grafik SFV) Kiel Lübeck Borkum/ Hamburg Bremen Emsland Grohnde Wo aber kommt denn nun der immer wieder zitierte Stromüberschuss im Norden her, wenn gar nicht mehr Windstrom produziert als verbraucht wird? Im Norden von Deutschland stehen viele Kohle- und Braunkohlekraftwerke – und sie stehen nicht nur dort, sondern sie produzieren munter Strom, egal ob der Wind weht oder ob die Sonne scheint. Sinnvoll wäre es natürlich, wenn diese Kraftwerke abgeregelt würden, wenn die bestehenden Netze „überquellen“. Dies würde sicherlich auch Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Berlin Hannover C A Ruhrgebiet Braun kohle Köln Braun kohle Braun kohle Leipzig Frankfurt Mannheim Der (Braun)Kohledeal Rostock Brokdorf Emden Grafenreinfeld D Philippsburg Stuttgart NeckarWestheim Gundremmingen Augsburg München geplant im Bau Isar Atomkraftwerke (sollen bis 2022 abgeschaltet werden) 12 die gleichzeitige Verhinderung einer zügigen Energiewende die Perspektive eröffnet, in Kürze nach einer Laufzeitverlängerung für bayrische AKW zu rufen, die Dankbarkeit der Betreiber wäre ihm gewiss. Bedarfsplanung muss auf einen unabhängigen Prüfstand Ein großer Teil der Widerstände gegen die HGÜ-Leitungen rührt aus der Tatsache, dass den Menschen ein X für ein U vorgemacht wird. Berechtigte, weil auf offensichtlichen Tatsachen beruhende Zweifel werden nicht selten unter Verweis auf angeblich höhere Einsicht einfach vom Tisch gewischt. Damit beschädigt man nicht nur das Vorhaben selbst und die (zu Unrecht, wie wir gesehen haben) zur Begründung herangezogene Energiewende, sondern das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie. Protest gegen die Südlink Trasse bei Garbsen, CC0, Wikipedia, Hochgeladen von AxelHH Bedarfsplanung übernommen und der Bundestag diese dann zum Gesetz erhoben hat. Dies ist sicherlich ein Meisterstück langfristiger und generalstabsmäßiger Lobbyarbeit, Chapeau! Und man kann den Atomausstieg opportunistisch natürlich auf diese Weise organisieren, zumal die damals massiv gegen die Energiewende eingestellten Landesregierungen der deutschen Südländer Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Sachsen damit aus der Notwendigkeit entlassen wären, ihren – dezentralen – Anteil zu einer Energiewende in ganz Deutschland beizutragen, vor allem mit Landwindkraft und PV-Zubau. Diesen faulen Zaubertrick allerdings als „Energiewende“ zu verkaufen, ist politischer Illusionismus – oder Agitation und Propaganda. Südlink ist also NICHT das„Backbone der Energiewende“, sondern eher die Garantie für den Fortbetrieb der alten Kohlekraftwerke – und auch für den Bau von neuen Kohlekraftwerken, wie noch im ersten Entwurf eines Zweiten Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze vorsorglich formuliert war. (6) Lieber Drehstrom als Drehhofer Und was ist mit Seehofer? Der bayrische Ministerpräsident ist wahrscheinlich nur ein mutloser Opportunist und Populist. Er ist ja nicht nur gegen HGÜ-Leitungen, sondern auch gegen Drehstromleitungen und Windkraftanlagen. Das Urteil würde freilich anders ausfallen, wenn Bayern seine Potenziale in der Windkraft offensiv nutzen würde und sich die bayrische Landesregierung für eine neue klein-KWK-Offensive einsetzen würde, um in Form eines virtuellen Gas-Kraftwerkes für die Flexibilität zu sorgen, die zur Zeit noch fehlt. Dies wäre ein ungeheures Konjunkturprogramm und würde viele Arbeitsplätze in Handwerk und Mittelstand schaffen. Es wäre aller Mühen wert. Aber Seehofer müsste sich dafür mit der alten und noch immer mächtigen Energieplanwirtschaft anlegen… Das wäre dann etwas anderes, als ein Operettenkonflikt mit dem von Seehofer verhassten Bundeswirtschaftsminister von der von ihm noch verhassteren SPD. Außerdem ist da noch immer die Möglichkeit, dass die Verhinderung der HGÜ-Leitungen UND Der gesamte Bundesbedarfsplan muss daher auf den Prüfstand. Die Bundesnetzagentur hat sich allerdings nicht als neutraler Sachwalter erwiesen, daher muss die Prüfung unabhängig und unter Beteiligung gesellschaftlicher Gruppen erfolgen. Klar muss aber auch sein: Die Alternative zu HGÜ ist nicht gar kein Infrastrukturausbau. Wer keine HGÜ-Leitungen, aber die Energiewende will, muss sich für die Entwicklung der Windkraft an Land einsetzen. Auch das Drehstromnetz muss verstärkt und ausgebaut werden, nicht so sehr wegen der Energiewende, sondern weil die Übertragungsnetzbetreiber jahrzehntelang zu wenig in die Netze investiert haben, hier besteht großer Nachholbedarf. Wer die Annehmlichkeiten einer entwickelten Industriegesellschaft nutzen und auch genießen, vor allem aber als Staatsbürger ernstgenommen werden will, kann nicht gegen jegliche Infrastrukturmaßnahme sein. Textverweise (1) Eurosolar „Der Weg zum Energieland Hessen“ Das Ziel 100% erneuerbare Energien im Strommarkt in Hessen bis 2025: http:// www.eurosolar.de/de/images/stories/pdf/Hessen_Vision_2025_ Eurosolar.pdf (2) Umweltbundesamt: Potential der Windenergie an Land https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/ publikationen/potenzial_der_windenergie.pdf (3) Agora Energiewende „Entwicklung der Windenergie in Deutschland“: http://www.agora-energiewende.de/fileadmin/ downloads/publikationen/Agora_Kurzstudie_Entwicklung_der_ Windenergie_in_Deutschland_web.pdf (4) Agora Energiewende „Stromspeicher in der Energiewende: http://www.agora-energiewende.de/fileadmin/downloads/ publikationen/Studien/Speicher_in_der_Energiewende/ Agora_Speicherstudie_Web.pdf (5) Eurosolar„Neue Energiemarktordnung“: http://www.eurosolar. de/de/images/EUROSOLAR-Memorandum_Gr%C3%BCnbuch_ NEMO.pdf (6) „Insbesondere der im Norden Deutschlands erzeugte Strom aus Windenergieanlagen und neuen konventionellen Kraftwerken muss zu den Verbrauchsschwerpunkten im Süden und Westen Deutschlands geleitet werden.” Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 13 "Bei mir werden HGÜs groß geschrieben" Von Rüdiger Haude „Schwieriger wird es aber in Bayern mit den Strommengen, die in den nächsten Jahren ersetzt werden müssen, wenn endlich auch die Reaktoren Isar und Gundremmingen abgeschaltet werden. Die bayerische Staatsregierung und die Bundesregierung bringen mit kräftiger Unterstützung von Windkraftgegnern und Naturschützern wie dem BUND Naturschutz vor Ort, den Ausbau von Windkraft, z.B. in der windreichen Rhön, von Freiflächen-Solaranlagen, Biogasanlagen, Wasserkraftanlagen und andere Erneuerbare Energien faktisch zum Stillstand. Daher wird es in Bayern selbst keinen Ersatz für die noch abzuschaltenden Reaktoren geben. Und da Erdgaskraftwerke im Vergleich zu Erneuerbaren Energien viel zu teuer sind, wird sich auch dafür kein Investor finden. Lediglich der über neue Netze wie SuedLink u.a. nach Bayern transportierte Strom aus Wind- und norwegischer Wasserkraft kann helfen, dass in den nächsten Jahren auch in Bayern alle Atomkraftwerke abgeschaltet werden können.“ Der logische Aufbau dieser Argumentation verdeutlicht, wie Fell und große Teile der Grünen Partei das Beharren auf der fatalen Fehlentscheidung zugunsten des Baus von Fernübertragungsleitungen rhetorisch absichern. Es ist ein argumentativer Zweisprung: Erstens wird der Stillstand beim Ausbau der Erneuerbaren Energien (und der fehlende Anreiz zum Bau von Gaskraftwerken) in Bayern als unabänderliches Faktum betrachtet (Konstante). Daraus wird zweitens gefolgert, dass nur der Bau von Hochspannungs-GleichstromÜbertragungsleitungen (HGÜ) wie „SuedLink u.a.“ geeignet sei, den Atomausstieg in Bayern abzusichern (Variable). Befürworter der Energiewende gehören zu den schärfsten Trassengegnern. Man könnte also mit gutem Grund Konstante und Variable austauschen und schreiben: In Bayern stößt der Trassenbau auf heftigen Widerstand; deshalb kann nur der entschlossene Ausbau von Wind- und Sonnenenergie sowie von Stromspeichern den Atomausstieg absichern. Das wäre sowohl energiepolitisch sinnvoller, als auch bündnispolitisch angenehmer (wer sitzt schon lieber mit den Stromkonzernen in einem Boot als mit Umweltschützern?). Dass der Bau der geplanten Fernübertragungsleitungen vor allem dem Transport von Braunkohlestrom dienen soll, wurde oft genug gezeigt; ebenso, dass der Strom aus Erneuerbaren, der in Norddeutschland produziert wird, dort auch für den Verbrauch benötigt wird: Im Norden gehen bis 2022 ebenfalls drei AKWs vom Netz. Die finanziellen Ressourcen, die in den Trassenbau gesteckt werden, stehen nicht z.B. für die Förderung von Stromspeicherkapazitäten zur Verfügung. Diese Ressourcenallokation bedeutet vor allem eine Option für eine anhaltend zentralistische Stromversorgung, also gegen die dezentrale Energiewende. Wir wissen nicht, warum viele Grüne – vor allem in Parlamenten und Landesregierungen – auf dieser Option beharren … ist das „Realpolitik“? Gerade HansJosef Fell, der sich so große Verdienste um die Energiewende in Deutschland erworben hat, sollte diese seine Position überdenken. Sein Satz am Fußende jeder Rundmail: „Bei mir werden Erneuerbare groß geschrieben“, wäre bei dem Kurs, den sein oben wiedergegebenes Zitat ausdrückt, treffender reformuliert mit: „Bei mir werden HGÜs groß geschrieben“. Die Variante mit den Erneuerbaren gefällt uns besser! Quelle Hans-Josef Fell: „Atomkraftwerk Grafenrheinfeld nun wirklich endlich aus“ veröffentlicht am 26.6.15 in der Rubrik Schlagzeilen (http://www.hans-josef-fell.de/content/index.php/pressemainmenu-49/schlagzeilen-mainmenu-73/867-atomkraftwerk-grafenrheinfeld-nun-wirklich-endlich-aus) Aber der Trassenbau ist in Bayern bekanntlich ebenso umstritten wie der Windradbau. Und gerade die entschiedensten Flyer des SFV Wir haben unser Flyer-Angebot erweitert und teilweise aktualisiert Den Text der der Flyer finden Sie unter www.sfv. de/vortrag.htm. Bestellen Sie unter [email protected] oder telefonisch unter 0214-511616. Über eine Spende zur Weiterführung der Aktion würden wir uns freuen. Spendenquittungen werden auf Wunsch gern ausgestellt. und Klimawandel Solarstrom in Verbrauchernähe Windenergie auf 10 Prozent der Netzanbindung in die Städte Dezentrale Kurzund Langzeitspeicher Speicherung der Überschüsse für Zeiten des Mangels Die Energiewende bekommen wir nicht geschenkt! Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. | SFV Frère-Roger-Str. 8-10 • 52062 Aachen Tel.: 0241-511616 • Fax: 0241-535786 [email protected] • www.sfv.de Überarbeitet Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Radioaktivität bedrohen uns DREI SCHWERPUNKTE Wenn Sie Interesse haben, senden wir Ihnen gerne kostenlos (auch in größeren Stückzahlen) per Post zu. Wir unterstützen Sie Argumente gegen neue Höchstspannungsleitungen Drei Schwerpunkte für die Energiewende Nur Braunkohlestrom braucht eine Verstärkung der Höchstspannungsnetze Solar- und Windstrom brauchen Stromspeicher Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Frère-Roger-Str. 8-10 • 52062 Aachen Tel.: 0241-511616 • Fax: -535786 • [email protected] • www.sfv.de Neu Frère-Roger-Str. 8-10 • 52062 Aachen Tel.: 0241-511616 • Fax: 0241-535786 [email protected] • www.sfv.de facebook.com/sfv.de • twitter.com/sfv_de Speicher, Windund Sonnenstrom ersetzen Kohle und Atom Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Tel.: 0241-511616 • [email protected] • www.sfv.de facebook.com/sfv.de • twitter.com/sfv_de Stromnetzausbau Aus Anlass der Abschaltung des AKW Grafenrheinfeld am 27. Juni hat der Umweltpolitiker Hans-Josef Fell (Grüne) in seiner Rundmail folgende energiepolitische Einschätzung verbreitet: 13 Medienkritik 14 Hetze von Björn Lomborg gegen die Erneuerbaren In der FAZ* vom 15. Mai 2015 fand sich ein Hetzartikel gegen die Erneuerbaren, der nicht unwidersprochen bleiben soll. Von Wolf von Fabeck Björn Lomborg: Es klingt wie ein schlechter Witz: Wir wissen, dass der Klimawandel ein Problem darstellt, doch traurigerweise versuchen wir weiterhin, ihn mit einer Lösung zu beheben, die immer wieder gescheitert ist. Getreu dem Sprichwort: „Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ SFV: Björn Lomborg spricht uns mit dieser Passage aus der Seele, denn bereits 20 Klimakonferenzen haben gezeigt, dass Klimakonferenzen zu keiner wirksamen Vereinbarung führen. Es ist auch nicht zu erwarten, dass bei der 21. Konferenz mehr herauskommt. Eine wirksame Reduktion der CO2-Emissionen werden niemals alle teilnehmenden Politiker ihren nationalen Energiekonzernen zumuten. Dazu sind in vielen Staaten die Verquickungen zwischen Politik und Konzernen viel zu eng. Nach dem Einstimmigkeitsprinzip bestimmt dann der Staat mit den geringsten Klimaschutzambitionen das CO2Minderungs-Schneckentempo. Zu ergänzen ist noch (diese Information stammt aber nicht aus der FAZ sondern der taz), dass die Pariser Klimakonferenz unter anderem von der Fluggesellschaft Air France, dem Autokonzern Renault-Nissan und den Energiekonzernen EDF und Engie/GDF-Suez mit finanziert werden, die offenbar keine Sorge haben, dass es zu Beschlüssen kommen wird, die den CO2-Ausstoß wirksam mindern. Insofern hat Björn Lomborg mit seiner Skepsis gegen Klimakonferenzen also Recht, doch seine weiteren Betrachtungen dienen keineswegs einem besseren Vorschlag. Sie stellen vielmehr eine Hetze dar gegen alles, was den Klimawandel noch bremsen könnte. Lomborg versucht, Politiker und ihre Wähler zu noch sinnloseren Programmen zu verleiten und verbreitet einen Fatalismus, der jeden Widerstand gegen den Klimawandel als sinnlos erscheinen lässt. Es wundert uns nur, dass die FAZ, hinter der doch so mancher noch einen klugen Kopf vermutet, ihren Lesern solch eine irreführende Propaganda für Kohle, Öl und Gas zumutet. Wir verzichten darauf, jede der zahlreichen Fehlaussagen zu kommentieren. Wenige Beispiele aus dem umfangreichen Lomborg-Pamphlet sollten genügen, um dessen Unseriosität zu illustrieren: Lomborg: Trotz des Hypes ist der Anteil der Solar- und Windenergie am Energiemix im Grunde verschwindend gering. Heute bezieht die Welt ungeachtet endloser Klimakonferenzen, guter Absichten und großzügiger Subventionen nur 0,4 Prozent ihrer Energie aus Solar- und Windkraftanlagen, so die IEA. In 25 Jahren werden erneuerbare Energien immer noch unbedeutend sein. SFV: Lomborg hat sich erheblich verkalkuliert: Nicht überall geht es so langsam voran. In Deutschland stieg der Anteil von Solar- und Windenergie an der Stromversorgung in den 4 Jahren von 2010 bis 2014 von 7,8 % auf 14,4 %. Das macht eine Zunahme von 6,6 %, d.h. 1,65 % jährlich. In 25 Jahren käme man dann bei Fortsetzung dieses Tempos auf 55,65 % des Stromanteils. Dieses Beispiel zeigt, dass ein nationaler Alleingang mit Hilfe des Erneuerbaren Energien-Gesetzes ein erheblich schnelleres Wachstum der Erneuerbaren Energien bewirken kann als jede Klimakonferenz. "Die Bundesbürger bezahlen nun etwa ein Viertel ihrer Strompreise für erneuerbare Energien" klagt Lomborg. Ja, erwartet Lomborg denn, dass es den Strom aus Erneuerbaren Energien umsonst gibt? Die Bundesbürger bezogen im Jahr 2014 Strom, der zu mehr als einem Viertel (27,3 %) aus Erneuerbaren Energien stammte (hier sind im Gegensatz zum vorhergehenden Absatz noch Biomasse, Wasserkraft und Geothermie mit enthalten). Für den EE-Anteil von 27,3% bezahlten die Stromverbraucher nach Lomborg nur etwa 25 %. Das ist doch eine großer Erfolg! Was ist daran verwerflich? "Wenn es um das Klima geht, darf China nicht unerwähnt bleiben. In den vergangenen acht Jahren haben sich Chinas Emissionen nahezu verdoppelt, 2013 ging fast ein Drittel der weltweiten CO2-Emissionen auf Chinas Konto. China stößt doppelt so viel CO2 wie aus wie die Vereinigten Staaten, dreimal so viel wie die EU" beklagt Björn Lomborg. Was er dabei verschweigt, ist, dass China fast dreimal so viel Einwohner hat wie die gesamte EU. Aber China ist nicht untätig im Klimaschutz. Im Großraum Peking darf z.B. ab 2020 keine Kohle mehr für Stromerzeugung und Heizung verwendet werden. Offenbar eine schreckliche Regelung für Lomborg, die er lieber mit Schweigen übergeht. Wer ist Björn Lomborg? geb. 1965, dänischer Politikwissenschaftler, Dozent, Statistiker und Buchautor. Seine Bücher Apocalypse No! und Cool it! kamen in die Kritik, da seine Interpretation von IPCC-Daten zur Klimasensitivität zu kurz gefasst seien. Weiterhin wird Lomborg eine mangelnde Expertise auf dem Feld der Ökonomie, eine einseitige Auswahl von Literatur und Quellen (sowohl in Bezug auf Ökonomie als auch Klimatologie) sowie eine Überbetonung von Kosten-Nutzen-Analysen vorgeworfen. (Quelle: http://de.wikipedia. org/wiki/Bj%C3%B8rn_Lomborg) * FAZ „Deutschlands gescheiterte Klimapolitik“, Gastbeitrag von Björn Lomborg: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/energiepolitik/bjoern-lomborg-ueber-klimawandel-und-gescheiterte-klimapolitik-13580487. html?printPagedArticle=true Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 15 Mit Schweigen übergeht Lomborg generell alle positiven Entwicklungen, wie die nationale Vorreiterrollen bei der Einführung der Erneuerbaren Energien oder die Divest-Bewegung, bei der immer mehr Geldanleger und Kapitalgeber, Banken, Versicherungsgesellschaften, kirchliche Institutionen, Kommunen, Hochschulen und sogar der norwegische staatliche Pensionsfonds den fossilen Konzernen ihr Kapital entziehen, um sie auf diese Weise daran zu hindern, die fossilen Lagerstätten weiter auszubeuten. Diese Entwicklungen erwähnt Björn Lomborg generell nicht, sondern versucht, durch Schwarzmalerei die Aussichtslosigkeit und Unabänderlichkeit des Klimawandels in die Gemüter "einzupflanzen". Makaber und verantwortungslos sind Lomborgs Zahlenspiele mit den zu erwartenden Todeszahlen. So schreibt er wörtlich: "Der Klimawandel ist außerdem nicht unsere einzige Herausforderung. Die Armen sind mit viel wichtigeren Problemen konfrontiert. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass die Erderwärmung jährlich zu 141.000 Toten führt, im Jahr 2050 sogar zu 250.000 Toten. Doch diese Zahl verblasst gegenüber den 7 Millionen Menschen, die derzeit pro Jahr an Luftverschmutzung sterben, den 800 Millionen, die Hunger leiden, und den 2,5 Milliarden, die in Armut ohne sauberes Wasser und sanitäre Anlagen leben." Warum denkt Lomborg nicht über die Ursachen nach? 7 Millionen würden jährlich an Luftverschmutzung sterben... Und woher kommt diese Luftverschmutzung? Nun, die wird zum großen Teil verursacht durch den Abbau von fossilen Brennstoffen oder durch Abbau von Kernbrennstoffen und sie wird auch durch die Verbrennungsprodukte dieser Stoffe verursacht!!! Auch die Krebsfälle aufgrund radioaktiver Verschmutzung kann man dazu addieren. Der Klimawandel hat längst begonnen und die von Lomborg genannten 800 Millionen, die Hunger leiden sowie die 2,5 Milliarden, die ohne sauberes Wasser leben, sind sicherlich ebenfalls zu einem großen Teil Opfer des Klimawandels, der ausbleibenden Regenfälle oder der Überschwemmungen oder der Versalzung ihrer Felder durch Anstieg des Meeresspiegels. Ganz Kalifornien ächzt unter der mehrjährigen Dürre, in Afrika und Asien trocknen große Binnenseen aus. Schon das alleine müsste genügen, möglichst schnell auf die Erneuerbaren Energien Wind- und Sonnenenergie umzusteigen. Und vielleicht sollte sich Herr Lomborg auch daran erinnern, dass Millionen von Kriegsopfern auf Kriege um die Energieressourcen zurückzuführen sind und dass uns weitere Verteilungskriege bevorstehen könnten. Abschließend schreibt Lomborg: "Die Erderwärmung ist Realität, und sie ist ein Problem. Bei der Pariser Klimakonferenz sollten wir aufhören, zu erwarten, dass alle einer politischen Linie folgen, die ihren wirtschaftlichen Interessen direkt zuwiderläuft. Stattdessen sollten wir anfangen, in die Erforschung und Entwicklung im Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Karikatur: Gerhard Mester Bereich der erneuerbaren Energien zu investieren, um diese so günstig zu machen, dass sie fossile Brennstoffe im Wettbewerb hinter sich lassen." Diese Aussage zeigt, dass Lomborg keine Vorstellung davon hat, wie Fortschritte in bereits eingeführten Techniken erzielt werden. Eine Solarstromtechnik, die an sonnigen Tagen (z.B. am 21. April 2015, http://www.sma.de/unternehmen/pv-leistungin-deutschland.html) bereits 28 Gigawatt (entspricht der Leistung von 28 Atomkraftwerksblocks) ins deutsche Stromnetz einspeisen konnte, und die pro kWh weniger kostet als Strom aus der Steckdose, konnte diese Leistung nur erbringen, weil im jahrelangen Wechselspiel zwischen Fabrikationserfahrungen und firmengestützter Forschung immer weitere technische und preisliche Fortschritte erkämpft wurden. Die Betreiber der erfolgreichen Solarmodulfabriken brauchen Lomborgs Belehrungen nicht. Die Solartechnik muss nicht auf den Stand einer staatlich geförderten Grundlagenforschung zurückgesetzt werden. Hier gilt es eher, Speicher massenhaft zu installieren, um Betriebserfahrungen zu sammeln, wie man künftige mittägliche Solarüberschüsse für den Abend und die Nacht verfügbar machen kann. Wie weit Stromspeicher bereits technisch entwickelt sind, demonstriert die Firma Tesla mit ihrem fünfsitzigen Luxuswagen (dem Tesla S), der mit Batterieantrieb auf 200 km/h kommt und der mit einer Batterieladung knapp 500 km weit fahren kann. Jetzt kommt es darauf an, solche Batterien durch Massenproduktion billiger zu machen. Dafür ist eine Markteinführung das geeignete Mittel. Doch von Technikentwicklung und Markteinführung hat Lomborg anscheinend keine Ahnung, oder verwendet er seine Kenntnisse gezielt zu Fehlinformationen, mit denen er den Widerstand gegen den Klimawandel zu sabotieren sucht? IrRWEg gehen 16 „Niemand sonst zahlt die Zeche“ Eindrücke von der RWE-Hauptversammlung in Essen am 23.4.2015 Von Rüdiger Haude Metalldetektor-Schleusen und Gepäckdurchleuchtungsanlagen – bei der RWE-Hauptversammlung wirkt die Gruga-Halle wie ein internationaler Flughafen. Hat man diese Kontrollen überwunden, fühlt man sich auch ein bisschen exterritorial. Man ist in einer Welt, in der andere Werte und andere Einstellungen gelten, als sie einem Immanuel Kants Sittengesetz eingibt. Peter Terium, der Vorstandsvorsitzende, hält gerade seinen Lagebericht. Drei Tätigkeitsfelder sollen in Zukunft bestimmend für RWE sein: Erneuerbare Energien, Netze und der Vertrieb. Im Bereich der Erneuerbaren Energien habe man im vergangenen Jahr ca. eine Milliarde Euro investiert, vorzugsweise in Offshore-Windparks. Später erfährt man, dass RWE für die kommenden drei Jahre insgesamt eine Milliarde für diesen Bereich aufbringen will – nach einem Ausbau dieses Segments sieht das nicht aus. Im Übrigen ist es klar, dass RWE sein Geld hauptsächlich mit konventionellen Kraftwerken macht. Terium fordert, es müssten Bedingungen geschaffen werden, bei denen sich der Bau (!) und der Betrieb konventioneller Kraftwerke wieder lohnten. Er spricht den bemerkenswerten Satz aus: „Auch Klimaschutz muss wichtig bleiben, aber eben nicht über allem anderen stehen.