solarbrief

SOLARBRIEF
Solarbrief
Ausgabe 2 | 2015
Karikatur: Gerhard Mester
Divestment
oder warten, bis die Kohlenstoffblase platzt?
Stromspeicher oder Fernleitungen bauen?
Fliegen mit elektrischer Energie
Geschichtliches und Zukunftsperspektiven
2
Divestment
3... Divestment oder warten, bis die
Kohlenstoff-Spekulationsblase platzt?
Editorial von Wolf von Fabeck
Fernleitungsbau?
4... Fernleitungen zur Versorgung Süddeutschlands
mit norddeutschem Windstrom - Eine Fehlplanung
Atom
21.. Gegen das Wiederanfahren der Schrottreaktoren Tihange 2 und Doel 3!
Zahlreiche unabhängig voneinander initiierte, jedoch gemeinschaftlich von tiefer Sorge getragene Aktionen: Von Susanne Jung
24.. Das „gute Leben“ nur mit Atomkraft?
Wie die FAZ die globale soziale Frage instrumentalisiert:
Von Rüdiger Haude
Von Wolf von Fabeck
6... Umweltfreunde in der Diskussion zum Stromnetzausbau
Von Wolf von Fabeck
7... Widerstand gegen den Ausbau von Fernübertragungstrassen mobilisieren
Von Wolf von Fabeck
8... Der „kleine Unterschied“ zwischen Vernunftkraft und Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV)
Wer siegen will, sollte seine Gegner kennen: Von Wolf von Fabeck
9... Hohe Windleistungen nicht abregelbar - Speicherung ist unverzichtbar
Von Wolf von Fabeck
10.. Wir brauchen Energiespeicher für das Gelingen der Energiewende
Netzausbau ja – aber keine HGÜ-Leitungen: Von Stephan Grüger
13.. "Bei mir werden HGÜs groß geschrieben"
Von Rüdiger Haude
37.. Zellulare Netze für 100 % Erneuerbare Energien
Übersetzung des Kurzbeitrags zur International Renewable
Energy Conference (IRENEC) im Mai 2015: Von Prof. Eberhard Waffenschmidt
Klimapoker
14.. Hetze von Björn Lomborg gegen die Erneuerbaren
Entgegnung auf den FAZ-Artikel vom 15. Mai 2015: Von Wolf von Fabeck
Inhaltsverzeichnis
19.. Beleidigung des mathematischen Verstandes
Zur Presseerklärung des CDU-Wirtschaftsrats vom 27.4.2015:
Von Rüdiger Haude
20.. Klimaflüchtlinge
Rundschreiben zu einem Anti-Atom-Montagsspaziergang
in Koblenz: Von Thomas Bernhard
Kohle
16.. „Niemand sonst zahlt die Zeche“
Eindrücke von der RWE-Hauptversammlung in Essen am
23.4.2015: Von Rüdiger Haude
18.. Kohleabgabe - Vom Tisch?!
Kommentar von Jürgen Döschner in WDR 5, Morgenecho
vom 25.6.2015
18.. Kohlelobby setzt sich auf ganzer Linie durch
Klimagipfel im Kanzleramt am 1. Juli 2015: Von Rüdiger Haude
EEG / Speicher
26.. EEG-Umlagepflicht auf Eigenverbrauch - Rechtsklärung in Teilbereichen
Zu Ergebnissen der Empfehlung 2014/31 der Clearingstelle
EEG: Von Susanne Jung
30.. Speicher unter dem EEG 2014
Informationen zum 21. Fachgespräch der Clearingstelle EEG:
Von Susanne Jung
31.. Technische Normen beim Einsatz von Speichern
Auswahl, kurz zusammengestellt
32.. „Stromspeichertechnologien - Stand der Technik, Wirtschaftlichkeit, Perspektive“
Veranstaltung der Industrie- und Handelskammern im
Rheinland: Von Kerstin Watzke
Angebote
38.. Energeticon
Neues energietechnisches Museum in Alsdorf (Rheinland):
Von Rüdiger Haude
39.. Mittwochswerkstatt „Zukunft gestalten“
Neue Veranstaltungsreihe
47.. Die Energiewende braucht mehr Ökostrom
Ankündigung zur Tagung der Bischöflichen Akademie
Aachen
Solares Fliegen
40.. Fliegen mit Solar-Luftschiffen
Geschichte und Perspektiven: Von Rüdiger Haude
45.. Solar Impulse 2
Kritiker liefern nur Binsenweisheiten: Von Rüdiger Haude
Kurzinfos / Internes
13.. Flyer des SFV
46.. Festakt für Wolf von Fabeck
Ein kurzer Bericht: Von Rüdiger Haude
46.. SFV-Infostellen
47.. Mitgliederversammlung des SFV
48.. Nachrichten, Impressum
50.. Leserbriefe
51.. Mitgliedsantrag
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
3
Divestment oder warten, bis die Kohlenstoff-Spekulationsblase platzt?
Editorial
So werden ohne Skrupel auch Unternehmen gestützt, die
mit der Nutzung von fossilen Energien und der Ruinierung
des Weltklimas befasst sind. Das gilt bisher als todsicheres
Geschäftsmodell, denn der Energiehunger steigt weltweit,
und die Verfügungsrechte über Kohle, Erdöl und Erdgas, die
noch unter der Erd- oder Meeresoberfläche vermutet werden,
werden sogar mit militärischer Macht gesichert.
Angst vor dem Klimawandel? Diejenigen, die in das Spiel
um den großen Geld- und Machtgewinn verwickelt sind,
interessiert alles Übrige nur noch am Rande. Vielleicht ist
das ähnlich, wie das Fieber bei der Fußballweltmeisterschaft
oder beim Sex? Während des Spiels empfindet man alles, was
nicht unmittelbar dazu gehört, nur als störende Ablenkung:
„Klimawandel??? Das hat doch noch Zeit!“
Der jämmerliche Hungertod von König Midas, dem wunschgemäß alles, was er anfasste, zu Gold wurde, ist offenbar
nicht abschreckend genug. Wer ausschließlich im Abwägen
von finanziellem Gewinn oder Verlust befangen ist, lässt sich
nur noch ansprechen, wenn ihm ein Risiko vor Augen geführt
wird, das zu seinen Begrifflichkeiten passt. Dass eine „Spekulationsblase“ platzen kann – dieses Risiko leuchtet jedem
Börsenspekulanten sofort ein, und davor hat er echt Angst.
Damit kommen wir zur Kohlenstoff-Spekulationsblase: Die
derzeitige Bewertung der Fossilunternehmen ergibt sich aus
der Vorstellung, dass alle bekannten und vermuteten fossilen Bodenschätze noch gefördert und energetisch genutzt
werden. Wem allerdings bewusst ist, dass jede weitere Tonne
Kohle den Klimakollaps noch verschlimmert und dass die
Ressourcen deshalb in der Erde bleiben müssen, der erkennt,
dass die fossilen Unternehmen völlig überbewertet sind.
Die von Sigmar Gabriel vorgeschlagene Klimaabgabe hat
offensichtlich trotz ihrer unzureichenden Höhe den FossilSpekulanten einen Schock versetzt, wie die überschießend
heftigen Reaktionen zeigen. Eine administrative Beschränkung der Kohle- und Ölförderung würde dazu führen, dass
die Gewinnaussichten von einigen ernüchterten Analysten
geringer eingeschätzt werden. Vorsichtige Anleger werden
ihr Kapital abziehen. Damit sinkt der Aktienkurs. Das alarmiert
andere Anleger; sie überprüfen die Gewinnaussichten und
ziehen – möglichst solange die Papiere noch einen guten
Wert darstellen – ebenfalls ihr Kapital ab.
So kommt es zu einer sich selbst verstärkenden Abwärtsbewegung. Von Stunde zu Stunde sind die Papiere weniger
wert. Für die Anleger heißt es dann: „Rette sich wer kann“.
Kommunen, die an den fossilen Unternehmen beteiligt sind,
werden in den Strudel gerissen. Staaten, die ihre Banken
retten wollen, bekommen Probleme. Die Ratingagenturen
werden mit ihren Abwertungen kaum noch mitkommen. So
könnte die „Kohlenstoffblase“ platzen.
Ein Vergleich mit der geplatzten„Immobilienblase“ im August
2007 liegt nahe, doch die „Kohlenstoffblase“ ist voluminöser
und die Angriffe kommen diesmal von zwei Seiten - einmal
von denjenigen, die um ihre Gewinne fürchten, andererseits
von der ethisch motivierten „Divestment-Bewegung“, die
durch einen Ausstieg aus allen fossilen Beteiligungen die Welt
vor der Klimakatastrophe retten will. Diese Zangenbewegung
könnte sich als unwiderstehlich erweisen. Die einstimmige
Entscheidung des norwegischen Parlaments vom 6. Juni
2015, dass der norwegische Rentenfond (der zweitgrößte der
Welt) alle Anteile von Firmen verkaufen soll, die mit mehr als
30 % an Kohlenutzungen beteiligt sind, liefert einen Vorgeschmack davon, was noch geschehen kann.
Wenn niemand mehr in den Erhalt der fossilen Kraftwerke
investieren will, könnte das fossile Zeitalter innerhalb weniger
Jahre zu Ende gehen. Mit fast dreißig-jähriger energietechnischer Erfahrung sehen wir aber auch die Gefahr, dass es zu
einem ERSATZLOSEN Zusammenbruch der fossilen Energieversorgung kommen kann, denn insolvente Unternehmen
können keinen Strom mehr liefern. Wir empfehlen deshalb
dringend, dass die finanziellen Anstrengungen sich den Erneuerbaren Energien und ihren Speichern zuwenden. Erst mit
einer ausreichenden Menge von Energiespeichern können
Wind- und Sonnenenergie die Atom- und Fossilenergien
vollständig ersetzen.
Deshalb investiert das „divestierte“ Geld in Speicher!
Ihr Geschäftsführer, Wolf von Fabeck
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Editorial
Seit 100 Jahren investieren Versicherungen, Banken, Rentenfonds,
Stiftungen, Kommunen, Universitäten und Privatpersonen ihr Kapital
in Unternehmen, die hohe Gewinne
versprechen. Sie investieren in der
Hoffnung auf Reichtum und damit
verbundene Macht. Ob festverzinsliche Staatsanleihen, ob Produktion
von Giftgas oder Streuminen, von
Zigaretten oder Kettensägen, von
energieintensiven Grundstoffen
wie Aluminium oder Kunstdünger,
oder eben auch direkt von Strom
aus Braunkohle – die Anleger fragen nur nach der Rendite.
3
Fernleitungen zur Versorgung Süddeutschlands
mit norddeutschem Windstrom
Eine Fehlplanung
Von Wolf von Fabeck
Im folgenden wird anschaulich gezeigt, dass die Versorgung
von Süddeutschland durch Windenergie aus Norddeutschland mit den derzeit geplanten Windanlagen und Fernleitungen technisch nicht möglich ist.
Norddeutsche Länder Ausbaustand 2014 17.168 MW
Windenergie Planung für 2024 52.400 MW
51 MW
2.900 MW
993 MW
13.200 MW
Welche norddeutschen Windanlagen sollen
Windstrom in den Süden abgeben?
Als Lieferland für Süddeutschland scheidet NRW aus, da von
dort aus bereits die Versorgung des Ruhrgebiets erfolgen
muss. Sachsen-Anhalt und Brandenburg werden Berlin
beliefern müssen.
Infrage kommen aber möglicher Weise die Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee sowie Onshore-Windanlagen
in Schleswig Holstein, Niedersachsen und MecklenburgVorpommern. Dort, sowie in Bremen und Hamburg waren
bisher (Stand 2014 ) insgesamt 17.168 MW installiert.
Bis 2024 sollen dort 52.500 MW installiert werden. [IWES Länderplanungen]
Wieviel Windstrom werden die geplanten
Windanlagen voraussichtlich liefern?
Um herauszufinden, wie viel Windstrom die geplanten 52.500
MW Windanlagen liefern können, wird eine gesamtdeutsche
Windeinspeisungs-Grafik des Jahres 2014 [EEX] zu Grunde
5.165 MW
13.000 MW
2.564 MW
8.600 MW
152 MW
200 MW
14.500 MW
13.000 MW
gelegt, jedoch wird der Leistungsmaßstab so verändert, als
ob damals bereits 52.500 MW installiert gewesen wären. Die
für 2024 geplanten norddeutschen Windanlagen werden also
fiktiv von dem gesamtdeutschen Wind des Jahres 2014 angetrieben, um realitätsnahe Einspeisemengen zu simulieren.
Die Summen-Nennleistung der Anlagen wird dabei an keinem Tag des Jahres erreicht, da nicht alle Windparks zur selben Zeit mit Höchstleistung arbeiten. Trotzdem treten immer
noch erhebliche Leistungsspitzen und Zeiten gemeinsamen
Stillstandes auf.
Windstromeinspeisung
in Norddeutschland
50.000 MW
40.000 MW
30.000 MW
20.000 MW
10.000 MW
Windverhältnisse wie 2014 (EEX)
Dez
Nov
Okt
Sep
Aug
Jul
Jun
Mai
Apr
Mrz
Feb
0 MW
Jan
Stromnetzausbau
4
Grafik1 : SFV
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
5
Welcher Teil des voraussichtlichen Windstroms kann 2024 in Norddeutschland ohne
Speicher verbraucht werden?
Der norddeutsche Eigenbedarf wird grafisch durch eine Lastkurve dargestellt. Tagsüber ist er etwas höher als nachts, im Winter
etwas höher als im Sommer. Genaue Aussagen sind im Voraus
nicht möglich. Da es hier nur um Abschätzung von Größenordnungen geht, genügt vereinfachend eine Gerade.
Der Eigenbedarf in den betrachteten norddeutschen Ländern
betrug bisher ca. 88 TWh.
88 TWh / 8760 Jahresstunden = 10.000 MW
Die Lastkurve wird somit näherungsweise bei 10.000 MW
verlaufen.
Windstromeinspeisungen, die unter der Lastkurve liegen,
können direkt in Norddeutschland verbraucht werden. Die
Anteile der Windleistungen, die die Lastkurve übersteigen,
müssen entweder gespeichert oder in den Süden geliefert oder
abgeregelt werden.
Die Befürworter der Fernleitungen wollen Speicherverluste
möglichst vermeiden. Sie gehen unausgesprochen davon aus,
dass man in Süddeutschland Verwendung für die in Norddeutschland nicht verwertbaren Leistungsspitzen hat.
Deshalb wollen sie die gesamte Windeinspeisung oberhalb der
10.000 MW Lastkurve in den Süden abgeben.
Eine genauere Betrachtung der in den Süden abzugebenden
Leistungsspitzen zeigt, dass diese, obwohl man ihre Höhe durch
teilweisen Verbrauch in Norddeutschland schon um 10.000 MW
verringert hat, immer noch die 30.000 MW übersteigen. Andererseits werden sie aber von tagelangen Pausen unterbroche.
Man könnte die Frage stellen, was Süddeutschland mit einer
solchen Stromlieferung anfangen soll.
Allerdings im konkreten Fall wird diese Frage dann doch nicht
gestellt werden, denn die geplanten Fernleitungen haben
überhaupt nur eine Übertragungskapazität von 8.000 MW.
Sie können eine solche Stromlieferung gar nicht in den Süden
transportieren. Ein großer Teil der erzeugten Windenergie muss
wieder abgeregelt werden. Die Planungen sind somit nicht
durchführbar.
Wie man es auch wendet, welchen Anteil der in Norddeutschland erzeugten Windenergie man dort verbraucht und welchen
Anteil man in den Süden liefern will, es führt kein Weg daran
vorbei, dass die Leistungsspitzen durch Pufferspeicher in die
Zeiten geringer Windleistung verschoben oder andernfalls
abgeregelt werden müssen. Wenn man die teuer erzeugte
Windenergie nicht wieder abregeln will, kommt man um Speicher nicht herum!
Der SFV schlägt deshalb vor, die zusätzlich geplanten Fernleitungen einzusparen, die benötigten Strommengen vor Ort
durch regionalen Ausbau von Windanlagen und Solaranlagen
zu erzeugen und die Leistungsspitzen durch regionale Stromspeicher in die Leistungslücken zu verschieben.