“ Sondern? Was sonst muss über allem anderen stehen? Der Beginn der Aussprache liefert hierfür Hinweise. Zunächst sprechen jene Aktionärsvertreter, die ihren Beitrag mit der Zahl der Aktien einleiten, die hinter ihnen stehen: Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, der Verband der Kommunalen RWE-Aktionäre (der sich gegen Vorwürfe einer Obstruktionspolitik wehrt), und andere. Hier wird Klage darüber geführt, dass die deutschen Energieversorger zum „Spielball der Politik“ geworden seien. Mit Sigmar Gabriels behutsamen Ideen für eine CO2-Abgabe auf Uralt-Kohlekraftwerke werde man „wieder Opfer von Berlin“, und man möge dem Minister doch bitte seine „Beinfreiheit“ ein wenig Autor Dr. Rüdiger Haude, geb. 1959, Studium der Soziologie, Politikwissenschaften und Geschichte; 1993 als Soziologe promoviert und 2007 als Historiker habilitiert; Privatdozent an der RWTH Aachen. Rüdiger Haude ist seit September 2014 hauptamtlicher Öffentlichkeitsreferent beim Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. beschneiden. – „Wo ist künftig unsere Cash Cow?“ wird gefragt, und: „Warum spalten wir uns nicht auf wie E.on?“ Über allem anderen steht mithin nicht der Klimaschutz, sondern das Konzernergebnis, ausgedrückt in Mrd. €. Das ist nicht überraschend; eher horcht man auf bei einem Redebeitrag, der beides miteinander verknüpfen will: RWE müsse die CO2-Emissionen senken, sagt da einer, im Interesse der Aktionäre, „denn niemand sonst zahlt die Zeche“. Außerhalb des RWE-Raumschiffs würde man ja eher denken, die Zeche des ungebremsten CO2-Ausstoßes würden die Opfer von Dürren, Meeresspiegelanstieg und tropischen Wirbelstürmen zahlen. Aber das Statement ist freilich besser als das des nachfolgenden Redners, der fragt, ob nicht die „verlustbringenden Gaskraftwerke verstärkt abgeschrieben oder verkauft“ werden sollten. Also die einzigen konventionellen Kraftwerke, die man sinnvoll mit Erneuerbaren Energien kombinieren kann. Die erste Frau tritt ans Mikrophon; sie fragt, wie die Konzernleitung die Anzahl von Frauen auf allen Ebenen des Managements zu heben gedenke. Sie bemerkt Fortschritte in den Reaktionen der Anwesenden, die nicht mehr bei der Erwähnung des Anliegens spontan losjohlten wie bei früheren Gelegenheiten. Doch der zivilisatorische Fortschritt hält nur wenige Minuten. Dann setzt ein Pfeifen ein, ein Klatschen an unpassenden Stellen, einzelne aggressive Rufe. Das männerbündische Milieu der Aktionärsszene ist noch nicht außer Kurs gesetzt. Diana Fonseca berichtet auf der RWE-Hauptversammlung 2015 über Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen beim Abbau von Steinkohle in Kolumbien, die in deutschen RWE-Kraftwerken verfeuert wird. Foto: SFV Aber nun kippt die Veranstaltung. Der Aufsichtsratsvorsitzende Schneider, der die Versammlung leitet, und die Vorstandsmitglieder haben sich bisher schon heftige Kritik anhören müssen, und ihre Gesichtsfarbe ist graduell dunkler geworden. Jetzt aber verwandelt sich die Hauptversammlung in ein Tribunal über den RWE-Konzern. Die Kritischen Aktionäre haben sich für ein Dutzend Wortbeiträge auf die Rednerliste gesetzt. Einer analysiert schlüssig, dass die geplanten Fernübertragungsleitungen, über die es vom Vorstandstisch zuvor geheißen hatte, sie dienten dem Transport von Windstrom, tatsächlich zwecks Durchleitung von Braunkohlestrom errichtet werden sollen. Er fragt außerdem, warum RWE nicht stärker in Speichertechnologien investiere, wenn der Konzern doch bei der Energiewende voRWEgzugehen beanspruche. Eine Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 17 süddeutsche Trassengegnerin schlägt in dieselbe Kerbe und empfiehlt, weniger Geld in Image-Kampagnen und dafür mehr in Erneuerbare Energien zu investieren. Ein münsterländischer Anti-Atom-Aktivist fragt nach dem jüngsten Störfall im Atomkraftwerk Emsland, das am 3. April wegen einer Leckage vom Netz genommen werden musste. Außerdem erkundigt er sich nach dem geplanten Verkauf der RWE-Anteile an der Urananreicherungsanlage in Gronau, der aufgrund der Fähigkeit dieser Anlage, atombombenfähiges Material zu erzeugen, sicherheitstechnisch höchst problematisch ist. Am Eindrucksvollsten ist aber eine Gruppe von Wortbeiträgen, die sich mit den Folgen der Kohleförderung beschäftigen. Die Initiative „urgewald“ hat Betroffene aus der russischen Region Kamtschatka und aus Kolumbien, sowie Michael Hendryx, Professor für Öffentliche Gesundheit an der West Virginia University, nach Essen Kohlkraftwerk Frimmersdorf, in 70er Jahren das größte der Welt. Es liegt am Tagebau gebracht. Es handelt sich um drei Abbauregionen, von Garzweiler und verfügte ursprünglich über 16 Kraftwerksblöcke. Heute sind nur 3 Blöcke am Netz, die 2018 abgeschaltet werden sollen. Das Kraftwerk Frimdenen RWE große Teile seiner Steinkohle bezieht. Profes- noch mersdorf weist hohe Emissionen an Stickstoffoxiden, Schwefeloxiden, Quecksilber sor Hendryx berichtet über die massiven gesundheitli- und Feinstaub auf, an dem Krebs erzeugende Substanzen (Blei, Cadmium, Nickel, Foto: Wikipedia, CC BY 3.0 chen Folgen der Kohlegewinnung durch das Wegspren- PAK, Dioxine und Furane) haften können. gen von Berggipfeln (mountaintop removal), das in den Apalachen in großem Stil betrieben wird und abgesehen von noch nicht zuende. Die heimische Braunkohle, Hauptstandbein gewaltigen Naturzerstörungen mit der massiven Freisetzung des RWE-Geschäftsmodells, muss ebenfalls ordentlich Prügel von Schwermetallen und weiteren Giften verbunden ist. – Der einstecken. Schon früh in der Debatte hat ein Kölner Kinderarzt Aktivist aus Kamtschatka schildert die Kulturzerstörungen in auf die Folgen der Feinstaubbelastung insbesondere auf die seiner Heimat; eine der letzten Siedlungen seines Volkes hat Atmungsorgane kleiner Kinder hingewiesen. Ein aus Kerpen vor kurzem dem Kohleabbau weichen müssen. Wegen seines angereister Teilnehmer berichtet darüber, was es bedeutet, an Engagements lebt er inzwischen als politisch Verfolgter im der vorrückenden Kante eines Tagebaugebietes zu leben. Und Exil. – Die kolumbianische Indigena erzählt von den Praktiken anschließend schildert eine Krankenschwester, die in Blickweite der in ihrer Heimat agierenden Kohleabbau-Firmen Drummond des Braunkohlekraftwerks Frimmersdorf lebt, welche Belasund Prodeco, Paramilitärs anzuheuern, um den Protest gegen tungen für das alltägliche Leben dies bedeute. Sie spricht von die dortigen Verwüstungen zu ersticken. Sie spricht von 3000 einer erschreckenden Häufung von Krebserkrankungen in ihrer Morden und 55000 Vertriebenen durch diese Vorgehensweise. Familie, in der Siedlung und der weiteren Umgebung. Sie tut Die Bewohner ihres Dorfes warten seit Jahren erfolglos auf dies mit einer beeindruckenden Faktenkenntnis und zugleich eine Umsiedlung, denn das Dorf ist weithin von abgeriegeltem mit einer solchen emotionalen Wucht, dass am Ende selbst viele Privateigentum der Bergbaufirmen umgeben. ‚normale‘ Aktionäre ihr den Applaus nicht verweigern mögen. – Die Entgegnung von Vorstandsmitglied Rolf Martin Schmitz: Alle Fragen, die in der Aussprache an den RWE-Vorstand ge- Frimmersdorf stelle nach wie vor einen wichtigen Baustein im richtet wurden, werden unter Zuhilfenahme eines dafür entwi- Kraftwerksportfolio von RWE dar, und an ein Abschalten sei ckelten Computerprogamms und durch Unterstützung von 50 auf absehbare Zeit nicht gedacht. Punkt. Bereits vorher hat RWE-Mitarbeitern im Backstage-Bereich zeitnah beantwortet. er beteuert, die RWE seien „von der langfristigen Bedeutung Zu den Fragen der internationalen Gäste hat der Vorstand nur der Braunkohle als Partner (!) der Erneuerbaren überzeugt“. zynische, schnoddrige Antworten parat. Alle Gesetze würden Punkt. eingehalten; Mountaintop-removal sei in den USA eine anerkannte Fördermethode; man beteilige sich ja am „Better-Coal- Zehn Stunden sind um. Nichts wie raus aus diesem Duty-FreeCodex“, wonach die Abbaubedingungen in „Audits“ analysiert Bereich, wieder vorbei an den Sicherheitsschleusen. Ein letzter würden, und wisse aus diesem Programm nichts Nachteiliges Blick auf das Motto dieser Hauptversammlung: „VoRWEggehen über die erwähnten Regionen; man beziehe die Kohle nicht und den Wandel gestalten.“ Nein Danke! unmittelbar von den kriminell vorgehenden Firmen, sondern höchstens indirekt. Empathie – das zeigte diese Hauptversammlung mit empörender Deutlichkeit – Empathie gehört nicht zu den KardinalDie Kaltschnäuzigkeit dieser Antworten ist schwer erträglich. tugenden, die in der Chefetage von RWE gepflegt werden. Aber einen nicht-kritischen Aktionär, der nun auf der Rednerlis- Vielleicht muss dies ja so sein. Vielleicht bricht dieser Konzern te stand, empört etwas anderes: Er kritisiert die Vesammlungs- ja tatsächlich zusammen, wenn er sein Geschäftsmodell nicht leitung dafür, „was wir hier für Redebeiträge über uns ergehen mehr mit der Zerstörung der Lebensgrundlagen zehntausenlassen müssen, bevor wir zur Tagesordnung sprechen können“. der Menschen weltweit umsetzen kann. (Und nota bene: Vom Damit meint er wohl, wieder geradegerückt zu haben, wer eigentlichen Hauptproblem – dem Klimawandel – wurde noch Täter und wer Opfer ist. gar nicht gesprochen!) Wir lernen daraus, dass in jedem Falle die Energiewende gegen diesen Konzern durchgesetzt werden Doch die Zumutungen für diejenigen Teilnehmer, die neben muss. Die Bundesregierung steht vor der Frage, ob die ‚Systemder diesmaligen und der künftigen Dividendenerwartung relevanz‘ eines solchen Konzerns schwerer wiegt als eine gute kein legitimes Thema einer Debatte denken konnten, sind Zukunft in unserem Land und auf unserem Planeten. Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Klimafrevel 18 Kohleabgabe - Vom Tisch?! Kommentar von Jürgen Döschner in WDR 5, Morgenecho vom 25.6.2015 Die Sonderabgabe für alte Kohlekraftwerke ist offenbar vom Tisch. Bundeswirtschaftsminister Gabriel hat seine Forderung nach einer Abgabe für Kraftwerksbetreiber aufgegeben. Tief enttäuscht werden kann nur, wer hohe Erwartungen hatte. Insofern bin ich persönlich über den Umgang von Sigmar Gabriel mit der von ihm selbst vorgeschlagenen "Klimaabgabe" für Kohlekraftwerke überhaupt nicht enttäuscht. Dass ausgerechnet der Vater der von Kritikern als "EEG-Deform" verschmähten Reform des ErneuerbareEnergien-Gesetzes zum Vorkämpfer für den Klimaschutz mutieren und den Einstieg in den Kohleausstieg einläuten würde – das glaubten wohl nur grenzenlose Optimisten. Und selbst die wurden schnell enttäuscht. Denn schon die Ankündigung einer Demonstration von Stromkonzernen und Gewerkschaftern reichte aus, damit Gabriel seinen eigenen Vorschlag verwässerte. Es folgte der langsame Tod seiner offenbar nie ganz ernst gemeinten, zumindest aber nicht ernst genommenen Idee. Halbherzig widersprach Gabriel den absurden HorrorVisionen vom "Strukturbruch", dem Niedergang ganzer Regionen und der Zerstörung von 20.000 Arbeitsplätzen. Kaum wahrnehmbar verwies er auf die ökonomischen und ökologischen Vorteile der Klimaabgabe. Offensiv-Verteidigung sieht anders aus. Stattdessen setzte sich der SPD-Vorsitzende mit den Kohlfreunden Garrelt Duin, Wirtschaftsminister in NRW, und Michael Vassiliadis, Chef der Gewerkschaft IG BCE, zusammen und bastelte hinter verschlossenen Türen aktiv mit an einem Konkurrenzvorschlag: der schrittweisen Stilllegung einiger Kohlekraftwerke, die dann als sogenannte „Kapazitätsreserve“ in einen Bereitschaftsmodus versetzt werden. Eine Mogelpackung, weil damit die nötigen CO2-Einsparungen von 22 Mio. Tonnen nicht erreicht werden. Und eine besonders teure obendrein. Offiziell wird der Totenschein zwar erst kommenden Mittwoch ausgestellt. Aber schon jetzt deutet alles darauf hin: Die Idee der Klimaabgabe ist gestorben. Ob unterlassene Hilfeleistung oder aktive Sterbehilfe: Sigmar Blick in den Tagebau Nochten. Förderung der Rohbraunkohle, Foto: CC BY-SA 3.0, Wikipedia, Hochgeladen von SPBer Gabriel mag der Vater der Klimaabgabe sein, aber jetzt ist er auch ihr Totengräber. Nun mag ihm sein Ruf in Öko-Kreisen egal sein. Aber geschadet hat Gabriel damit nicht nur sich selbst, sondern auch seiner Genossin, Umweltministerin Barbara Hendricks, der vermeintlichen Klimakanzlerin Merkel und nicht zuletzt dem Weltklima. Die Klimabeschlüsse auf dem G7-Gipfel wurden groß gefeiert. Ob die Kohle-Politik von Sigmar Gabriel dafür der richtige Ansatz ist, darf allerdings bezweifelt werden. Vielleicht sollte die Bundesregierung mit der in Elmau verkündeten "Dekarbonisierung der Wirtschaft" in den eigenen Reihen beginnen. Quelle Kommentar in WDR 5, Morgenecho vom 25.6.2015, Audio und Text unter http://www.wdr5.de/sendungen/morgenecho/kommentare/kohleabgabe-108. html Jürgen Döschner, Journalist, arbeitet seit mehr als zehn Jahren als Experte für den Bereich Energie in der WDR-Wirtschaftsredaktion. Er hat sich vor allem als Kritiker der sogenannten Risikotechnologien wie Fracking und Atomkraft einen Namen gemacht. Kohlelobby setzt sich auf ganzer Linie durch Klimagipfel im Kanzleramt am 1. Juli 2015 Der 1. Juli 2015 wird als schwarzer Tag für den Klimaschutz in die Geschichtsbücher eingehen. Bei einem Treffen der Koalitionsspitzen im Bundeskanzleramt wurden wichtige Entscheidungen zugunsten der deutschen Kohle-Mafia gefällt. Kohlekraftwerksblöcke mit lediglich 2,7 GW Kapazität sollen vom Netz genommen werden, und diese Industrieruinen werden als„Kapazitätsreserve“ kostümiert, damit man ihren Betreibern, den Klimakillern RWE, Vattenfall & Co. satte Extrasubventionen in den Rachen werfen kann. Die Höhe dieses ‚Schutzgeldes‘ ist noch nicht bekannt. Die restlichen Überkapazitäten an Kohle-Dreckschleudern bleiben am Netz, und für die Verbreitung ihres schmutzigen Stroms gibt nun auch Bayerns Ministerpräsident Seehofer seinen Widerstand gegen den Neubau von Fernübertragungsleitungen auf. Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 19 Um diesen furchtbaren Beschlüssen etwas grünes Makeup zu verpassen, gibt es ein wenig Förderung von Kraft-Wärme-Koppelung sowie Anreize für Hausbesitzer, ihre Heizungspumpen zu modernisieren. Und so richtig entschlossen soll wohl die Ankündigung wirken, bei den Endlagerkosten für den von Stromkonzernen in Deutschland produzierten Atommüll sollten diese Konzerne „in die Pflicht“ genommen werden. Wie das geschehen soll, wird bisher nicht verraten. Nach dem Bruch des vor kurzem beim G7Gipfel in Elmau gegebenen Versprechens, es gehe nun um eine Dekarbonisierung der Energieversorgung, kann sich jeder die Glaubwürdigkeit einer solchen Zusicherung selbst ausrechnen. Die Behauptung der Bundesregierung, dass mit den jetzigen Maßnahmen die offiziellen Klimaziele der Bundesrepublik erreicht werden könnten, kann nur als Verhöhnung dieser Ziele, oder überhaupt der Idee politischer Zielverwirklichung verstanden werden. Deutschland war einmal Vorreiter der Energiewende. Bei der jetzigen Bundesregierung muss man leider sagen: Der weltwei- Karikatur: Gerhard Mester te Kampf gegen den Klimawandel muss ohne, ja, muss gegen Deutschland geführt werden. (RH) Beleidigung des mathematischen Verstandes Zur Presseerklärung des CDU-Wirtschaftsrats vom 27.4.2015 In der aktuellen Kontroverse um Wege zur Erreichung des deutschen Klimaschutzziels hat sich der Wirtschaftsrat der CDU am 27.4.2015 mit einer bemerkenswerten Stellungnahme zu Wort gemeldet. Die Hauptthese lautet: „Der Wirtschaftsrat hält das deutsche Klimaziel für unerreichbar, die Kohlendioxid-Emissionen um 40 Prozent bis 2020 zu reduzieren. Das sagen wir schon seit langer Zeit, weil wir die Grundrechenarten beherrschen.“ Kern dieser schulmeisterlichen Anmaßung ist das Argument, der CO2-Ausstoß in Deutschland sei von 1990 bis heute um rund 27 Prozent zurückgegangen; um die von der Bundesregierung angestrebte und versprochene Reduktion von insgesamt 40 Prozent bis 2020 zu erzielen, reiche dieses Tempo nicht aus. Zudem sei den bisherigen Reduktionsleistungen der Ab- und Umbau der extrem klimaschädlichen DDR-Industrie zugutegekommen. Für den Wirtschaftsrat der CDU besteht Politik gemäß dieser Argumentation offenbar nur in der Fortschreibung bisheriger Trends, nicht in der Gestaltung der Zukunft. Dass wir mit einem bloßen „Weiter so!“ die Klimaziele der Bundesregierung verfehlen würden, ist aber keine Neuigkeit, für die man eine Presseerklärung herausblasen müsste. Man könnte aus dieser banalen Einsicht die Schlussfolgerung ziehen, dass energischere Schritte nötig sind, um das Ziel zu erreichen. Die jüngste Initiative des Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel (SPD), für Teile der Stromproduktion älterer Kohlekraftwerke eine CO2-Abgabe einzuführen, wäre hier ein viel zu zaghafter Schritt, aber eben doch ein Schritt in die richtige Richtung. Genau dagegen richtet sich der jetzige Vorstoß des CDU-Wirtschaftsrats. Die Unmöglichkeit CO2-senkender Maßnahmen soll also dadurch „bewiesen“ werden, dass man ebendiese Maßnahmen Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. torpediert und nach Möglichkeit verhindert. Wenn der Wirtschaftsrat sich dabei auf die „Grundrechenarten“ beruft, dann erscheint uns dies als eine Beleidigung des mathematischen ebenso wie des politischen Verstandes (zumal die Prozentrechnung gar nicht zu den vier Grundrechenarten zählt, und zumal der Wirtschaftsrat an einer Stelle erklärt, zwischen 1990 und 2014 lägen „14 Jahre“). Für politisches Handeln wären aber auch Einsichten in die formale Logik hilfreich. Z.B., dass es Konditionalitäten (Wenn-dann-Verhältnisse) gibt. Es gehört zur politischen Kunst, für ein gesetztes Ziel (40 % CO2-Reduktion bis 2020) die geeigneten Maßnahmen zu finden, die andere Ziele nicht über Gebühr beeinträchtigen. Wir würden hier u.a. eine konsequente und spürbare Besteuerung jeder Tonne CO2 empfehlen. Das würde auch der Energiewende einen wichtigen neuen Impuls geben, mit per Saldo sehr guten Arbeitsmarkteffekten. Am Ende seiner Erklärung regt der Wirtschaftsrat – etwas im Widerspruch zu seiner Hauptthese – drei Maßnahmen an, mit denen„CO2-Emissionen mit wirtschaftlichem Sachverstand dort einzusparen [wären], wo dies am kosteneffizientesten ist“. Mit diesen Maßnahmen – Selbstverpflichtungen der Energieversorger; Stärkung der Energieeffizienz in der Industrie; Maßnahmen im Bereich der „Umwandlungseffizienz“ (Kraft-Wärme-Koppelung u.ä.) – sollten die Mitglieder des Wirtschaftsrats in ihren Wirkungsbereichen noch heute beginnen – nicht alternativ zum staatlichen Regulierungshandeln, sondern ergänzend. Der Klimaschutz ist nämlich nicht irgendein Gedöns-Thema, sondern die globale existenzielle Herausforderung unserer Zeit. (RH) Quelle Presseerkärung des Wirtschaftsrats Deutschland: „Deutsche Klimaziele nach Grundrechenarten unerreichbar“: https://www.wirtschaftsrat.de/wirtschaftsrat.nsf/id/deutscheklimaziele-nach-grundrechenarten-unerreichbar-de SFV-Entgegnung vom 28.4.15 Klimakatastrophe 20 Klimaflüchtlinge Rundschreiben zu einem Anti-Atom-Montagsspaziergang in Koblenz Von Thomas Bernhard Liebe Klimafreunde, Autor beim letzten Montagsspaziergang wurde an der Frage, ob es überhaupt Klimaflüchtlinge gebe, deutlich, dass Flüchtlinge meist auch Klimaflüchtlinge sind. Warum es offiziell keine Klimaflüchtlinge mit Rechten gibt: „Nach Art. 1 GFK (Genfer Flüchtlingskonvention, 1951, Zusatzprotokoll 1967) i.V.m. Art. 1 Protokoll ist ein „Flüchtling“ eine Person, die „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt oder besitzen würde, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will [...]“. Nach dieser Definition muss ein zwingender Zusammenhang zwischen den Fluchtgründen und der Furcht vor Verfolgung aus den aufgezählten Gründen bestehen. Die Genfer Flüchtlingskonvention selbst schützt also keine Wirtschafts- oder Umweltflüchtlinge. Entsprechendes gilt für Binnenvertriebene, die internationale Diskussion über den Schutz von Binnen- oder Umweltflüchtlingen ist jedoch im Fluss. Auch Bürgerkriegsflüchtlinge, die ja aufgrund allgemeiner Kriegsgefahren flüchten und unter den Schutzbereich des Humanitären Völkerrechts fallen, sind nicht vom Anwendungsbereich der Konvention umfasst." (Zitat nach http://www.uni-potsdam.de/fileadmin/projects/mrz/assets/Stichworte/ MRZ_Stichw_GFK_neu1.pdf) Trotz offensichtlicher Klimaflucht: keine Anerkennung - keine Rechte: So scheiterte auch 2014 ein Antrag eines Ehepaares von den Kiribati-Inseln auf Aufnahme in Neuseeland wegen Flucht vor Klimabedrohung, weil diese nicht die Definition eines Flüchtlings nach der GFK erfüllten (http://www.klimaretter. info/politik/hintergrund/16445-klimafluechtlinge-muessen-weiterwarten). Dr. Thomas Bernhard, geb. 1958, ist seit 1996 niedergelassener Arzt für Allgemein-, Umwelt- und Betriebsmedizin in Koblenz. Vorher war er 4 Jahre als Internist in einem Krankenhaus in Tansania tätig. Seit 1997 ist er Mitglied des SFV, seit 2014 Stellvertreter des Vorstands. Er engagiert sich in Koblenz ehrenamtlich in Umweltanliegen, Schwerpunkt Klimafolgen, Energie und Bezug zu Ländern des Südens und ist Mit-Organisator der Anti-Atom-Montagsspaziergänge in Koblenz, die seit Juli 2010 regelmäßig stattfinden.Treffpunkt: jeden 1. Montag im Monat um 17:30 Uhr am Löhrrondell. Millionen und es werden immer mehr ohne Rechte: Laut Internationaler Organisation für Migration waren 2010 weltweit ca. 40 Millionen Menschen wegen Naturkatastrophen (meist klimabedingt) auf der Flucht, sieben mal mehr werden durch Klima als durch Kriege bedroht. Diese Zahl wird sich erhöhen, der Klimawandel ist erst am Anfang. Oft führt Klimaveränderung zu Dürre, Migration im eigenen Land, Nahrungsknappheit, Gewalt, Bürgerkrieg. Dies gilt z.B. auch für Syrien. (http://www.klimaretter.info/forschung/hintergrund/18314- syrien-brandbeschleuniger-klimawandel) Anerkennung plus Rechte würden helfen: Um die Ursachen von Flucht anzugehen, erscheint es nicht nur notwendig Konflikte zu betrachten, sondern auch Klimaveränderungen. Sonst wird vielleicht der heute schon wichtigste Faktor übersehen. Und wenn dies als Ursache anerkannt wird, dann besteht echte Hilfe in weitergehenden Maßnahmen als Notunterkünften, nämlich in Maßnahmen gegen Klimawandel. Es würde helfen darüber zu sprechen und sich humanitär, aber auch an der Wurzel gegen den Klimawandel zu engagieren. Die Weltkarte zeigt Gebiete in denen auf Grund des Klimawandels lokale Umweltveränderung in den nächsten Jahren zur Klimaflucht führen könnten. Rosa: Hurrikans/Tropische Wirbelstürme - Gelb: Desertifikation/Dürre - Blau: Veränderungen durch Meeresspiegelanstieg (Inseln, Deltas) Quelle: Natural disasters caused by climate change.png, KVDP, CC BY-SA 3.0, erstellt: 19. Juli 2011 Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 21 Gegen das Wiederanfahren der Schrottreaktoren Tihange 2 und Doel 3! Zahlreiche unabhängig voneinander initiierte, jedoch gemeinschaftlich von tiefer Sorge getragene Aktionen Zusammengestellt von Susanne Jung 1. Öffentliche Petition betroffener Bürger Anfang Mai mobilisierte das Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie (www.anti-akw-ac. de) gegen das Wiederanfahren des belgischen AKW Tihange 2. Es forderte die belgische Atomaufsichtsbehörde FANC in einer öffentlichen Petition auf, den Atomreaktor Tihange 2 dauerhaft stillzulegen. Bisher unterstützten ca 50.000 Bürger diese Petition, weitere Unterschriften sind möglich. Schrottreaktor Tihange 2, Petition: „Widersprechen Sie dem Antrag auf Neustart der Rissereaktoren Tihange 2 und Doel 3“ „Bei einer Revision im August 2012 wurden in zwei Reaktordruckbehältern (RDB) der belgischen AKW Doel und Tihange tausende Risse entdeckt. Noch bevor alle erforderlichen Prüfungen durchgeführt waren, wurden im Juni 2013 die über 30 Jahre alten Reaktoren wieder angefahren! Als die fehlenden Prüfergebnisse vorlagen, waren diese dermaßen schlecht, dass die Reaktoren im März 2014 außerplanmäßig herunter gefahren wurden. Nun will der Betreiber (Electrabel) die beiden Blöcke wieder anschalten, obwohl alle bisher bekannt gewordenen Untersuchungsergebnisse höchst beunruhigend sind: • Die neuesten Ultraschalluntersuchungen zeigen 60% mehr Defekte. Die Risslängen sind mittlerweile von 2,5 cm auf unglaubliche 18 cm gestiegen. • Versuche im Kernforschungszentrum Mol führten zu einem „unerwarteten Resultat“ (O-Ton Electrabel): Ein mit Rissen vorbelasteter Stahl versprödet bei radioaktiver Bestrahlung um ein Vielfaches schneller als ein Material ohne Defekte. Es wurden bei den Versuchen die vom Betreiber einkalkulierten Sicherheitsmargen gravierend überschritten. Wir appellieren an Sie in der FANC sich FÜR die Sicherheit von Millionen Menschen zu entscheiden. Denn: Für uns als betroffene Bürger und Bürgerinnen im Umkreis dieser Reaktoren gilt: Solange ... • die Ursache der Risse in den beiden RDB nicht zweifelsfrei geklärt ist und eine Veränderung der Rissgrößen im laufenden Betrieb nicht definitiv ausgeschlossen werden kann, • die Bestrahlungsversuche befürchten lassen, dass die Versprödung des rissigen Stahls der RDB nach über 30 Betriebsjahren die zulässigen Grenzwerte bereits überschritten hat, Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Foto: Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie • kein Nachweis existiert, dass „Reaktoren mit Rissen“ ein gleiches Sicherheitsniveau wie „Reaktoren ohne Risse“ besitzen, dürfen TIHANGE 2 und DOEL 3 – NICHT WIEDER ans Netz. Wir wissen, dass die Folgen eines Super-GAU bei den beschädigten Reaktoren nicht an der belgischen Landesgrenze halt machen werden, sondern auch die BürgerInnen im benachbarten Ausland treffen werden.“ 2. Resolution des Aachener Stadtrats In einer fraktionsübergreifenden Resolution sprach sich der Aachener Stadtrat am 21. Mai einstimmig für eine „unverzügliche und dauerhafte Abschaltung“ der Kernkraftwerksblöcke im belgischen Tihange aus. Das Kraftwerk sei seit Jahren „für seine Probleme und Störfälle“ bekannt, hieß es. In der Resolution fordern die Aachener Politiker die Landes- und Bundesregierung auf, sich für die sofortige Stilllegung des AKW Tihange einzusetzen. Außerdem drängen sie auf ein grenzübergreifendes, bilaterales Abkommen mit Belgien „für den nuklearen Ernstfall“. 3. Gemeinsamer Appell zahlreicher Organisationen In einem öffentlichen Appell haben sich am 22. Mai zahlreiche Organisationen der Aachener Zivilgesellschaft, unter anderem der Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. sowie der Evangelische Kirchenkreis Aachen, an die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft, sowie an den Landesumweltminister, Johannes Remmel, gewandt. Die Politiker sollen ihren Einfluss bei den belgischen Partnern gelten machen, damit der durch tausende Risse im Reaktordruckbehälter geschädigte Atomreaktor in Tihange nicht wieder ans Netz geht. (Offener Brief, nächste Seite) Atomare Gefahr Da die Petition die Hintergründe und aktuelle Situation präzise beschreibt, wird der Wortlaut im folgenden vollständig wiedergegeben: 21 22 Offener Brief an die Ministerpräsidentin sowie an den Umweltminister des Landes Nordrhein-Westfalen Sehr geehrter Frau Ministerpräsidentin Kraft, sehr geehrter Herr Minister Remmel, wir, die diesen Brief unterzeichnen, vertreten Institutionen der Zivilgesellschaft in der Stadt Aachen. Aachen liegt 60 Kilometer von dem Atomkraftwerk Tihange in Huy (Belgien) entfernt – in der Hauptwindrichtung. Deswegen sind wir als potenzielle Hauptbetroffene über die Sicherheitsprobleme jener Anlage höchst besorgt. Seit März 2014 ist der Reaktorblock 2 in Tihange zum zweiten Mal (!) wegen Rissen im Reaktordruckbehälter stillgelegt (ebenso wie der Block 3 des belgischen AKW Doel). Über die Herkunft und die Bedeutung dieser Risse herrscht Unklarheit; dennoch wird seitens der Betreiber und der Kontrollbehörde FANC diskutiert, den Block noch in diesem Jahr wieder hochzufahren. In der deutschen Politik hat sich seit der Reaktorkatastrophe von Fukushima im März 2011 die Überzeugung durchgesetzt, „dass selbst in einem Hochtechnologieland wie Japan die Risiken der Kernenergie nicht sicher beherrscht werden können“ (Regierungserklärung vom 9.6.2011). Der nicht einschätzbare Sicherheitsstatus des beschädigten Reaktordruckbehälters von Tihange 2 muss die Skepsis gegenüber der Beherrschbarkeit eines atomaren Reaktors noch einmal beträchtlich steigern. Unserer Überzeugung nach ist es eine vordringliche Aufgabe der Politik der nordrheinwestfälischen Landesregierung, bei den belgischen Partnern auf die Beseitigung der Gefahr zu dringen, die von den Atomanlagen in Tihange (und in Doel) ausgehen. Eine solche Gefahrenabwehr muss mit der sofortigen und endgültigen Stilllegung dieser Anlagen beginnen. Völlig unakzeptabel ist ein Wiederanfahren des Blocks 2 von Tihange in seinem jetzigen Zustand. – Frau Ministerpräsidentin, Herr Minister: Hier alles in Ihrer Macht stehende zu tun, gebietet ganz konkret der von Ihnen geleistete Amtseid, in welchem Sie gelobt haben, Schaden von den Bewohnern unseres Landes zu wenden. Bitte unterrichten Sie uns und die Bevölkerung von NRW über die Schritte, die Sie zur Abwehr der Gefahren unternehmen, welche vom maroden Atomkraftwerk Tihange ausgehen. Mit freundlichen Grüßen Pfarrer Hans-Peter Bruckhoff Evangelisches Superintendent Erwachsenenbildungswerk im Kirchenkreis Aachen Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie Ökologie-Zentrum Aachen e.V. Nabu Stadtverband Aachen WindenergieNordeifel e.V. Bis Redaktionsschluss gab es noch immer keine offizielle Stellungnahme seitens der Landesregierung. Einzige Reaktion von der NRW-Landesregierung kam im Rahmen eines Fernsehinterview von SAT1.NRW. Johannes Remmel betonte nach Auskunft des Fernsehsenders darin das großes Verständnis für die Sorgen der Aachener, machte jedoch deutlich, dass NRW die Entscheidungen der belgischen Nachbarn nur begrenzt beeinflussen könnte. Die Sendung wurde leider noch nicht ausgestrahlt. Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) Aachener Stiftung Kathy Beys Wind e.V. Aachen NachbarschaftsInitiative 3 Rosen Greenpeace Aachen 4. Resolution aus Maastricht und Heerlen Auch Politiker in Maastricht und Heerlen fordern, dass das marode Kernkraftwerk Tihange sofort geschlossen wird. Am 9. Juni wurde in beiden niederländischen Städten eine entsprechende Resolution an die belgische Regierung verabschiedet. Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 23 5. Unterstützung auch vom IPPNW Die Organisation „Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges und in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW) unterstützt die aktuellen Proteste. Sie schreibt u.a.: Es ist zu befürchten, dass aufgrund der maroden Druckbehälter keine hinreichenden Sicherheitsreserven mehr bestehen könnten, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass künftige Störfälle zum Versagen der Reaktordruckbehälter und zur Kernschmelze führen können. Ein GAU in einem belgischen Atomreaktor hätte überregionale Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit – auch in Deutschland. Die epidemiologische Studie zu Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken (sogenannten KiKKStudie) zeigt, dass bereits der Normalbetrieb von Atomkraftwerken zu relevanten Gesundheitsfolgen führt.“ Darstellung der besorgniserregenden Rückmeldungen der Gemeinden zu Nothilfeplänen, Demonstration am 14. Juni, Dreiländereck NL-B-D Fotos: Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie 6. Anhaltende grenzüberschreitende Bürgerproteste Der Protest belgischer, niederländischer und deutscher Bürger reißt nicht ab. Am 14. Juni fanden sich wiederholt mehrere Hunderte am Dreiländereck ein, um erneut gegen ein erneutes Anfahren des Schrottreaktors zu demonstrieren. Auf der Demonstration wurden erste Ergebnisse einer Umfrage zu Notfallplänen in der Region vorgestellt. Hierzu hatte das Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie Anfang des Jahres einen Katalog mit insgesamt 61 Fragen an die Verwaltungen umliegender Gemeinden gesandt. Die Sorge, dass der Katastrophenschutz im Ernstfall völlig unkoordiniert ablaufen würde, wurde in Fragen wie • „Welche regelmäßigen atomaren Katastrophenschutzübungen führten Ihre Feuerwehren und andere Behörden in den vergangenen Jahren in der Region durch?“ • „Wie erfolgt die Alarmierung bei einem katastrophalen Störfall in Tihange? Erfolgt eine direkte Alarmierung durch den Betreiber, damit mögliche Zeitverluste minimiert werden?“ deutlich. Bis zur Demonstration hatten sich fast alle angeschriebenen Gemeinden zurückgemeldet und ein erwartungsgemäß desaströses Bild der derzeitigen regionalen Nothilfepläne abgegeben. Verwaltungen zogen sich auf Gesetzestexte zurück (wie z.B. die Stadt Aachen) oder verwiesen auf die Zuständigkeit anderer Behörden. Nur in wenigen Fällen wurde deutlich, dass man sich ernsthaft mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Eine Gemeinde gestand sogar ein, auf einen atomaren Katastrophenfall nicht vorbereitet zu sein. Vielleicht ein guter Ansatzpunkt, etwas zu verändern. Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Demonstration am 14. Juni, Dreiländereck NL-B-D Demonstration am 14. Juni, Dreiländereck NL-B-D Medienkritik 24 Das „gute Leben“ nur mit Atomkraft? Wie die FAZ die globale soziale Frage instrumentalisiert Von Rüdiger Haude Werfen wir einen Blick auf die „Frankfurter Allgemeine“. Diese Zeitung, die von sich selbst früher gerne behauptete, dahinter stecke „immer ein kluger Kopf“, ist ein zuverlässiges p ublizistisches Bollwerk gegen die Energiewende in Deutschland und der Welt, und sie versucht bereits heute, diskursiv auf einen erneuten Ausstieg aus dem Atomausstieg vorzubereiten. So z.B. am 20. Mai 2015, als der Wirtschafts-Korrespondent Winand von PetersdorffCampen einen Beitrag unter der Überschrift„Atomkraft? Ja bitte!“ veröffentlichte. Dieser Text ist von exemplarischem Rang; deswegen mag es gerechtfertigt sein, ihn auch nach einem Monat einmal näher anzuschauen. Atom-Waschmaschinen als Glücksindikator Der Aufhänger für Petersdorffs Werbefeldzug ist die Beobachtung, die Welt habe künftig einen rasant steigenden Energiehunger, weil die Weltbevölkerung weiter wachse und weil sich die Länder des Südens legitimerweise industrialisieren wollten. Er kleidet das in die Formulierung: „Milliarden Menschen in armen Ländern kämpfen für ein besseres Leben. Und dieses Leben ist mit einem deutlich höheren Energieverbrauch verbunden.“ Da nun fossile Energieerzeugung wegen des Ausstoßes von Treibhausgasen „über kurz oder lang zu verschwinden“ habe, werde die Atomenergie benötigt. Petersdorff gehört also zu jenen, die auch im Jahre 2015 als einzige energietechnische Alternative ‚fossil oder atomar‘ gelten lassen (zu seinen Einschätzungen der Erneuerbaren später mehr). So wie z.B. die Ministerpräsidentin von NRW, Hannelore Kraft (SPD), ausgerechnet der Braunkohle "für die Energiewende eine besondere Bedeutung" zusprechen kann (1), weil sie diese Wende auf den Atomausstieg reduziert, so hat die Atomlobby den Treibhauseffekt entdeckt und preist ihre Atommüllfabriken als Beitrag gegen den Klimawandel an. Wir sollen die Gefahren der Radioaktivität und die Gefahren des Klimawandels nie gleichzeitig denken dürfen. Wenn man bedenkt, dass die Betreiber und Nutznießer atomarer und fossiler Kraftwerke meistens dieselben sind, drängt sich der Verdacht auf, dass dahinter eine systematische Verunsicherungsstrategie steckt: Vermeintlich steigern wir mit jedem Braunkohletagebau, den wir verhindern, die Strahlungs-Gefahren, und fördern mit jedem AKW, für dessen Abschaltung wir sorgen, den Klimakollaps. Natürlich funktioniert das nur, wenn die tatsächliche Alternative, nämlich saubere Erneuerbare Energien, verschwiegen oder kleingeredet wird. Aber die Trickkiste, in welche Petersdorff greift, hat noch andere Werkzeuge zu bieten. Eines ist das sozialpolitische Argument. Das gute Leben, so der FAZ-Autor, lasse sich „herunterbrechen“ auf den Besitz einer Waschmaschine. „Jede Familie auf der Welt sollte Zugang zu diesem größten Wunder der Menschheitsgeschichte haben.“ Man kann diesen Fortschrittsindikator durchaus bezweifeln; aber wir wollen uns einmal auf ihn einlassen, da der Betrieb einer Waschmaschine voraussetzt, dass ein Haushalt an das Wasser- und Stromnetz angeschlossen ist und „Zugang zu den Erzeugnissen der Chemieindustrie“ hat. Das fossil-atomare Welt-Energiesystem hat seit der Einführung der elektrischen Waschmaschine im frühen 20. Jahrhundert viele Jahrzehnte Zeit gehabt, diese Verheißung zu erfüllen. Tatsächlich leben heute Milliarden von Menschen auf der Erde nicht nur ohne Waschautomaten, sondern ganz ohne Zugang zu den Stromnetzen, die allenthalben nur solche Wohngegenden versorgen, bei denen es sich für die Betreiber rentiert. Es ist eines der größten Hoffnungsmomente der auf Sonnenenergie und Pufferspeichern basierenden dezentralen Energiewende, dass entlegene Orte in armen Ländern des Südens erstmals überhaupt mit Elektrizität versorgt werden (netzunabhängig) und z.B. eine LED-Lampe die zuvor verwendeten gesundheitsschädlichen Kerosinfunzeln ersetzt. Dass der neoliberale Kapitalismus mit neuen Atomkraftwerken gerade solche Gegenden mit elektrischen Waschmaschinen versorgen würde, ist eine groteske Annahme. Das gilt übrigens auch für das Schwellenland Indien, Petersdorffs "gutes Beispiel", wo in den ausufernden Metropolen eine allgemeine, bezahlbare Wasser- und Stromversorgung nicht von den Monopolkonzernen, sondern von kapitalismuskritischen Basisbewegungen auf die Tagesordnung gesetzt wird. Diesem Land, mit seinen 300 Sonnentagen im Jahr, für den nötigen Ausbau der Energieversorgung die teure und gefährliche Atomenergie zu empfehlen (die nach einigen Jahrzehnten ohnedies wegen Erschöpfung des Rohstoffs wieder ersetzt werden müsste), ist ein in jeder Hinsicht vergifteter Vorschlag. Die FAZ und ihr Korrespondent reihen sich mit dem Waschmaschinen-Argument in die Riege der Demagogen ein, die Krokodilstränen über Energiearmut in Deutschland vergießen (wie die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ INSM, oder liberale und konservative Politiker), obwohl ihnen jeder andere Aspekt derselben Armut schnurzegal ist, z.B. wenn es um die Höhe der Hartz-4-Sätze geht. Unser FAZ-Autor redet über Milliarden von Menschen, die – lange bevor sie sich nach einer Waschmaschine sehnen – zunächst einmal glücklich wären, abends nicht hungrig ins Bett gehen zu müssen. Nur tritt bei Petersdorff zur sozialpolitischen Unaufrichtigkeit noch die technische Absurdität, ein im Wesentlichen dezentrales Problem mit einer maximal zentralistischen Technologie lösen zu wollen. Energiewende: Ineffektiv? Petersdorff kann die Erneuerbaren Energien nicht totschweigen. In der zweiten Hälfte seines Beitrags geht er auf sie ein. Nichts, was er dazu sagt, hat Hand und Fuß. Sein erstes Argument ist die bekannte Verquickung von deutschem EEG und europäischem Emissions-Zertifikatehandel. Durch letzteren werden bekanntlich die Erfolge der deutschen Energiewende teilweise wieder zunichte gemacht, weil jede CO2-Einsparung die „Verschmutzungsrechte“ sogleich verbilligt. Wie alle Gegner des EEG bzw. der Energiewende, behandelt Petersdorff den Zertifikatehandel als Naturgesetz, an dem sich alle anderen Maßnahmen zu orientieren hätten. Und er deklamiert, dass dieser von ihm imaginierte Zusammenhang „in der deutschen Umweltbewegung nicht stärker thematisiert“ werde, sei „Ausweis einer gewissen Unredlichkeit.“ Nun; uns will erscheinen, dass seine Vertauschung von Bock und Gärtner eher auf ihren Redlichkeitsgehalt hin überprüft werden sollte. Lieber Herr Petersdorff, hier noch einmal für Sie persönlich: Nicht das EEG ist untauglich, die CO2-Emissionen zu reduzieren, (1) Vgl. Kölner Stadtanzeiger, 15.8.2012, "In Betrieb genommen" Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 25 sondern der neoliberale Handel mit „Verschmutzungsrechten“ ist direkt gegen die Erfolge des EEG gerichtet und gehört durch eine klare, berechenbare CO2-Steuer ersetzt. Weltweite Energiewende: Teuer? Des Weiteren verweist der FAZ-Korrespondent auf die hohen Geldsummen, die in Deutschland für die Energiewende eingesetzt würden, und stellt mit globaler Perspektive die Frage: „Wer in der Welt könnte sich so ein Programm überhaupt noch leisten, wenn er denn nur wollte?“ Wieder nutzt er einen eigentlich leicht zu durchschauenden Taschenspieler-Trick. Das Ziel und die Logik der deutschen Energiewende bestand darin, die Technologien der Photovoltaik und der Windenergienutzung durch Massenproduktion preiswerter zu machen. Der Erfolg dieser Strategie ist beeindruckend: Um mindestens 80 Prozent sanken seit dem Jahr 2000 die spezifischen Kosten für Strom aus PV-Anlagen. Und von diesen reduzierten Preisen kann jedes Land ausgehen, das heute eine Energiewende durchführen möchte. Die Kosten sind also mit denen der deutschen Energiewende keinesfalls gleichzusetzen. Deswegen sagen wir: Das EEG war die beste Entwicklungshilfe, die Deutschland je geleistet hat. Hinzu kommt, dass in vielen armen Ländern von einem Umbau der Energieversorgung kaum gesprochen werden kann; es geht um deren erstmaligen Aufbau. Es ist daher erfreulich, dass viele 'Entwicklungsländer' (wie z.B. Nicaragua) heute gleich auf Erneuerbare Energien setzen, um ein preiswertes, importunabhängiges und umweltschonendes Energiesystem zu etablieren. Auf Atomkraft zu setzen, dafür sind die armen Länder buchstäblich zu arm. Die sinnlos verpulverte Milliarde Euros, die z.B. Südafrika für einen nie gebauten Hochtemperaturreaktor in den Sand setzte, dürften ebenso abschreckend wirken wie die explodierenden Baukosten der AKW-Neubauten z.B. in Finnland, oder die grotesk hohe Subventionierung der Neubauten in Hinkley Point (Großbritannien). Atomkraft: Risikolos? Über die Atomkraft liefert uns Petersdorff ebenfalls den üblichen Zynismus. „Das Unglück in Japan hat gezeigt, wie wenig riskant die Kernenergie ist.“ Denn die Fukushima-Katastrophe habe „kein einziges Menschenleben gefordert“. Als Opfer von Strahlung gilt einer solchen Sichtweise nur, wer infolge von Höchstbestrahlung schnell an der „Strahlenkrankheit“ stirbt. Zehntausende zusätzlicher Krebsfälle gehen in so eine Statistik nicht ein: Es ist ja in keinem Einzelfall zweifelsfrei zu beweisen, dass sie von der Strahlung der havarierten Reaktoren herrühren. Eine solche Argumentation ist schäbig, besonders wenn Petersdorff sie mit der – richtigen! – Beobachtung konfrontiert, dass zahllose Menschen jährlich „Opfer der Abgase aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe werden“; bei denen ist der Nachweis im Einzelfall meist ähnlich schwer zu führen. Darüber hinaus schwadroniert Petersdorff von „neuen Generationen von Kernkraftwerken“, die den Atommüll „recyceln“ könnten und damit das Endlagerproblem obsolet machen würden. Selbst wenn es sich hier nicht um Chimären handeln würde, würde die Entwicklung solcher Reaktortechnologien so lange dauern, dass die Erde bis zu ihrer Inbetriebnahme den Klimakollaps bereits erlitten hätte – zumal die Gelder, die in die Entwicklung und den Bau solcher Wundergeräte fließen würden, nicht mehr für die Einführung sauberer, Erneuerbarer Energien zur Verfügung stünden. Die FAZ fordert also sehenden Auges eine abstruse RessourcenFehlallokation. Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Flächen-Produktivität Einen nicht ganz unoriginellen Gedanken trägt Petersdorff immerhin vor, und er soll hier aus Gründen der Versöhnlichkeit am Ende stehen. Es ist der Gedanke der „Flächen-Produktivität“. Im Lichte des Bevölkerungswachstums und im Sinne des Umweltschutzes sei es sinnvoll, so argumentiert er, alle menschlichen Handlungsformen – Wohnen, Ackerbau, Energieversorgung – möglichst zu intensivieren, also räumlich zu verdichten, um möglichst viele Flächen von diesen Nutzungen freizuhalten. Das ist ein Argument, wie maßgeschneidert für die Atomenergie. Petersdorff rechnet nun vor, das Neubauprojekt Hinkley Point C verbrauche 175 Hektar Land; um dieselbe Strommenge zu produzieren, würden Windkraftanlagen 100.000 Hektar „beanspruchen“, „etwas mehr als die Fläche von Berlin“. Wie dies? Wenn wir überschlägig nachrechnen, müssen wir von 3000 MW nutzbarer Leistung der beiden Blöcke von Hinkley Point C ausgehen, für die wir einmal 8000 Volllaststunden im Jahr ansetzen wollen. Bei jeweils 2000 Volllaststunden würden 4000 Windräder mit jeweils 3 MW Leistung dieselbe Strommenge (24 GWh) produzieren können. Für das Fundament eines solchen Windrads müssen 300 Quadratmeter dauerhaft versiegelt werden. Das ergibt bei 4000 Anlagen also 120 Hektar, nicht 100.000. Zu Wartungszwecken dauerhaft freigehalten (aber nicht versiegelt) werden muss pro Windrad eine Fläche von einem Viertel Hektar, insgesamt also 1000 Hektar. Pro Quadratmeter versiegelter Fläche produzieren die Windkraftanlagen laut Wikipedia 21 MWh (in unserer Rechnung wären es 20) – Hinkley Point C nach den Angaben Petersdorffs bei voller Auslastung ca. 13,7 MWh, keine besonders beeindruckende Flächen-Produktivität! Wo haben Herr Petersdorff und seine Gewährsleute von der britischen Energiebehörde ihre absurd überhöhten Zahlen her? Meinen sie vielleicht, dass man für Zufahrtswege zu den Windrädern oder für sonstige Infrastruktur das Achthundertfache der Fundamentfläche benötigt? Abgesehen von der Lächerlichkeit einer solchen Annahme dürften wir dann aber auch wohl zusätzlich zu den 175 Hektar des Landverbrauchs von Hinkley Point C noch den Uranbergbau, die Brennstoff-Produktionskette und die Endlagerung anteilig hinzurechnen. Und sollte man nicht die für unbewohnbar erklärten Sperrzonen um die havarierten Reaktoren von Tschernobyl [4300 km2] und Fukushima [ca. 600 km2]) auf alle Atommeiler des Planeten umlegen? Das wären dann, bei ca. 450 aktiven Reaktoren weltweit, etwas mehr als 1000 Hektar pro Block zusätzlich – bis zum nächsten Super-GAU.) Eine schlechtere Flächen-Produktivität als bei der Atomenergie lässt sich also bei genauerem Hinschauen kaum vorstellen. Schluss Petersdorffs Waschmaschinen-Aufhänger weist vielleicht darauf hin, dass er etwas weißzuwaschen versucht, was sehr schmutzig ist: das Image der Atomenergie. Auf der Ebene der Fakten gelingt ihm diese Operation nicht; es riecht streng aus seiner argumentativen Waschmaschine. Aber rhetorisch ist er nicht ungeschickt. Es ist wichtig, sich auf solcherlei Scheinargumentationen einzulassen. Nicht, dass sie im Jahr 2015 in Deutschland Chancen hätten; aber die Lohnschreiber der Atommafia laufen sich ja erst warm – in den kommenden Jahren dürften wir viel mehr von dieser Sorte zu lesen bekommen. Hoffentlich sind wir dann vorbereitet. FAZ-Artikel vom 20.5.2015 „Atomkraft? Ja bitte!