3
muss abregelt werden, wenn es keine Speicher gibt
2
kann über Fernleitungen mit 8.000 MW nach Süddeutschland übertragen werden
1
kann ohne Speicher direkt in Norddeutschland verbraucht werden
50.000 MW
40.000 MW
30.000 MW
3
20.000 MW
8.000
MW
2
10.000 MW
Lastkurve
1
Windverhältnisse wie 2014 (EEX)
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Dez
Nov
Okt
Sep
Aug
Jul
Jun
Mai
Apr
Mrz
Feb
Jan
0 MW
Grafik 2: SFV
Stromnetzausbau
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Umweltfreunde in der Diskussion zum Stromnetzausbau
Von Wolf von Fabeck
Unter Umweltfreunden spitzt sich die Diskussion auf folgende zwei Varianten zu
Befürworter von Fernleitungen wünschen sich:
einen schnellen Ausbau der EE-Anlagen und der Fernleitungen, damit zufällig wetterbedingte Überschussregionen
EE-Strom an zufällig wetterbedingte Mangelregionen liefern
können. Damit soll die Zahl der Stromspeicher reduziert werden. Groß-Speicher in Skandinavien und Südeuropa sollen
durch Fernleitungen anschlossen werden.
Zu diesem Wunschzettel gibt es fünf Richtigstellungen durch
den SFV:
Erste Richtigstellung durch den SFV
Es geht nicht nur um Energiemengen, sondern um Leistungen: Strom muss sekundengenau dann geliefert werden,
wenn er gebraucht wird. Die Erzeugerleistung muss jederzeit mit der Verbraucherleistung übereinstimmen. Zufällige
Energieangebote sind nur dann brauchbar, wenn sie zum
richtigen Zeitpunkt kommen. Wir dürfen uns nicht auf den
Zufall verlassen. Nur Stromspeicher können eine jederzeitige
Übereinstimmung garantieren.
geschwindigkeit selbst. Ein Nachlassen der idealen NennWindgeschwindigkeit auf die Hälfte bedeutet nur noch ein
Achtel der verfügbaren Windleistung. Ein Nachlassen der
Windgeschwindigkeit gar auf ein Drittel bedeutet sogar,
dass die Windleistung auf ein Siebenundzwanzigstel der
Nennleistung absinkt. Da der Wind nur selten mit Nenngeschwindigkeit weht, ist der weitaus häufigste Betriebszustand
der Windräder somit leider die ungenügende Leistung. Die
Internetseiten der Windkraftgegner (z.B. http://www.vernunftkraft.de/statistik/ aus der Feder von Detlef Ahlborn)
sind voller Spott über Umweltschützer, die diese einfachen
Zusammenhänge nicht begreifen oder wahrhaben wollen.
Vierte Richtigstellung durch den SFV
Das Aufladung der Großspeicher muss zusätzlich neben
der laufenden Versorgung der Verbraucher erfolgen und ist
deshalb nur an wenigen Stunden im Jahr bei Höchstleistung
der EE-Anlagen möglich. Die Begründung ergibt sich aus der
dritten Richtigstellung.
Die wenigen Stunden der Nennleistung von Windanlagen
müssen voll genutzt werden. Die Leitungen zwischen EEStromerzeugung und EE-Stromspeichern müssen deshalb
nahezu für die Höchstleistung ausgelegt werden. Das
spricht für kurze Leitungen zwischen EE-Erzeugung und EESpeicherung und gegen Fernleitungen.
Zweite Richtigstellung durch den SFV
Fünfte Richtigstellung durch den SFV
Die Lieferung von Überschussleistung an die Mangelgebiete setzt voraus, dass die jeweilige Überschussregion eine
ausreichende Zahl von Wind- und Solaranlagen aufweist,
deren Leistung ausreicht, das Leistungsdefizit der jeweiligen
Mangelregionen auszugleichen.
Großspeicher in Skandinavien und Südeuropa sollen nach
Ansicht der Fernleitungsbefürworter dann einspringen, wenn
die lokalen Stromspeicher nicht ausreichen.
Ein Beispiel für viele: Wenn nur auf der Iberischen Halbinsel
(Spanien plus Portugal) ausreichend Wind weht, muss die
Anzahl der iberischen Windanlagen ausreichen, um das
gesamte Resteuropa (Skandinavien, Benelux, Frankreich,
Italien, Deutschland, Polen und den Balkan) mit ausreichend
EE-Strom zu versorgen. So viele Windanlagen haben jedoch
schwerlich Platz auf der iberischen Halbinsel.
Dritte Richtigstellung durch den SFV
Der Energie-Austausch von Überschuss- zu Mangelregionen
ohne Einsatz von Stromspeichern würde nur funktionieren,
wenn zu jedem Zeitpunkt die Gesamtsumme des Solar- und
Wind-Leistungsangebots aller Regionen der Gesamtsumme
der Nachfrage in allen Regionen entspricht oder sie übersteigt.
Diese Hoffnung ist allerdings nicht erfüllbar, denn das
Leistungsangebot ist statistisch nicht gleich verteilt. Hohe
Leistungen sind erheblich seltener als niedrige Leistungen.
Da der Bedarfsfall nicht langfristig vorhersehbar ist und das
Aufladen der Großspeicher viel Zeit verschlingt, müssen sie
ständig gefüllt in Bereitschaft stehen (strategische Reserve) und werden nur selten genutzt. Ihre Finanzierung ist
deshalb nicht über den Stromhandel möglich, sondern nur
mit staatlichen Geldern für die Daseinsvorsorge. Das ist im
Ausland schwer denkbar. Auch ist der Zugriff auf strategische
Reserven im Ausland ungewiss.
Fazit
Die geplanten Fernleitungen sind aus den genannten technischen und wirtschaftlichen Gründen nicht zur Einführung
der Erneuerbaren Energien geeignet.
Die Fernleitungen werden aus den genannten Gründen
nicht einmal in Zukunft benötigt. Es handelt sich um eine
Fehlinvestition.
Die Erneuerbaren Energien brauchen keine Fernleitungen
sondern Nahspeicher!
Die Windenergieleistung ändert sich mit der 3. Potenz der
Windgeschwindigkeit, d.h. erheblich stärker als die Wind-
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
7
Vorschlag des SFV, des BUND und von EUROSOLAR
• Ein schnellerer Umstieg auf EE in Deutschland hätte globale
Signalwirkung.
Kein Ausbau der Fernleitungen, stattdessen schneller Ausbau
der EE sowie der regionalen Stromspeicherung, damit eine rasche Umstellung auf regionale Erneuerbare Energien möglich
wird. Regionalisierung der Strompreise als regionaler Anreiz.
• Regionale EE-Erzeugung und –Speicherung erhöht die regionale Überlebensfähigkeit bei Katastrophen und Terrorakten.
Begründung des SFV: Je schneller die Energiewende abgeschlossen wird, desto kürzer ist die Zeit, in der zusätzliches
Geld für die Erhaltung und Verbesserung der Fossil-Anlagen
ausgegeben werden muss.
• Die Wertschöpfung bleibt in der Region.
• Bei einer Regionalisierung der Strompreise werden die
Strompreise in den Regionen ansteigen, in denen der Ausbau
der EE-Anlagen und der Speicher zurückbleibt. Damit wird ein
lokaler Anreiz zum Ausbau der EE-Anlagen und Speicher (z.B.
in Bayern) geboten.
Widerstand gegen den Ausbau von Fernübertragungstrassen mobilisieren
Von Wolf von Fabeck
Geht es Ihnen auch so? Viele Menschen, die demnächst mit
neuen, zusätzlichen Strommasten und -leitungen in ihrer Nähe
rechnen müssen, interessieren sich seitdem verstärkt für die
Thematik der Energiewende, die - konsequent durchgeführt
- ohne Neubau von Fernübertragungsleitungen auskommt.
Dieses erwachende Interesse sollten wir nutzen.
Wir haben dafür einen Informationsvortrag vorbereitet, den
unser Geschäftsführer Wolf von Fabeck oder unser Referent für
Öffentlichkeitsarbeit Dr. Rüdiger Haude auch in Ihrem Heimatort
halten könnte. Der Vortrag lehnt sich inhaltlich an unseren Internetbeitrag an, der letztmalig am 28.6.2015 aktualisiert wurde:
Vortrag:
„Fernübertragungstrassen oder Speicherausbau“
www.sfv.de/artikel/fernuebertragungstrassen_oder_
speicherausbau.htm
Sie müssten allerdings die organisatorische Vorbereitung
vor Ort in Gang setzen. Vielleicht finden Sie eine UmweltOrganisation (z.B. BUND, NABU) oder eine Bürgerinitiative, die
einen Vortragssaal stellt, die Einladung, die Finanzierung und
die Moderation übernimmt. Sie könnten auch das Umweltamt,
die Kirchen oder eine Lokalzeitung darum bitten. Mit dem
untenstehenden Ankündigungstext könnte für eine solche
Veranstaltung geworben werden:
Vortrag: Speicher, Wind- und Sonnenstrom statt Fernleitungsbau für Braunkohle
Der Bau neuer Stromfernleitungen soll angeblich die Versorgung Süddeutschlands mit
norddeutschem Windstrom
und Strom aus Offshore-Windparks möglich machen.
Dass dies nicht funktionieren
kann und stattdessen andere Ziele, wie die Versorgung
Nord- und Süddeutschland mit Braunkohlestrom und eine
Intensivierung des europäischen Stromhandels verfolgt
werden, wird erst bei einer eingehenden Analyse ersichtlich.
Insbesondere erweist eine solche Analyse, wie vordringlich
stattdessen der Speicherausbau ist.
Unser Referent ....... vom Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) wird Ihnen für diese Erkenntnis eine Reihe von Argumenten vortragen. Auch ist ihm daran gelegen, verbleibende Fragen und Zweifel im Anschluss an den Vortrag in einer
ausführlichen Diskussion mit dem Publikum abzuklären.
Information zum SFV
Der SFV wurde erstmals 1989 bekannt durch den Vorschlag
einer "Kostendeckenden Einspeisevergütung" für Solarstrom. Dieses Programm wurde ins Erneuerbare-EnergienGesetz aufgenommen und hatte maßgeblichen Anteil am
Solarboom von 2000 bis 2010.
Der SFV gehört auch zu den ersten Umwelt-Organisationen,
die öffentlich eine rasche Umstellung der Energieversorgung
auf 100% Erneuerbare Energien forderten und immer noch
fordern.
Seit Jahren mahnt der SFV eine Markteinführung von Stromspeichern an. Außerdem plädiert er für eine Neuordnung des
Stromhandels, die dazu führen soll, dass die EEG-Umlage
ausschließlich dem Ausbau der Erneuerbaren Energien zugutekommt, dass Strom aus Erneuerbaren Energien vorrangig
verwendet wird und dass die Erneuerbaren sowie schnell
regelbare Gaskraftwerke nicht durch die Unflexibilität von
Atom- und Braunkohlekraftwerken ausgebremst werden.
Weitere Infos unter http://www.sfv.de/
Veranstalter:
Eintritt frei
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Zeit / Ort:
Der „kleine Unterschied“ zwischen Vernunftkraft und Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV)
Wer siegen will, sollte seine Gegner kennen.
Von Wolf von Fabeck
Ein didaktisch ausgezeichnet aufgebauter Beitrag im Internet
erklärt, warum Windenergie und Solarenergie ohne Speicher
keine Versorgung Deutschlands mit 100% Erneuerbaren
Energien übernehmen können.
http://www.vernunftkraft.de/statistik/
Dieser Text stammt ausgerechnet von unseren erbitterten
Gegnern: den Windenergiebekämpfern von „Vernunftkraft“
(vgl. unsere Kritik unter http://www.sfv.de/artikel/mit_vernunftkraft_gegen_saubere_energie.htm und im Solarbrief
1/2015 ab S.16.)
Der Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) empfiehlt
die sorgfältige Lektüre des eingangs erwähnten Beitrages aus
der Feder von Detlef Ahlborn, und bestätigt sie soweit sie die
Verfügbarkeit von Solar- und Windenergie betreffen.
Dennoch kommt der SFV zu völlig anderen Schlussfolgerungen. Dies liegt an einem entscheidenden kleinen
Unterschied:
Vernunftkraft findet sich damit ab, dass „Speicher von
nennenswerter Größe nicht vorhanden sind“, und behauptet kurzschlüssig, dass „auch nicht absehbar ist, dass eine
Technologie zur Speicherung in ausreichendem Umfang zur
Verfügung steht“.
Wir wissen hingegen, dass nicht nur eine, sondern eine
Reihe von Speichertechniken existieren, die das Problem
lösen können. Siehe dazu den Bericht von Kerstin Watzke
zu neuen Entwicklungen in der Speicherforschung auf Seite
32. Wir fordern deshalb dringend die Markteinführung von
Pufferspeichern und Langzeitspeichern. Der fluktuierende
Anfall von Sonnen- und Windstrom bedeutet nicht, dass die
Energiewende „scheitert“, wie Ahlborn formuliert und wie er
es sich offensichtlich wünscht. Aber er hat recht, dass es fatal
wäre, dieses Problem einfach zu ignorieren.
Markteinführung und Massenproduktion von Speichern
heißt deshalb unser Zauberwort.
Hohe Windleistungen nicht abregeln -
Speicherung ist unverzichtbar
Extrem selten und dann extrem hoch - Warum hohe Windstromleistungen
unbedingt gespeichert werden müssen
Von Wolf von Fabeck
Datenquelle: EEX Leipzig
Auflösung: Viertelstundenwerte
Dez
Nov
Okt
Sep
Aug
Jul
Jun
Mai
Apr
Mrz
Feb
Es geht wieder einmal um die Frage, ob es möglich ist, Im Wesentlichen ergeben sich für uns als Beobachter dieses
die fluktuierenden Windleistungen in Deutschland mit Gedankenexperiments drei wichtige Erkenntnisse:
Hilfe teurer Stromleitungen
wenigstens ein bisschen geNennleistung Wind
Windenergie Einspeisung IST EEX 2014
geneinander auszugleichen,
GW
um etwas an Speichern zu
40
sparen. Bevor wir diese Frage
im Großexperiment klären,
35
sollten wir sie rechnerisch beantworten. Man braucht nur
30
die viertelstündigen Einspei25
seleistungen aller Windanlagen des Jahres 2014 in ganz
20
Deutschland zusammen zu
15
zählen und dann grafisch
über der Zeitachse aufzutra10
gen. Auf den Internetseiten
der Vernunftkraft (die aller5
dings im Gegensatz zum SFV
0
die Nutzung der Windenergie
ablehnt) findet sich bereits
eine solche Grafik:
Jan
Stromnetzausbau
8
Darstellung nach R. Schuster
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
9
• Die theoretische Höchstleistung entsprechend der installierten
Windleistung (am oberen Rand der Grafik als rötliche Linie erkennbar) wurde zu keiner Zeit auch nur annähernd erreicht. Obwohl es
im Jahr 2014 durchaus Stürme gegeben hatte - Höchstleistung kam
offenbar nicht gleichzeitig in ganz Deutschland vor.
Sehr geringe und sehr hohe Windgeschwindigkeiten sind eher
selten, während mittlere Windgeschwindigkeiten viel öfter
auftreten.
Wie entsteht aus einem Weibull-Diagramm nun das Diagramm
der Häufigkeitsverteilung (Beispiel rechts unten)?
• Einspeisespitzenleistungen wurden durch niedrige Einspeisewerte
an anderen Orten in ihrer spitzen Form nicht wesentlich geglättet.
Die Spitzen blieben deutlich erhalten.
Die Einteilung der x-Achse wird geändert. Statt der Windgeschwindigkeit wird die Leistung des Windrades verwendet. Die
mechanische Leistung der Windräder hängt in dritter Potenz
von der Windgeschwindigkeit ab. Die farbige Tabelle rechts
zeigt, welche Leistung zu welcher Windgeschwindigkeit gehört.
Die Säulen im Weibull-Diagramm und in der Häufigkeitsverteilung sind entsprechend eingefärbt. Die links stehenden
Säulen rutschen noch weiter nach links, ohne ihre Höhe zu
verändern.
• Niedrige Windleistungen kamen so oft vor, dass sie mehrmals
gleichzeitig auftraten und es immer wieder einmal zu extrem
niedrigen Gesamtleistungen nahe der Nullinie kam.
Die Grafik von Rolf Schuster zeigt: Selbst wenn man ein ideal
ausgebautes Stromnetz voraussetzt, lässt sich die Windstromleistung in Deutschland ohne Speicher nicht ausgleichen. In
dieser Hinsicht sind sich Vernunftkraft und SFV sogar einig. Lediglich bei der ganz rechts stehenden Säule (grau im Beispiel)
Nur ziehen sie unterschiedliche Folgerungen. Für Vernunftkraft ändert sich die Höhe. Dort werden noch die Stundenzahlen
scheidet damit die Windenergie aus den weiteren Überlegun- hinzuaddiert, die sich dann ergeben, wenn bei extrem hohen
gen aus. Der Solarenergie-Förderverein sieht sich jedoch in Windgeschwindigkeiten die Windanlage mit Nennleistung
seiner langjährigen Forderung glänzend bestätigt: Da Stromlei- weiter betrieben wird. Bei niedrigen
tungen den Windstrom nur unwesentlich glätten, brauchen wir Windgeschwindigkeiten ergeben sich so
W.-Geschw. Leistung
in m/s
in %
dringend den massiven Ausbau der dezentralen Stromspeicher.