“ von Winand von Petersdorff unter http://www.faz.net/aktuell/politik/energiewende/ atomkraft-ja-bitte-gruende-gegen-die-energiewende13596102.html EEG-Umlage 26 EEG-Umlagepflicht auf Eigenverbrauch - Rechtsklärung in Teilbereichen Zu Ergebnissen der Empfehlung 2014/31 der Clearingstelle EEG Von Susanne Jung Die Clearingstelle EEG veröffentlichte Anfang Juni die Ergebnisse zum Empfehlungsverfahren 2014/31. Hier ging es um Einzelfragen zur EEG-Umlagepflicht auf Eigenverbrauch. Dem Verfahren ging die übliche Konsultationsphase voraus. Akkreditierte Vereine und Verbände wurden gebeten, eine Stellungnahme abzugeben. Dieser Bitte kam auch der SFV nach und übermittelte am 13. Februar 2015 seine Ansichten zur rechtlichen Handhabung von Einzelfragen in Anwendung des § 61 Abs. 2 sowie Abs. 6 und 7 EEG 2014. Unsere Stellungnahme ist unter https://www.clearingstelle-eeg.de/ empfv/2014/31 abzurufen. Die Clearingstelle EEG ist nur für Teilbereiche der EEG-Umlagepflicht zuständig. Sie behandeln Fragestellungen, die im Zusammenhang mit der Umlagepflicht bei EEG-Anlagen entstehen. Da § 61 EEG 2014 auch den Eigenverbrauch aus allen anderen (nicht- erneuerbaren) Anlagen betrifft, wurde die Bundesnetzagentur (BNetzA) zusätzlich beauftragt, einen Leitfaden zur Anwendung und Auslegung der EEG-Umlageregelungen in genereller Weise zu erstellen. Die BNetzA soll insbesondere Themen wie „Eigenversorgung“ gemäß § 5 Nr. 12 EEG 2014“, „Stromerzeugungsanlage“ im Sinne des § 61 EEG 2014, das Kriterium des „unmittelbaren räumlichen Zusammenhangs“ und die Bestandsanlagenregelung in § 61 Abs. 3 und 4 EEG 2014 sowie Fälle des § 61 Abs. 2 Nr. 1-3 EEG 2014 erläutern. Der Leitfaden wird noch für dieses Jahr in Aussicht gestellt. Vorab soll es eine Konsultation mit der „Branche“ geben, an der wir uns aller Voraussicht nach auch beteiligen. Bevor auf Details der Empfehlung der Clearingstelle EEG eingegangen wird, sei noch einmal betont, dass wir die Erhebung der EEG-Umlage auf Eigenverbrauch als eine schwerwiegende, verfassungsrechtlich fragwürdige Fehlentscheidung ansehen. Sie verzögert dringend notwendige Investitionen in Erneuerbare Energien, erhöht BürokratieAnforderungen und verunsichert bei der Anwendung gesetzlicher Grundanforderungen zur Messung und Abrechnung. Zu beachten ist auch, dass die Empfehlungen der Clearingstelle EEG nicht rechtsverbindlich sind. Es ist daher nicht auszuschließen, dass ein Gericht zu einer anderen Auffassung gelangen könnte. Dies ist vor allem deshalb wichtig, da die Empfehlung durch die verfahrensbefassten Mitglieder der Clearingstelle EEG nicht in allen Punkten einstimmig beschlossen wurde. Die Ausführungen der Clearingstelle EEG geben zunächst wichtige Anhaltspunkte zur Auslegung der komplexen Rechtsnorm der EEG-Umlage. Autorin geb.1966, Dipl.-Ing., 1985-1990 Studium der Agrarwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin, 1993 - 1995 Zusatzqualifikation Umweltmanagement und -consulting, seit 1994 hauptberuflich bei SolarenergieFörderverein Deutschland e.V. Spezialgebiete: Erneuerbares-EnergienRecht, Beratung von Anlagenbetreibern, Vertreterin des SFV als nichtständiger Beisitzer bei der Clearingstelle EEG Zur Empfehlung der Clearingstelle EEG (1) Vollversorgung Diejenigen, die unter den heutigen mangelhaften Förderbedingungen, z.B. in Solartechnik, investieren wollen, suchen verständlicherweise nach Lösungen, der EEG-Umlagepflicht zu entgehen. Eine Idee dabei ist die Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien, denn § 61 (2) Nr. 3 EEG 2014 weist aus, dass die EEG-Umlage entfällt, (...) „wenn sich der Eigenversorger selbst vollständig mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt und für den Strom aus seiner Anlage, den er nicht selbst verbraucht, keine finanzielle Förderung nach Teil 3 in Anspruch nimmt“. Hieraus erwachsen unterschiedliche Möglichkeiten: • Der Anlagenbetreiber verbraucht den EE-Strom vollständig (ev. durch Nutzung eines Stromspeichers). Es wird keine Kilowattstunde in das öffentliche Netz eingespeist. Der noch verbleibenden Strombedarf des Betreibers wird durch Ökostrom eines beliebigen Stromhändlers über das öffentliche Stromnetz abgedeckt oder durch eine Direktleitung z.B. vom naheliegenden Solarstromproduzenten bezogen. • Der Anlagenbetreiber verbraucht den gesamten, erzeugten EE-Strom. Der nicht verbrauchte Teil wird in das Netz eingespeist und KEINE Vergütung beansprucht. Der Reststrom wird aus dem Stromnetz oder von einem Drittanbieter bezogen. Ob diese (oder andere) Vollversorgungs-Ideen nach § 61 (2) Nr. 3 EEG 2014 von der EEG-Umlage befreit sind, war Gegenstand der ersten Verfahrensfrage der Empfehlung der Clearingstelle EEG. Dort kam man zu dem Schluss, dass nur dann eine vollständige Eigenversorgung mit Strom aus Erneuerbaren Energien im Sinne des § 61 (2) Nr. 3 EEG 2014 gegeben sei, wenn der Eigenversorger seinen gesamten Strombedarf aus seiner Anlage - also ohne jeglichen Drittbezug - abdeckt. Sowohl der ergänzende Bezug von Ökostrom aus dem allgemeinen Netz der öffentlichen Versorgung als auch ergänzend gelieferter EE-Strom durch eine Direktleitung würde nicht zu einer vollständigen Eigenversorgung im Sinne der gesetzlichen EEG-Umlage-Befreiungsregel führen. Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 27 Der SFV teilt diese Rechtsauffassung. Dass Eigenversorger ihren Strom aus Erneuerbaren Energien auch durch den Zukauf von Ökostrom abdecken und keine EEG-Umlage zahlen müssen, ist im Gesetz nicht erkennbar. Da der vom Endkunden bezogene Ökostrom eines beliebigen Ökostromanbieters durch ein öffentliches Netz geleitet wird, kann man nicht von der geforderten vollständigen „Eigenversorgung“ ausgehen. Schlussendlich war es auch nicht deklariertes Ziel der Bundesregierung, eine zusätzliche Förderung des Ökostromhandels, die indirekt durch die Befreiung der EEG-Umlage auf Eigenversorgung umgesetzt würde, auf den Weg zu bringen. Hierfür hätte der Gesetzgeber einen definierten Anteil für Ökostrom festlegen müssen, denn die Möglichkeit, einen beliebig großen Anteil an Reststrom über einen Ökostromanbieter zu beziehen, würde selbstverständlich von jedem Anlagenbetreiber genutzt werden wollen. Aus welchen Quellen der bestellte Ökostrom stammt und ob über den Tarif indirekt auch Atom- und Kohlestrom gefördert wird, belegen Akteure meist über Zertifikate (Grüne-StromLabel, RECS Zertifikate etc). Vor diesem Hintergrund hätte der Gesetzgeber sicher zumindest einen Hinweis auf die Notwendigkeit eines Ökostromnachweises formuliert. Dass die Vollversorgung nach Meinung der Clearingstelle EEG nicht über eine Direktleitung durch Dritt-Belieferung von EEStrom abgedeckt werden kann, ist zunächst überraschend. Bedenkt man allerdings, dass „an Dritte“ gelieferter EE-Strom nach EEG 2014 nach § 60 EEG 2014 immer einer 100%igen EEG-Umlagepflicht unterliegt, wird die Rechtsauffassung verständlicher. Die Clearingstelle EEG führt allerdings aus, dass die Verwendung eines Stromspeichers zur Absicherung der Vollversorgung unschädlich wäre, sofern der Speicher ebenfalls durch den Eigenversorger selbst betrieben wird und ausschließlich mit Strom aus der eigenen Anlage ohne Nutzung des Netzes gespeist würde. Als Zeitraum für die vollständige Selbstversorgung rät die Clearingstelle EEG auf den Zeitraum eines Kalenderjahres abzustellen. Dies ist jedoch nicht zwingend und ergibt sich – wie auch die Clearingstelle EEG richtig erkennt – auch nicht aus dem Wortlaut der Norm. Diese enthält überhaupt keine zeitliche Maßgabe. (2) 10 kW-Bagatellgrenze - „Kleinanlagenregelung“ Nach der sog. „Kleinanlagenregelung“ ist Strom aus Stromerzeugungsanlagen mit einer installierten Leistung von maximal 10 kW bis zu einem Eigenverbrauch von 10 MWh/a von der EEG-Umlage befreit (§ 61 (2) Nr. 4 EEG 2014). Für die Bestimmung der installierten Leistung kommt es - so die Clearingstelle EEG - auf die elektrische (Nenn-)Wirkleistung der Module in Gleichspannung an. Unserer Rechtsauffassung, wonach die Anwendung der Wechselrichterausgangsleistung als nutzbare Wirkleistung der Anlage anzusetzen sei, folgte man nicht. Die 10-kW-Grenze sei als Ausschlusskriterium zu verstehen. Sobald die Leistungsgrenze überschritten werde, sei für den gesamten, in der Anlage erzeugten und selbstverbrauchten Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Strom die nach § 61 (1) EEG 2014 festgelegte EEG-Umlage zu zahlen. Eine „anteilige“ Anwendung der Befreiungsregel (Der Stromanteil unterliegt der EEG-Umlagepflicht, der aus dem Anlagenteil über 10 kW stammt.) wird abgelehnt. Anders allerdings ist die 10 MWh-Grenze anzuwenden. Die EEG-Umlage wird fällig, sobald der Eigenversorger aus Anlagen bis max. 10 kW mehr als 10 MWh Strom verbraucht. (Bsp.: Bei einem Verbrauch von 10,1 MWh wird für 100 kWh die EEG-Umlage fällig.) Für die Bestimmung der installierten Leistung bei mehreren Anlagen, die innerhalb von 12 Monaten auf demselben Grundstück oder in unmittelbarer räumlicher Nähe errichtet wurden, Die zur Diskussion gestellten gesetzlichen Vorschriften im EEG 2014 § 61 (1) Die Übertragungsnetzbetreiber können von Letztverbrauchern für die Eigenversorgung folgende Anteile der EEG-Umlage nach § 60 Absatz 1 verlangen: 1. 30 Prozent für Strom, der nach dem 31. Juli 2014 und vor dem 1. Januar 2016 verbraucht wird, 2. 35 Prozent für Strom, der nach dem 31. Dezember 2015 und vor dem 1. Januar 2017 verbraucht wird, und 3. 40 Prozent für Strom, der ab dem 1. Januar 2017 verbraucht wird. (...) § 61 (2) Der Anspruch nach Absatz 1 entfällt bei Eigenversorgungen, (...) 3. wenn sich der Eigenversorger selbst vollständig mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt und für den Strom aus seiner Anlage, den er nicht selbst verbraucht, keine finanzielle Förderung nach Teil 3 in Anspruch nimmt, oder 4. wenn Strom aus Stromerzeugungsanlagen mit einer installierten Leistung von höchstens 10 Kilowatt erzeugt wird, für höchstens 10 Megawattstunden selbst verbrauchten Stroms pro Kalenderjahr; dies gilt ab der Inbetriebnahme der Stromerzeugungsanlage für die Dauer von 20 Kalenderjahren zuzüglich des Inbetriebnahmejahres; § 32 Absatz 1 Satz 1 ist entsprechend anzuwenden. § 61 (6) Strom, für den die Übertragungsnetzbetreiber nach Absatz 1 die Zahlung der EEG-Umlage verlangen können, muss von dem Letztverbraucher durch geeichte Messeinrichtungen erfasst werden. § 61 (7) Bei der Berechnung der selbst erzeugten und verbrauchten Strommengen nach den Absätzen 1 bis 6 darf Strom nur bis zu der Höhe des aggregierten Eigenverbrauchs, bezogen auf jedes 15-Minuten-Intervall (Zeitgleichheit), berücksichtigt werden. Eine Messung der Ist-Einspeisung ist nur erforderlich, wenn nicht schon technisch sichergestellt ist, dass Erzeugung und Verbrauch des Stroms zeitgleich erfolgen. Andere Bestimmungen, die eine Messung der Ist-Einspeisung verlangen, bleiben unberührt. § 32 (1) Mehrere Anlagen gelten unabhängig von den Eigentumsverhältnissen und ausschließlich zum Zweck der Ermittlung des Anspruchs nach § 19 für den jeweils zuletzt in Betrieb gesetzten Generator als eine Anlage, wenn 1. sie sich auf demselben Grundstück oder sonst in unmittelbarer räumlicher Nähe befinden, 2. sie Strom aus gleichartigen erneuerbaren Energien erzeugen, 3. der in ihnen erzeugte Strom nach den Regelungen dieses Gesetzes in Abhängigkeit von der Bemessungsleistung oder der installierten Leistung der Anlage finanziell gefördert wird und 4. sie innerhalb von zwölf aufeinanderfolgenden Kalendermonaten in Betrieb genommen worden sind. 28 ist § 32 Abs. 1 EEG 2014 anzuwenden. Wenn ein Zubau zu einer oder mehrerer Bestandsanlagen erfolgte, die bereits vor dem 1.8.2014 zur Eigenversorgung genutzt wurden, seien in Hinblick auf die 10-kW-Grenze nur die zugebauten Module nach dem 31.7.2014 zu berücksichtigen. Bestandsanlagen, die im Eigenverbrauch genutzt wurden, sind bei der Anlagenzusammenfassung nicht zu berücksichtigen. Zum besseren Verständnis stellte die Clearingstelle EEG Fallbeispiele auf, die in der folgenden Tabelle wiedergegeben werden. (3) Messkonzepte Abschließend ging die Clearingstelle EEG noch umfänglich auf solche Fragestellungen ein, die sich aus § 61 Abs. 7 EEG 2014 ergeben. EEG-Umlagepflicht auf Eigenverbrauch nach § 61 Absatz 2 Nr. 3 EEG 2014 hier: Zusammenfassung von mehreren Anlagen „auf einem gemeinsamen Grundstück oder in unmittelbarer räumlicher Nähe“ Bsp. 1 Bsp. 2 Bsp. 3 Bsp. 4 Bsp. 5 Inbetriebnahme der Anlage Installierte Leistung mit Überschusseinspeisung (Ü) oder Volleinspeisung (V) EEG-Umlage auf Eigenverbrauch 5. Jan 15 4 kW (Ü) befreit bis 5. Dez 15 8. Mär 15 5 kW (Ü) befreit bis 5. Dez 15 6. Dez 15 2 kW (Ü) EEG-Umlage 5. Jan 15 4 kW (Ü) befreit 8. Aug 15 5 kW (Ü) befreit bis 9. Jan 16 10. Jan 16 7 kW (Ü) EEG-Umlage 5. Jan 15 4 kW (Ü) befreit bis 7. Aug 15 8. Aug 15 7 kW (Ü) EEG-Umlage 10. Jan 16 2 kW (Ü) befreit 5. Jan 15 4 kW (Ü) befreit bis 7. Aug 15 8. Aug 15 7 kW (Ü) EEG-Umlage 10. Jan 16 4 kW (Ü) EEG-Umlage 1. Feb 14 6 kW (Ü) befreit 12. Dez 14 7 kW (Ü) befreit Die gesetzliche Vorgabe schreibt vor, Bsp. 6 1. Feb 14 dass „bei der Berechnung der selbst 12. Dez 14 erzeugten und verbrauchten StrommenBsp. 7 1. Feb 14 gen nach den Absätzen 1 bis 6“ nur der 12. Dez 14 Strom „bis zu der Höhe des aggregierten Eigenverbrauchs, bezogen auf jedes 12. Dez 14 15-Minuten-Intervall (Zeitgleichheit), beBsp. 8 1. Feb 14 rücksichtigt werden [darf]. Eine Messung 12. Dez 14 der Ist-Einspeisung ist nur erforderlich, wenn nicht schon technisch sicherge1. Feb 15 stellt ist, dass Erzeugung und Verbrauch des Stroms zeitgleich erfolgen. Andere Bestimmungen, die eine Messung der Ist-Einspeisung verlangen, bleiben unberührt.“ 6 kW (Ü) befreit 11 kW (Ü) EEG-Umlage Aus diesen komplexen Anforderungen heraus wurde rechtlich überprüft, a) wann der PV-Eigenverbrauch aus PV-Installationen bis 10 kW messtechnisch erfasst werden muss, b) unter welchen Voraussetzungen die Zeitgleichheit von Erzeugung und Verbrauch durch eine 1/4h-Messung (registrierende Leistungsmessung) nicht erforderlich ist, c) welche Rückschlüsse bei PV-Konzepten mit Speichern gezogen werden müssen und 6 kW (V) befreit 7 kW (Ü) EEG-Umlage (6 kW) (Ü) EEG-Umlage ab 12. Dez 2014 6 kW (V) befreit 7 kW (Ü) befreit bis 31. Jan 2015 (6 kW) (Ü) EEG-Umlage Gemeinsame Messeinrichtung für mehrere Eigenverbrauchsanlagen mit gleichartigen erneuerbaren Energieträgern (von denen keine (oder alle) dem Marktintegrationsmodell gemäß § 33 Abs. 1 EEG2012 unterfällt (bzw. unterfallen)) Z d) wann eine registrierende Leistungsmessung notwendig ist. zu a) PV-Eigenverbrauchsmessung bei Kleinanlagen Die Clearingstelle EEG stellt fest, dass der Eigenverbrauch von Strom aus einer PV-Installation mit maximal 10 kWp messtechnisch nur dann erfasst werden muss, wenn sie mehr als 10 MWh pro Kalenderjahr erzeugen und der Eigenverbrauch mehr als 10 MWh betragen kann. Das ist nur dann der Fall, wenn aufgrund der installierten Leistung, des aufgrund der Strahlungswerte am Standort maximal erwartbaren Jahresertrages und des konkreten Eigenversorgungskonzeptes praktisch nicht auszuschließen Z ~ ~ aus: Empfehlung 2014/31, Anhang 6.3. Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 29 ist, dass der Eigenversorger in seiner Anlage mehr als 10 MWh pro Kalenderjahr erzeugt und selbst verbraucht. Nach Annahmen der Clearingstelle EEG kann ein Wert von 1300 kWh pro kWp installierter Leistung und Jahr nicht überschritten werden. Sie geht deshalb davon aus, dass für die gegenwärtig verfügbaren Modultypen bei PV-Installationen mit bis zu 7,69 kWp nicht mehr als 10 MWh erzeugt werden können. Bis zu dieser Leistungsgröße wäre also eine messtechnische Erfassung entbehrlich, da die Solaranlage nie 10 MWh erzeugen könnte. zu b) Wann ist eine registrierende Leistungsmessung nicht erforderlich? Zunächst ist für alle Anlagen über 7,69 kWp, die zur Abdeckung eines Strombedarfs von mehr als 10 MWh konzipiert sind, eine messtechnische Erfassung des Eigenverbrauchs notwendig. Nach Meinung der Clearingstelle EEG muss zur Gewährleistung der Zeitgleichheit von Erzeugung und Verbrauch bei der Eigenversorgung gemäß § 61 Abs. 7 EEG2014 nur dann die Ist-Einspeisung (z. B. durch registrierende Leistungsmessung oder Zählerstandsgangmessung) erfasst werden, wenn die Zeitgleichheit von Erzeugung und Verbrauch nicht bereits durch eine geeignete Anordnung von Arbeitszählern gewährleistet werden kann. Der Strombezug aus der EE-Anlage oder dem öffentlichen Netz basiere auf physikalisch-technischen Gegebenheiten und erfolge je nach Stromangebot und -bedarf. Eine registrierende Leistungsmessung im 1/4h-Takt wäre entbehrlich. Diese Handhabung gilt • für jeden anderen Grundfall der Eigenversorgung durch einen Anlagenbetreiber (über 10 kW), • für den Fall, dass mehrere EE-Anlagen einen Eigenversorger am Anschlusspunkt versorgen, • sowie für mehrere Verbraucher bei einer EE-Anlage am Anschlusspunkt. Bei Messkonzepten, wo nicht nur der Eigenversorger, sondern auch Letztverbraucher (z.B. Mieter), mit Strom versorgt werden, muss sichergestellt werden, dass die von Dritten verbrauchte Strommenge gesondert erfasst wird (Kaskadenmessung). Diese Strommenge unterliegt der vollen EEG-Umlagepflicht nach § 60 EEG 2014. Eine registrierende Leistungsmessung wäre u.U. auch hier entbehrlich. Im Anhang zur Empfehlung 2014/31 stellt die Clearingstelle EEG diejenigen Messanordnungen vor, bei denen bereits technisch sichergestellt ist, dass Erzeugung und Verbrauch des Stroms nach § 61 (7) EEG 2014 zeitgleich erfolgt. zu c) PV-Konzepte mit Speichern Die Clearingstelle EEG betrachtete ausschließlich den Fall, bei dem PV-Anlagen bis 10kWp mit Speichern einer Leistung bis max.10 kW ergänzt werden. Im Speicher sollte dabei ausschließlich Strom aus der Anlage des Eigenerzeugers zwischengespeichert und vom Eigenerzeuger verbraucht werden. Dabei wäre eine Personenidentität von Anlagenbetreiber, Speicherbetreiber und Letztverbraucher zwingend. Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Die juristische Betrachtung darüber, ob auch dann eine Zeitgleichheit zwischen Erzeugung und Verbrauch vorliegen würde, wenn PV-Systeme mit Speichern genutzt würden, kam zu folgendem Ergebnis: Das „Einspeichern“ sei ein Verbrauch im Sinne des EEG. Dieser „Verbrauch“ durch den Speicher erfolgt zeitgleich mit der Erzeugung des Stroms in der PV-Anlage, so dass kein Verstoß gegen das Prinzip der Zeitgleichheit vorläge. Das „Ausspeichern“ wiederum rufe aus juristischer Sicht § 5 Nr. 1 EEG 2014 auf den Plan. Demnach gelten auch solche Einrichtungen als Anlagen, „die zwischengespeicherte Energie, die ausschließlich aus erneuerbaren Energien oder Grubengas stammt, aufnehmen und in elektrische Energie umwandeln“. Der vom Speicher (= Anlage) erzeugte Strom wird vom Letztverbraucher erneut zeitgleich letztverbraucht, so dass wiederum kein Verstoß gegen die Vorgabe der Gleichzeitigkeit nach § 61 Abs. 7 EEG2014 vorläge. Auf Grund dieser juristischen Überlegungen sei es gerechtfertigt, dass der Eigenerzeuger Arbeitszähler nutzt und auf eine registrierende Leistungsmessung verzichtet. zu d) Wann ist eine registrierende Leistungsmessung erforderlich? Wenn am Netzverknüpfungspunkt mehrere Erzeugungsanlagen verschiedener Betreiber angeschlossen und der erzeugte Strom von verschiedenen Letztverbrauchern zur Eigenversorgung verbraucht werden soll, muss zur korrekten Erfassung, Zuordnung und Abrechnung der EEG-Umlage eine Messanordnung mit registrierender Leistungsmessung eingerichtet werden. Hier ist das Verfahren der „gewillkürten Vorrangregelung“ vom Anlagenbetreiber anzuwenden. Dabei wird auf Entscheidung des Anlagenbetreibers / der Anlagenbetreiber der Strom aus einer der Erzeugungsanlagen vorrangig als Überschuss- und folglich der Strom aus der anderen Erzeugungsanlage vorrangig als Eigenverbrauchsstrom verbucht. Ansonsten würde man auch mit registrierender Leistungsmessung nicht eindeutig zugeordnen können, welcher Anteil des eigenverbrauchten bzw. des ins Netz eingespeisten Stroms aus der einen Anlage bzw. aus der anderen Anlage stammt. Fazit In dieser aktuellen Empfehlung der Clearingstelle EEG sind zwar sinnvolle Vereinfachungen und anwenderfreundliche Interpretationen zur komplexen Gesetzeslage zu finden. Die gesetzlichen Regelungen zur Abrechnung und zur Messtechnik, um die Forderung nach EEG-Umlage auf Eigenverbrauch umzusetzen, bleiben jedoch bürokratisch und im höchsten Maße investitionshindernd. Empfehlung „Empfehlungsverfahren 2014/31 - Einzelfragen zur Anwendung des § 61 EEG 2014 bei EE-Anlagen“ Die Clearingstelle EEG hat am 2. Juni 2015 die o.g. Empfehlung beschlossen. Der Empfehlung voraus gingen der Eröffnungsbeschluss und die Stellungnahmen der akkreditierten Verbände und registrierten öffentlichen Stellen. Infos: https://clearingstelle-eeg.de/empfv/2014/31 Speicher und Recht 30 Speicher unter dem EEG 2014 Informationen zum 21. Fachgespräch der Clearingstelle EEG Von Susanne Jung Am 8. Juni lud die Clearingstelle EEG zum 21. Fachgespräch ein. Diesmal ging es um das Thema „Speicher im Kontext des EEG“. Zur Diskussion gestellt wurden nicht nur energierechtliche Themen sondern auch Statements zu Förderwegen und Themen zur technischen Einordnung von Speichern. Wie gewohnt war auch diese Veranstaltung auf einen breiten Dialog - vor allem der noch zu klärenden und bereits bekannten Rechtsfragen - ausgelegt. Außerdem sei es für die Speicherintegration hinderlich, dass Netzbetreiber weder am Speicherausbau noch am Strommarkt teilnehmen könnten. Die EEG-Umlage-Problematik auf eigenverbrauchten Strom sowie die Netzanschluss-Unsicherheiten bei dezentralen Speicherlösungen erhöhten das Interesse an Insel- und damit an nicht-gemeinschaftlichen Lösungen, so Salinger. Wissenschaftlich begleitet wurde die Veranstaltung durch die interdisziplinäre Initative der deutschen Wissenschaftsakademien im Projekt „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS). Unter den ca. 120 Teilnehmern aus Wissenschaft, Energieversorgung, Rechtsanwaltskanzleien, Vereinen, Verbänden und der Presse war auch der Solarenergie-Förderverein Deutschland bei diesem Fachgespräch dabei. Beiträge von Juristen und Verbänden Beiträge aus Wissenschaft und Politik Wenig überraschend waren die Einschätzungen der Referenten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Prof. Dr. Christian Doetsch, Fraunhofer Institut UMSICHT/ESYS, Herr Dr. Ralf Sitte, BMWi und Dr. Rainer Salinger, Siemens AG/ ESYS, machten in ihren Beiträgen zwar eindringlich auf die Problematik fluktuierender Erneuerbarer Energien aus Wind und Sonne aufmerksam. Sie betonten allerdings auch, dass die Energiespeicherung nur ein Baustein der Systemintegration von Erneuerbaren sei. Die intelligente Steuerung von Energieerzeugung und -verbrauch (Smart Grid, virtuelle Kraftwerke), Demand-Side-Management sowie Netzausbau und damit verbundenen Optionen zum Stromex-/Stromimport wären weitere wichtige Systemoptionen. Prof. Doetsch stellte zudem die Metastudie „Die Bedeutung von Stromspeichern für die Energiewende“ vor. In ihr wurden zahlreiche Studien aus den Jahren 2006 bis 2014 ausgewertet, um eine, seiner Meinung nach, belastbare Datenlage zu verschiedenen Energieausgleichsszenarien im Stromsystem sowie der Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit einzelner Speichertechnologien zu erhalten. Im Ergebnis der Auswertungen kam das Fraunhofer Institut zu dem Ergebnis, dass Markteintrittshemmnisse bei Speichern beseitigt werden müssten und die Schaffung eines einheitlichen Rechts unter Berücksichtigung anderer Flexibilitätsoptionen dringend geboten sei. Auf den Einwand, dass die in die Metastudie eingeflossenen Einzelstudien jeweils nur die vom Auftraggeber vorgeschriebenen Forschungs-Eckpunkte beinhalten und damit unterschiedlichen Wichtungen unterlägen, ging er nicht weiter ein. Im Plädoyer kam er zu dem Schluss, dass Stromspeicher ein notwendiger Baustein der Energiewende sind. Die technologischen Potenziale seien vorhanden und der geeignete Rahmen sollte jetzt geschaffen werden. Auch Dr. Salinger machte eindringlich darauf aufmerksam, dass ein umfassender rechts-regulatorischer Bedarf bei Speichern existiere. So wäre es z.B. rechtsstrittig, ob Speicher als Verbraucher oder Erzeuger eingestuft würden. Daraus ergäben sich eine Reihe von wesentlichen Rechtsfolgen. Jurist Frank Sailer, Stiftung Umweltenergierecht, teilte die allgemeine Forderung nach einem einheitlichen Speicherrecht nicht. In seinem Vortrag stellte er die in Gesetzen und Vorschriften teilweise widerstreitenden rechtlichen Regelungen vor. Dabei bestätigte er, dass diese in Teilen weder energiepolitisch noch energierechtlich sachgerecht und damit auslegungsbedürftig und handwerklich nachzubessern wären. Ein Rechtsbedürfnis nach einem „Speichergesetz“ oder gar „Speicher-EEG“ gäbe es seiner Ansicht nach allerdings nicht. Damit heizte man die Refinanzierungsdebatte bei Stromverbrauchern nur unnötig an. Vielmehr plädierte er dafür, die bisherigen Rechtsregeln besser aufeinander abzustimmen und zu einem späteren „Flexibilitätenrecht“ zu entwickeln, in dem Speicher als eine der möglichen Optionen geregelt würde. Außerdem solle man aus seiner Sicht dringend vermeiden, die rechtlich unterschiedlichen SpeicherDefinitionen in Gesetzen und Verordnungen „in ein Korsett“ zu drängen. Eine flexible Handhabung und die dynamische Weiterentwicklung werde sonst verhindert. Er wies aus, dass es unter den derzeitigen rechtlichen Rahmenbedingungen für Netzbetreiber bereits in engem Maße möglich sei, Speicher zu betreiben. Dabei sei es wesentlich, dass die Speicher ausschließlich zur Stabilisierung des Netzes und nicht für Stromhandelstätigkeiten genutzt würden. Den Einwand, dass Rechtsunsicherheiten dazu führen würden, Investoren abzuschrecken, problematisierte er nicht. Die zahlreichen rechtlichen Fragestellungen waren auch Gegenstand weiterer Vorträge. Herr Dipl.-Wi.-Ing. Sönke Dibbern, Mitglied der Clearingstelle EEG, kam in seinem Beitrag zu „Problemen des Speicherbetriebs unter dem EEG 2014“ zu dem Fazit, dass der derzeitigen Gesetzeslage viele Fragen und wenige Antworten anhaften würden. Seine Ausführungen bauten auf der gesetzlichen Regelung auf, dass in den Begriffsbestimmungen nach § 5 Nr. 1 EEG 2014 „auch Einrichtungen, die zwischengespeicherte Energie, die ausschließlich aus Erneuerbaren Energien [. . . ] stammt, aufnehmen und in elektrische Energie umwandeln“ als Anlage gelten würden. Dieser - auch aus sprachlicher Sicht - unklare Speicherbegriff im EEG 2014 führe zu vielzähligen Problemen bei der Anwendung des EEG-Anlagenbegriffs. Beispielhaft wurde hier der Netzanschluss, das Einspeisemanagement und die finanzielle Förderung einer oder mehreren Anlagen genannt. Der vom SFV in der nachfolgenden Diskussion eingebrachte Einwand, dass viele rechtliche Problemstellungen Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 31 im EEG 2014 vom Tisch wären, wenn man den Anlagenbegriff nicht auf die Generator- sondern die Wechselrichterausgangsleistung beziehen würde, wurde von Dibbern nicht weiter kommentiert. (Infos zum modernen Anlagenbegriff, siehe Artikel im Solarbrief 3/14, S. 20: „AC statt DC“ oder unter http://www.sfv. de/artikel/ac_statt_dc_.htm). Die nachfolgenden Referenten Christoph Weißenborn, BDEW, und Jörg Mayer, BSW, machten auf weitere Rechtsfragen aufmerksam. Dabei problematisierte Weißenborn u.a. den Anlagenbegriff und die damit einhergehende Förderfähigkeit der Anlage. Würde nicht exakt nachweisbar sein, dass der Speicher 100% Erneuerbare-Energien-Strom enthielte, wäre die Anlage nach Rechtsauffassung des BDEW generell nicht förderfähig. Dieses Rechtsproblem wurde auch von Jörg Mayer aufgegriffen. Es wäre nicht ausschließbar, dass Stromspeicher zeitweise mit Strom aus dem Netz geladen werden müssten, um technisch problematische Tiefenentladungen zu vermeiden. Diese „Wartungsladungen“ aus dem Netz hätten allerdings ggf. den Verlust der Förderfähigkeit der Anlage zur Folge. Fachübergreifend Herr Sebastian Gölz, Fraunhofer ISE, lieferte am späten Nachmittag noch einen interessanten Einblick zur Rolle der Energiespeicher für die Akzeptanz der Energiewende. Nach seiner Einschätzung stehe ein Speicherboom unmittelbar bevor. Er könnte eine dem Ausbau von PV-Anlagen vergleichbare Entwicklung durchlaufen. Tragende Elemente dabei seien der Wunsch nach Autonomie und die Vermeidung von Netzausbau. Hinzu kämen ökologische und ökonomische Perspektiven. Private PV-Speicher würden dabei einen hohen Grad an Akzeptanz genießen. Die Akzeptanz von Pumpspeichern sei projektspezifisch und die Akzeptanz von Druckluft- und Wasserstoffspeichern bedürfe noch einer grundlegenden Forschung. Resümee Das 21. Fachgespräch der Clearingstelle EEG bot neben einem allgemeinen Überblick zu den aktuellen Plänen bei der Integration von Speichern auch einen Einblick in die unbefriedigenden Rechtslage. Die benannten missverständlichen und interpretationsbedürftigen Rechtsregelungen sind ein Spiegel dessen, dass derzeit noch kein klares politisches Bekennen zum schnellstmöglichen Speicherausbau existiert. Unter dem heutigen Dach der Gesetze und Verordnungen werden Investoren abgeschreckt oder Rechtsanwälte, Gerichte sowie die Clearingstelle EEG umfassend beschäftigt. Das Fachgespräch hinterließ damit nicht nur - wie Herr Sönke Dibbern, Mitglied der Clearingstelle EEG, seinem Vortrag veranstellte - viele Fragen und wenig Antworten. Es reflektierte die rechtspolitische Realität und bot hinreichend Möglichkeiten zur Diskussion. Vorträge 21. Fachgespräch „Speicherbetrieb unter dem EEG 2014“ Unter https://www.clearingstelle-eeg.de/fachgespraeche/21 stehen alle Vorträge zum Download bereit. Technische Normen beim Einsatz von Speichern Auswahl, kurz zusammengestellt * VDE-Anwendungsregel VDE-AR-E 2510-2 FNN-Hinweis Die Anwendungsregel VDE-AR-E 2510-2 „Stationäre elektrische Energiespeichersysteme vorgesehen zum Anschluss an das Niederspannungsnetz“ gilt für die Planung, Errichtung, Betrieb, Demontage und Entsorgung von ortsfesten Energiespeichersystemen mit Anschluss an das Niederspannungsnetz und enthält die dazu notwendigen Sicherheitsanforderungen. Damit enthält sie die für Installationsbetriebe zu beachtenden Netzanschlussbedingungen, soweit diese nicht in der DIN EN 50272-2 berücksichtigt sind. Die VDE-Anwendungsregel wurde im Dezember 2014 veröffentlicht und gültig. Der technische Hinweis des FNN „Anschluss und Betrieb von Speichern am Niederspannungsnetz“ dient der technischen Umsetzung des Anschlusses und Betriebs von Speichersystemen und dient insbesondere der Umsetzung der Richtlinien zur Förderung von stationären und dezentralen Batteriespeichersystemen zur Nutzung in Verbindung mit Photovoltaikanlagen. Als technischer Hinweis ist er keine Norm, allerdings als technischer Leitfaden umfassend und anerkannt. (Bestellung: https://www.vde-verlag.de/normen/1500048/vde-ar-e-25102-anwendungsregel-2014-12.html) VDE-Anwendungsentwurf VDE-AR-E 2510-50 Diese Anwendungregel soll im Wesentlichen Sicherheitsanforderungen an die Batterien und Batteriekomponenten von Energiespeichersystemen und entsprechende Prüfungen und Annahmebedingungen für Lithium-Ionen Batterien enthalten. Der Zweck der Anforderungen dieser Norm ist es sicherzustellen, dass Gefährdungen des Bedieners/Benutzers und des Umgebungsbereichs auf ein vertretbares Maß reduziert werden. Sie liegt derzeit nur im Entwurf vor und ist noch nicht gültig. Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (Download: www.vde.com/de/fnn/arbeitsgebiete/Documents/FNN_ Speicher_2014-06.pdf Sicherheitsleitfaden Li-Ionen-Hausspeicher In diesem Katalog werden Schutzziele für Batteriespeichersysteme mit und ohne Einbeziehung von Umrichtern auf Basis von wiederaufladbaren Lithium-Ionenzellen (SekundärLithiumIonenzellen) für die Nutzung als stationäre Heimspeicher aufgestellt - z. B. für die Verwendung in Kombination mit Photovoltaik-Anwendungen. Download: http://www.competence-e.kit.edu/img/Sicherheitsleitfaden_LiIonen_Hausspeicher_11_2014.pdf * ausführlicher im Vortrag von Dipl.-Ing. Andreas Habermehl, Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke, beim 21. Fachgesprächs der Clearingstelle EEG Speichertechniken 32 „Stromspeichertechnologien - Stand der Technik, Wirtschaftlichkeit, Perspektive“ Veranstaltung der Industrie- und Handelskammern im Rheinland Von Kerstin Watzke Die Industrie- und Handelskammern im Rheinland luden am 19.05.2015 zu der Veranstaltung „Stromspeichertechnologien - Stand der Technik, Wirtschaftlichkeit, Perspektive“ ein. Vier Fachreferenten stellten ihre jeweiligen Arbeits- bzw. Forschungsgebiete vor. Autorin • seit Mai 2001 hauptberuflich beim Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. beschäftigt Spezialgebiete: Beratung von Anlagenbetreibern, Ertragsdatenbank, Bildungsangebote für Kinder und Jugendliche Nachdem Paul Kurth, Referat „Energie und Umwelt“ der IHK Aachen, den Stellenwert der Stromspeicher für die Energiewende und eine stabile Stromversorgung erläutert hatte, begann der erste Fachvortrag von Dr. Leuthold. 1. Vortrag: „Stromspeichersysteme im Markt Technologien, Kosten und Einsatzpotentiale von dezentralen Stromspeichern“ von Dr. Matthias Leuthold vom Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe RWTH (ISEA) in Aachen Steigende Strompreise und fallende Photovoltaik-Anlagenpreise eröffnen ein Fenster für den Speichereinsatz, so die Meinung von Dr. Leuthold. Dieses Fenster sei abhängig von den Kosten für Stromerzeugung, Strombezug und Speicher. Da in der letzten Zeit ein massiver Preisverfall für Lithium-Ionen-Zellen verzeichnet werden konnte, erzeugt Kerstin Watzke: Dipl.-Biologin, Aufbaustudium Umweltwissenschaften dies seiner Meinung nach einen Motivationsschub für den Speichereinsatz. Die Elektromobilität dominiere dabei die Entwicklung. So könne die Kopplung von Elektromobilität mit PV-Speichern eine Kostenreduktion durch Doppelnutzung ermöglichen. Es existieren zur Stabilisierung des Energiesystems eine Vielzahl von Energiespeichern. Dr. Leuthold gab einen Einblick über die Energiespeichervielfalt: • Pumpspeicher (Nachteil: begrenztes Potential; Kosten 3-11 ct/kWh – abhängig vom Standort) • Schwungrad (Nachteil: nur kurzzeitige Speicherung) – weitere Erläuterung: siehe Vortrag 3 Lithium-IonenBatterien Blei-SäureBatterien Redox-FlowBatterien Hochtemperaturbatterien Kalendarische Lebensdauer sehr haltbar (5-20 Jahre) lange Lagerfähigkeit (5-15 Jahre) haltbar (10-15 Jahre) sehr haltbar (15–20 Jahre) Zyklische Lebensdauer Zyklenstabil, da nur LiIonen transferiert werden (1.000 – 5.000 Zyklen) nicht zyklenstabil (500 - 2.000 Zyklen) Zyklenfest (> 10.000 Zyklen) 5.000 – 10.000 Zyklen Wirkungsgrad 90-95 % 80-85 % 60-74 % 82-91 % Vorteile Schnelles Kostensenkungspotential, massiver Preisverfall: 2010: 400-700 €/kWh 2015: 200-400 €/kWh Erfahrungen mit großen Speichern, in großer Stückzahl verfügbar Nachteile teuer, Lithiumvorkommen auf wenige Länder begrenzt stoffliche Umwandlung; stetige Verringerung der elektrochemisch aktiven Oberfläche des PbSO4 häufig verwendeter Inhaltsstoff Vanadium ist teuer hohe Reinheit erforderlich, thermische Verluste Energiekosten 180 – 700 €/kWh 80 – 200 €/kWh 150 – 400 €/kWh 250 – 500 €/kWh Leistungskosten 100 – 200 €/kW 100 – 200 €/kW 100 – 200 €/kW 100 – 200 €/kW kostengünstige Inhaltsstoffe (Meersalz und Aluminium) Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 33 • Wasserstoff (Kosten 23 ct/kWh mit langfristigem Kostenreduktionspotential bis 9 ct/kWh), Methan-Speicher (Nachteil: schlechter Wirkungsgrad) • Druckluftspeicher (Kosten: 38 ct/kWh mit Potential zur zukünftigen Kostenreduktion bis 22 ct/kWh) • Supraleitende Magnetspulen • Super Caps Einige Speichermöglichkeiten wurden genauer betrachtet (siehe nebenstehende Tabelle). Darüberhinaus wies Dr. Leuthold auf die hohe Aktivität in Forschung und Entwicklung hin. So sind neuartige Batterien derzeit in der Entwicklung, wie z.B.: • Natrium-Ionen-Batterien Pumpspeicherwerk, Harz Foto: Wikimedia, CC BY-SA 3.0 • Metall-Luft-Batterien • Lithium-Ionen-Feststoffbatterien • Lithium-Schwefel-Batterien • Lithium-Ionen-Batterie mit siliziumhaltiger Anode Neben den Erläuterungen zu verschiedenen Speichertechnologien nahmen auch die Speicherkosten in den Ausführungen von Dr. Leuthold eine wichtige Rolle ein. Die Speicherkosten für den Energiedurchsatz (ct/kWh) sind von vielen Parametern abhängig. So müssen die Anschaffungskosten für den Umrichter (€/kW) genauso berücksichtigt werden wie die Kosten für Wartung, Reparaturen und Kapitalkosten. Daneben sind u.a. die Stromkosten (ct/kWh), der Wirkungsgrad (%), die Selbstentladungsgeschwindigkeit (%/Tag), die Zyklenanzahl pro Tag, die Zyklenlebensdauer und die Systemlebensdauer zu bewerten. Die Speicherkosten hängen bei vielen Speichern stark von der Entladungshäufigkeit (Be- und Entladezyklen) ab, so die Meinung von Dr. Leuthold. Dies verdeutlichte er anhand mehrerer Kalkulationen: Während sich die Speicherungskosten für Wasserstoff bei monatlichem Zyklus von 24 ct/kWh (Stand 2010) auf 9 ct/kWh (Stand 2020+) reduzieren könnten, würden sich die Kosten im Vergleich bei täglichem Zyklus von 24 ct/kWh (Stand 2010) nur auf bis zu 11 ct/kWh (Stand 2020+) verringern. Anders sieht dieser Vergleich jedoch bei Druckluftspeichern aus: Hier könnten die Speicherungskosten bei monatlichem Zyklus von 38 ct/ kWh (Stand 2010) auf 22 ct/kWh (Stand 2020+) sinken, während sich die Kosten bei einem täglichen Zyklus von 6 ct/kWh (Stand 2010) sogar auf ca. 3 ct/kWh (Stand 2020+) reduzieren könnten. Die Speicherungskosten von Pumpspeicherkraftwerken liegen im Vergleich dazu je nach Standort der Anlage bei einem monatlichen Zyklus bei 3-11 ct/kWh. Wird das Pumpspeicherkraftwerk täglich betrieben, so sinken die Speicherungskosten auf 3-6 ct/kWh. Die Kosten reduzieren sich also meist durch häufigere Lade- und Entladevorgänge. Ähnliche Kalkulationen wurden auch bei den Speicherkosten von Batteriespeichern gemacht: eine Erhöhung der Zyklenzahl von eins auf zwei pro Tag ergab in allen Fällen eine Kostenreduktion. Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. September 2014 in Schwerin an das öffentliche Netz angeschlossen: Kommerzieller Lithium-Ionen-Batterie mit einer Kapazität von 5 Megawattstunden; hier: Innenansicht der Akkuhalle, Betreiber und Foto: WEMAG Photovoltaik und Speichereinsatz in Gewerbebetrieben? Im Rahmen des IHK-Seminars sollte Dr. Leuthold auch beurteilen, wie sich die Integration eines Speichers für einen Gewerbebetrieb wirtschaftlich darstellt. Anhand unterschiedlicher Szenarien (Anlagenpreise/ Strombezugskosten etc.) vertrat er die These, dass sich eine PV-Anlage in einem Gewerbebetrieb (Beispiel: Supermarkt) wirtschaftlich betreiben lässt, dass die Kombination mit einem Speicher jedoch mittelfristig nicht wirtschaftlich ist. Das Projekt „M5BAT“ Abschließend wies Dr. Leuthold auf das Projekt „M5BAT“ (Modularer multi-Megawatt multi-Technologie Mittelspannungsbatteriespeicher) hin. Bis 2016 soll im Aachener Stadtteil Rothe Erde ein 5 MW-Speicher in Betrieb gehen. Die Besonderheit von „M5BAT“ ist der modulare Aufbau des Speichers, bei dem unterschiedliche Batterie-Technologien optimal miteinander verknüpft werden. So werden Lithium-Ionen-Batterien beispielsweise als kurzfristige Leistungsspeicher eingesetzt, Hochtemperatur-Batterien eignen sich für die Energiebereit- 34 stellung über mehrere Stunden und Bleibatterien kommen sowohl bei kurzen als auch bei mittleren Entladezeiten zum Einsatz. So entsteht in Aachen ein weltweit einmaliger modularer Batteriegroßspeicher. Weitere Informationen unter: http://m5bat.de/ In seinem Resümee vertrat Dr. Leuthold folgende Ansichten: • Der Ausbau der Erneuerbaren Energien muss seiner Meinung nach nicht auf die Realisierung von Großspeichern warten. So sei bis zu einem Anteil von 60 % Erneuerbare Energien die Nutzung der Flexibilität aus steuerbaren Erzeugern und Netztransferkapazitäten günstiger. DSM (Demand Side Management) und abschaltbare Lasten seien in Grenzen verfügbar. (SFV: Dieser Ansicht widerspricht der SFV ausdrücklich. Das Fehlen von Speichern verzögert bereits seit langem den Ausbau der Erneuerbaren Energien.) • Die Kostensenkung für Speichersysteme sei sehr dynamisch (besonders aufgrund der E-Mobilität). • Speicher kämen schon vor einem Anteil an Erneuerbaren Energien von 60 % für ausgewählte Märkte in Frage. (Z.B. für Systemdienstleistungen: PRL (Primärregelenergie), Batterien in Fahrzeugen und als dezentrale Speicher für PV-Eigenverbrauch) • Grundsätzlich sei die internationale Entwicklung dynamischer als die Entwicklung in Deutschland, da die Versorgungssicherheit in Deutschland besser als in vielen anderen Ländern ist und somit der Handlungszwang andernorts größer erscheint. (Bsp: USA, Italien, Südamerika, viele afrikanische Staaten) installiert. 2014 wurden ca. 20 % der neu installierten PV-Anlagen < 10 kWp mit einem Speicher ausgestattet. AC-Systeme wurden dabei gleich häufig verbaut wie DC-Systeme, genauso wie die Batterietypen: Li-Ionen 48 % vs. Blei-Säure 52 %. Im PVBatteriespeichersektor konnte währenddessen in den letzten Jahren ein Preisrückgang von ca. 25 % erzielt werden. Linssen schätzt sowohl den Bereich Elektromobilität als auch den PVEigenverbrauchsspeicher langfristig als besonders relevant für die Preisentwicklung von Speichern ein. Für ihn ist die genaue Planung und Auslegung von PV-Anlage und Speicher elementar; zu berücksichtigen sind besonders Anlagengröße, Batteriekapazität und das Erzeugungs- sowie Verbrauchsprofil. Dies gilt insbesondere für Industrie und Gewerbe mit den jeweils sehr individuellen Lastprofilen. Gerade realistische Nachfrageprofile sind ein Muss für realistische Kostenberechnungen. Die Kosteneffizienz der PV-Batteriesysteme ist auch stark von der zukünftigen Strompreisentwicklung und der Ausgestaltung der Eigenstrom-Kostenbelastung (EEG-Umlage, Netzentgelte etc.) abhängig, betont Linssen. Desweiteren hätten die steuerlich-regulatorischen Rahmenbedingungen einen erheblichen Einfluss auf die einzelwirtschaftliche Bewertung und die Betriebsweise von PV-Batteriespeichern. Um einen Eindruck der weltweit installierten Stromspeicherpotentiale zu erhalten, stellte Linssen eine Übersicht aus dem Jahr 2012 vor: 440 MW Druckluftspeicher 304 MW Natrium-Schwefel-Batterien 127.000 MW 2. Vortrag: „Batteriespeichereinsatz und Rahmenbedingungen“ von Jochen Linssen, Institut für Energie- und Klimaforschung, Systemforschung und Technologische Entwicklung, Forschungszentrum Jülich GmbH Jochen Linssen beschäftigt sich mit Batteriespeichern in verbrauchernahen Anwendungen, besonders mit dem Batterieeinsatz in Kombination mit PV-Systemen. Nach seinen Angaben sind in Deutschland aktuell rund 10.000 Hausspeicheranlagen > 100 MW Lithium-Ionen-Batterien ~ 70 MW Blei-Säure-Batterien Pumpspeicherkraftwerke 27 MW Nickel-Cadmium-Batterien < 25 MW Schwungrad-Stromspeicher < 10 MW Redox-Flow-Batterien Quelle: Electric Power Research Institute (EPRI 2012), Fraunhofer Institute Unkonventionelle Speicher Ein weiteres Augenmerk legte Linssen auf unkonventionelle Speichermethoden, die z.Zt. gerade entwickelt oder bereits in Pilotanlagen getestet werden: Pumpspeicher an Bundeswasserstraßen Vortrag „Batteriespeichereinsatz und Rahmenbedingungen“ von Jochen Linssen, Institut für Energie- und Klimaforschung, Systemforschung und Technologische Entwicklung Foto: SFV So wird z.B. eine Machbarkeitsstudie für ein Pumpspeicherkraftwerk von 5 MW am Elbe-Seiten-Kanal zwischen Uelzen und Scharnebeck von der Leuphana Universität Lüneburg durchgeführt. In diesem Bereich soll die vorhandene Infrastruktur an Schleusen genutzt werden, um als Tagesspeicher zu fungieren. Von Vorteil sind der geringe technische Aufwand und die niedrigen Kosten für die Nachrüstung der Schleusen. Als nachteilig erweist sich die geringe Hub- und Fallhöhe sowie die eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit durch die Priorität der Nutzung als Schifffahrtsweg. Somit ist das zu erzielende Spei- Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 35 cherpotential dort gering; ebenso wie insgesamt in der D und der EU. Unterflurspeicher Das Speicherprinzip beruht hier auf der Nutzung unterirdischer Stollen, die durch einen Zulaufstollen mit einem überirdischen Speichersee verbunden sind. Auch die Nutzung unterschiedlicher Tiefenlagen von Stollensystemen ist denkbar. Es sollen somit ausgediente Steinkohlebergwerksstollen als unterirdische Pumpspeicherkraftwerke genutzt werden. Eine Machbarkeitsstudie „Entwicklung eines Realisierungskonzepts für die Nutzung von Anlagen des Steinkohlebergbaus als unterirdische Pumpspeicherwerke“ wird als Verbundvorhaben u.a. von der Universität Duisburg-Essen und der Ruhr-Universität Bochum durchgeführt. Solche Speicher wären mittelfristig verfügbar (5-10 Jahre), könnten als zentrale Tagesspeicher bzw. auch als Langzeitspeicher dienen, weisen ein mittleres Potential in D/EU bei einem Wirkungsgrad von 80 % auf. Den Vorteilen des geringen Platzbedarfs und der Verwendung etablierter Techniken (Maschinen- und Bergwerkstechnik) stehen die hohen Kosten, die unklaren Genehmigungsverfahren, die standortabhängigen und aufwendigen Machbarkeitsstudien als Nachteile gegenüber. Das Fazit heißt laut Linssen: Technisch machbar, aber wirtschaftlich fraglich auf Grund der hohen Kosten. Schematische Darstellung eines Unterflur-Pumpspeicherwerks Quelle: „Universität Duisburg-Essen, Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft“ Hohlkugelspeicher Ein Hohlkugelspeicher sollte möglichst in einer Wassertiefe von ca. 2000 Metern eingesetzt werden. Dabei soll im Pump-Betrieb der Hohlraum der am Meeresgrund abgesetzten Hohlkugelspeicher im Meer Quelle: © HOCHTIEF Solutions Beton-Hohlkugel entleert werden. Wird Strom benötigt, soll das Meerwasser wieder zurück in die Hohlkugel strömen und gleichzeitig eine Turbinen-Generator-Einheit antreiben. Dabei kann eine solche und in einem Tank gelagert. Wird Strom benötigt, werden durch Kugel bis zu 20 MWh Strom speichern. Ein Offshore-Pilotversuch die Verdampfung der verflüssigten Luft (Expansion) die Turbiläuft bis Ende 2015. nen angetrieben. Kryospeicher sind z.Zt. sehr unwirtschaftlich. Durch die Nutzung der Abwärme wäre die Erhöhung des WirDiese Speicher wären mittelfristig verfügbar (5-10 Jahre). Wäh- kungsgrades von derzeit 10% auf bis zu 60 % möglich. rend das Potenzial für die EU als hoch eingeschätzt wird, ist die Realisierung in Deutschland nicht möglich. Neben einem guten Kryospeicher zeichnen sich durch ein hohes Potential in D und Wirkungsgrad (~ 80 %) und ohne Flächenverbrauch an Land EU aus, wobei die zeitliche Verfügbarkeit bei 5 bis 10 Jahren sind große Speicherkapazitäten realisierbar. Allerdings sind sehr liegt. Der geringe Platzbedarf sowie das vorhandene Know How hohe Bau- und Wartungskosten einzukalkulieren. zur Kryotechnik bei großen Industrieunternehmen sind Vorteile dieser Speichermethode. Nachteilig wirken sich dagegen der hohe Aufwand und die hohen Anlagenkosten für Kryoprozesse Thermische Stromspeicher sowie die nur bedingte Nutzbarkeit von Hochtemperaturabwärme aus, so die Einschätzung von Linssen. In der Nähe von London gibt es seit 2011 eine Prototypanlage eines Kryospeichers. Luft