Leistungen,
dass mehrere Säulen
Häufigkeitkleine
der Windleistungen
in Jahresstunden
1 m/s
0,0125
Und wir brauchen ihn möglichst in unmittelbarer Nähe zu in ein und dieselbe kleine Leistungsklasse
2 m/s
50
175
90
80
145
1300
800
250
den Windanlagen, um deren Leistung gleich an der Quelle zu 5800 verschoben
werden.
Dabei
addieren
sich 70 3 m/s 0,1
0,3375
vergleichmäßigen.
die Stundenzahlen.
4 m/s
0,8
800 h
Im gewählten Beispiel steht in der obersten
Zeile des Häufigkeits-Diagramms ganz
links die rote Zahl von 5800 Stunden. Das
Windrad erbringt also in etwa zwei Drittel
der Jahresstunden nur vergleichsweise wenig Leistung. Schauen wir allerdings in die
10. Spalte, so finden wir oben eine graue
„70“. Diese 70 Stunden sind sozusagen die
Sternstunden des Windrades, denn dann
zeigt es, was es kann.
700 h
Vom Weibull-Diagramm zur Häufigkeitsverteilung
600 h
500 h
Ein Weibull-Diagramm ist ein Säulen-Diagramm, in dem400
jede
h
Säule eineWindgeschwindigkeit repräsentiert. Die aufaddierte
300 h
Zeitdauer jeder einzelnen Windgeschwindigkeit ergibt die je200 h
weilige Höhe der Säulen. Die Säulen werden auf einer x-Achse
errichtet, deren Einteilung die Windgeschwindigkeiten angibt.
100 h
Im Idealfall haben die Säulen eine sogenannte „Weibull“0h
Verteilung (z.B. die Grafik links unten). Die dort eingetragenen
0 - 10
10 - 20 20 - 30 30 - 40
40 - 50 50 - 60
60 - 70 70 - 80 80 - 90 90 - 100
gespeichert
werden,
Windgeschwindigkeiten könnten z.B. an der Nordseeküste Diese Leistung mussLeistungsklassen
in %
der Nennleistung
wenn
sie
nicht
verloren
gehen
soll.
vorkommen.
Windgeschwindigkeit
Auslegungs-Windgeschwindigkeit
Windgeschwindigkeit inin
%%
derder
Auslegungs-Windgeschwindigkeit
5 m/s
1,5625
6 m/s
2,7
7 m/s
4,2875
8 m/s
6,4
9 m/s
9,1125
10 m/s
12,5
11 m/s
16,6375
12 m/s
21,6
13 m/s
27,4625
14 m/s
34,3
15 m/s
42,1875
16 m/s
51,2
17 m/s
61,4125
18 m/s
72,9
19 m/s
85,7375
20 m/s
> 100
W.-Geschw. Leistung
in m/s
in %
W.-Geschw. Leistung
in m/s
in %
Häufigkeit
der Windleistungen
in Jahresstunden
Häufigkeit
der Windleistungen
in Jahresstunden
1 m/s
0,0125
2 m/s
0,1
0,3375
3 m/s
0,3375
4 m/s
800 h0,8
5 m/s
1,5625
4 m/s
0,8
5 m/s
1,5625
6 m/s700 h2,7
6 m/s
2,7
7 m/s
4,2875
8 m/s600 h6,4
8 m/s
6,4
9 m/s
500 h
9 m/s
9,1125
h
10 m/s500 12,5
9,1125
10 m/s
12,5
400 h
11 m/s 16,6375
400 h
12 m/s 21,6
11 m/s
16,6375
12 m/s
21,6
300 h
13 m/s 27,4625
300 h
14 m/s 34,3
13 m/s
27,4625
14 m/s
34,3
200 h
15 m/s200 42,1875
h
15 m/s
42,1875
16 m/s
51,2
h
17 m/s100 61,4125
17 m/s
61,4125
18 m/s
18 m/s
72,9
19 m/s
85,7375
20 m/s
> 100
0 - 10
10 - 20
20 - 30
30 - 40
40 - 50
50 - 60
60 - 70
70 - 80
80 - 90
90 - 100
800 h
Weibull – Verteilung
Im Idealfall ergeben alle
Säulen aufeinandergestellt
8760 Jahresstunden
700 h
600 h
1 m/s
0,0125
2 m/s
0,1 5800
3 m/s
7 m/s
16 m/s
100 h
0h
1
2 3
4 5 6 7
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
20 m/s
800
250
175
145
90
80
70
4,2875
51,2
72,9
0h
19 m/s 85,7375
8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
1300
50
0 - 10
> 100
10 - 20
20 - 30
30 - 40
40 - 50
50 - 60
60 - 70
70 - 80
80 - 90
90 - 100
Leistungsklassen in % der Nennleistung
Stromnetzausbau
10
Wir brauchen Energiespeicher für das Gelingen
der Energiewende
Netzausbau ja – aber keine HGÜ-Leitungen
Von Stephan Grüger
Einfache Geschichten lassen sich leicht verbreiten – das
sagt aber nichts über ihren Wahrheitsgehalt aus. Zu diesen
einfachen Botschaften gehört seit der 2005 von einem Konsortium aus den drei damaligen Netzbetreibern E.ON Netz,
RWE Transportnetz Strom, Vattenfall Europe Transmission
erstellten sogenannten „DENA-Netzstudie“ die Tatsachenbehauptung, dass in naher Zukunft „im Norden“ der Strom durch
Windkraftanlagen produziert werde, der allerdings im Süden
nach Abschaltung der dortigen Atomkraftwerke dringend
benötigt wird. Daraus hat sich dann der landläufige Glaube
entwickelt, es würde „im Norden“ in baldiger Zukunft mehr
Windstrom produziert, als dort verbraucht werden könne.
Kein „Windstromüberschuss“ im Norden –
auch nicht mit Seatec /Offshore-Windkraft
Tatsache ist aber, dass in den Ländern nördlich von Rheinland-Pfalz, Hessen, Thüringen und Sachsen mit rund 306
TWh pro Jahr mehr Strom verbraucht wird, als selbst in
der optimistischsten Planung on- und offshore Windstrom
produziert werden wird. Bei 40 GW installierter Leistung
Windkraftanlagen an Land („onshore“, in der EUROSOLARDiktion „Landwind“) und 15 GW installierter Leistung Windkraftanlagen auf See („offshore“, in der EUROSOLAR-Diktion
„Seatec“) würden im so definierten Norden Deutschlands
rund 150 TWh/a Windstrom produziert – also deutlich weniger, als Strom bei der Nutzung umgewandelt („verbraucht“)
wird. Die Pläne der Bundesregierung, bis zum Jahre 2030
eine Leistung von 15 GW Seatec am Netz zu haben, werden
allerdings inzwischen in der Höhe innerhalb der Bundesregierung in Frage gestellt. Aktuell sind rund 0,6 GW Seatec
an das Netz angeschlossen. Was die hier angenommenen
40 GW installierte Leistung Landwind angeht, so sind die
genannten Länder in dieser Hinsicht auf einem guten Weg:
Ende 2014 waren dort rund 35 GW Landwind am Netz. Das
heißt, die aktuelle Windstromproduktion im Norden beläuft
sich auf rund 55 TWh/a – bei 306 TWh/a Verbrauch. Diese
Zahlen passen nicht so ganz zu der Geschichte von dem
Windstromüberschuss im Norden, der – weil überschüssig –
in den Süden gebracht werden muss. Vor allem passen diese
Zahlen so gar nicht zu der großen Erzählung von dem vielen
Offshore-Windstrom, der im Norden überschüssig sei.
Dezentrale Energiewende geht überall –
auch in Bayern
Die Zahlen beleuchten aber noch eine andere interessante
Tatsache: Das große Potenzial der Onshore-Windstromerzeugung, die ja bekanntermaßen deutlich kostengünstiger ist
als Seatec/Offshore und zudem eine eher mittelständisch/genossenschaftliche Energieanlagenform ist. Dieses Potenzial
gibt es aber nicht nur im Norden Deutschlands, sondern auch
im Süden. Auch die südlichen Flächenländer Deutschlands
Autor
Stephan Grüger (MdL), geb. 1966, ist Mitglied der SPD, seit Anfang 2014 Landtagsabgeordneter in Hessen und im Vorstand
von Eurosolar.
Der hier abgedruckte Beitrag wurde bereits am 26. Mai 2015 auf https://www.
dialog-energie-zukunft.de/wir-brauchenenergiespeicher/ veröffentlicht.
können ihren Strombedarf aus allein auf ihrer Landesfläche
produziertem Strom aus Erneuerbaren Energien decken.
EUROSOLAR hat dies bereits 2008 in einer Studie zum Potenzial in Hessen belegt (1). Dass das Potenzial für Landwind in
Deutschland um mehr als doppelt so groß ist, als der Gesamtstromverbrauch in Deutschland, hat das Umweltbundesamt
in einer im Juni 2013 veröffentlichten Studie (2) eindrucksvoll
beschrieben. Dieses Potenzial besteht natürlich auch und
gerade in Bayern, wo allerdings die Energiewende und speziell die Windkraft von Horst Seehofer und seiner CSU massiv
behindert wird. Wie bei einem flächendeckenden Ausbau
von Landwindkraft Flexibilität durch regionalen Austausch
entstehen kann, hat Agora Energiewende in einer ebenfalls
im Juni 2013 veröffentlichen Studie (3) aufgezeigt. Dieser
regionale Stromaustausch ist freilich auf ein gut ausgebautes
und vermaschtes Höchstspannungs-Drehstromnetz sowie
ebensolche Mittelspannungsnetze angewiesen. Punkt-zuPunkt-Übertragung durch HGÜ-Leitungen helfen hierbei
nicht weiter.
Energiespeicher und NEUE ENERGIEMARKTORDNUNG statt „Strommarktdesign“ und
teure HGÜ-Leitungen
Was aber soll mit den Leistungsspitzen geschehen, die in den
ca. 200 Stunden Starkwindaufkommen (zur Erinnerung: das
Normaljahr hat 8.760 Stunden) entstehen? Schließlich muss,
egal ob Landwindkraft oder Seatec, auf Grund der Tatsache,
dass Windkraftanlagen weniger als 8.760 Benutzungsstunden
haben, mehr Windkraftleistung installiert sein, als insbesondere nachts verbraucht wird. Welchen Sinn würde es aber machen, an 3% des Jahres Strom-Leistungsspitzen mit Hilfe von
drei 22 Mrd. € teuren HGÜ-Leitungen nach Süden zu schaffen,
wo sie auch nicht gebraucht werden? Dabei könnten wir mit
nur einem kleinen Teil dieser Kosten Speichermöglichkeiten
am Ort der Produktion schaffen. Hierfür bietet sich Powerto-Gas und die Nutzung des bestehenden Erdgasnetzes an.
Hier zeigt sich, dass für das Gelingen der Energiewende die
Integration von Energiespeichern viel entscheidender ist
als der Ausbau von Stromnetzen. Die Vernachlässigung der
Energiespeicherfrage und die überzogene Fixierung auf den
Netzausbau kommt einem manchmal so vor, als würde ein
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
11
Bauherr das für das Dach zurückgelegte Geld für den Bau eines
zweiten – aber eigentlich unnötigen – Badezimmers aufwenden. EUROSOLAR weist schon seit Jahren auf diese Schieflage
der öffentlichen und vor allem veröffentlichten „Diskussion“ hin.
Selbst „Agora Energiewende“, die ja landläufig als Verfechter der
Übertragungsnetzausbau- und auch HGÜ-Orientierung gilt, hat
in der im September 2014 veröffentlichten Studie „Stromspeicher in der Energiewende“ (4) die Notwendigkeit unterstrichen,
mit der Einführung der Speicher JETZT zu beginnen, damit diese
in 15 Jahren zur Verfügung stehen, wenn sie im Massenmarkt
gebraucht werden. Der regulatorische Rahmen hierfür müsse,
so auch Agora Energiewende, JETZT geschaffen werden. Interessanterweise berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung
FAZ, dass die Studie sich für Netzausbau STATT Stromspeicherausbau ausgesprochen habe – und (fast) alle Medien schrieben
diese Falschmeldung ab. Einfache Geschichten… siehe oben.
Es ist wohl leider notwendig, an dieser Stelle noch einmal auf
die simple industriepolitische Tatsache hinzuweisen, dass mit
industrieller Massenproduktion eine massive Preisdegression
einhergeht. Dies war ja auch die Grundidee des Erneuerbare
Energien Gesetzes EEG, das eine Massennachfrage für Solaranlagen und eine industrielle Massenproduktion induziert und
durch die stetige Degression der Einspeisetarife eine massive
Preisdegression verursacht hat. Ohne EEG gäbe es heute keine
kostengünstigen Solarzellen und keine Kostendegression.
Ähnliches muss auch mit dem Speichermarkt geschehen. Dort
reicht jedoch eine geringe Anschubförderung, viel wichtiger
ist die Schaffung eines regulatorischen Rahmens, der es z.B.
Stadtwerken und mittelständischen Unternehmen erlaubt,
mit Stromspeichern regionalen Energiemärkten Flexibilität
(z.B. Ausgleichsenergie) zu verkaufen. Das wird natürlich nur
gegen den vehementen Widerstand der Noch-Oligopolisten
im Ausgleichsenergiemarkt durchzusetzen sein – inklusive der
damit erfahrungsgemäß verbundenen Desinformation und
Propaganda, einschließlich einfacher Geschichten, die dann
von der Bundeskanzlerin herumerzählt werden können. Zu
diesen einfachen Geschichten gehört auch das Märchen vom
„Strommarktdesign“, das es zu finden gelte. Dabei kann die
Energiewende auf Grund der Konvergenz vieler Erneuerbarer
Energien nur in einer Konvergenz der Energiemärkte (Strom,
Wärme, EE-Gas, Mobilität) funktionieren. Daher fordert EUROSOLAR in der Stellungnahme zum Grünbuch des Bundeswirtschaftsministers eine „NEUE ENERGIEMARKTORDUNG statt nur
eines Strommarktdesigns“ (5). Eine gesonderte Betrachtung
und Regulation der einzelnen Energiemärkte läuft der Energiewende zuwider – allein schon auf Grund der Konvergenz
zwischen Strom- und Wärmemarkt bei Power-to-Gas und
Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Ein Schelm also, wer Böses dabei
vermutet, wenn die Möchtegern-Oligopolisten von Big Energy
die getrennte Betrachtung der Energiemärkte einfordert und
die Ministerialbeamten des jahrelang von der FDP beherrschten
Wirtschaftsministeriums brav folgen.
irgendwann geschehen, wenn der (Braun)Kohlestrom nur in das
Höchstspannungsdrehstrom-Übertragungsnetz eingespeist
werden kann, in dem dann ja auch der Windstrom wäre. Wenn
man aber an den Braunkohlekraftwerken bei Garzweiler und in
der Lausitz eine HGÜ-Leitung beginnen lassen würde – könnte
man den schrittweise wegfallenden Atomstrom im Süden
durch Braunkohlestrom ersetzen. Und weiter richtig gut Geld
verdienen mit längst abgeschriebenen Kraftwerken. Und wenn
man dann noch einen Teil des Windstroms durch eine Punkt-zuPunkt-Mittelleitung an den Kohlekraftwerken in Hamburg, Niedersachsen und NRW vorbei nach Süden leiten könnte, können
auch diese Kraftwerke weiter Profite mit Kohlestrom machen.
Wenn also schon die Atomkraftwerke abgeschaltet werden
müssen, dann sollen wenigstens die Kohlekraftwerke bis zum
Sankt Nimmerleinstag weiterlaufen, als kleine Kompensation.
Voraussetzung hierfür sind aber Punkt-zu-Punkt-Leitungen
ohne „Ab- und Auffahrten“. Deshalb übrigens ist die Bezeichnung der HGÜ-Leitungen als „Stromautobahn“ reine – aber
zugegebenermaßen geschickte – Propaganda. „Autobahn“ ist
in Deutschland ein positiv besetzter Begriff, zudem insinuiert
der Begriff, dass das bestehende Höchstspannungsdrehstromübertragungsnetz eigentlich kein gutes Fernleitungsnetz ist,
was noch durch die Behauptung unterstrichen wird, die Übertragungsverluste wären bei HGÜ-Leitungen um ein Vielfaches
geringer als bei Drehstromleitungen. Dies stimmt aber nur,
wenn man die Konverterverluste unterschlägt. MIT Konverterverlusten (etwa 2% pro Konverter) sind die Übertragungsverluste auf 1000 km etwa gleich groß. Es gibt keinen ökonomischen
Vorteil von HGÜ-Leitungen.
Die Vorstände von E.ON, RWE, Vattenfall, ABB und Siemens müssen sich weggeworfen haben vor Lachen, dass die Bundesregierung diese doch sehr durchsichtige Selbstabsicherungsstrategie aus den beiden sogenannten „DENA-Netzstudien“ in die
Netzentwicklungsplan und Standorte der derzeitigen fossilen und atomaren Kraftwerke
(Grafik SFV)
Kiel
Lübeck
Borkum/
Hamburg
Bremen
Emsland
Grohnde
Wo aber kommt denn nun der immer wieder zitierte Stromüberschuss im Norden her, wenn gar nicht mehr Windstrom
produziert als verbraucht wird? Im Norden von Deutschland
stehen viele Kohle- und Braunkohlekraftwerke – und sie stehen
nicht nur dort, sondern sie produzieren munter Strom, egal
ob der Wind weht oder ob die Sonne scheint. Sinnvoll wäre es
natürlich, wenn diese Kraftwerke abgeregelt würden, wenn die
bestehenden Netze „überquellen“. Dies würde sicherlich auch
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Berlin
Hannover
C
A
Ruhrgebiet
Braun
kohle Köln
Braun
kohle
Braun
kohle
Leipzig
Frankfurt
Mannheim
Der (Braun)Kohledeal
Rostock
Brokdorf
Emden
Grafenreinfeld
D
Philippsburg
Stuttgart
NeckarWestheim
Gundremmingen
Augsburg
München
geplant
im Bau
Isar
Atomkraftwerke (sollen bis
2022 abgeschaltet werden)
12
die gleichzeitige Verhinderung einer zügigen Energiewende die
Perspektive eröffnet, in Kürze nach einer Laufzeitverlängerung
für bayrische AKW zu rufen, die Dankbarkeit der Betreiber wäre
ihm gewiss.
Bedarfsplanung muss auf einen unabhängigen Prüfstand
Ein großer Teil der Widerstände gegen die HGÜ-Leitungen
rührt aus der Tatsache, dass den Menschen ein X für ein U
vorgemacht wird. Berechtigte, weil auf offensichtlichen Tatsachen beruhende Zweifel werden nicht selten unter Verweis auf
angeblich höhere Einsicht einfach vom Tisch gewischt. Damit
beschädigt man nicht nur das Vorhaben selbst und die (zu Unrecht, wie wir gesehen haben) zur Begründung herangezogene
Energiewende, sondern das Vertrauen in die parlamentarische
Demokratie.
Protest gegen die Südlink Trasse bei Garbsen, CC0, Wikipedia, Hochgeladen
von AxelHH
Bedarfsplanung übernommen und der Bundestag diese dann
zum Gesetz erhoben hat. Dies ist sicherlich ein Meisterstück
langfristiger und generalstabsmäßiger Lobbyarbeit, Chapeau!
Und man kann den Atomausstieg opportunistisch natürlich auf
diese Weise organisieren, zumal die damals massiv gegen die
Energiewende eingestellten Landesregierungen der deutschen
Südländer Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Sachsen
damit aus der Notwendigkeit entlassen wären, ihren – dezentralen – Anteil zu einer Energiewende in ganz Deutschland
beizutragen, vor allem mit Landwindkraft und PV-Zubau. Diesen
faulen Zaubertrick allerdings als „Energiewende“ zu verkaufen,
ist politischer Illusionismus – oder Agitation und Propaganda.
Südlink ist also NICHT das„Backbone der Energiewende“, sondern
eher die Garantie für den Fortbetrieb der alten Kohlekraftwerke
– und auch für den Bau von neuen Kohlekraftwerken, wie noch
im ersten Entwurf eines Zweiten Gesetzes über Maßnahmen zur
Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze vorsorglich
formuliert war. (6)
Lieber Drehstrom als Drehhofer
Und was ist mit Seehofer? Der bayrische Ministerpräsident ist
wahrscheinlich nur ein mutloser Opportunist und Populist. Er
ist ja nicht nur gegen HGÜ-Leitungen, sondern auch gegen
Drehstromleitungen und Windkraftanlagen. Das Urteil würde freilich anders ausfallen, wenn Bayern seine Potenziale in
der Windkraft offensiv nutzen würde und sich die bayrische
Landesregierung für eine neue klein-KWK-Offensive einsetzen
würde, um in Form eines virtuellen Gas-Kraftwerkes für die
Flexibilität zu sorgen, die zur Zeit noch fehlt. Dies wäre ein ungeheures Konjunkturprogramm und würde viele Arbeitsplätze
in Handwerk und Mittelstand schaffen. Es wäre aller Mühen
wert. Aber Seehofer müsste sich dafür mit der alten und noch
immer mächtigen Energieplanwirtschaft anlegen… Das wäre
dann etwas anderes, als ein Operettenkonflikt mit dem von
Seehofer verhassten Bundeswirtschaftsminister von der von
ihm noch verhassteren SPD. Außerdem ist da noch immer die
Möglichkeit, dass die Verhinderung der HGÜ-Leitungen UND
Der gesamte Bundesbedarfsplan muss daher auf den Prüfstand.
Die Bundesnetzagentur hat sich allerdings nicht als neutraler
Sachwalter erwiesen, daher muss die Prüfung unabhängig und
unter Beteiligung gesellschaftlicher Gruppen erfolgen.
Klar muss aber auch sein: Die Alternative zu HGÜ ist nicht gar
kein Infrastrukturausbau. Wer keine HGÜ-Leitungen, aber die
Energiewende will, muss sich für die Entwicklung der Windkraft
an Land einsetzen. Auch das Drehstromnetz muss verstärkt und
ausgebaut werden, nicht so sehr wegen der Energiewende,
sondern weil die Übertragungsnetzbetreiber jahrzehntelang
zu wenig in die Netze investiert haben, hier besteht großer
Nachholbedarf. Wer die Annehmlichkeiten einer entwickelten
Industriegesellschaft nutzen und auch genießen, vor allem aber
als Staatsbürger ernstgenommen werden will, kann nicht gegen
jegliche Infrastrukturmaßnahme sein.
Textverweise
(1) Eurosolar „Der Weg zum Energieland Hessen“ Das Ziel 100%
erneuerbare Energien im Strommarkt in Hessen bis 2025: http://
www.eurosolar.de/de/images/stories/pdf/Hessen_Vision_2025_
Eurosolar.pdf
(2) Umweltbundesamt: Potential der Windenergie an Land https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/
publikationen/potenzial_der_windenergie.pdf
(3) Agora Energiewende „Entwicklung der Windenergie in
Deutschland“: http://www.agora-energiewende.de/fileadmin/
downloads/publikationen/Agora_Kurzstudie_Entwicklung_der_
Windenergie_in_Deutschland_web.pdf
(4) Agora Energiewende „Stromspeicher in der Energiewende:
http://www.agora-energiewende.de/fileadmin/downloads/
publikationen/Studien/Speicher_in_der_Energiewende/
Agora_Speicherstudie_Web.pdf
(5) Eurosolar„Neue Energiemarktordnung“: http://www.eurosolar.
de/de/images/EUROSOLAR-Memorandum_Gr%C3%BCnbuch_
NEMO.pdf
(6) „Insbesondere der im Norden Deutschlands erzeugte Strom
aus Windenergieanlagen und neuen konventionellen Kraftwerken muss zu den Verbrauchsschwerpunkten im Süden und
Westen Deutschlands geleitet werden.”
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
13
"Bei mir werden HGÜs groß geschrieben"
Von Rüdiger Haude
„Schwieriger wird es aber in Bayern mit den Strommengen,
die in den nächsten Jahren ersetzt werden müssen, wenn
endlich auch die Reaktoren Isar und Gundremmingen abgeschaltet werden. Die bayerische Staatsregierung und
die Bundesregierung bringen mit kräftiger Unterstützung
von Windkraftgegnern und Naturschützern wie dem BUND
Naturschutz vor Ort, den Ausbau von Windkraft, z.B. in der
windreichen Rhön, von Freiflächen-Solaranlagen, Biogasanlagen, Wasserkraftanlagen und andere Erneuerbare Energien
faktisch zum Stillstand. Daher wird es in Bayern selbst keinen
Ersatz für die noch abzuschaltenden Reaktoren geben. Und
da Erdgaskraftwerke im Vergleich zu Erneuerbaren Energien
viel zu teuer sind, wird sich auch dafür kein Investor finden.
Lediglich der über neue Netze wie SuedLink u.a. nach Bayern
transportierte Strom aus Wind- und norwegischer Wasserkraft
kann helfen, dass in den nächsten Jahren auch in Bayern alle
Atomkraftwerke abgeschaltet werden können.“
Der logische Aufbau dieser Argumentation verdeutlicht,
wie Fell und große Teile der Grünen Partei das Beharren
auf der fatalen Fehlentscheidung zugunsten des Baus von
Fernübertragungsleitungen rhetorisch absichern. Es ist ein
argumentativer Zweisprung: Erstens wird der Stillstand beim
Ausbau der Erneuerbaren Energien (und der fehlende Anreiz
zum Bau von Gaskraftwerken) in Bayern als unabänderliches
Faktum betrachtet (Konstante). Daraus wird zweitens gefolgert, dass nur der Bau von Hochspannungs-GleichstromÜbertragungsleitungen (HGÜ) wie „SuedLink u.a.“ geeignet
sei, den Atomausstieg in Bayern abzusichern (Variable).
Befürworter der Energiewende gehören zu den schärfsten
Trassengegnern. Man könnte also mit gutem Grund Konstante und Variable austauschen und schreiben: In Bayern stößt
der Trassenbau auf heftigen Widerstand; deshalb kann nur
der entschlossene Ausbau von Wind- und Sonnenenergie
sowie von Stromspeichern den Atomausstieg absichern. Das
wäre sowohl energiepolitisch sinnvoller, als auch bündnispolitisch angenehmer (wer sitzt schon lieber mit den Stromkonzernen in einem Boot als mit Umweltschützern?).
Dass der Bau der geplanten Fernübertragungsleitungen vor
allem dem Transport von Braunkohlestrom dienen soll, wurde
oft genug gezeigt; ebenso, dass der Strom aus Erneuerbaren,
der in Norddeutschland produziert wird, dort auch für den
Verbrauch benötigt wird: Im Norden gehen bis 2022 ebenfalls
drei AKWs vom Netz. Die finanziellen Ressourcen, die in den
Trassenbau gesteckt werden, stehen nicht z.B. für die Förderung von Stromspeicherkapazitäten zur Verfügung. Diese
Ressourcenallokation bedeutet vor allem eine Option für eine
anhaltend zentralistische Stromversorgung, also gegen die
dezentrale Energiewende. Wir wissen nicht, warum viele Grüne – vor allem in Parlamenten und Landesregierungen – auf
dieser Option beharren … ist das „Realpolitik“? Gerade HansJosef Fell, der sich so große Verdienste um die Energiewende
in Deutschland erworben hat, sollte diese seine Position
überdenken. Sein Satz am Fußende jeder Rundmail: „Bei mir
werden Erneuerbare groß geschrieben“, wäre bei dem Kurs,
den sein oben wiedergegebenes Zitat ausdrückt, treffender
reformuliert mit: „Bei mir werden HGÜs groß geschrieben“. Die
Variante mit den Erneuerbaren gefällt uns besser!
Quelle
Hans-Josef Fell: „Atomkraftwerk Grafenrheinfeld nun
wirklich endlich aus“
veröffentlicht am 26.6.15 in der Rubrik Schlagzeilen
(http://www.hans-josef-fell.de/content/index.php/pressemainmenu-49/schlagzeilen-mainmenu-73/867-atomkraftwerk-grafenrheinfeld-nun-wirklich-endlich-aus)
Aber der Trassenbau ist in Bayern bekanntlich ebenso umstritten wie der Windradbau. Und gerade die entschiedensten
Flyer des SFV
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Den Text der der Flyer finden Sie unter www.sfv.
de/vortrag.htm.
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Über eine Spende zur Weiterführung der Aktion
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und Klimawandel
Solarstrom
in Verbrauchernähe
Windenergie
auf 10 Prozent der
Netzanbindung in die
Städte
Dezentrale Kurzund Langzeitspeicher
Speicherung der
Überschüsse für
Zeiten des Mangels
Die Energiewende bekommen
wir nicht geschenkt!
Solarenergie-Förderverein
Deutschland e.V. | SFV
Frère-Roger-Str. 8-10 • 52062 Aachen
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Überarbeitet
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Radioaktivität
bedrohen uns
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Wir unterstützen Sie
Argumente gegen neue
Höchstspannungsleitungen
Drei Schwerpunkte
für die Energiewende
Nur Braunkohlestrom braucht
eine Verstärkung der
Höchstspannungsnetze
Solar- und Windstrom
brauchen Stromspeicher
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Frère-Roger-Str. 8-10 • 52062 Aachen
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Neu
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Speicher, Windund Sonnenstrom
ersetzen Kohle und Atom
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Stromnetzausbau
Aus Anlass der Abschaltung des AKW Grafenrheinfeld am
27. Juni hat der Umweltpolitiker Hans-Josef Fell (Grüne) in
seiner Rundmail folgende energiepolitische Einschätzung
verbreitet:
13
Medienkritik
14
Hetze von Björn Lomborg gegen die Erneuerbaren
In der FAZ* vom 15. Mai 2015 fand sich ein Hetzartikel gegen die Erneuerbaren, der nicht unwidersprochen bleiben soll.
Von Wolf von Fabeck
Björn Lomborg: Es klingt wie ein schlechter Witz: Wir wissen,
dass der Klimawandel ein Problem darstellt, doch traurigerweise
versuchen wir weiterhin, ihn mit einer Lösung zu beheben, die
immer wieder gescheitert ist. Getreu dem Sprichwort: „Wahnsinn
ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu
erwarten.“
SFV: Björn Lomborg spricht uns mit dieser Passage aus der
Seele, denn bereits 20 Klimakonferenzen haben gezeigt, dass
Klimakonferenzen zu keiner wirksamen Vereinbarung führen.
Es ist auch nicht zu erwarten, dass bei der 21. Konferenz mehr
herauskommt. Eine wirksame Reduktion der CO2-Emissionen
werden niemals alle teilnehmenden Politiker ihren nationalen Energiekonzernen zumuten. Dazu sind in vielen Staaten
die Verquickungen zwischen Politik und Konzernen viel zu
eng. Nach dem Einstimmigkeitsprinzip bestimmt dann der
Staat mit den geringsten Klimaschutzambitionen das CO2Minderungs-Schneckentempo.
Zu ergänzen ist noch (diese Information stammt aber nicht
aus der FAZ sondern der taz), dass die Pariser Klimakonferenz
unter anderem von der Fluggesellschaft Air France, dem
Autokonzern Renault-Nissan und den Energiekonzernen
EDF und Engie/GDF-Suez mit finanziert werden, die offenbar
keine Sorge haben, dass es zu Beschlüssen kommen wird, die
den CO2-Ausstoß wirksam mindern.
Insofern hat Björn Lomborg mit seiner Skepsis gegen Klimakonferenzen also Recht, doch seine weiteren Betrachtungen
dienen keineswegs einem besseren Vorschlag. Sie stellen
vielmehr eine Hetze dar gegen alles, was den Klimawandel
noch bremsen könnte. Lomborg versucht, Politiker und ihre
Wähler zu noch sinnloseren Programmen zu verleiten und
verbreitet einen Fatalismus, der jeden Widerstand gegen den
Klimawandel als sinnlos erscheinen lässt.
Es wundert uns nur, dass die FAZ, hinter der doch so mancher
noch einen klugen Kopf vermutet, ihren Lesern solch eine
irreführende Propaganda für Kohle, Öl und Gas zumutet.
Wir verzichten darauf, jede der zahlreichen Fehlaussagen zu
kommentieren. Wenige Beispiele aus dem umfangreichen
Lomborg-Pamphlet sollten genügen, um dessen Unseriosität
zu illustrieren:
Lomborg: Trotz des Hypes ist der Anteil der Solar- und Windenergie am Energiemix im Grunde verschwindend gering. Heute
bezieht die Welt ungeachtet endloser Klimakonferenzen, guter
Absichten und großzügiger Subventionen nur 0,4 Prozent ihrer
Energie aus Solar- und Windkraftanlagen, so die IEA. In 25 Jahren werden erneuerbare Energien immer noch unbedeutend
sein.