wird mittels Kompression verflüssigt Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 36 4. Vortrag: „Praxisbeispiel: Kurzvorstellung LESSY – Lithium-Ionen Energie Speicher System“ von Friedrich Grupe, Digatron Power Electonics GmbH, Aachen Das Projekt LESSY (Lithium-Ion Electricity Storage System) sollte den Nachweis der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit von großformatigen stationären Elektrizitätsspeichern auf der Basis der Lithium-Ionen-Technologie am Beispiel der Anwendung ”Primärregelenergie” überprüfen. Innenansicht eines Speichercontainers mit Schwungradstromspeichern Foto: STORNETIC GmbH 3. Vortrag: „Schwungradstromspeicher - Stromspeicherung durch Rotationsenergie, modulare Systemlösungen, Einsatzbereiche und Bedeutung von Kurzzeitspeichern“ von Thilo Engelmann, STORNETIC GmbH, Jülich Der von Thilo Engelmann vorgestellte Stromspeicher basiert auf dem Schwungrad-Prinzip. Es handelt sich um die Konversion einer Technologie, die bisher als Ultrazentrifuge für die Urananreicherung genutzt wurde. In einem Gehäuse treibt ein magnetgelagerter Hochgeschwindigkeitsmotor/generator einen Karbonfaserrotor an. Der Hochgeschwindigkeitsrotor speichert Rotationsenergie bei bis zu 45.000 Umdrehungen/Minute. Die Vorteile dieser Speicherart seien die Wartungsfreiheit, die Zyklenfestigkeit, die lange Lebensdauer (~14 Jahre) sowie eine hohe Gesamteffizienz (85 %), so Engelmann. Aufgrund der hohen Verlustrate pro Stunde, eignet sich dieser Speicher nur zur kurzfristigen Stromspeicherung. Ideale Zyklen-Dauer ist somit wenige Sekunden bis zu einer halben Stunde. Die Zeit dieses schnell reaktionsfähigen Speichers zum vollständigen Laden und Entladen beträgt 15 Minuten. Eine Entladungshäufigkeit von mindestens zehn Zyklen pro Tag macht den Speicher rentabel (z.B. bei Kranarbeiten etc.), weiß Engelmann. Es gibt eine Test-und Demonstrationsanlage in Jülich. Die erste kommerziell genutzte „STORNETIC“- Speicheranlage mit einer Leistung von 600 kW (100 kWh Energieinhalt) wird voraussichtlich im September 2015 in Betrieb gehen, berichtete Engelmann. Neben der Bereitstellung von Netzdienstleistungen (Frequenzregulierung, Spitzenleistungsbereitstellung, Netzstabilisierung) sind industrielle Anwendungen denkbar: Einsparung von Energie bei zyklischen Prozessen mit Rückspeisung (Bahn-EnergieRückgewinnung), Energierückgewinnung und Effizienzsteigerung, Abfangen von Leistungsspitzen und Einspeisespitzen, Erhöhung des Eigenverbrauchs regenerativer Erzeugung, so die Ideen von Engelmann. Lithium-Ionen-Speicherzellen wurden in einem modularen Aufbau zusammengefasst (5000 Zellen). In einem normalen Container wurde neben einem Batterieraum mit 14 Batteriesträngen, in einem abgetrennten Containerteil ein Elektronikraum für die Systemsteuerung eingerichtet, berichtet Grupe. Es sollte eine Primärregelleistung von ~ 1 MW mit einer maximalen Speicherkapazität von ~ 700 kWh erzielt werden. Um die Haltbarkeit von ~ 10.000 Ladezyklen zu erreichen, sollte die optimale Ladehöhe eingehalten werden (Voll- und Tiefladung sollten vermieden werden). Als Projektergebnis wurden laut Grupe Erkenntnisse für die Spezifikation, Herstellung, Errichtung und genehmigungstechnische Aspekte inkl. Gefahrenanalyse sowie die Einbindung des Speichers in den Kraftwerksbetrieb und die Entwicklung von optimierten Betriebsweisen erzielt. Es erfolgte ein erfolgreicher mehrmonatiger Test von Primärregelleistungserbringung. Resümee des Seminars Das IHK-Speicherseminar zeigte deutlich, welche Forschungsanstrengungen zur Zeit auch in Deutschland zum Thema Speicher unternommen werden. Eine Vielzahl von universitären Forschungseinrichtungen, aber auch privaten Unternehmen, engagieren sich in diesem Bereich und entwickeln viele unterschiedliche Lösungsansätze zur Energiespeicherung. Die Tatsache, dass Speichertechnologien durch gezielte Förderungsmaßnahmen schneller zur Massenproduktion gelangen würden, blieb leider unerwähnt. Download der Vorträge unter https://www.aachen.ihk.de/innovation/Veranstaltungen/ Vortraege/Energie/Stromspeicher-Technologien/2375706 1. Dr. Matthias Leuthold, RWTH Aachen „Stromspeichersysteme am Markt“ (PDF,5.462 KB) 2. Jochen Linssen, Forschungszentrum Jülich GmbH „Batteriespeichereinsatz“ (PDF,1.753 KB) 3. Thilo Engelmann, STORNETIC GmbH, Jülich „Schwungrad-Stromspeicher“ (PDF,1.986 KB) 4. Friedrich Grupe, Digatron „LESSY (Lithium-Ion Electricity Storage System)“ (PDF,946 KB) Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 37 Zellulare Netze für 100 % Erneuerbare Energien Übersetzung des Kurzbeitrags zur International Renewable Energy Conference (IRENEC) im Mai 2015 Von Prof. Eberhard Waffenschmidt Eine solche dezentrale Energieerzeugung und -speicherung öffnet neue Möglichkeiten für eine zuverlässige Struktur des Stromnetzes. Es wird daher vorgeschlagen, das Stromnetz in wesentlich kleinere Zellen als das bestehende Netz zu unterteilen. Da alle dieser Zellen dann dezentrale Generatoren beinhalten, könnten sie in der Lage sein, autark zu arbeiten, sofern das notwendig werden sollte. Im Falle eines globalen Black-Outs können solche individuellen Zellen überleben. Autor Prof. Dr. Eberhard Waffenschmidt, seit September 2011 an FH Köln, Fakultät für Informations-, Medien- und Elektrotechnik, Institut für Elektrische Energietechnik (IET) und Mitglied des CIRE - Cologne Institute for Renewable Energy. Forschungsgebiete: Dezentrale Speicher, Gleichstromnetze und Netzregelung mit Erneuerbaren Er ist seit 2005 Mitglied des SFV. Wechselrichtern ein, welche sich nicht an der Netzregelung beteiligen (z.B. Frequenz- oder Spannungsregelung), außer in extremen Fällen. Daher müssen alle Wechselrichter in die Lage versetzt werden, eine solche Regelung (wie z.B. Virtuelle Schwungmasse) anzuwenden. Und schließlich muss das Leistungsgleichgewicht innerhalb jeder einzelnen Zelle eingehalten werden können. Dazu ist nicht nur eine intelligente Regelung der Generatoren, sondern auch ausgewählter Lasten notwendig, welche heruntergefahren werden müssen, wenn zu wenig Leistung vorhanden ist. Allerdings müssen zunächst mehrere Hindernisse überwunden werden, um davon zu profitieren. Zum einen ist das Das Lösen dieser Probleme für eine individuelle Zelle wird Fragen aufwerfen und Antworten aktuelle Netz nicht für einen solchen Übertragungsnetz ergeben, die früher oder später Fall vorgesehen. Vielmehr müssen im nicht nur in einer einzelnen Zelle Fall eines Blackouts alle dezentralen Zellen auftreten, sondern die relevant sind Einspeiser aus Sicherheitsgründen Verteilnetz für das gesamte Stromnetz. Daher abschalten. Daher muss eine Lösung können wir mit diesem Bottom-Upgefunden werden, welche einen Stadtgebiet Ansatz Schritt für Schritt lernen, ein Weiterbetrieb bei Beibehaltung der vollständiges globales Stromnetz Verteilnetz Verteilnetz Sicherheit im Netz ermöglicht. mit fluktuierenden, dezentralen Erneuerbaren Energien zu betreiben. Als weitere Herausforderung speisen Verteilnetz die meisten erneuerbaren Generatoren die Leistung mit elektronischen An SFV Bitte senden Sie ein Werbeexemplar des Solarbriefs an Name / Vorname: Name / Vorname Straße: Straße Ort / PLZ : Ort / PLZ : Die Zusendung ist kostenfrei. Es gibt keine Verpflichtung zur einem späteren Abonnement. Post an: Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V., Frère-Roger-Str. 8-10, 52062 Aachen E-Mail: [email protected] Online: http://www.sfv.de/sbrief.htm Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Dezentrale Stromerzeugung Es ist inzwischen allgemein anerkannt, das eine Energieversorgung mit 100% mit Erneuerbaren Energien in Deutschland, in Europa und der ganzen Welt möglich ist. Dies benötigt jedoch eine dezentrale, verteilte Energieerzeugung. Es wird sicherlich nicht ausreichen, die Energie nur in den Regionen zu generieren und zu speichern, in denen die Generierung am kostengünstigsten ist. Vielmehr muss jede Region ihr eigenes Potential nutzen und zu ihrer Energieversorgung selber beitragen. Jedes Dach benötigt eine Solaranlage und jedes Dorf einen eigenen Windpark. Auch Speicher sind notwendigerweise dezentral an den Generatoren gelegen, um das Stromnetz zu entlasten. 37 Bildungsangebot 38 Energeticon Neues energietechnisches Museum in Alsdorf (Rheinland) Von Rüdiger Haude Auf dem Gelände der Zeche Anna im rheinischen Alsdorf ist im vergangenen Jahr ein spannendes Museum eröffnet worden, das ein innovatives Konzept verfolgt. Bereits seit sich in den 80er Jahren das Ende des Steinkohlebergbaus im Aachener Revier abzeichnete, gab es hier Pläne, die Gebäude der Zechenanlage zu retten und für ein Bergbaumuseum zu nutzen. Herausgekommen ist nun aber eine Ausstellung, welche die alte und die neue Energiewelt gleichermaßen thematisiert. Dem Museum wurde der Name „Energeticon“ gegeben. Man betritt das Museum durch das Gebäude der alten Schmiede. Zunächst gelangt man in Räume, die mit den verschiedensten Energieträgern vertraut machen. Am Anfang steht die Sonne, deren Energieeinstrahlung nicht nur für die regenerativen Energien, sondern letztlich auch für die fossilen Energierohstoffe verantwortlich ist. Sonnenaktivität ist im ersten Raum in akustische Sequenzen übertragen, während man unter einer großen leuchtenden Projektion der Sonnenoberfläche steht. Im nächsten Raum führt u.a. eine große Panorama-Filmprojektion die verschiedenen Energieformen und ihre Nutzung dynamisch vor Augen. Von dieser modernen museumsdidaktischen Einstimmung geht es zunächst in die Vergangenheit des Energiesystems. Die Bergleute, die hier in den 90er Jahren ihre Jobs verloren haben, haben minutiös Stollenanlagen nachgebaut, in denen man einen Eindruck von der schwierigen Tätigkeit unter Tage bekommt. Hier werden auch die Entwicklungen beim Stollenbau und bei den Abbaumethoden gezeigt, die den Steinkohlebergbau im Laufe der Jahrzehnte zu einem immer weniger arbeitsintensiven, dafür selbst immer mehr Energie verbrauchenden Geschäft machten. Für die verbleibenden Bergleute blieb die Arbeit unter Tage aber eine starke körperliche Belastung, so erzählen die ehemaligen Kumpel, die teilweise die Führungen durchs Museum leiten. Am Ende dieser Stollenerkundungen landet man im Untergeschoss der Waschkaue, wo die Körbe für die Kleidung und Habseligkeiten der Kumpel noch malerisch unter der Decke hängen. Hier gibt es eine umfangreiche Fotodokumentation über den Bergbaubetrieb, die u.a. auch an große Grubenunglücke mit vielen Toten erinnert. Daneben sind Alltagsgegenstände aus dem Leben der Bergmanns-Familien ausgestellt. Es folgt der Übertritt in die Zukunft der Energietechnik. Interaktive Stationen, die die Ressourcen und den Verbrauch fossiler Energien in den verschiedenen Weltregionen und damit die Endlichkeit des fossilen Systems veranschaulichen, werden von Berichten über den Klimawandel aus dem Mund von Betroffenen aus aller Welt flankiert. Damit wird übergeleitet in einen Raum, in dem direkt mit Energie experimentiert werden kann. Man setzt sich auf ein Karussell, das man mit einem pedalgetriebenen Propeller selbst antreiben kann. Betrachtet sich durch eine Infrarot-Kamera. Produziert kurbelnd Blitzentladungen. Usw., usw. – Schließ- Blick in den nachgebildeteten Stollengang mit Bergmann Fotos: K. Watzke, SFV Die Hinweis- und Verbotsschilder lassen erahnen, wie gefahrvoll die Arbeit unter Tage war. An der Decke der Waschkaue hängen die Körbe mit den Kleidern der Bergleute. lich gelangt man in den letzten Raum, der ausschließlich den Erneuerbaren Energien gewidmet ist. Auch hier ist vieles interaktiv: Ein Föhn demonstriert die unterschiedlichen Wirkungsgrade verschiedener Windrad-Modelle. Ein kleines Pumpspeicher-Modell wird mit einer Handpumpe betrieben. Große Touchscreens geben interaktiv Auskunft über diverse Aspekte der verschiedenen regenerativen Energietechniken. Ein Höhepunkt der Ausstellung ist die Station, wo Besucher auf sechs Fahrrad-Heimtrainern (jeder für eine fossile oder regenerative Energieart) die Strom-Lastkurve eines Tages strampelnd befriedigen müssen – Sturm und bewölkten Himmel inklusive. Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 39 Alles in Allem handelt es sich beim Energeticon um ein frisches museumsdidaktisches Konzept, die Energiewende anschaulich zu machen, deren Notwendigkeit nicht in Frage gestellt wird. Alles wird ergänzt durch große Exponate im Außenbereich, die teils von der Grube Anna stammen; aber auch die gewaltige Schaufel eines Braunkohlebaggers oder das Rotorblatt eines modernen Windrads sind hier zu bestaunen. Im alten Fördermaschinenhaus finden außerdem Kulturveranstaltungen und Tagungen statt. Dem Energeticon kommt zugute, dass es in einer Gegend mit reicher energietechnischer Geschichte steht – im nahegelegenen Braunkohletagebau kann man auch heute noch die immensen ökologischen und gesellschaftlichen Kosten begutachten, welche das fossile Energiesystem verursacht. Erstaunlich ist, dass die Atomenergie in der Ausstellung praktisch keine Rolle spielt, obwohl doch mit der ehemaligen Kernforschungsanlage Jülich, die den gescheiterten Kugelhaufen-Hochtemperaturreaktor erprobt hat, ein Exponent dieses Irrwegs der Energietechnik ebenfalls in unmittelbarer Nachbarschaft liegt. Aber die Gegenüberstellung von fossiler Vergangenheit und regenerativer Zukunft funktioniert auch so. Ein Schüler forscht nach dem Energiegehalt verschiedener Substanzen. Seit Mitte Juni hat der SFV (neben verschiedensten anderen Akteuren) im Energeticon einen kleinen Informationsstand eingerichtet. Dort können Interessenten sich nun auch über die nötigen Schritte zur Beschleunigung der Energiewende informieren. Eigendarstellung des Energeticon: http://www.energeticon. de/web/ Die Kinder bilden durch kräftiges Strampeln in die Pedale die Laststromkurve eines Tages nach. Mittwochswerkstatt „Zukunft gestalten“ Veranstaltungsreihe des Evangelischen Erwachsenbildungswerk Aachen und des Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Unsere in diesem Jahr ins Leben gerufene Veranstaltungsreihe erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Jeden Mittwoch (außer in den NRW-Ferien) gibt es um 18 Uhr unter dem Motto „Zukunft gestalten“ Vortrags- und Gesprächsangebote zu aktuellen Themen aus den Bereichen Ökologie, Ökonomie und Politik. Die Veranstaltung findet im Haus der Kirche, Frère-Roger-Str. 8-10 in Aachen statt. Die Teilnahme ist kostenfrei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Wer Interesse hat, über die geplanten Themen regelmäßig informiert zu werden, der kann sich in unseren E-Mail-Verteiler einschreiben. Hierzu bitte eine E-Mail an [email protected] mit dem Betreff „Mittwochswerkstatt“. Diejenigen, die gern in sozialen Medien unterwegs sind, bieten wir die Facebook-Seite https://www.facebook.com/Mittwochswerkstatt. Dort findet man Infos zu allen bisherigen Veranstaltungen und den Planungen für nächste Events. Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Nach den NRW-Sommerferien vom 29.06. - 11.08. erwarten Sie wieder spannende Themenangebote, u.a. zum rheinischen Braunkohletagebau, zur Energiesteuer, zur Sicherheit der Stromversorgung und zur Mieterstromprojekten. Solarluftfahrt 40 Fliegen mit Solar-Luftschiffen Geschichte und Perspektiven Von Rüdiger Haude Solarluftfahrt lässt sich nicht nur mit Flugzeugen betreiben (vgl. dazu Solarbrief 1/2015, S.26-28), sondern auch mit Luftschiffen. Die große Oberfläche dieser meist mit Traggas, zuweilen auch mit Heißluft gefüllten Aerostaten erscheint geradezu prädestiniert für die Anbringung von PhotovoltaikModulen. Vorbemerkung zur Zielsetzung dieses Artikels Wenn man sich mit diesem Themenfeld beschäftigt, stößt man auf eine Reihe kühner Projekte, bei denen teilweise schwer einzuschätzen ist, welche Umsetzungschancen sie haben. Mancher Enthusiast ist auf diesem Feld unterwegs, der vielleicht sogar eine brillante Idee hat, aber die technischen, rechtlichen und vor allem finanziellen Schwierigkeiten unterschätzt, die einer Umsetzung im Wege stehen. Der nachfolgende Bericht kann deshalb nicht beanspruchen, einen Ausblick in eine irgendwie wahrscheinliche Zukunft zu vermitteln. Er ist vielmehr zunächst eine Studie zur Poesie, eine Hommage an die Phantasie, die sich entwickelt, wenn zwei Klassiker menschlicher Technikträume – der ‚schwerelose‘ Flug mit großen Aerostaten, und die bewegungslose, saubere Energieerzeugung aus Sonnenlicht – sich miteinander verbinden. Nicht alle der ernsthaft verfolgten Projekte sind zum Scheitern verurteilt – und ebensowenig folgen sie alle nur unterstützenswerten Motiven. Die technische und die moralische Auseinandersetzung müssten in jedem Einzelfall noch gesondert vorgenommen werden. Hier geht es erst einmal darum, eine Welt ‚großer Träume‘ vorzustellen, und es darf ungeschützt mitgeträumt werden ... Ein bemerkenswerter Vorläufer Im Jahre 1934 stellte die populärwissenschaftliche USamerikanische Zeitschrift „Modern Mechanix“ den Entwurf eines großen Luftschiffs vom Zeppelin-Typ (1) vor, der zwei spektakuläre Besonderheiten aufwies: Erstens war die Ober- 1 2 seite des Luftschiffkörpers zu einer Ebene abgeplattet, die als Start- und Landebahn für Flugzeuge dienen sollte. Zweitens war der Teil dieser Dachfläche, der nicht direkt dem Flugzeugstart diente, mit „solaren Fotozellen“ bedeckt, die den Antrieb für die Elektromotoren liefern sollten, die in zehn Gondeln beiderseits des Rumpfs angebracht waren. Dieser Entwurf war von „jüngsten Experimenten mit der Konversion von Sonnenstrahlen in elektrische Energie“ inspiriert. Die Fotozellen sollten aus einer „soliden Kupfer-Anode mit oxidierter Oberseite“ und einem darüberliegenden „transparenten Kupferfilm“ bestehen. Daher die uns ungewohnte rote Farbe in der künstlerischen Wiedergabe der Idee. Der Bericht über dieses kühne Vorhaben versucht (übrigens kaum überzeugend), mit großen Zahlen zu beeindrucken: „Wissenschaftler schätzen, dass die Sonne volle 86300 Kilowatt oder 115.000 Pferdestärken pro Stunde auf der Fläche einer Quadratmeile entfalten kann.“ Umgerechnet in nachvollziehbarere Größenordnungen erhalten wir gut 33 Watt je Quadratmeter. Da waren die Wissenschaftler damals wohl zurückhaltend beim Schätzen gewesen. (2) Für das Luftschiff, das vielleicht 10000 Quadratmeter Solarzellenfläche gehabt hätte, hätte sich dadurch eine Antriebsleistung von 330 kW oder 440 Pferdestärken ergeben, wenn man von einem Wirkungsgrad von 100 Prozent ausgeht. Bei Annahme eines realistischeren Wirkungsgrades von einem Prozent und einer Sonneneinstrahlung von 1000 Watt pro Quadratmeter bleiben noch 100 Kilowatt. Damit hätte das Luftschiff noch nicht einmal einem lauen Lüftchen standgehalten. Faszinierend ist aber noch etwas anderes an dieser Veröffentlichung aus dem Jahre 1934: zwanzig Jahre bevor in den Bell Laboratories die ersten brauchbaren Silizium-PV-Zellen hergestellt wurden, entwickelte der Autor des „Modern Mechanix“-Beitrags Ansätze der Vision einer dezentralen regenerativen Energieversorgung: „Photozellen wandeln die Energie der Sonne in Elektrizität um. Wenn dies anwendungsorientiert ausgenutzt werden kann, dann kann das Dach eines gewöhnlichen Hauses genutzt werden, die Elektrizität für die 3 (1) Vision eines solarbetriebenen Zeppelins als Flugzeugträger • (2) Detail aus dem zugehörigen Artikel: PV-Zellen aus Kupfer. • (3) Weiteres Detail: Photovoltaik für private Hausdächer. Veröffentlichung aus dem Jahr 1934 in der amerikanischen Zeitschrift „Modern Mechanix“ Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 41 Wohnung zu generieren.“ Aus der Gigantomanie des Luftschiffprojekts war plötzlich die vorausschauende Vision einer Technik nach menschlichem Maß aufgeblitzt. Danach war es lange still um die Idee einer Verknüpfung der Konzepte Luftschiff und Solarantrieb. Teils vielleicht, weil man die einstweilen Walden MLA-32-B mit "geodätischer" Gerippegewinnbare Energie genauer durchKonstruktion. gerechnet hatte; teils weil das Unglück des Zeppelins LZ 129„Hindenburg“ am 6. Mai 1937 in Lakehurst der Luftschiffbegeisterung weltweit einen beträchtlichen Dämpfer verpasste. Noch wichtiger ist aber, dass nach dem Zweiten Weltkrieg „Atoms for Peace“ - gigantomanische Phantasien des für gigantomanische Phantasien ein Atomzeitalters. Cover des Buches: „Luftschiffe, die nie anderer Antrieb in den Brennpunkt gebaut wurden. des Interesses rückte: die Kernspaltung. Luftschiffprojekte mit Kernre- Walden Enterprise LTA aktorantrieben sind zwischen den 50er und den 70er Jahren in vielfachen Variationen entwickelt worden, und wir können von Glück sagen, dass die Quelle, der das unbemannte Solar-Luftschiff LOTTE, das als Testplattform sich Informationen hierüber am besten entnehmen lassen, den für unterschiedlichste konstruktive Disziplinen diente, darunter auch die solare Antriebstechnologie. (6) Der Erstflug war 1993; in Titel trägt: „Luftschiffe, die nie gebaut wurden“. (3) diesem Jahr nahm LOTTE auch an der „World Solar Challenge“ in Australien teil, bei der seit 1987 in zweijährigem Turnus solarbetriebene (Straßen-) Fahrzeuge sich ein Rennen quer durch den Erste praktische Versuche australischen Kontinent liefern. Hier havarierte LOTTE allerdings 1972, während das amerikanische Naval Research Laboratory aufgrund von Störungen des Fernsteuer-Senders. Sie wurde den Gigantismus mit dem ZRCVN-Konzept an seine Grenzen durch ein bau- und namensgleiches Luftschiff ersetzt. trieb – ein atomar angetriebener Koloss mit weit mehr als einer Million Kubikmeter Traggas, der 75 bis 100 strategische Der an diesem Projekt beteiligte Professor Bernd-Helmut Kröplin Atombombenflugzeuge an Bord haben sollte (4) - begannen hat über die Anfänge berichtet: „Als wir die Lotte bauten, gab es die ersten Versuche mit Solarluftschiffen vernünftigerweise keine geeigneten leichten Solarzellen für die Luftschiffhülle. Wir im kleinen Maßstab. In Las Vegas gründete Michael Walden haben deshalb vorhandene Solarzellen abgeschliffen, bearbeitet um diese Zeit das Unternehmen „Lighter Than Air Solar“, das und erheblich leichter gemacht. Das waren sozusagen die ersten 1974 mit dem ersten ferngesteuerten Exemplar „XEM-1“ in der inoffiziellen ‚Dünnschichtsolarzellen‘.“ (7) Mit diesen konnte das Luft war. Die Folgemodelle, die alle die charakteristische Schei- 16 Meter lange Fahrzeug eine solare Leistung von 720 Watt benform des XEM-1 teilten, wurden sukzessive größer, bis am ernten. (8) 24. Juni 1989 zum ersten Mal eine bemannte Flugscheibe am Himmel war: Waldens „MLA-32-B“. Dies war das erste bemannte Einer Zusammenarbeit von Studenten verschiedener französiStarrluftschiff, das seit dem Ende der Zeppelin-Ära abhob, aber scher Ingenieur- und Fachschulen entsprang das solarbetriedie Fotos von diesem Start legen nahe, dass dieses Modell nicht bene Versuchsluftschiff „Néphélios“ des Projekts „Sol’R“, der im Dezember 2009 bei Paris seinen Erstflug absolvierte und im mit Solarzellen ausgestattet war. Januar 2010 zweieinhalb Stunden in der Luft war. Néphélios ist Waldens Solarphantasien wurden indessen immer kühner: damit das erste bemannte Solar-Luftschiff. Der heliumgefüllte Schließlich legte er den Plan vor, das aus der Science-Fiction- Blimp war 22 Meter lang, und die auf der Oberfläche der Hülle Serie Star Trek bekannte Raumschiff „Enterprise“ in Original- angebrachten semiflexiblen Solarzellen lieferten 2,4 kW Leisgröße als „Vergnügungsluftschiff“ zu bauen. Ein Hybridantrieb tung. Zu einer geplanten Überfliegung des Ärmelkanals ist es aus Photovoltaik und „Bio-Treibstoff“ sollte 2000 kW Antriebs- nicht gekommen; seit 2011 hörte man von diesem Projekt nichts leistung erbringen, die Baukosten wurden mit 300 Millionen mehr. (9) Aus Kreisen des Konstruktionsteams wurde uns aber Dollar kalkuliert, die sich nach drei Jahren bereits amortisiert kürzlich versichert, dass die bisherigen Erfahrungen mit dem haben sollten. In letzter Zeit hat man von „Walden Aerospace“ Néphélios Änderungen am Design des Forschungsprogramms wie auch des Luftschiffs selbst nahelegten, die demnächst leider nichts mehr gehört. (5) ausgeführt werden sollen. Grundlagenforschung Eine methodischere Herangehensweise legte seit Anfang der 90er Jahre die „Forschungsgruppe Luftschifftechnologie“ (FOGL) an der Universität Stuttgart an den Tag. Sie entwickelte Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Derzeitige Projekte Vier Anwendungsbereiche sind es vor allem, die zur Zeit im Fokus der Planungen von Solar-Luftschiffen stehen (hier gemäß 42 der Reihenfolge ihrer Verwirklichungschancen angeordnet): 1) die geostationäre Positionierung von Beobachtungsplattformen in großer Höhe („High Altitude – Long Endurance“, HALE); 2) der Frachtgütertransport in infrastrukturell unerschlossenen Weltgegenden; 3) Luxuspassagierfahrten; und 4) extraterrestrische Raumfahrtmissionen. Stratosphären-Plattformen Die Entwicklung von unbemannten stratosphärenbasierten Plattformen mit langer Verweildauer reicht bis in die 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts zurück. Luftschiffe sind für die Aufgabe einer geostationären Positionierung in Höhen von 20 bis 30 Kilometern besonders gut geeignet, weil sie mit geringem Energieaufwand auskommen. Ein elektrischer Antrieb ist für diese Aufgaben aus Gründen der Wartungszyklen, des Wirkungsgrades und der Abwesenheit von Gewichtswechseln durch Brennstoffverbrauch das Mittel der Wahl, und für die Energieversorgung bietet sich ein solares System an. (10) Erstes erfolgreiches bemanntes Solar-Luftschiff: Die "Nephélios" von Sol'R. Bereits 1970 stieg ein Luftschiff auf eine Höhe von 20 Kilometer, wo es zwei Stunden lang mit seinem Solarantrieb navigierte. Vertreter der Herstellerfirma dieses„High Platform II“ genannten Vehikels, Raven Industries, schrieben noch im Jahr 2003, dies sei wahrscheinlich das einzige Luftschiff, das jemals motorisiert in der Stratosphäre geflogen sei. (11) Nach dieser Premiere verblieb das Feld der stratosphärischen Luftschiff-Plattformen lange im Bereich von Entwicklungsstudien. Mit dem wachsenden Bedarf an TelekommunikationsPlattformen wird diese preiswerte Alternative zu weltraumgebundenen Satelliten aber zunehmend interessant. In den USA, Japan, Südkorea und auch in Europa (durch die Europäische Raumfahrtagentiur esa) werden seit den 90er Jahren Machbarkeitsstudien durchgeführt. High Platform II. Die PV-Zellen sind direkt oberhalb der Rumpfnase zu erkennen. Am 27. Juli 2011 startete in Akron, Ohio, das vom US-amerikanischen Luftfahrtkonzern Lockheed-Martin entwickelte Solarluftschiff „HALE-D“ zu seinem Jungfernflug. Mit einer Länge von gut 70 Metern handelte es sich um eine verkleinerte Demonstrationsversion der geplanten Plattformen. In Originalgröße sollte HALE-D über Dünnschicht-Solarzellen mit einer Leistung von 15 Kilowatt sowie über eine LithiumIonen-Batterien mit einer Kapazität von 40 Kilowattstunden verfügen, die neben dem Antrieb auch der Nutzlast zur Verfügung stehen würden. Der Demonstrations-Blimp erreichte die vorgesehene Höhe von etwa 18 Kilometern jedoch nicht, sondern musste aufgrund technischer Schwierigkeiten in einer Höhe von knapp zehn Kilometern den Aufstieg abbrechen. Was die Herstellerfirma als kontrollierte Landung beschrieb, machte doch eher den Eindruck eines Absturzes – das Luftschiff wurde in unwegsamem Waldgelände vollständig zerstört. (12) Von diesem Anwendungsbereich solar betriebener Luftschiffe wird man in näherer Zukunft wahrscheinlich noch öfters hören, schon weil er von finanzstarken Akteuren unterstützt wird; aber es bleibt schwer zu prognostizieren, wie weit diese Technik sich am Ende durchsetzen wird. Versorgung unerschlossener Regionen Die kanadische Firma “Solar Ship Inc.“ entwickelt HybridLuftschiffe, das heißt: Fluggeräte, deren Auftrieb teilweise durch Traggas und teilweise durch aerodynamische Gestaltung Solar Ship "Caracal" im Flug. erzeugt wird. Der Ballonkörper, der mit Helium gefüllt ist, hat die Form einer Tragfläche. Auf deren Oberseite sind PV-Zellen angebracht. Jay Godsall, der CEO der Firma, benennt als primäre Aufgabe dieser Vehikel die Versorgung infrastrukturell unerschlossener Regionen mit wichtigen bzw. eiligen Gütern. Die Solar Ships, die in drei Größen gebaut werden sollen, werden mit sehr kurzen Start- und Landebahnen auskommen; da sie im Unterschied zu klassischen Luftschiffen schwerer als Luft sind, benötigen sie auch keine Landemasten oder ähnliche Infrastruktur. Infolge des solaren Antriebs müssen nicht Teile der Nutzlastkapazität für Treibstoff reserviert werden. Das größte in Aussicht genommene Modell soll bei einer Geschwindigkeit von 120 km/h eine Nutzlast von 30 Tonnen bis zu 6000 Kilometer weit transportieren können und bei voller Ladung mit einem Startstreifen von 200 Metern auskommen. Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 43 Mindestens zwei Prototypen des Konzepts sind bereits geflogen – ein unbemanntes Modell mit zehn Metern, und der bemannte „Caracal“ mit zwanzig Metern Spannweite – letzterer ist damit nach dem Néphélios chronologisch das zweite Solarluftschiff, das bemannt geflogen ist. Trotz rühriger Öffentlichkeitsarbeit von „Solar Ship Inc.“ sind Details über die Geräte nicht leicht zu erlangen. Man muss die weitere Entwicklung also aufmerksam beobachten. (13) Luxuriöse Passagierfahrten In Spanien tüftelten vor einigen Jahren zwei junge Männer – „reich an Visionen, aber knapp an Geldmitteln“ wie so viele Luftschiff-Erfinder – mit ihrer Garagenfirma namens „Turtle Airships“ an großen luxuriösen Transatlantik-Luftschiffen, die ihrerseits in mehrfacher Hinsicht hybrid sein sollten. Erstens sollten die Vehikel auf dem Wasser wie auf festem Grund landen können, es handelt sich also um „Amphibien“. Zweitens war ein Hybridantrieb geplant, bei dem die aus Cadmium-IndiumGermanium-PV-Zellen gewonnenen 45 Kilowatt durch Dieseltriebwerke unterstützt werden sollten. (14) Ein Charakteristikum war ferner die feste, schalenartige Außenhülle, die den Vehikeln die namengebende Schildkrötenform verleihen sollte. Neben dem an die Atlantikfahrten der Zeppeline der Zwischenkriegszeit anknüpfenden Passagierverkehr (ein Liniendienst zwischen New York und Paris war angedacht) war auch an den Betrieb von Hospital-Luftschiffen gedacht, die direkt über einem Katastrophengebiet schwebend, die medizinische Versorgung sicherstellen könnten. (15) „Turtle Airships“ wurde in der Luftschiffszene offenbar als nicht besonders seriös eingestuft. (16) Die Internet-Berichterstattung über das Projekt endet um das Jahr 2009. Zu einem für 2011 angekündigten Demonstrationsflug um die Welt ist es ganz offensichtlich nicht gekommen. Die Schalenstruktur in Kombination mit Landekissen (und teils auch mit Solarantrieb) ist jedoch eine Charakteristik, die in verschiedenen Entwürfen zu finden ist – so z.B. bei der Firma „Millennium Airship“ oder beim Konzept „Aeroscraft“ der kalifornischen Firma „Worldwide Aeros Corp“ – und offenbar auch bereits zu Urheberrechtsstreitigkeiten geführt hat. Das Schalen-Konzept ist im Grunde bereits in den ersten Solarluftschiffen Michael Waldens angelegt, den man vielleicht als Ahnherrn dieses Bauprinzips ansprechen kann. Erkundung fremder Himmelskörper Aufgrund ihrer notwendigen Größe verbindet sich das Nachdenken über Luftschiffe gerne mit weitausholenden Entwürfen – das zeigen die eingangs erwähnten fliegenden Flugzeugträger ebenso wie das soeben beschriebene Turtle-Airships-Konzept, ebenso wie viele auf konventionellen Antrieben beruhende Großluftschiffprojekte (man denke an den "Cargolifter" seligen Angedenkens). Eindeutig gehört hierhin natürlich auch Michael Waldens geplanter Nachbau des Raumschiffs Enterprise als Vergnügungsluftschiff. Dass die Phantasie, wenn sie „im Großen“ denkt, leicht auch nach den Sternen greift, erscheint naheliegend. Interessanterweise leitet sich von Waldens scheibenförmigen Solarluftschiffen ein ganz seriöses Projekt ab, linsenförmige Aerostaten (unter anderem) zur Erkundung fremder Himmelskörper einzusetzen. Der für das Deutsche Zentrum für Luftund Raumfahrt (DLR) arbeitende Csaba Singer hat ein solches Konzept im Jahre 2008 in mehreren Aufsätzen vorgestellt. An der Außenseite des linsenförmigen Auftriebskörpers sollen Tragflächen angebracht werden, die entweder nach punktsymmetrischer Logik rotierend wie ein Helikopter-Rotor, oder nach achsensymmetrischer Logik wie die Tragflächen eines Flugzeugs eingestellt werden können. Singer denkt ebenfalls primär an ein solares Antriebssystem. Obwohl er auch diverse terrestrische Anwendungen diskutiert, betont er vor allem, die aerostatische Drohne sei „ideal für die bodennahe Erkundung des Mars“. (17) Um die wirklich großen Raumfahrt-Ideen zu entdecken, muss man den Blick zur US-Raumfahrtbehörde NASA lenken. Dort erwägt eine Konzeptstudie eine bemannte Venus-Expedition mit Solarluftschiffen, und später ganze stationär in der Venusatmosphäre platzierte aerostatische Städte zur Erkundung des Nachbarplaneten, dessen Oberfläche absolut unwirtlich ist, während in einer bestimmten Höhe der Atmosphäre menschenverträgliche Druck- und Temperaturverhältnisse herrschen. Das NASA-Konzept trägt den Namen „High Altitude Venus Operational Concept“ – wobei die Abkürzung HAVOC übersetzt so viel wie „Chaos“ oder „Verwüstung“ bedeutet (vielleicht ein Hinweis auf die mangelnde Ernsthaftigkeit des Vorschlags?). Wie einem Animationsvideo der NASA zu entnehmen ist, würde von einem Mutterraumschiff aus eine Sonde in die Venusatmosphäre hinabgeschickt, die eine Kapsel für zwei Piloten sowie eine sich aus deren Rücken selbst entfaltende und mit Traggas füllende Luftschiffhülle enthielte. Auf der Oberseite der Luftschiffhülle befänden sich, wie bei allen terrestrischen Solarluftschiffen, die PV-Zellen, die für die Steuerung des Aerostaten sowie für den sonstigen Stromverbrauch zuständig wären. Möglicherweise wäre eine derartige Mission, die technisch wohl nicht undurchführbar ist, sogar preiswerter als eine bemannte Marsmission, denn Venus hat einen geringeren Abstand zur Erde und das Problem der sicheren Landung auf dem Boden würde wegfallen. Allerdings muss man die Frage stellen, was eine solche Mission an Ergebnissen erbringen könnte, die nicht auch mit unbemannten Sonden zu erzielen sind. Das ist allerdings ein Einwand, dem sich die bemannte Raumfahrt insgesamt zu stellen hat. In einem amerikanischen Solarblog wird das Faszinierende der NASA-Venus-Studie auf überzeugende Weise „geerdet“. Es heißt dort zugunsten des HAVOC-Projekts: „Man kann dort auch eine Menge lernen. Während Mars in den vergangenen Jahrzehnten „Millennium Airship“, ein dem „Turtle Airship“ eng verwandtes Konzept. Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 44 Anmerkungen & Quellennachweise HAVOC beim Eindringen in de Venusatmosphäre. Screenshot aus dem NASA-Promotionvideo. Gastgeber für ein Dutzend Sonden war, wurde Venus weitgehend ignoriert. Wir können nicht nur lernen, wie Venus sich entwickelt hat, sondern auch, wie ihre dichte Kohlendioxid-Atmosphäre zu einem galoppierenden Treibhauseffekt führte. Dies wird zunehmend relevant, solange wir fortfahren, hier auf der Erde fossile Energieträger zu verbrennen.” (18) – Sehr wahr – dennoch fragt man sich, ob die Milliarden, die eine bemannte Venus-Mission die Steuerzahler kosten würde, dann nicht effizienter in irdische PV-Anwendungen zu stecken wären, um die Erde dem Schicksal der Venus gar nicht erst näher zu bringen … Schluss Unser Überblick ist zu Ende. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Noch kühnere und noch umsetzungsfernere Konzepte finden sich in den Kapillaren des World Wide Web. Der Anspruch des Überblicks ist es, die diskursiv wirksamsten und die aussichtsreichsten Arbeiten auf diesem Feld vorzustellen. Insgesamt zeigt sich, dass PV-angetriebene Flugzeuge wie der derzeit Schlagzeilen machende „Solar Impulse 2“ wesentlich weiter entwickelt sind als Solarluftschiffe, die doch das Problem der großen benötigten Fläche lösen würden. Dies hat offenbar wenig mit dem solaren Antrieb und viel mit den Schwierigkeiten zu tun, die sich einer Renaissance der Luftschiffe insgesamt – unabhängig vom Antriebsystem – in den Weg stellen. Ob wir über ein Verkehrs- und Transportsystem der Zukunft gesprochen haben – ich wage keine Prognose. Aufgrund der Kombination zweier besonders faszinierender Technologien – Photovoltaik und Aerostatik – haben wir aber mit Sicherheit über ein außergewöhnlich spannendes Kapitel Technikgeschichte gesprochen. 1 Starr-Luftschiff: Bei diesem Typ wird die Formgebung der Luftschiffhülle durch ein 'Gerippe' erzeugt, innerhalb dessen mehrere Ballons platziert werden, die das Traggas enthalten. Demgegenüber erhalten Prall-Luftschiffe ("Blimps") ihre Form durch den Überdruck des Ballonkörpers. Halbstarre Luftschiffe verfügen über einen Kiel an der Unterseite des ansonsten 'prallen' Auftriebskörpers. 2 In Deutschland erhalten wir übers ganze Jahr gemittelt etwa 125 Watt auf einem Quadratmeter; dabei sind die Nächte und wolkige Zeiträume mitgezählt. In Kalifornien z.B. ist der Wert mehr als doppelt so hoch. Die "terrestrische Solarkonstante" für senkrecht auf den Erdboden gestrahltes Sonnenlicht wird mit 1 kW/m2 angegeben. 3 Wolfgang Meighörner (Hrsg.): Luftschiffe, die nie gebaut wurden (Ausstellungskatalog). Friedrichshafen 2002. Darin besonders der Beitrag von Jürgen Bleibler: Die fünfziger und sechziger Jahre – Großluftschiffprojekte in Deutschland und den USA. S.151-175. 4 Don Dwiggins: The Complete Book of Airships – Dirigibles, Blimps & Hot Air Balloons. Blue Ridge Summit, PA 1980. S.329f. – Die berühmte LZ 129 “Hindenburg” hatte ein Traggasvolumen von 200.000 m³. 5 Vgl. Homepage v. Walden Aerospace; "Buch der Synergie" 6 Jürgen K. Bock / Berthold Knauer: Leichter als Luft. Transport- und Trägersysteme. Ballone, Luftschiffe, Plattformen. Hildburghausen 2003. S.92-104. 7 tao-group.de 8 Wikipedia 9 projetsolar.over-blog.com; Wikipedia; inhabitat.com 10 Vgl. Bock/Knauer (wie Anm. 6), S.400ff. 11 Michael S. Smith und Edward Lee Rainwater: Applications of Scientific Ballooning Technology to High Altitude Airships. Paper für das American Institute of Aeronautics and Astronautics,ravenaerostar.com. S.1. – Vgl. Bock/Knauer (wie Anm. 6), S.398f. 12 gizmag.com 1; gizmag.com 2; dailymail.co.uk 13 gizmag.com 3; solarship.com 14 cleantechnica.com; wired.com 15 turtleairships.blogsport.de 16 gadling.com 17 lpi.usra.edu; hybrid-airplane.com 18 cleaneasyenergy.com Social Media Gehören soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter zu Ihren Informationsquellen für Neuigkeiten und Aktionen? Dann schauen Sie doch auch einmal bei uns vorbei. Bei uns gibt es aktuelle Kurznachrichten und Informationen zu lokalen Aktionen. www.facebook./sfv.de Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. „gefällt mir“ (bisher 1420) Folgen Sie uns bei Twitter unter @sfv_de Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 45 Solar Impulse 2 Kritiker liefern nur Binsenweisheiten Von Rüdiger Haude Die Gegner der Solarenergie tun sich schwer mit der Erfolgsgeschichte der Solar Impulse 2. Entweder müssen sie sich als schlechtgelaunte Technikmuffel bekennen, oder sie müssen Piccards Botschaft zur Kenntnis nehmen, dass die Zukunft des Planeten nur mit sauberen, Erneuerbaren Energien gelingt. Deswegen finden wir bisher nur eine einzige Stellungnahme zum Weltumrundungsflug aus diesen Kreisen, die dann aber von unseren Kritikern in den Kommentarspalten unseres Facebook-Auftritts gerne verlinkt wird. Wir wollen auf diese Kritik am Weltumrundungsprojekt der Solar Impulse 2 hier kurz entgegnen. Der Beitrag verwendet viel Mühe darauf zu zeigen, dass die technische Lösung von Solar Impulse nicht skalierbar sei; denn wenn die (mit PV-Zellen bestückte) Fläche in zweiter Potenz steige, so nehme das Volumen und damit das Gewicht in dritter Potenz zu. Damit haben die Autoren am Ende nicht mehr und nicht weniger als eine Binsenweisheit hervorgebracht. Ein Interkontinentalflugzeug für hunderte Passagiere nur mit On-board-Photovoltaik als Antriebsquelle wird es in absehbarer Zukunft nicht geben. Allerdings hat das auch niemand behauptet. Die Zuversicht des Solar-Impulse-Teams, mit dem Weltumrundungsflug die Erde einer Zukunft mit sauberer Energie näher zu bringen, fußt auf ganz anderen Zusammenhängen: • Für das Projekt wurden viele neue ingenieurstechnische Lösungen gefunden. Jede der vier Batterien z.B. hat eine fortschrittliche Energiedichte von 260 Wh/kg. Die Solarzellen sind 135 Mikrometer dünn und haben einen Wirkungsgrad von ca. 23%. (Die von den Aegerters behaupteten „150 Watt pro Quadratmeter“ können sich daher nicht auf den Wirkungsgrad der Solarzellen, sondern nur auf den der gesamten Antriebskette beziehen.) Solar Impulse wirkt so an einem Prozess technischen Fortschritts mit, der Techniken der Erzeugung und der Speicherung regenerativen Stroms effizienter macht – wie verwickelt die Umsetzung in Alltagsprodukte dann auch immer laufen mag. Dasselbe gilt auch für die neuen Wege, die in der Werkstofftechnik beschritten wurden, um das Gewicht zu reduzieren. Eine künftige elektrisch betriebene Verkehrsluftfahrt wird ebenfalls vor der Aufgabe stehen, mit leichten, festen Werkstoffen und leistungsstarken Batterien sichere Flugzeuge zu produzieren – ob diese nun zur Ergänzung der Energieversorgung PV-Zellen auf ihren Tragflächen haben oder nicht. Es ist hier ganz ähnlich wie mit Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Solarflugzeug Solar Impulse 2: seit März 2015 Weltumrundung in mehreren Etappen; Aktuelle Infos unter http://www.solarimpulse.com/ Foto: wikipedia, CC-BY-SA 4.0 der Luftfahrt in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg, die aufgrund eines alliierten Verbots der Motorluftfahrt sich auf die Entwicklung aerodynamisch immer weiter verfeinerter Segelflugzeuge warf – was eine Ursache für das hohe Niveau des Flugzeugbaus im „Dritten Reich“ wurde. Diesmal geht es allerdings um einen wesentlich besseren Zweck. • Solar Impulse beweist beispielhaft, dass Photovoltaik Aufgaben lösen kann, die Skeptiker für schlechthin unlösbar erklärt haben. Bertrand Piccard, André Borschberg und ihre vielen Helfer geben ein Beispiel dafür, wie mit Beharrlichkeit und Enthusiasmus ein ehrgeiziges Ziel erreicht werden kann. Freilich auch mit viel Geld – aber das Bemerkenswerte ist eben, dass dieses Geld freiwillig gegeben wurde, von tausenden von Enthusiasten wie auch von Sponsoren, die ihren Firmennamen mit dem attraktiven Projekt und seiner Botschaft von einer sauberen Zukunft verbinden wollten. • Solar Impulse ist nämlich ein fulminanter Werbeträger für die Photovoltaik und für saubere Energie im Allgemeinen. Wie heißt es auf der Homepage von Solar Impulse so schön: „Jede Landung gibt die Gelegenheit, auf Regierungen, NGOs, Universitäten und Schulen zuzugehen, um die Botschaft von sauberen Technologien zu verbreiten.” Die Route des Weltumrundungsfluges erscheint insofern sehr passend gewählt: Von den arabischen Ölfeldern über die Wachstumsländer Indien und China bis zu dem großen klimapolitischen Sorgenkind USA und wieder zurück in die alte Öl-Welt. In allen Ländern, wo Solar Impulse landet, gibt es Akteure, die sich für eine saubere Energiewende engagieren; und sie alle bekommen durch das Rekordflugzeug und durch die Vorträge von Borschberg und Piccard einen mächtigen Auftrieb. Diese Aspekte sind es – ingenieurstechnischer Fortschritt im Allgemeinen; ein Lehrstück der Überwindung schwieriger Probleme; das Werben für eine bessere Energie-Zukunft – wogegen die geradezu schon altklugen „skalentheoretischen“ Erwägungen der Aegerters und ihrer eifrigen Verlinker nicht ankommen werden. Dass das Flugzeug Solar Impulse 2 nicht die Blaupause künftigen Massentransports darstellt, können wir fröhlich lächelnd zugestehen. Die weltweite Energiewende, und damit den Klimaschutz, fördert das Flugzeug gleichwohl in vorbildlicher Weise – und das ist lobenswert! Solar Impulse 2 In jenem, in einem Blog veröffentlichten Beitrag argumentieren die Schweizer Irene und Simon Aegerter wie folgt gegen Piccards Projekt: Solar Impulse 2 demonstriere „die Grenzen der Photovoltaik so drastisch wie es nur geht“. Um einen einzigen Menschen als Nutzlast zu transportieren, benötige das Flugzeug die riesige Spannweite von 72 Metern. Denn „mehr als etwa 150 Watt pro Quadratmeter lassen sich nicht aus den Solarzellen herausholen“. Diese Grenze sei „durch die Natur gegeben“. Bertrand Piccard habe einen an der „Grenze des Möglichen“ operierenden Apparat, ein „Wunderwerk der Technik“ geschaffen; das sei bewundernswert. „Aber den Weg in die Zukunft zeigt er nicht. Im Gegenteil: Er zeigt, wie es nicht geht. Das ist auch lobenswert!