SFV: Lomborg hat sich erheblich verkalkuliert: Nicht überall
geht es so langsam voran. In Deutschland stieg der Anteil
von Solar- und Windenergie an der Stromversorgung in den
4 Jahren von 2010 bis 2014 von 7,8 % auf 14,4 %. Das macht
eine Zunahme von 6,6 %, d.h. 1,65 % jährlich. In 25 Jahren
käme man dann bei Fortsetzung dieses Tempos auf 55,65 %
des Stromanteils. Dieses Beispiel zeigt, dass ein nationaler
Alleingang mit Hilfe des Erneuerbaren Energien-Gesetzes ein
erheblich schnelleres Wachstum der Erneuerbaren Energien
bewirken kann als jede Klimakonferenz.
"Die Bundesbürger bezahlen nun etwa ein Viertel ihrer Strompreise für erneuerbare Energien" klagt Lomborg.
Ja, erwartet Lomborg denn, dass es den Strom aus Erneuerbaren Energien umsonst gibt? Die Bundesbürger bezogen im
Jahr 2014 Strom, der zu mehr als einem Viertel (27,3 %) aus
Erneuerbaren Energien stammte (hier sind im Gegensatz zum
vorhergehenden Absatz noch Biomasse, Wasserkraft und
Geothermie mit enthalten). Für den EE-Anteil von 27,3% bezahlten die Stromverbraucher nach Lomborg nur etwa 25 %.
Das ist doch eine großer Erfolg! Was ist daran verwerflich?
"Wenn es um das Klima geht, darf China nicht unerwähnt
bleiben. In den vergangenen acht Jahren haben sich Chinas
Emissionen nahezu verdoppelt, 2013 ging fast ein Drittel der
weltweiten CO2-Emissionen auf Chinas Konto. China stößt
doppelt so viel CO2 wie aus wie die Vereinigten Staaten, dreimal so viel wie die EU" beklagt Björn Lomborg. Was er dabei
verschweigt, ist, dass China fast dreimal so viel Einwohner
hat wie die gesamte EU.
Aber China ist nicht untätig im Klimaschutz. Im Großraum Peking darf z.B. ab 2020 keine Kohle mehr für Stromerzeugung
und Heizung verwendet werden. Offenbar eine schreckliche
Regelung für Lomborg, die er lieber mit Schweigen übergeht.
Wer ist Björn Lomborg?
geb. 1965, dänischer Politikwissenschaftler,
Dozent, Statistiker und Buchautor.
Seine Bücher Apocalypse No! und Cool it!
kamen in die Kritik, da seine Interpretation
von IPCC-Daten zur Klimasensitivität zu
kurz gefasst seien. Weiterhin wird Lomborg
eine mangelnde Expertise auf dem Feld
der Ökonomie, eine einseitige Auswahl von
Literatur und Quellen (sowohl in Bezug auf
Ökonomie als auch Klimatologie) sowie eine
Überbetonung von Kosten-Nutzen-Analysen
vorgeworfen. (Quelle: http://de.wikipedia.
org/wiki/Bj%C3%B8rn_Lomborg)
* FAZ „Deutschlands gescheiterte Klimapolitik“, Gastbeitrag von Björn Lomborg:
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/energiepolitik/bjoern-lomborg-ueber-klimawandel-und-gescheiterte-klimapolitik-13580487.
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Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
15
Mit Schweigen übergeht Lomborg generell alle positiven Entwicklungen, wie die
nationale Vorreiterrollen bei der Einführung der Erneuerbaren Energien oder die
Divest-Bewegung, bei der immer mehr
Geldanleger und Kapitalgeber, Banken,
Versicherungsgesellschaften, kirchliche
Institutionen, Kommunen, Hochschulen
und sogar der norwegische staatliche
Pensionsfonds den fossilen Konzernen
ihr Kapital entziehen, um sie auf diese
Weise daran zu hindern, die fossilen
Lagerstätten weiter auszubeuten. Diese
Entwicklungen erwähnt Björn Lomborg
generell nicht, sondern versucht, durch
Schwarzmalerei die Aussichtslosigkeit
und Unabänderlichkeit des Klimawandels in die Gemüter "einzupflanzen".
Makaber und verantwortungslos sind
Lomborgs Zahlenspiele mit den zu erwartenden Todeszahlen. So schreibt er
wörtlich: "Der Klimawandel ist außerdem
nicht unsere einzige Herausforderung. Die
Armen sind mit viel wichtigeren Problemen
konfrontiert. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass
die Erderwärmung jährlich zu 141.000 Toten führt, im Jahr 2050
sogar zu 250.000 Toten. Doch diese Zahl verblasst gegenüber den
7 Millionen Menschen, die derzeit pro Jahr an Luftverschmutzung
sterben, den 800 Millionen, die Hunger leiden, und den 2,5 Milliarden, die in Armut ohne sauberes Wasser und sanitäre Anlagen
leben."
Warum denkt Lomborg nicht über die Ursachen nach? 7 Millionen würden jährlich an Luftverschmutzung sterben...
Und woher kommt diese Luftverschmutzung? Nun, die wird
zum großen Teil verursacht durch den Abbau von fossilen
Brennstoffen oder durch Abbau von Kernbrennstoffen und
sie wird auch durch die Verbrennungsprodukte dieser Stoffe
verursacht!!! Auch die Krebsfälle aufgrund radioaktiver Verschmutzung kann man dazu addieren.
Der Klimawandel hat längst begonnen und die von Lomborg
genannten 800 Millionen, die Hunger leiden sowie die 2,5
Milliarden, die ohne sauberes Wasser leben, sind sicherlich
ebenfalls zu einem großen Teil Opfer des Klimawandels, der
ausbleibenden Regenfälle oder der Überschwemmungen oder
der Versalzung ihrer Felder durch Anstieg des Meeresspiegels.
Ganz Kalifornien ächzt unter der mehrjährigen Dürre, in Afrika
und Asien trocknen große Binnenseen aus. Schon das alleine
müsste genügen, möglichst schnell auf die Erneuerbaren Energien Wind- und Sonnenenergie umzusteigen. Und vielleicht
sollte sich Herr Lomborg auch daran erinnern, dass Millionen
von Kriegsopfern auf Kriege um die Energieressourcen zurückzuführen sind und dass uns weitere Verteilungskriege
bevorstehen könnten.
Abschließend schreibt Lomborg: "Die Erderwärmung ist Realität,
und sie ist ein Problem. Bei der Pariser Klimakonferenz sollten wir
aufhören, zu erwarten, dass alle einer politischen Linie folgen, die
ihren wirtschaftlichen Interessen direkt zuwiderläuft. Stattdessen
sollten wir anfangen, in die Erforschung und Entwicklung im
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Karikatur: Gerhard Mester
Bereich der erneuerbaren Energien zu investieren, um diese so
günstig zu machen, dass sie fossile Brennstoffe im Wettbewerb
hinter sich lassen."
Diese Aussage zeigt, dass Lomborg keine Vorstellung davon
hat, wie Fortschritte in bereits eingeführten Techniken erzielt
werden. Eine Solarstromtechnik, die an sonnigen Tagen (z.B. am
21. April 2015, http://www.sma.de/unternehmen/pv-leistungin-deutschland.html) bereits 28 Gigawatt (entspricht der Leistung von 28 Atomkraftwerksblocks) ins deutsche Stromnetz
einspeisen konnte, und die pro kWh weniger kostet als Strom
aus der Steckdose, konnte diese Leistung nur erbringen, weil
im jahrelangen Wechselspiel zwischen Fabrikationserfahrungen
und firmengestützter Forschung immer weitere technische
und preisliche Fortschritte erkämpft wurden. Die Betreiber
der erfolgreichen Solarmodulfabriken brauchen Lomborgs
Belehrungen nicht. Die Solartechnik muss nicht auf den Stand
einer staatlich geförderten Grundlagenforschung zurückgesetzt
werden.
Hier gilt es eher, Speicher massenhaft zu installieren, um Betriebserfahrungen zu sammeln, wie man künftige mittägliche
Solarüberschüsse für den Abend und die Nacht verfügbar
machen kann.
Wie weit Stromspeicher bereits technisch entwickelt sind, demonstriert die Firma Tesla mit ihrem fünfsitzigen Luxuswagen
(dem Tesla S), der mit Batterieantrieb auf 200 km/h kommt und
der mit einer Batterieladung knapp 500 km weit fahren kann.
Jetzt kommt es darauf an, solche Batterien durch Massenproduktion billiger zu machen. Dafür ist eine Markteinführung das
geeignete Mittel.
Doch von Technikentwicklung und Markteinführung hat Lomborg anscheinend keine Ahnung, oder verwendet er seine
Kenntnisse gezielt zu Fehlinformationen, mit denen er den
Widerstand gegen den Klimawandel zu sabotieren sucht?
IrRWEg gehen
16
„Niemand sonst zahlt die Zeche“
Eindrücke von der RWE-Hauptversammlung in Essen am 23.4.2015
Von Rüdiger Haude
Metalldetektor-Schleusen und Gepäckdurchleuchtungsanlagen – bei der RWE-Hauptversammlung wirkt die Gruga-Halle
wie ein internationaler Flughafen. Hat man diese Kontrollen
überwunden, fühlt man sich auch ein bisschen exterritorial.
Man ist in einer Welt, in der andere Werte und andere Einstellungen gelten, als sie einem Immanuel Kants Sittengesetz
eingibt.
Peter Terium, der Vorstandsvorsitzende, hält gerade seinen
Lagebericht. Drei Tätigkeitsfelder sollen in Zukunft bestimmend für RWE sein: Erneuerbare Energien, Netze und der
Vertrieb. Im Bereich der Erneuerbaren Energien habe man
im vergangenen Jahr ca. eine Milliarde Euro investiert,
vorzugsweise in Offshore-Windparks. Später erfährt man,
dass RWE für die kommenden drei Jahre insgesamt eine
Milliarde für diesen Bereich aufbringen will – nach einem
Ausbau dieses Segments sieht das nicht aus. Im Übrigen ist
es klar, dass RWE sein Geld hauptsächlich mit konventionellen
Kraftwerken macht. Terium fordert, es müssten Bedingungen
geschaffen werden, bei denen sich der Bau (!) und der Betrieb
konventioneller Kraftwerke wieder lohnten. Er spricht den
bemerkenswerten Satz aus: „Auch Klimaschutz muss wichtig
bleiben, aber eben nicht über allem anderen stehen.“ Sondern?
Was sonst muss über allem anderen stehen?
Der Beginn der Aussprache liefert hierfür Hinweise. Zunächst
sprechen jene Aktionärsvertreter, die ihren Beitrag mit der
Zahl der Aktien einleiten, die hinter ihnen stehen: Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, der Verband
der Kommunalen RWE-Aktionäre (der sich gegen Vorwürfe
einer Obstruktionspolitik wehrt), und andere. Hier wird Klage
darüber geführt, dass die deutschen Energieversorger zum
„Spielball der Politik“ geworden seien. Mit Sigmar Gabriels
behutsamen Ideen für eine CO2-Abgabe auf Uralt-Kohlekraftwerke werde man „wieder Opfer von Berlin“, und man
möge dem Minister doch bitte seine „Beinfreiheit“ ein wenig
Autor
Dr. Rüdiger Haude, geb. 1959, Studium der
Soziologie, Politikwissenschaften und Geschichte; 1993 als Soziologe promoviert und
2007 als Historiker habilitiert; Privatdozent
an der RWTH Aachen.
Rüdiger Haude ist seit September 2014
hauptamtlicher Öffentlichkeitsreferent
beim Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
beschneiden. – „Wo ist künftig unsere Cash Cow?“ wird gefragt,
und: „Warum spalten wir uns nicht auf wie E.on?“
Über allem anderen steht mithin nicht der Klimaschutz,
sondern das Konzernergebnis, ausgedrückt in Mrd. €. Das
ist nicht überraschend; eher horcht man auf bei einem
Redebeitrag, der beides miteinander verknüpfen will: RWE
müsse die CO2-Emissionen senken, sagt da einer, im Interesse der Aktionäre, „denn niemand sonst zahlt die Zeche“.
Außerhalb des RWE-Raumschiffs würde man ja eher denken,
die Zeche des ungebremsten CO2-Ausstoßes würden die
Opfer von Dürren, Meeresspiegelanstieg und tropischen
Wirbelstürmen zahlen. Aber das Statement ist freilich besser
als das des nachfolgenden Redners, der fragt, ob nicht die
„verlustbringenden Gaskraftwerke verstärkt abgeschrieben oder
verkauft“ werden sollten. Also die einzigen konventionellen
Kraftwerke, die man sinnvoll mit Erneuerbaren Energien
kombinieren kann.
Die erste Frau tritt ans Mikrophon; sie fragt, wie die Konzernleitung die Anzahl von Frauen auf allen Ebenen des
Managements zu heben gedenke. Sie bemerkt Fortschritte
in den Reaktionen der Anwesenden, die nicht mehr bei der
Erwähnung des Anliegens spontan losjohlten wie bei früheren Gelegenheiten. Doch der zivilisatorische Fortschritt
hält nur wenige Minuten. Dann setzt ein Pfeifen
ein, ein Klatschen an unpassenden Stellen, einzelne
aggressive Rufe. Das männerbündische Milieu der
Aktionärsszene ist noch nicht außer Kurs gesetzt.
Diana Fonseca berichtet auf der RWE-Hauptversammlung 2015 über Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen beim Abbau von Steinkohle in
Kolumbien, die in deutschen RWE-Kraftwerken verfeuert wird. Foto: SFV
Aber nun kippt die Veranstaltung. Der Aufsichtsratsvorsitzende Schneider, der die Versammlung leitet,
und die Vorstandsmitglieder haben sich bisher schon
heftige Kritik anhören müssen, und ihre Gesichtsfarbe
ist graduell dunkler geworden. Jetzt aber verwandelt
sich die Hauptversammlung in ein Tribunal über den
RWE-Konzern. Die Kritischen Aktionäre haben sich für
ein Dutzend Wortbeiträge auf die Rednerliste gesetzt.
Einer analysiert schlüssig, dass die geplanten Fernübertragungsleitungen, über die es vom Vorstandstisch zuvor geheißen hatte, sie dienten dem Transport
von Windstrom, tatsächlich zwecks Durchleitung von
Braunkohlestrom errichtet werden sollen. Er fragt
außerdem, warum RWE nicht stärker in Speichertechnologien investiere, wenn der Konzern doch bei der
Energiewende voRWEgzugehen beanspruche. Eine
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
17
süddeutsche Trassengegnerin schlägt in dieselbe Kerbe
und empfiehlt, weniger Geld in Image-Kampagnen und
dafür mehr in Erneuerbare Energien zu investieren. Ein
münsterländischer Anti-Atom-Aktivist fragt nach dem
jüngsten Störfall im Atomkraftwerk Emsland, das am
3. April wegen einer Leckage vom Netz genommen
werden musste. Außerdem erkundigt er sich nach dem
geplanten Verkauf der RWE-Anteile an der Urananreicherungsanlage in Gronau, der aufgrund der Fähigkeit dieser
Anlage, atombombenfähiges Material zu erzeugen,
sicherheitstechnisch höchst problematisch ist.