“ 45 Internes 46 Festakt für Wolf von Fabeck Ein kurzer Bericht Von Rüdiger Haude Der Geschäftsführer des SFV, Wolf von Fabeck, wurde am 10. Juni in Aachen mit einem Festakt geehrt. Anlass war sein 80. Geburtstag, den von Fabeck einige Wochen vorher begangen hatte. Die Feier fand im Haus der Evangelischen Kirche statt, in dem sich auch die Geschäftsstelle des SFV befindet. Etwa 90 teils von weither angereiste Gäste nahmen an der Feier teil. Das Programm begann mit einer persönlich gehaltenen Laudatio der„Stromrebellin“ aus Schönau, Frau Ursula Sladek, die die Leistungen des Jubilars im Zusammenhang mit der Energiewende in Deutschland in Erinnerung rief. Der Wortlaut der Laudatio ist unter http://www.sfv.de/pdf/Laudatio. pdf nachzulesen. Prof. Claudia Kemfert, Energieökonomin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), setzte sich anschließend in ihrem Festvortrag mit Mythen und Legenden der Energiepolitik auseinander. So kritisierte sie die demagogische Kampagne der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“, die das EEG seit Jahren mit einer verlogenen Kostendebatte bekämpft. Kemfert betonte die Notwendigkeit der Dezentralität der künftigen Energieversorgung und wies nach, dass Kohlekraftwerke inkompatibel mit der Energiewende sind; die mit ihrer Abschaltung gewonnene Emissionsminderung verbinde sich mit dem zusätzlichen positiven Effekt einer Marktbereinigung. Für den Kohleausstieg forderte sie eine Vielzahl von Instrumenten; der derzeitige Emissionsrechtehandel reiche keineswegs aus. Die Überdimensionierung der derzeitigen Stromnetzausbaupläne führte Kemfert auf die große Rolle zurück, die Kohleverstromung in den derzeitigen Planungen noch spiele; optimiere man den Netzausbau auf die Integration der Erneuerbaren Energien, dann komme man mit viel weniger Leitungen aus. Als einen weiteren Mythos, der dekonstruiert werden müsse, wies die Rednerin auf die Behauptung hin, deutsche Unternehmen wanderten infolge steigender Energiekosten ins Ausland ab. Die Energiestückkosten im produzierenden Gewerbe hätten sich im Vergleich in Deutschland eher günstig entwickelt, und für Abwanderungen seien andere, z.B. infrastrukturelle oder steuerrechtliche Faktoren wesentlich gravierender. Schließlich wies Kemfert noch auf die per saldo positiven Arbeitsmarkteffekte der Energiewende hin: Für die Erneuerbaren Energien arbeitet ein Vielfaches der Beschäftigten, die noch in der Kohlewirtschaft tätig sind. Nach einem musikalischen Intermezzo, bei dem es Sabine Busse gelang, sämtliche Anwesenden in ein „Energiemix für Wolf von Fabeck“ genanntes Potpourri aus atom- und kohlekritischen Chorliedern und dem Kirchenlied „Ein feste Burg ist unser Gott“ einstimmen zu lassen, folgte eine Reihe von Grußworten, die teils von ihren Verfassern vorgetragen, teils aus Abwesenheitsgründen verlesen, und teils als Videobotschaften abgespielt wurden. Folgende Grußworte können im Original abgerufen werden: Bärbel Höhn MdB, Bob Johnstone, wissenschaftlicher Schriftsteller, Australien SFV-Infostelle Nordbayern (www.youtube.com/channel/ UC3fRipmFDMeBYiFKwmq_YUg/videos). Die Festveranstaltung klang mit einem vegetarischen Büffet und Sekt-Umtrunk aus, wobei es zu zahlreichen anregenden Gesprächen kam. Erste Reihe, v.l.n.r.: Wolf von Fabeck, Claudia Kemfert, Ursula Sladek Laudatio von Ursula Sladek Festvortrag von Claudia Kemfert Redebeitrag von Wolf von Fabeck, Fotos: K.Watzke, SFV Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 47 Dank für Hundert Geburtstagsüberraschungen Liebe Freunde, Leidens- und Hoffnungsgenossen und Mitstreiter, zu meinem 80. Geburtstag bin ich mit einer Woge von Zustimmung, Dankbarkeit und Zuneigung geradezu überflutet worden. Hunderte von Geschenken und lieben oder nachdenklichen Grüßen aus dem In- und Ausland sowie aufmunternde Videobotschaften haben mich erreicht. In meinem Büro wartet noch ein großer Stapel von Post und unausgepackten Geschenken darauf, dass ich ihn sichte und mich darüber freue. Die Mitarbeiterinnen berichteten mir von vielen großzügigen Spenden, die uns helfen werden, unsere Ziele noch nachdrücklicher zu verfolgen. Und zu der offiziellen Geburtstagsfeier am 10.Juni sind so viele Menschen gekommen, dass ich leider, leider gar nicht alle persönlich begrüßen konnte - die paar Stunden waren viel zu kurz dafür. Die einfühlsame und herzliche Laudatio von Ursula Sladek kann man in unter http://www.sfv.de/pdf/Laudatio.pdf nachlesen. Und das gemeinsame Singen eines Protest- und Vertrauensliedes, „Und wenn die Welt voll Teufel wär“ - „Abschalten!“ zu dem Sabine Busse uns alle gebracht hat, ist hoffentlich auf einem Video zu sehen und zu hören, das mir schon angekündigt worden ist und in Kürze allen Interessenten zur Verfügung steht. Liebe und herzliche Grüße an alle! Ihr, Euer Wolf von Fabeck Ihnen allen, und besonders den erfindungsreichen Initiatoren und Mithelfern bei der großen Überraschung danke ich von Herzen. Die Energiewende braucht mehr Ökostrom Ankündigung zur Tagung der Bischöflichen Akademie Aachen Worum geht es? Zur Anmeldung Der Ausbau der regenerativen Energieträger in Deutschland ist in den zurückliegenden Jahren schneller vorangeschritten, als viele vermutet haben. Eine Anmeldung ist erforderlich: [email protected], Telefon: 0241/4799629, Fax: 0241/47996-10 oder online unter http://tinyurl.com/ nbn38n3 (Veranstaltungsnummer: A 23743) Wann? Wo? Die Tagung startet am 14.11.2015, ab 13:30 Uhr bis 18 Uhr und wird am 15.11.2015 bis 14.00 Uhr fortgesetzt. Tagungsort ist die Bischöfliche Akademie, Leonhardstr. 18-20, 52064 Aachen. Die Leitung übernimmt Herr Dr. Georg Souvignier der Bischöflichen Akademie des Bistums Aachen. Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Tagungsgebühr: mit Übern. u. Verpfl. im EZ € 75 ohne Übern./mit Verpfl. € 44,50 SFV-Mitgliederversammlung 2015 Wann? 14.11.2015, 19 Uhr im Anschluss an den ersten Veranstaltungstag der Bischöflichen Akademie Aachen. Wo? Bischöfliche Akademie, Leonhardstr. 18-20, 52064 Aachen Es ist keine Anmeldung erforderlich. Tagung und Internes Gegenwärtig zeigen sich jedoch zunehmend Hindernisse auf dem Weg zum Ziel einer Vollversorgung mit erneuerbaren Energien. Das reicht von politischen Widerständen - teils motiviert von Partikularinteressen verschiedenster Art - über wirtschaftliche bis hin zu technischen Schwierigkeiten, die vielfach mit dem anstehenden Systemwechsel zu tun haben. Im Zentrum der Diskussionen stehen dabei bisher vor allem die Versorgung mit elektrischem Strom und die Frage, wie der Übergang von fossiler und nuklearer Energie zu den Erneuerbaren realisiert werden kann. Viel zu wenig beachtet bleibt dabei, dass für die Verwirklichung einer Vollversorgung aus erneuerbaren Energieträgern dies für die Sektoren Strom, Wärme und Mobilität gleichermaßen umgesetzt werden muss und dabei dringend Konzepte der Integration dieser Sektoren erarbeitet werden müssen. 47 Nachrichten 48 „Sonnengesang“ von Papst Franziskus Papst Franziskus zitiert in seiner veröffentlichten UmweltEnzyklika am 18. Juni den „Sonnengesang“ seines Namenspatrons Franz von Assisi: „Laudato si“. „Angesichts der weltweiten Umweltzerstörung“ wendet Franziskus sich nicht nur an die Katholiken, sondern an alle Menschen auf unserem Planeten. des Papstes hat sich auch die Internationale Energieagentur IEA - jahrzehntelang im Lobbyismus für fossile Energien erprobt - auf die Seite des Klimaschutzes geschlagen. Gefordert wird jetzt die Abschaltung der "am wenigsten effizienten Kohlekraftwerke" und ein Verbot des Neubaus solcher Kraftwerke. Die Subventionen für fossile Energien sollen weltweit gestrichen und mehr Anstrengungen bei der Förderung regenerativer Energien gemacht werden. Der Papst zeigt sich besorgt über den menschengemachten Klimawandel und bekennt unverblümt: „Wir wissen, dass die Technologie, die auf der sehr umweltschädlichen Verbrennung von fossilem Kraftstoff – vor allem von Kohle, aber auch von Erdöl und, in geringerem Maße, Gas – beruht, fortschreitend und unverzüglich ersetzt werden muss.“ Er betont die Zusammenhänge zwischen Umwelt- und Klimaschutz einerseits, und sozialen Fragen andererseits. Unter anderem weist er auf die „ökologische Schuld“ des Nordens gegenüber dem Süden hin, die es jetzt abzubezahlen gelte. Das herrschende Wirtschaftsmodell der ungebremsten Reichtumsanhäufung hat für ihn keine Rechtfertigung; dagegen postuliert er: „Das Prinzip der Unterordnung des Privatbesitzes unter die allgemeine Bestimmung der Güter und daher das allgemeine Anrecht auf seinen Gebrauch ist eine ‚goldene Regel‘ des sozialen Verhaltens“. All dies steht in dem vor wenigen Tagen veröffentlichten "World Energy Outlook Special Report". Der dort auf S.15 festgehaltenen Grundeinsicht schließen wir uns gerne an: "The world must quickly learn to live within its means if this generation is to pass it on to the next with a clear conscience." ("Die Welt muss schnell lernen, nicht über ihre Verhältnisse zu leben, wenn unsere Generation sie mit gutem Gewissen an die kommende übergeben will.") Wenn die IEA diese Maxime konsequent zuende denken will, sollte sie aber auch Technologien, die nachfolgenden Generationen massive Hypotheken aufbürden - vor allem Atomenergie und die CCS-Technologie (Abscheidung und unterirdische Speicherung des in Fossilkraftwerken erzeugten CO2) - dringend aus ihrem gewünschten Szenario herausnehmen, anstatt sie als 'low-carbon' zu unterstützen. (RH) In allen diesen Punkten sind der derzeitige Papst und seine neue Enzyklika vorbehaltlos zu unterstützen – unabhängig von unserer persönlichen Haltung in Glaubens- oder Kirchenfragen. Franziskus setzt seine moralische Autorität hier in vorbildlicher Weise ein. Dies zeigen gerade auch die wütenden Reaktionen US-amerikanischer Klimawandel-Leugner aus dem Lager der republikanischen Partei, die Franziskus raten, „sich um seinen Job zu kümmern und wir kümmern uns um unseren“. Was sollte denn der„Job“ des Papstes sein, wenn er nicht vor globaler Ungerechtigkeit und vor der Zerstörung des Lebens auf unserem Planeten warnen dürfte? (RH) Klimakonferenz in Paris lässt sich von Klimakillern sponsern Wortlaut der Enzyklika: http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2015/2015-06-18-Enzyklika-Laudato-si-DE.pdf Internationale Energieagentur: Vom Saulus zum Paulus? Während im deutschen Regierungshandeln Klimaschutz zum folgenlosen Lippenbekenntnis verkommt, tut sich in der Welt Erstaunliches: Neben der revolutionären Umweltenzyklika Impressum Quelle: http://www.iea.org/publications/freepublications/publication/ weo-2015-special-report-energy-climate-change---executive-summary--german-version.html Einem Bericht der TAZ vom 29. Mai zufolge wird die Klimakonferenz in Paris von Firmen finanziert, die die Erderwärmung vorantreiben. Zu den Geldgebern zählen unter anderem die Fluggesellschaft Air France, der Autokonzern RenaultNissan und die Energiekonzerne EDF und Engie/GDF-Suez. Gemeinsam mit anderen Unternehmen sollen sie bis zu 20 Prozent der Kosten des UN-Gipfels aufbringen, die auf 170 Millionen Euro geschätzt werden. Offenbar hat man in diesen Industriekreisen keine Sorge, dass es zu Beschlüssen kommen wird, die den CO2-Ausstoß wirksam mindern. (SJ) Quelle: http://taz.de/!5201448/ Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV), Bundesgeschäftsstelle, Frère-Roger-Str. 8-10, 52062 Aachen, Tel: 0241/511616, Fax: - 535786, [email protected], www.sfv.de, Bürozeiten: Mo-Fr 8.30 - 12.30 Uhr Solarbrief: vierteljährlich, Einzelpreis 6 €, für Mitglieder ist der Bezug des Solarbriefes im Mitgliedsbeitrag enthalten. Spender erhalten den Solarbrief als Dankeschön. Werbeanzeigen: frei von bezahlten Anzeigen. Bankverbindung: Pax-Bank e.G., BLZ: 37060193, Kto: 1005415019 IBAN: DE16370601931005415019, BIC: GENODED1PAX Beiträge von: Thomas Bernhard, Jürgen Döschner, Wolf von Fabeck (WvF), Stephan Grüger, Rüdiger Haude (RH), Susanne Jung (SJ), Eberhard Waffenschmidt, Kerstin Watzke (KW) Verantwortlich: Wolf von Fabeck (V.i.S.d.P.), Layout: Susanne Jung Auflage: 4500, Erscheinungsdatum: Juli 2015, (Redaktionsschluss: 2.7.2015) Druckerei: MediaCologne, gedruckt auf 100% Recyclingpapier, ISSN 0946-8684, Titelbild: Gerhard Mester Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 49 Wohnen in Windparknähe kein Gesundheitsrisiko Eine umfassende Studie des Massachusetts Institute of Technology (Technische Hochschule und Universität in Cambridge) zeigt, dass Wohnen in der Nähe von Windparks die menschliche Gesundheit nicht beeinträchtigt. Die Studie fand heraus, dass es "keine klare oder einheitliche Zuordnung zwischen Lärm durch die Nähe von Windenergieanlagen" oder "Krankheit oder andere Indikatoren zur Schädigung der menschlichen Gesundheit" gibt. (SJ) Infos zur Studie unter http://journals.lww.com/joem/Abstract/2014/11000/ Wind_Turbines_and_Health__A_Critical_Review_of_the.9.aspx (engl.) Zum Artenschutz-Report 2015 Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) stellte am 20. Mai zum ersten Mal einen umfassenden Artenschutz-Report vor. Er beinhaltet eine Analyse der in Deutschland lebenden Tier-, Pflanzen- und Pilzarten und gibt einen Überblick, wie viele Arten in Deutschland leben, wie hoch der Anteil der gefährdeten Arten ist und wie sich die Artenvielfalt in den letzten Jahren entwickelt hat. Ab Seite 23 des Artenschutzreports findet man folgende Aussagen zur "Gefährdungsursache Klimawandel": "Berechnungen zufolge wird der Klimawandel in Mitteleuropa bis zum Ende des 21. Jahrhunderts zu einem Temperaturanstieg um 2,5 bis 3,5 °C und zu deutlichen Veränderungen der Niederschlagsverteilung führen. Diese Veränderungen werden regional sehr unterschiedlich ausfallen. (...) Modellrechnungen und Prognosen (...) gehen davon aus, dass in den nächsten Jahrzehnten zwischen 5 und 30 % der bislang heimischen Arten aus Deutschland verschwinden könnten. (...) Das Überleben vieler Arten wird lang- bis mittelfristig davon abhängen, ob sie in der Lage sind, sich (denkbar sind direkte Reaktionen, beispielsweise kurzfristige Änderung der Hitzetoleranz oder genetische Anpassungen) oder ihre Verbreitungsareale den klimatischen Veränderungen anzupassen und mögliche Arealverschiebungen zu realisieren. " (SJ) Download unter www.bfn.de/fileadmin/BfN/presse/2015/Dokumente/ Artenschutzreport_Download.pdf Es geht weiter abwärts Im vergangenen Jahr (Betrachtungszeitraum Juni 2014 - Mai 2015) wurde in Deutschland nur noch 1,58 GW Solarleistung zugebaut. Der EEG-"Zubaukorridor" von 2,4 bis 2,6 GW wurde somit wiederholt deutlich unterschritten. Die Einspeisevergütung für Kleinanlagen wird nun zwar nur noch um 0,25 % und nicht wie geplant um 1 % für Juli, August und September abgesenkt. Der Abwärtstrend wird allerdings aller Voraussicht nach nicht aufzuhalten sein. Die Rahmenbedingungen für Solarenergie sind so mangelhaft, dass sich immer weniger Investoren für Solartechnik entscheiden. Selbst das Interesse an Kleinanlagen bis 10 kW ließ deutlich nach. Im Vergleich zum Vorjahres-Betrachtungszeitraum sank hier die Kauflust um mehr als 30 %. Weder der geldwerte Vorteil des Solarstrom-Eigenverbrauchs bei ansteigenden Strombezugspreisen noch die EEGEigenverbrauchs-Umlagebefreiung bis 10 kW-Anlagenleistung konnten den Abwärtstrend aufhalten. Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Die neuen Solarstromvergütungsätze haben wir wie gewohnt unter http://www.sfv.de/lokal/mails/sj/verguetu.htm zusammengefasst. (SJ) Quelle: BNetzA, Datenmeldungen vom 1. August 2014 bis 30. April 2015 unter www.bundesnetzagentur.de Brandschutz bei PV-Anlagen Vom Februar 2011 bis Oktober 2014 führte der TÜV Rheinland und das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) ein Forschungsprojekt zum Brandschutz bei PV-Anlagen durch. Es wurde durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert und führte den Titel „Bewertung des Brandrisikos in Photovoltaik-Anlagen und Erstellung von Sicherheitskonzepten zur Risikominimierung“. Ziel dieses Forschungsprojekts war es, Teilnehmer dabei unterstützen, die Sicherheit von PV-Systemen in Bezug auf das Lichtbogenrisiko und allgemeine Brandgefahren bzw. Brandweiterleitungsgefahren zu optimieren. Der im Vorhaben erarbeitete Abschlussbericht wurde nun in Form eines Industrie-Leitfadens veröffentlicht. Dieser enthält die Beschreibung der durchgeführten analytischen und labortechnischen Arbeiten, deren Ergebnisse und die daraus abgeleiteten Empfehlungen für eine brandschutzgerechte Planung und Installation sowie für einen sicheren Betrieb von PV-Anlagen. Ein wichtiger Abschnitt ist der Sicherheit der Einsatzkräfte gewidmet. Elektrische, mechanische und toxische Gefahren werden analysiert und hinsichtlich Minimierung des Risikos betrachtet. Leitfaden und zahlreiche andere Informationen zur Brandsicherheit stehen kostenfrei unter http://www. pv-brandsicherheit.de/8/ zum Download bereit. (SJ) Landung beim fünften Sonnenaufgang. Am 3. Juli 2015 erreichte das Solarflugzeug "Solar Impulse 2" den Flughafen von Honolulu (Hawaii), und vollendete damit erfolgreich die schwierigste Etappe des Weltumrundungsflugs. Am 28. Juni war der Pilot, André Borschberg, im japanischen Nagoya zu diesem Flug gestartet. Diese achte Etappe ging über ca. 7200 Kilometer und dauerte fünf Nächte und fünf Tage. Der Flug hat eine ganze Reihe von Weltrekorden für Solarflugzeuge, und auch den Weltrekord für den längsten Nonstop-Soloflug gebrochen. Der Nachweis für eine prinzipiell unbegrenzte Flugdauer mit einem nur auf Photovoltaik und Speicherbatterien beruhenden Antrieb ist erbacht. Solar Impulse landet in Hawaii Foto: Solar Impulse, Revillard, Rezo.ch Leserbriefe 50 Leserbriefe Was treiben wir denn heute mit der Umwelt zum Beispiel durch unsere Energiepolitik? vorhandene Alternative) Windräder vor ihre Orte und Solarmodule an allen geeigneten Stellen installieren. Leserbrief von Ralf Ruszynski Fazit: Es sollte sich jeder Verbraucher fragen, welche Stromerzeugungsanlage er gerne jeden Tag vor seine Haustüre bereit wäre zu sehen. Gar keine, geht nicht: Denn ohne Strom lebt heute kein Mensch mehr! Jeden Tag: rotten wir 150 Tier- und Pflanzenarten aus, vergrößern die Wüsten um 50.000 Hektar, verlieren wir 86 Millionen Tonnen fruchtbaren Boden, blasen weltweit 150 Millionen Tonnen Treibhausgase in die Luft und werden pro Tag 240.000 mehr. (aus: „Vom Sinn und Unsinn des Kirchentags“, Franz Alt) Die Alternative: Es wird schon fast langweilig... 1 kWh PVStrom vom Hausdach kostet 8 Cent - Kohlestrom aus dem Netz 30 Cent. 1 kWh PV-Wärme vom Hausdach kostet 0,6 Cent - Gas aus Russland 10 Cent. 100 km E-Auto mit PV vom Hausdach 42 Cent - statt 12 € mit Benzin aus Russland. Würden wir unsere Energieversorgung intelligent gestalten, bleibe sogar noch genügend Geld um die Armut zu besiegen. Um die 5 Billionen jährliche Folgekosten für den Klimawandel gemäß Stern Report blieben uns auch erspart. Wir müssen es nur wollen. Verspargelung? Ja bitte! Zur Rundmail: CDU-Wirtschaftsrat gibt Kampf gegen Klimawandel auf Leserbrief von Henry Risse Das ist schon ein Armutszeugnis, was CDU-Wirtschaftsrat da von sich gibt. Aber das entspricht der dem festgefahrenen Denken, sie sind in dem System von Wachstum und immer mehr Wachstum gefangen, der Unwille, schon funktionierende Alternativen aufzunehmen, es ist das Hamsterrad, das immer schneller dreht und aus dem keiner mehr heraus kommt, es sei denn es wird von außen gebremst. Dies Abbremsung kann kontrolliert erfolgen, aber auch mit einem Crash. Auf diesen steuert die Gesellschaft hin, wenn die erste Variante nicht greift. Leserbrief von Michael Kelber Der Artikel "Verspargelung? Ja bitte!" im letzten Solarbrief hat mir sehr gut gefallen. Sie haben sehr richtig erkannt, dass es an der Umweltwahrnehmung des Vertrauten liegt. Es ging mir selbst so, als ich die damals neuen Satellitenschüsseln als Verschandelung empfand. Wobei nüchtern betrachtet: War der bis dato bestehende "Antennenwald" ästhetisch wirklich schöner??? Ein (auch politischer) "Vorteil" der alten, zentralen Energieversorgung besteht in dem wunderbar funktionierenden St.-Florians-Prinzip. Einigen (im Verhältnis) "wenigen" Menschen werden Atom- oder Kohlekraftwerke vor die Nase bzw. Haustüre gesetzt, während dagegen sehr viele Menschen freie Sicht und sehr schöne Landschaften genießen können. Würde dagegen jede Stadt und jedes Dorf selbst für seinen Strombedarf sorgen müssen, würde die Zustimmung zu Atom- und Kohlestrom oder gar BraunkohleTagebaue, die die Existenz des Dorfes bedrohen, nahe Null liegen. Diese Menschen würden stattdessen freudig (die Sonnensteuer Leserbrief von Ernst Schramm Der Begriff Sonnensteuer ist in der Tat irreführend. Ich verwende gerne einen anderen Namen. Politiker versuchen sich über ihren Namen als Produktgeber zu verewigen z.B. Riesterrente, Rüruprente. Nun haben wir die „Gabrielabgabe“. Sigmar Gabriel ist der erste Politiker, der ein selbst erzeugtes und selbst verbrauchtes Gut steuerlich belastet. Dieser Politiker hat die Tür für den Staat geöffnet, sich an der Selbstversorgung der Bürger zu beteiligen. Dafür gebührt ihm ein Denkmal. Leserbriefe geben nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wieder. Lokale Infostellen des SFV Amberg / Amberg-Sulzbach Vorsitz: Hans-Jürgen Frey, Lorenz Hirsch, Reichstr. 11, 92224 Amberg, Tel.: 09621-320057, Fax.: 09621-33193, www.solarverein-amberg.de, [email protected], [email protected] Düsseldorf Vorsitz: Peter Köhling, Sebastiansweg 32, 40231 Düsseldorf, Tel.: 0211-227095, [email protected] Nordbayern Vorsitz: Thomas Biber, Herwig Hufnagel, Hechlinger Str. 23, 91719 Heidenheim, Tel.: 09833-989255, [email protected], www.sfv-nordbayern.de, Bürozeit: Montags 17-19.00 Uhr Würzburg Vorsitz: Manfred Dürr, Sascha Behnsen, Spessartstr. 10a, 97082 Würzburg, Tel.: 0931-4174488, Fax: 0931-4174489, [email protected], Treffen 2. Montag im Monat: 20 Uhr, Gaststätte „Brückenbäck”, Zellerstr. 2, Würzburg. Wenn ein Vereinsmitglied zusätzlich einer der Info-Stellen zugeordnet sein möchte, so fließen seine vollständigen Spenden und ein Drittel seines Beitrages dieser Info-Stelle direkt zu. Die Bundesgeschäftsstelle bleibt zentraler Ansprechpartner. Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. 51 Mitgliedschaft im Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Firma ................................................................................................................................................................... Name .................................................................. Vorname: .................................................................. Straße: .................................................................. PLZ/Ort: .................................................................. Tel.: FAX: .................................................................. .................................................................. E-Mail: (Bitte deutlich schreiben!) Ich möchte Mitglied im SFV werden (stimmberechtigt) Mein Beitrag beträgt ...................... Beitrag 61,36 Euro/Jahr (regulär), 120 Euro/Jahr (freiwillig), 23,01 Euro/Jahr (reduziert). Ich bin bereits Mitglied im SFV und möchte meinen Beitrag freiwillig auf 120 Euro/Jahr erhöhen. Ich möchte meinen Beitrag freiwillig erhöhen auf .......................... Euro/Jahr Wir möchten als Firma/Verein/Institution Fördermitglied im SFV werden (ohne Stimmrecht) unser Beitrag beträgt ................... Euro/Jahr (Höhe selbst bestimmen, mindestens aber 23,01Euro/Jahr) Ich möchte den SFV durch eine Spende unterstützen einmalig ................... Euro jährlich ................. Euro Formular ausfüllen und per Post / Fax / E-Mail an : SFV, Frère-Roger-Str. 8-10, 52062 Aachen, Fax: 0241-535786, [email protected] Unser Verein ist gemeinnützig. Alle Mitgliedsbeiträge und Spenden sind steuerabzugsfähig. Wenn Sie mit Ihrem Beitrag/Spende auch eine der lokalen SFV-Infostellen (siehe linke Seite) unterstützen möchten, bitte hier eintragen: Infostelle ......................................................................................................... Der Mitgliedsbeitrag soll eingezogen werden. Zahlungsempfänger: Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV), Frère-Roger-Str. 8-10, 52062 Aachen Die Gläubiger ID und die Mandatsreferenz (eine Zeichenfolge, an der man beim SFV meine Zahlungen eindeutig erkennen kann) wird mir bei der Bestätigung der Mitgliedschaft mitgeteilt. SEPA-Lastschriftmandat: Ich ermächtige den SFV, Zahlungen von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die von dem SFV auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen. Meine Bankverbindung ist bereits bekannt. Neue Bankverbindung: Name der Bank IBAN: BIC: Datum ......................... Unterschrift ...................................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ............................................................ Sie wollen keine Einzugsermächtigung erteilen? Unsere Bankverbindung: PAX Bank Aachen e.G., IBAN: DE16370601931005415019, BIC: GENODED1PAX Solarbrief 2/15 Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. . . Karikatur: Gerhard Mester G 8058 - Postvertriebsstück Deutsche Post AG - Entgelt gezahlt Absender: Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. Bundesgeschäftsstelle, Frère-Roger-Str. 8-10 • D - 52062 Aachen
© Copyright 2024 ExpyDoc