Am Eindrucksvollsten ist aber eine Gruppe von Wortbeiträgen, die sich mit den Folgen der Kohleförderung
beschäftigen. Die Initiative „urgewald“ hat Betroffene
aus der russischen Region Kamtschatka und aus Kolumbien, sowie Michael Hendryx, Professor für Öffentliche
Gesundheit an der West Virginia University, nach Essen Kohlkraftwerk Frimmersdorf, in 70er Jahren das größte der Welt. Es liegt am Tagebau
gebracht. Es handelt sich um drei Abbauregionen, von Garzweiler und verfügte ursprünglich über 16 Kraftwerksblöcke. Heute sind nur
3 Blöcke am Netz, die 2018 abgeschaltet werden sollen. Das Kraftwerk Frimdenen RWE große Teile seiner Steinkohle bezieht. Profes- noch
mersdorf weist hohe Emissionen an Stickstoffoxiden, Schwefeloxiden, Quecksilber
sor Hendryx berichtet über die massiven gesundheitli- und Feinstaub auf, an dem Krebs erzeugende Substanzen (Blei, Cadmium, Nickel,
Foto: Wikipedia, CC BY 3.0
chen Folgen der Kohlegewinnung durch das Wegspren- PAK, Dioxine und Furane) haften können.
gen von Berggipfeln (mountaintop removal), das in den
Apalachen in großem Stil betrieben wird und abgesehen von noch nicht zuende. Die heimische Braunkohle, Hauptstandbein
gewaltigen Naturzerstörungen mit der massiven Freisetzung des RWE-Geschäftsmodells, muss ebenfalls ordentlich Prügel
von Schwermetallen und weiteren Giften verbunden ist. – Der einstecken. Schon früh in der Debatte hat ein Kölner Kinderarzt
Aktivist aus Kamtschatka schildert die Kulturzerstörungen in auf die Folgen der Feinstaubbelastung insbesondere auf die
seiner Heimat; eine der letzten Siedlungen seines Volkes hat Atmungsorgane kleiner Kinder hingewiesen. Ein aus Kerpen
vor kurzem dem Kohleabbau weichen müssen. Wegen seines angereister Teilnehmer berichtet darüber, was es bedeutet, an
Engagements lebt er inzwischen als politisch Verfolgter im der vorrückenden Kante eines Tagebaugebietes zu leben. Und
Exil. – Die kolumbianische Indigena erzählt von den Praktiken anschließend schildert eine Krankenschwester, die in Blickweite
der in ihrer Heimat agierenden Kohleabbau-Firmen Drummond des Braunkohlekraftwerks Frimmersdorf lebt, welche Belasund Prodeco, Paramilitärs anzuheuern, um den Protest gegen tungen für das alltägliche Leben dies bedeute. Sie spricht von
die dortigen Verwüstungen zu ersticken. Sie spricht von 3000 einer erschreckenden Häufung von Krebserkrankungen in ihrer
Morden und 55000 Vertriebenen durch diese Vorgehensweise. Familie, in der Siedlung und der weiteren Umgebung. Sie tut
Die Bewohner ihres Dorfes warten seit Jahren erfolglos auf dies mit einer beeindruckenden Faktenkenntnis und zugleich
eine Umsiedlung, denn das Dorf ist weithin von abgeriegeltem mit einer solchen emotionalen Wucht, dass am Ende selbst viele
Privateigentum der Bergbaufirmen umgeben.
‚normale‘ Aktionäre ihr den Applaus nicht verweigern mögen.
– Die Entgegnung von Vorstandsmitglied Rolf Martin Schmitz:
Alle Fragen, die in der Aussprache an den RWE-Vorstand ge- Frimmersdorf stelle nach wie vor einen wichtigen Baustein im
richtet wurden, werden unter Zuhilfenahme eines dafür entwi- Kraftwerksportfolio von RWE dar, und an ein Abschalten sei
ckelten Computerprogamms und durch Unterstützung von 50 auf absehbare Zeit nicht gedacht. Punkt. Bereits vorher hat
RWE-Mitarbeitern im Backstage-Bereich zeitnah beantwortet. er beteuert, die RWE seien „von der langfristigen Bedeutung
Zu den Fragen der internationalen Gäste hat der Vorstand nur der Braunkohle als Partner (!) der Erneuerbaren überzeugt“.
zynische, schnoddrige Antworten parat. Alle Gesetze würden Punkt.
eingehalten; Mountaintop-removal sei in den USA eine anerkannte Fördermethode; man beteilige sich ja am „Better-Coal- Zehn Stunden sind um. Nichts wie raus aus diesem Duty-FreeCodex“, wonach die Abbaubedingungen in „Audits“ analysiert Bereich, wieder vorbei an den Sicherheitsschleusen. Ein letzter
würden, und wisse aus diesem Programm nichts Nachteiliges Blick auf das Motto dieser Hauptversammlung: „VoRWEggehen
über die erwähnten Regionen; man beziehe die Kohle nicht und den Wandel gestalten.“ Nein Danke!
unmittelbar von den kriminell vorgehenden Firmen, sondern
höchstens indirekt.
Empathie – das zeigte diese Hauptversammlung mit empörender Deutlichkeit – Empathie gehört nicht zu den KardinalDie Kaltschnäuzigkeit dieser Antworten ist schwer erträglich. tugenden, die in der Chefetage von RWE gepflegt werden.
Aber einen nicht-kritischen Aktionär, der nun auf der Rednerlis- Vielleicht muss dies ja so sein. Vielleicht bricht dieser Konzern
te stand, empört etwas anderes: Er kritisiert die Vesammlungs- ja tatsächlich zusammen, wenn er sein Geschäftsmodell nicht
leitung dafür, „was wir hier für Redebeiträge über uns ergehen mehr mit der Zerstörung der Lebensgrundlagen zehntausenlassen müssen, bevor wir zur Tagesordnung sprechen können“. der Menschen weltweit umsetzen kann. (Und nota bene: Vom
Damit meint er wohl, wieder geradegerückt zu haben, wer eigentlichen Hauptproblem – dem Klimawandel – wurde noch
Täter und wer Opfer ist.
gar nicht gesprochen!) Wir lernen daraus, dass in jedem Falle
die Energiewende gegen diesen Konzern durchgesetzt werden
Doch die Zumutungen für diejenigen Teilnehmer, die neben muss. Die Bundesregierung steht vor der Frage, ob die ‚Systemder diesmaligen und der künftigen Dividendenerwartung relevanz‘ eines solchen Konzerns schwerer wiegt als eine gute
kein legitimes Thema einer Debatte denken konnten, sind Zukunft in unserem Land und auf unserem Planeten.
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Klimafrevel
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Kohleabgabe - Vom Tisch?!
Kommentar von Jürgen Döschner in WDR 5, Morgenecho vom 25.6.2015
Die Sonderabgabe für alte Kohlekraftwerke ist offenbar vom
Tisch. Bundeswirtschaftsminister Gabriel hat seine Forderung
nach einer Abgabe für Kraftwerksbetreiber aufgegeben.
Tief enttäuscht werden kann nur, wer hohe Erwartungen
hatte. Insofern bin ich persönlich über den Umgang von
Sigmar Gabriel mit der von ihm selbst vorgeschlagenen
"Klimaabgabe" für Kohlekraftwerke überhaupt nicht enttäuscht. Dass ausgerechnet der Vater der von Kritikern als
"EEG-Deform" verschmähten Reform des ErneuerbareEnergien-Gesetzes zum Vorkämpfer für den Klimaschutz
mutieren und den Einstieg in den Kohleausstieg einläuten
würde – das glaubten wohl nur grenzenlose Optimisten.
Und selbst die wurden schnell enttäuscht. Denn schon die
Ankündigung einer Demonstration von Stromkonzernen und
Gewerkschaftern reichte aus, damit Gabriel seinen eigenen
Vorschlag verwässerte.
Es folgte der langsame Tod seiner offenbar nie ganz ernst
gemeinten, zumindest aber nicht ernst genommenen Idee.
Halbherzig widersprach Gabriel den absurden HorrorVisionen vom "Strukturbruch", dem Niedergang ganzer
Regionen und der Zerstörung von 20.000 Arbeitsplätzen.
Kaum wahrnehmbar verwies er auf die ökonomischen und
ökologischen Vorteile der Klimaabgabe. Offensiv-Verteidigung sieht anders aus.
Stattdessen setzte sich der SPD-Vorsitzende mit den Kohlfreunden Garrelt Duin, Wirtschaftsminister in NRW, und
Michael Vassiliadis, Chef der Gewerkschaft IG BCE, zusammen
und bastelte hinter verschlossenen Türen aktiv mit an einem
Konkurrenzvorschlag: der schrittweisen Stilllegung einiger
Kohlekraftwerke, die dann als sogenannte „Kapazitätsreserve“ in einen Bereitschaftsmodus versetzt werden. Eine Mogelpackung, weil damit die nötigen CO2-Einsparungen von
22 Mio. Tonnen nicht erreicht werden. Und eine besonders
teure obendrein. Offiziell wird der Totenschein zwar erst
kommenden Mittwoch ausgestellt. Aber schon jetzt deutet
alles darauf hin: Die Idee der Klimaabgabe ist gestorben. Ob
unterlassene Hilfeleistung oder aktive Sterbehilfe: Sigmar
Blick in den Tagebau Nochten. Förderung der Rohbraunkohle, Foto: CC BY-SA 3.0, Wikipedia, Hochgeladen von SPBer
Gabriel mag der Vater der Klimaabgabe sein, aber jetzt ist er
auch ihr Totengräber.
Nun mag ihm sein Ruf in Öko-Kreisen egal sein. Aber geschadet hat Gabriel damit nicht nur sich selbst, sondern auch
seiner Genossin, Umweltministerin Barbara Hendricks, der
vermeintlichen Klimakanzlerin Merkel und nicht zuletzt dem
Weltklima. Die Klimabeschlüsse auf dem G7-Gipfel wurden
groß gefeiert. Ob die Kohle-Politik von Sigmar Gabriel dafür
der richtige Ansatz ist, darf allerdings bezweifelt werden.
Vielleicht sollte die Bundesregierung mit der in Elmau verkündeten "Dekarbonisierung der Wirtschaft" in den eigenen
Reihen beginnen.
Quelle
Kommentar in WDR 5, Morgenecho vom 25.6.2015,
Audio und Text unter http://www.wdr5.de/sendungen/morgenecho/kommentare/kohleabgabe-108.
html
Jürgen Döschner, Journalist, arbeitet seit mehr als
zehn Jahren als Experte für den Bereich Energie in
der WDR-Wirtschaftsredaktion. Er hat sich vor allem
als Kritiker der sogenannten Risikotechnologien wie
Fracking und Atomkraft einen Namen gemacht.
Kohlelobby setzt sich auf ganzer Linie durch
Klimagipfel im Kanzleramt am 1. Juli 2015
Der 1. Juli 2015 wird als schwarzer Tag für den Klimaschutz
in die Geschichtsbücher eingehen. Bei einem Treffen der
Koalitionsspitzen im Bundeskanzleramt wurden wichtige
Entscheidungen zugunsten der deutschen Kohle-Mafia gefällt. Kohlekraftwerksblöcke mit lediglich 2,7 GW Kapazität
sollen vom Netz genommen werden, und diese Industrieruinen werden als„Kapazitätsreserve“ kostümiert, damit man
ihren Betreibern, den Klimakillern RWE, Vattenfall & Co. satte
Extrasubventionen in den Rachen werfen kann. Die Höhe
dieses ‚Schutzgeldes‘ ist noch nicht bekannt.
Die restlichen Überkapazitäten an Kohle-Dreckschleudern
bleiben am Netz, und für die Verbreitung ihres schmutzigen
Stroms gibt nun auch Bayerns Ministerpräsident Seehofer
seinen Widerstand gegen den Neubau von Fernübertragungsleitungen auf.
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
19
Um diesen furchtbaren Beschlüssen etwas grünes
Makeup zu verpassen, gibt es ein wenig Förderung
von Kraft-Wärme-Koppelung sowie Anreize für Hausbesitzer, ihre Heizungspumpen zu modernisieren. Und
so richtig entschlossen soll wohl die Ankündigung
wirken, bei den Endlagerkosten für den von Stromkonzernen in Deutschland produzierten Atommüll
sollten diese Konzerne „in die Pflicht“ genommen
werden. Wie das geschehen soll, wird bisher nicht
verraten. Nach dem Bruch des vor kurzem beim G7Gipfel in Elmau gegebenen Versprechens, es gehe nun
um eine Dekarbonisierung der Energieversorgung,
kann sich jeder die Glaubwürdigkeit einer solchen
Zusicherung selbst ausrechnen. Die Behauptung der
Bundesregierung, dass mit den jetzigen Maßnahmen
die offiziellen Klimaziele der Bundesrepublik erreicht
werden könnten, kann nur als Verhöhnung dieser
Ziele, oder überhaupt der Idee politischer Zielverwirklichung verstanden werden.
Deutschland war einmal Vorreiter der Energiewende. Bei der
jetzigen Bundesregierung muss man leider sagen: Der weltwei-
Karikatur: Gerhard Mester
te Kampf gegen den Klimawandel muss ohne, ja, muss gegen
Deutschland geführt werden. (RH)
Beleidigung des mathematischen Verstandes
Zur Presseerklärung des CDU-Wirtschaftsrats vom 27.4.2015
In der aktuellen Kontroverse um Wege zur Erreichung des deutschen Klimaschutzziels hat sich der Wirtschaftsrat der CDU am
27.4.2015 mit einer bemerkenswerten Stellungnahme zu Wort
gemeldet. Die Hauptthese lautet: „Der Wirtschaftsrat hält das
deutsche Klimaziel für unerreichbar, die Kohlendioxid-Emissionen
um 40 Prozent bis 2020 zu reduzieren. Das sagen wir schon seit
langer Zeit, weil wir die Grundrechenarten beherrschen.“
Kern dieser schulmeisterlichen Anmaßung ist das Argument,
der CO2-Ausstoß in Deutschland sei von 1990 bis heute um rund
27 Prozent zurückgegangen; um die von der Bundesregierung
angestrebte und versprochene Reduktion von insgesamt 40
Prozent bis 2020 zu erzielen, reiche dieses Tempo nicht aus.
Zudem sei den bisherigen Reduktionsleistungen der Ab- und
Umbau der extrem klimaschädlichen DDR-Industrie zugutegekommen.
Für den Wirtschaftsrat der CDU besteht Politik gemäß dieser
Argumentation offenbar nur in der Fortschreibung bisheriger
Trends, nicht in der Gestaltung der Zukunft. Dass wir mit einem bloßen „Weiter so!“ die Klimaziele der Bundesregierung
verfehlen würden, ist aber keine Neuigkeit, für die man eine
Presseerklärung herausblasen müsste.
Man könnte aus dieser banalen Einsicht die Schlussfolgerung
ziehen, dass energischere Schritte nötig sind, um das Ziel zu
erreichen. Die jüngste Initiative des Bundeswirtschaftsministers
Sigmar Gabriel (SPD), für Teile der Stromproduktion älterer Kohlekraftwerke eine CO2-Abgabe einzuführen, wäre hier ein viel
zu zaghafter Schritt, aber eben doch ein Schritt in die richtige
Richtung. Genau dagegen richtet sich der jetzige Vorstoß des
CDU-Wirtschaftsrats.
Die Unmöglichkeit CO2-senkender Maßnahmen soll also dadurch „bewiesen“ werden, dass man ebendiese Maßnahmen
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
torpediert und nach Möglichkeit verhindert. Wenn der Wirtschaftsrat sich dabei auf die „Grundrechenarten“ beruft, dann
erscheint uns dies als eine Beleidigung des mathematischen
ebenso wie des politischen Verstandes (zumal die Prozentrechnung gar nicht zu den vier Grundrechenarten zählt, und zumal
der Wirtschaftsrat an einer Stelle erklärt, zwischen 1990 und
2014 lägen „14 Jahre“). Für politisches Handeln wären aber auch
Einsichten in die formale Logik hilfreich. Z.B., dass es Konditionalitäten (Wenn-dann-Verhältnisse) gibt. Es gehört zur politischen
Kunst, für ein gesetztes Ziel (40 % CO2-Reduktion bis 2020) die
geeigneten Maßnahmen zu finden, die andere Ziele nicht über
Gebühr beeinträchtigen. Wir würden hier u.a. eine konsequente
und spürbare Besteuerung jeder Tonne CO2 empfehlen. Das
würde auch der Energiewende einen wichtigen neuen Impuls
geben, mit per Saldo sehr guten Arbeitsmarkteffekten.
Am Ende seiner Erklärung regt der Wirtschaftsrat – etwas im
Widerspruch zu seiner Hauptthese – drei Maßnahmen an, mit
denen„CO2-Emissionen mit wirtschaftlichem Sachverstand dort
einzusparen [wären], wo dies am kosteneffizientesten ist“. Mit
diesen Maßnahmen – Selbstverpflichtungen der Energieversorger; Stärkung der Energieeffizienz in der Industrie; Maßnahmen
im Bereich der „Umwandlungseffizienz“ (Kraft-Wärme-Koppelung u.ä.) – sollten die Mitglieder des Wirtschaftsrats in ihren
Wirkungsbereichen noch heute beginnen – nicht alternativ zum
staatlichen Regulierungshandeln, sondern ergänzend. Der Klimaschutz ist nämlich nicht irgendein Gedöns-Thema, sondern
die globale existenzielle Herausforderung unserer Zeit. (RH)
Quelle
Presseerkärung des Wirtschaftsrats Deutschland: „Deutsche Klimaziele nach Grundrechenarten unerreichbar“:
https://www.wirtschaftsrat.de/wirtschaftsrat.nsf/id/deutscheklimaziele-nach-grundrechenarten-unerreichbar-de
SFV-Entgegnung vom 28.4.15
Klimakatastrophe
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Klimaflüchtlinge
Rundschreiben zu einem Anti-Atom-Montagsspaziergang in Koblenz
Von Thomas Bernhard
Liebe Klimafreunde,
Autor
beim letzten Montagsspaziergang wurde an der Frage, ob es
überhaupt Klimaflüchtlinge gebe, deutlich, dass Flüchtlinge
meist auch Klimaflüchtlinge sind.
Warum es offiziell keine Klimaflüchtlinge mit Rechten gibt:
„Nach Art. 1 GFK (Genfer Flüchtlingskonvention, 1951, Zusatzprotokoll 1967) i.V.m. Art. 1 Protokoll ist ein „Flüchtling“
eine Person, die „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung
wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer
bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt oder besitzen würde, und den Schutz
dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen
dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will [...]“.
Nach dieser Definition muss ein zwingender Zusammenhang zwischen den Fluchtgründen und der Furcht vor
Verfolgung aus den aufgezählten Gründen bestehen. Die
Genfer Flüchtlingskonvention selbst schützt also keine
Wirtschafts- oder Umweltflüchtlinge. Entsprechendes gilt
für Binnenvertriebene, die internationale Diskussion über
den Schutz von Binnen- oder Umweltflüchtlingen ist jedoch
im Fluss. Auch Bürgerkriegsflüchtlinge, die ja aufgrund
allgemeiner Kriegsgefahren flüchten und unter den Schutzbereich des Humanitären Völkerrechts fallen, sind nicht vom
Anwendungsbereich der Konvention umfasst." (Zitat nach
http://www.uni-potsdam.de/fileadmin/projects/mrz/assets/Stichworte/
MRZ_Stichw_GFK_neu1.pdf)
Trotz offensichtlicher Klimaflucht: keine Anerkennung - keine
Rechte: So scheiterte auch 2014 ein Antrag eines Ehepaares
von den Kiribati-Inseln auf Aufnahme in Neuseeland wegen
Flucht vor Klimabedrohung, weil diese nicht die Definition
eines Flüchtlings nach der GFK erfüllten (http://www.klimaretter.
info/politik/hintergrund/16445-klimafluechtlinge-muessen-weiterwarten).
Dr. Thomas Bernhard, geb. 1958, ist seit
1996 niedergelassener Arzt für Allgemein-,
Umwelt- und Betriebsmedizin in Koblenz.
Vorher war er 4 Jahre als Internist in einem
Krankenhaus in Tansania tätig.
Seit 1997 ist er Mitglied des SFV, seit 2014
Stellvertreter des Vorstands. Er engagiert sich
in Koblenz ehrenamtlich in Umweltanliegen,
Schwerpunkt Klimafolgen, Energie und Bezug zu Ländern des Südens und ist Mit-Organisator der Anti-Atom-Montagsspaziergänge
in Koblenz, die seit Juli 2010 regelmäßig
stattfinden.Treffpunkt: jeden 1. Montag im
Monat um 17:30 Uhr am Löhrrondell.
Millionen und es werden immer mehr ohne Rechte: Laut
Internationaler Organisation für Migration waren 2010 weltweit ca. 40 Millionen Menschen wegen Naturkatastrophen
(meist klimabedingt) auf der Flucht, sieben mal mehr werden durch Klima als durch Kriege bedroht. Diese Zahl wird
sich erhöhen, der Klimawandel ist erst am Anfang. Oft führt
Klimaveränderung zu Dürre, Migration im eigenen Land,
Nahrungsknappheit, Gewalt, Bürgerkrieg. Dies gilt z.B. auch
für Syrien. (http://www.klimaretter.info/forschung/hintergrund/18314-
syrien-brandbeschleuniger-klimawandel)
Anerkennung plus Rechte würden helfen: Um die Ursachen
von Flucht anzugehen, erscheint es nicht nur notwendig
Konflikte zu betrachten, sondern auch Klimaveränderungen. Sonst wird vielleicht der heute schon wichtigste Faktor
übersehen. Und wenn dies als Ursache anerkannt wird, dann
besteht echte Hilfe in weitergehenden Maßnahmen als Notunterkünften, nämlich in Maßnahmen gegen Klimawandel.
Es würde helfen darüber zu sprechen und sich humanitär,
aber auch an der Wurzel gegen den Klimawandel zu engagieren.
Die Weltkarte zeigt Gebiete in denen auf Grund des Klimawandels lokale Umweltveränderung in den nächsten Jahren zur Klimaflucht führen könnten.
Rosa: Hurrikans/Tropische Wirbelstürme - Gelb: Desertifikation/Dürre - Blau: Veränderungen durch Meeresspiegelanstieg (Inseln, Deltas)
Quelle: Natural disasters caused by climate change.png, KVDP, CC BY-SA 3.0, erstellt: 19. Juli 2011
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
21
Gegen das Wiederanfahren der Schrottreaktoren
Tihange 2 und Doel 3!
Zahlreiche unabhängig voneinander initiierte, jedoch gemeinschaftlich von
tiefer Sorge getragene Aktionen
Zusammengestellt von Susanne Jung
1. Öffentliche Petition betroffener
Bürger
Anfang Mai mobilisierte das Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie (www.anti-akw-ac.
de) gegen das Wiederanfahren des belgischen
AKW Tihange 2. Es forderte die belgische Atomaufsichtsbehörde FANC in einer öffentlichen
Petition auf, den Atomreaktor Tihange 2 dauerhaft stillzulegen. Bisher unterstützten ca 50.000
Bürger diese Petition, weitere Unterschriften
sind möglich.
Schrottreaktor Tihange 2,
Petition: „Widersprechen Sie dem Antrag auf Neustart der
Rissereaktoren Tihange 2 und Doel 3“
„Bei einer Revision im August 2012 wurden in zwei Reaktordruckbehältern (RDB) der belgischen AKW Doel und Tihange
tausende Risse entdeckt. Noch bevor alle erforderlichen Prüfungen durchgeführt waren, wurden im Juni 2013 die über 30
Jahre alten Reaktoren wieder angefahren!
Als die fehlenden Prüfergebnisse vorlagen, waren diese dermaßen schlecht, dass die Reaktoren im März 2014 außerplanmäßig
herunter gefahren wurden. Nun will der Betreiber (Electrabel) die
beiden Blöcke wieder anschalten, obwohl alle bisher bekannt
gewordenen Untersuchungsergebnisse höchst beunruhigend
sind:
• Die neuesten Ultraschalluntersuchungen zeigen 60% mehr
Defekte. Die Risslängen sind mittlerweile von 2,5 cm auf unglaubliche 18 cm gestiegen.
• Versuche im Kernforschungszentrum Mol führten zu einem
„unerwarteten Resultat“ (O-Ton Electrabel): Ein mit Rissen
vorbelasteter Stahl versprödet bei radioaktiver Bestrahlung
um ein Vielfaches schneller als ein Material ohne Defekte. Es
wurden bei den Versuchen die vom Betreiber einkalkulierten
Sicherheitsmargen gravierend überschritten.
Wir appellieren an Sie in der FANC sich FÜR die Sicherheit von
Millionen Menschen zu entscheiden. Denn: Für uns als betroffene Bürger und Bürgerinnen im Umkreis dieser Reaktoren gilt:
Solange ...
• die Ursache der Risse in den beiden RDB nicht zweifelsfrei
geklärt ist und eine Veränderung der Rissgrößen im laufenden
Betrieb nicht definitiv ausgeschlossen werden kann,
• die Bestrahlungsversuche befürchten lassen, dass die Versprödung des rissigen Stahls der RDB nach über 30 Betriebsjahren
die zulässigen Grenzwerte bereits überschritten hat,
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Foto: Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie
• kein Nachweis existiert, dass „Reaktoren mit Rissen“ ein gleiches
Sicherheitsniveau wie „Reaktoren ohne Risse“ besitzen, dürfen
TIHANGE 2 und DOEL 3 – NICHT WIEDER ans Netz.
Wir wissen, dass die Folgen eines Super-GAU bei den beschädigten Reaktoren nicht an der belgischen Landesgrenze halt machen werden, sondern auch die BürgerInnen im benachbarten
Ausland treffen werden.“
2. Resolution des Aachener Stadtrats
In einer fraktionsübergreifenden Resolution sprach sich der
Aachener Stadtrat am 21. Mai einstimmig für eine „unverzügliche und dauerhafte Abschaltung“ der Kernkraftwerksblöcke
im belgischen Tihange aus. Das Kraftwerk sei seit Jahren
„für seine Probleme und Störfälle“ bekannt, hieß es. In der
Resolution fordern die Aachener Politiker die Landes- und
Bundesregierung auf, sich für die sofortige Stilllegung des
AKW Tihange einzusetzen. Außerdem drängen sie auf ein
grenzübergreifendes, bilaterales Abkommen mit Belgien „für
den nuklearen Ernstfall“.
3. Gemeinsamer Appell zahlreicher Organisationen
In einem öffentlichen Appell haben sich am 22. Mai zahlreiche
Organisationen der Aachener Zivilgesellschaft, unter anderem der Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. sowie
der Evangelische Kirchenkreis Aachen, an die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft, sowie an
den Landesumweltminister, Johannes Remmel, gewandt.
Die Politiker sollen ihren Einfluss bei den belgischen Partnern
gelten machen, damit der durch tausende Risse im Reaktordruckbehälter geschädigte Atomreaktor in Tihange nicht
wieder ans Netz geht. (Offener Brief, nächste Seite)
Atomare Gefahr­
Da die Petition die Hintergründe und aktuelle
Situation präzise beschreibt, wird der Wortlaut
im folgenden vollständig wiedergegeben:
21
22
Offener Brief an die Ministerpräsidentin sowie an den Umweltminister des Landes Nordrhein-Westfalen
Sehr geehrter Frau Ministerpräsidentin Kraft, sehr geehrter Herr Minister Remmel,
wir, die diesen Brief unterzeichnen, vertreten Institutionen der Zivilgesellschaft in der Stadt Aachen. Aachen liegt 60 Kilometer
von dem Atomkraftwerk Tihange in Huy (Belgien) entfernt – in der Hauptwindrichtung. Deswegen sind wir als potenzielle
Hauptbetroffene über die Sicherheitsprobleme jener Anlage höchst besorgt.
Seit März 2014 ist der Reaktorblock 2 in Tihange zum zweiten Mal (!) wegen Rissen im Reaktordruckbehälter stillgelegt (ebenso
wie der Block 3 des belgischen AKW Doel). Über die Herkunft und die Bedeutung dieser Risse herrscht Unklarheit; dennoch
wird seitens der Betreiber und der Kontrollbehörde FANC diskutiert, den Block noch in diesem Jahr wieder hochzufahren.
In der deutschen Politik hat sich seit der Reaktorkatastrophe von Fukushima im März 2011 die Überzeugung durchgesetzt,
„dass selbst in einem Hochtechnologieland wie Japan die Risiken der Kernenergie nicht sicher beherrscht werden können“
(Regierungserklärung vom 9.6.2011). Der nicht einschätzbare Sicherheitsstatus des beschädigten Reaktordruckbehälters von
Tihange 2 muss die Skepsis gegenüber der Beherrschbarkeit eines atomaren Reaktors noch einmal beträchtlich steigern.
Unserer Überzeugung nach ist es eine vordringliche Aufgabe der Politik der nordrheinwestfälischen Landesregierung, bei
den belgischen Partnern auf die Beseitigung der Gefahr zu dringen, die von den Atomanlagen in Tihange (und in Doel) ausgehen. Eine solche Gefahrenabwehr muss mit der sofortigen und endgültigen Stilllegung dieser Anlagen beginnen. Völlig
unakzeptabel ist ein Wiederanfahren des Blocks 2 von Tihange in seinem jetzigen Zustand. – Frau Ministerpräsidentin, Herr
Minister: Hier alles in Ihrer Macht stehende zu tun, gebietet ganz konkret der von Ihnen geleistete Amtseid, in welchem Sie
gelobt haben, Schaden von den Bewohnern unseres Landes zu wenden.
Bitte unterrichten Sie uns und die Bevölkerung von NRW über die Schritte, die Sie zur Abwehr der Gefahren unternehmen,
welche vom maroden Atomkraftwerk Tihange ausgehen.
Mit freundlichen Grüßen
Pfarrer Hans-Peter Bruckhoff
Evangelisches
Superintendent
Erwachsenenbildungswerk
im Kirchenkreis Aachen
Aachener Aktionsbündnis
gegen Atomenergie
Ökologie-Zentrum
Aachen e.V.
Nabu
Stadtverband Aachen
WindenergieNordeifel e.V.
Bis Redaktionsschluss gab es noch immer keine offizielle Stellungnahme seitens der Landesregierung.
Einzige Reaktion von der NRW-Landesregierung kam im Rahmen eines Fernsehinterview von SAT1.NRW. Johannes Remmel
betonte nach Auskunft des Fernsehsenders darin das großes
Verständnis für die Sorgen der Aachener, machte jedoch deutlich, dass NRW die Entscheidungen der belgischen Nachbarn
nur begrenzt beeinflussen könnte. Die Sendung wurde leider
noch nicht ausgestrahlt.
Solarenergie-Förderverein
Deutschland e.V.
Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB)
Aachener Stiftung
Kathy Beys
Wind e.V.
Aachen
NachbarschaftsInitiative
3 Rosen
Greenpeace Aachen
4. Resolution aus Maastricht und Heerlen
Auch Politiker in Maastricht und Heerlen fordern, dass das marode Kernkraftwerk Tihange sofort geschlossen wird. Am 9. Juni
wurde in beiden niederländischen Städten eine entsprechende
Resolution an die belgische Regierung verabschiedet.
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
23
5. Unterstützung auch vom IPPNW
Die Organisation „Internationale Ärzte zur Verhütung
des Atomkrieges und in sozialer Verantwortung
e.V. (IPPNW) unterstützt die aktuellen Proteste. Sie
schreibt u.a.: Es ist zu befürchten, dass aufgrund der
maroden Druckbehälter keine hinreichenden Sicherheitsreserven mehr bestehen könnten, so dass nicht
ausgeschlossen werden kann, dass künftige Störfälle
zum Versagen der Reaktordruckbehälter und zur Kernschmelze führen können. Ein GAU in einem belgischen
Atomreaktor hätte überregionale Auswirkungen auf
Umwelt und Gesundheit – auch in Deutschland.
Die epidemiologische Studie zu Kinderkrebs in der
Umgebung von Kernkraftwerken (sogenannten KiKKStudie) zeigt, dass bereits der Normalbetrieb von Atomkraftwerken zu relevanten Gesundheitsfolgen führt.“
Darstellung der besorgniserregenden Rückmeldungen der Gemeinden zu Nothilfeplänen,
Demonstration am 14. Juni, Dreiländereck NL-B-D
Fotos: Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie
6. Anhaltende grenzüberschreitende Bürgerproteste
Der Protest belgischer, niederländischer und deutscher Bürger reißt nicht ab. Am 14. Juni fanden sich
wiederholt mehrere Hunderte am Dreiländereck
ein, um erneut gegen ein erneutes Anfahren des
Schrottreaktors zu demonstrieren.
Auf der Demonstration wurden erste Ergebnisse
einer Umfrage zu Notfallplänen in der Region vorgestellt. Hierzu hatte das Aachener Aktionsbündnis
gegen Atomenergie Anfang des Jahres einen Katalog
mit insgesamt 61 Fragen an die Verwaltungen umliegender Gemeinden gesandt. Die Sorge, dass der
Katastrophenschutz im Ernstfall völlig unkoordiniert
ablaufen würde, wurde in Fragen wie
• „Welche regelmäßigen atomaren Katastrophenschutzübungen führten Ihre Feuerwehren und andere
Behörden in den vergangenen Jahren in der Region
durch?“
• „Wie erfolgt die Alarmierung bei einem katastrophalen
Störfall in Tihange? Erfolgt eine direkte Alarmierung
durch den Betreiber, damit mögliche Zeitverluste minimiert werden?“
deutlich. Bis zur Demonstration hatten sich fast
alle angeschriebenen Gemeinden zurückgemeldet
und ein erwartungsgemäß desaströses Bild der
derzeitigen regionalen Nothilfepläne abgegeben.
Verwaltungen zogen sich auf Gesetzestexte zurück
(wie z.B. die Stadt Aachen) oder verwiesen auf die
Zuständigkeit anderer Behörden. Nur in wenigen
Fällen wurde deutlich, dass man sich ernsthaft mit
dem Thema auseinandergesetzt hat. Eine Gemeinde
gestand sogar ein, auf einen atomaren Katastrophenfall nicht vorbereitet zu sein. Vielleicht ein guter
Ansatzpunkt, etwas zu verändern.
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Demonstration am 14. Juni, Dreiländereck NL-B-D
Demonstration am 14. Juni, Dreiländereck NL-B-D
Medienkritik
24
Das „gute Leben“ nur mit Atomkraft?
Wie die FAZ die globale soziale Frage instrumentalisiert
Von Rüdiger Haude
Werfen wir einen Blick auf die „Frankfurter Allgemeine“. Diese
Zeitung, die von sich selbst früher gerne behauptete, dahinter
stecke „immer ein kluger Kopf“, ist ein zuverlässiges p ublizistisches Bollwerk gegen die Energiewende in Deutschland und der
Welt, und sie versucht bereits heute, diskursiv auf einen erneuten
Ausstieg aus dem Atomausstieg vorzubereiten. So z.B. am 20. Mai
2015, als der Wirtschafts-Korrespondent Winand von PetersdorffCampen einen Beitrag unter der Überschrift„Atomkraft? Ja bitte!“
veröffentlichte. Dieser Text ist von exemplarischem Rang; deswegen mag es gerechtfertigt sein, ihn auch nach einem Monat
einmal näher anzuschauen.
Atom-Waschmaschinen als Glücksindikator
Der Aufhänger für Petersdorffs Werbefeldzug ist die Beobachtung, die Welt habe künftig einen rasant steigenden Energiehunger, weil die Weltbevölkerung weiter wachse und weil sich
die Länder des Südens legitimerweise industrialisieren wollten.
Er kleidet das in die Formulierung: „Milliarden Menschen in armen
Ländern kämpfen für ein besseres Leben. Und dieses Leben ist mit
einem deutlich höheren Energieverbrauch verbunden.“ Da nun
fossile Energieerzeugung wegen des Ausstoßes von Treibhausgasen „über kurz oder lang zu verschwinden“ habe, werde die
Atomenergie benötigt.
Petersdorff gehört also zu jenen, die auch im Jahre 2015 als
einzige energietechnische Alternative ‚fossil oder atomar‘ gelten lassen (zu seinen Einschätzungen der Erneuerbaren später
mehr). So wie z.B. die Ministerpräsidentin von NRW, Hannelore
Kraft (SPD), ausgerechnet der Braunkohle "für die Energiewende
eine besondere Bedeutung" zusprechen kann (1), weil sie diese
Wende auf den Atomausstieg reduziert, so hat die Atomlobby
den Treibhauseffekt entdeckt und preist ihre Atommüllfabriken
als Beitrag gegen den Klimawandel an. Wir sollen die Gefahren
der Radioaktivität und die Gefahren des Klimawandels nie
gleichzeitig denken dürfen. Wenn man bedenkt, dass die Betreiber und Nutznießer atomarer und fossiler Kraftwerke meistens
dieselben sind, drängt sich der Verdacht auf, dass dahinter eine
systematische Verunsicherungsstrategie steckt: Vermeintlich
steigern wir mit jedem Braunkohletagebau, den wir verhindern,
die Strahlungs-Gefahren, und fördern mit jedem AKW, für dessen
Abschaltung wir sorgen, den Klimakollaps. Natürlich funktioniert
das nur, wenn die tatsächliche Alternative, nämlich saubere Erneuerbare Energien, verschwiegen oder kleingeredet wird.
Aber die Trickkiste, in welche Petersdorff greift, hat noch andere
Werkzeuge zu bieten. Eines ist das sozialpolitische Argument.
Das gute Leben, so der FAZ-Autor, lasse sich „herunterbrechen“
auf den Besitz einer Waschmaschine. „Jede Familie auf der Welt
sollte Zugang zu diesem größten Wunder der Menschheitsgeschichte haben.“ Man kann diesen Fortschrittsindikator durchaus
bezweifeln; aber wir wollen uns einmal auf ihn einlassen, da der
Betrieb einer Waschmaschine voraussetzt, dass ein Haushalt an
das Wasser- und Stromnetz angeschlossen ist und „Zugang zu
den Erzeugnissen der Chemieindustrie“ hat. Das fossil-atomare
Welt-Energiesystem hat seit der Einführung der elektrischen
Waschmaschine im frühen 20. Jahrhundert viele Jahrzehnte Zeit
gehabt, diese Verheißung zu erfüllen. Tatsächlich leben heute
Milliarden von Menschen auf der Erde nicht nur ohne Waschautomaten, sondern ganz ohne Zugang zu den Stromnetzen, die
allenthalben nur solche Wohngegenden versorgen, bei denen es
sich für die Betreiber rentiert. Es ist eines der größten Hoffnungsmomente der auf Sonnenenergie und Pufferspeichern basierenden dezentralen Energiewende, dass entlegene Orte in armen
Ländern des Südens erstmals überhaupt mit Elektrizität versorgt
werden (netzunabhängig) und z.B. eine LED-Lampe die zuvor
verwendeten gesundheitsschädlichen Kerosinfunzeln ersetzt.
Dass der neoliberale Kapitalismus mit neuen Atomkraftwerken
gerade solche Gegenden mit elektrischen Waschmaschinen
versorgen würde, ist eine groteske Annahme. Das gilt übrigens
auch für das Schwellenland Indien, Petersdorffs "gutes Beispiel",
wo in den ausufernden Metropolen eine allgemeine, bezahlbare
Wasser- und Stromversorgung nicht von den Monopolkonzernen, sondern von kapitalismuskritischen Basisbewegungen auf
die Tagesordnung gesetzt wird. Diesem Land, mit seinen 300
Sonnentagen im Jahr, für den nötigen Ausbau der Energieversorgung die teure und gefährliche Atomenergie zu empfehlen
(die nach einigen Jahrzehnten ohnedies wegen Erschöpfung des
Rohstoffs wieder ersetzt werden müsste), ist ein in jeder Hinsicht
vergifteter Vorschlag.
Die FAZ und ihr Korrespondent reihen sich mit dem Waschmaschinen-Argument in die Riege der Demagogen ein, die Krokodilstränen über Energiearmut in Deutschland vergießen (wie
die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ INSM, oder liberale
und konservative Politiker), obwohl ihnen jeder andere Aspekt
derselben Armut schnurzegal ist, z.B. wenn es um die Höhe der
Hartz-4-Sätze geht. Unser FAZ-Autor redet über Milliarden von
Menschen, die – lange bevor sie sich nach einer Waschmaschine
sehnen – zunächst einmal glücklich wären, abends nicht hungrig
ins Bett gehen zu müssen. Nur tritt bei Petersdorff zur sozialpolitischen Unaufrichtigkeit noch die technische Absurdität, ein im
Wesentlichen dezentrales Problem mit einer maximal zentralistischen Technologie lösen zu wollen.
Energiewende: Ineffektiv?
Petersdorff kann die Erneuerbaren Energien nicht totschweigen.
In der zweiten Hälfte seines Beitrags geht er auf sie ein. Nichts,
was er dazu sagt, hat Hand und Fuß. Sein erstes Argument ist die
bekannte Verquickung von deutschem EEG und europäischem
Emissions-Zertifikatehandel. Durch letzteren werden bekanntlich die Erfolge der deutschen Energiewende teilweise wieder
zunichte gemacht, weil jede CO2-Einsparung die „Verschmutzungsrechte“ sogleich verbilligt. Wie alle Gegner des EEG bzw.
der Energiewende, behandelt Petersdorff den Zertifikatehandel
als Naturgesetz, an dem sich alle anderen Maßnahmen zu orientieren hätten. Und er deklamiert, dass dieser von ihm imaginierte
Zusammenhang „in der deutschen Umweltbewegung nicht stärker
thematisiert“ werde, sei „Ausweis einer gewissen Unredlichkeit.“
Nun; uns will erscheinen, dass seine Vertauschung von Bock und
Gärtner eher auf ihren Redlichkeitsgehalt hin überprüft werden
sollte. Lieber Herr Petersdorff, hier noch einmal für Sie persönlich:
Nicht das EEG ist untauglich, die CO2-Emissionen zu reduzieren,
(1) Vgl. Kölner Stadtanzeiger, 15.8.2012, "In Betrieb genommen"
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
25
sondern der neoliberale Handel mit „Verschmutzungsrechten“ ist
direkt gegen die Erfolge des EEG gerichtet und gehört durch eine
klare, berechenbare CO2-Steuer ersetzt.
Weltweite Energiewende: Teuer?
Des Weiteren verweist der FAZ-Korrespondent auf die hohen
Geldsummen, die in Deutschland für die Energiewende eingesetzt würden, und stellt mit globaler Perspektive die Frage: „Wer
in der Welt könnte sich so ein Programm überhaupt noch leisten,
wenn er denn nur wollte?“ Wieder nutzt er einen eigentlich leicht
zu durchschauenden Taschenspieler-Trick. Das Ziel und die Logik
der deutschen Energiewende bestand darin, die Technologien
der Photovoltaik und der Windenergienutzung durch Massenproduktion preiswerter zu machen. Der Erfolg dieser Strategie ist
beeindruckend: Um mindestens 80 Prozent sanken seit dem Jahr
2000 die spezifischen Kosten für Strom aus PV-Anlagen. Und von
diesen reduzierten Preisen kann jedes Land ausgehen, das heute
eine Energiewende durchführen möchte. Die Kosten sind also mit
denen der deutschen Energiewende keinesfalls gleichzusetzen.
Deswegen sagen wir: Das EEG war die beste Entwicklungshilfe,
die Deutschland je geleistet hat.
Hinzu kommt, dass in vielen armen Ländern von einem Umbau der
Energieversorgung kaum gesprochen werden kann; es geht um
deren erstmaligen Aufbau. Es ist daher erfreulich, dass viele 'Entwicklungsländer' (wie z.B. Nicaragua) heute gleich auf Erneuerbare
Energien setzen, um ein preiswertes, importunabhängiges und
umweltschonendes Energiesystem zu etablieren. Auf Atomkraft
zu setzen, dafür sind die armen Länder buchstäblich zu arm. Die
sinnlos verpulverte Milliarde Euros, die z.B. Südafrika für einen
nie gebauten Hochtemperaturreaktor in den Sand setzte, dürften
ebenso abschreckend wirken wie die explodierenden Baukosten
der AKW-Neubauten z.B. in Finnland, oder die grotesk hohe Subventionierung der Neubauten in Hinkley Point (Großbritannien).
Atomkraft: Risikolos?
Über die Atomkraft liefert uns Petersdorff ebenfalls den üblichen
Zynismus. „Das Unglück in Japan hat gezeigt, wie wenig riskant
die Kernenergie ist.“ Denn die Fukushima-Katastrophe habe „kein
einziges Menschenleben gefordert“. Als Opfer von Strahlung gilt
einer solchen Sichtweise nur, wer infolge von Höchstbestrahlung
schnell an der „Strahlenkrankheit“ stirbt. Zehntausende zusätzlicher
Krebsfälle gehen in so eine Statistik nicht ein: Es ist ja in keinem
Einzelfall zweifelsfrei zu beweisen, dass sie von der Strahlung der
havarierten Reaktoren herrühren. Eine solche Argumentation ist
schäbig, besonders wenn Petersdorff sie mit der – richtigen! – Beobachtung konfrontiert, dass zahllose Menschen jährlich „Opfer der
Abgase aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe werden“; bei denen
ist der Nachweis im Einzelfall meist ähnlich schwer zu führen.
Darüber hinaus schwadroniert Petersdorff von „neuen Generationen von Kernkraftwerken“, die den Atommüll „recyceln“ könnten
und damit das Endlagerproblem obsolet machen würden. Selbst
wenn es sich hier nicht um Chimären handeln würde, würde die
Entwicklung solcher Reaktortechnologien so lange dauern, dass
die Erde bis zu ihrer Inbetriebnahme den Klimakollaps bereits
erlitten hätte – zumal die Gelder, die in die Entwicklung und den
Bau solcher Wundergeräte fließen würden, nicht mehr für die Einführung sauberer, Erneuerbarer Energien zur Verfügung stünden.
Die FAZ fordert also sehenden Auges eine abstruse RessourcenFehlallokation.
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Flächen-Produktivität
Einen nicht ganz unoriginellen Gedanken trägt Petersdorff immerhin vor, und er soll hier aus Gründen der Versöhnlichkeit am Ende
stehen. Es ist der Gedanke der „Flächen-Produktivität“. Im Lichte
des Bevölkerungswachstums und im Sinne des Umweltschutzes
sei es sinnvoll, so argumentiert er, alle menschlichen Handlungsformen – Wohnen, Ackerbau, Energieversorgung – möglichst zu
intensivieren, also räumlich zu verdichten, um möglichst viele
Flächen von diesen Nutzungen freizuhalten. Das ist ein Argument,
wie maßgeschneidert für die Atomenergie. Petersdorff rechnet
nun vor, das Neubauprojekt Hinkley Point C verbrauche 175 Hektar
Land; um dieselbe Strommenge zu produzieren, würden Windkraftanlagen 100.000 Hektar „beanspruchen“, „etwas mehr als die
Fläche von Berlin“. Wie dies? Wenn wir überschlägig nachrechnen,
müssen wir von 3000 MW nutzbarer Leistung der beiden Blöcke von
Hinkley Point C ausgehen, für die wir einmal 8000 Volllaststunden
im Jahr ansetzen wollen. Bei jeweils 2000 Volllaststunden würden
4000 Windräder mit jeweils 3 MW Leistung dieselbe Strommenge
(24 GWh) produzieren können. Für das Fundament eines solchen
Windrads müssen 300 Quadratmeter dauerhaft versiegelt werden.
Das ergibt bei 4000 Anlagen also 120 Hektar, nicht 100.000. Zu
Wartungszwecken dauerhaft freigehalten (aber nicht versiegelt)
werden muss pro Windrad eine Fläche von einem Viertel Hektar,
insgesamt also 1000 Hektar. Pro Quadratmeter versiegelter Fläche
produzieren die Windkraftanlagen laut Wikipedia 21 MWh (in unserer Rechnung wären es 20) – Hinkley Point C nach den Angaben
Petersdorffs bei voller Auslastung ca. 13,7 MWh, keine besonders
beeindruckende Flächen-Produktivität!
Wo haben Herr Petersdorff und seine Gewährsleute von der britischen Energiebehörde ihre absurd überhöhten Zahlen her? Meinen
sie vielleicht, dass man für Zufahrtswege zu den Windrädern oder für
sonstige Infrastruktur das Achthundertfache der Fundamentfläche
benötigt? Abgesehen von der Lächerlichkeit einer solchen Annahme dürften wir dann aber auch wohl zusätzlich zu den 175 Hektar
des Landverbrauchs von Hinkley Point C noch den Uranbergbau,
die Brennstoff-Produktionskette und die Endlagerung anteilig
hinzurechnen. Und sollte man nicht die für unbewohnbar erklärten Sperrzonen um die havarierten Reaktoren von Tschernobyl
[4300 km2] und Fukushima [ca. 600 km2]) auf alle Atommeiler des
Planeten umlegen? Das wären dann, bei ca. 450 aktiven Reaktoren
weltweit, etwas mehr als 1000 Hektar pro Block zusätzlich – bis
zum nächsten Super-GAU.) Eine schlechtere Flächen-Produktivität
als bei der Atomenergie lässt sich also bei genauerem Hinschauen
kaum vorstellen.
Schluss
Petersdorffs Waschmaschinen-Aufhänger weist vielleicht darauf
hin, dass er etwas weißzuwaschen versucht, was sehr schmutzig ist:
das Image der Atomenergie. Auf der Ebene der Fakten gelingt ihm
diese Operation nicht; es riecht streng aus seiner argumentativen
Waschmaschine. Aber rhetorisch ist er nicht ungeschickt. Es ist
wichtig, sich auf solcherlei Scheinargumentationen einzulassen.
Nicht, dass sie im Jahr 2015 in Deutschland Chancen hätten; aber
die Lohnschreiber der Atommafia laufen sich ja erst warm – in den
kommenden Jahren dürften wir viel mehr von dieser Sorte zu lesen
bekommen. Hoffentlich sind wir dann vorbereitet.
FAZ-Artikel
vom 20.5.2015 „Atomkraft? Ja bitte!“
von Winand von Petersdorff
unter http://www.faz.net/aktuell/politik/energiewende/
atomkraft-ja-bitte-gruende-gegen-die-energiewende13596102.html
EEG-Umlage
26
EEG-Umlagepflicht auf Eigenverbrauch - Rechtsklärung in Teilbereichen
Zu Ergebnissen der Empfehlung 2014/31 der Clearingstelle EEG
Von Susanne Jung
Die Clearingstelle EEG veröffentlichte Anfang Juni die Ergebnisse zum Empfehlungsverfahren 2014/31. Hier ging es um
Einzelfragen zur EEG-Umlagepflicht auf Eigenverbrauch.
Dem Verfahren ging die übliche Konsultationsphase voraus.
Akkreditierte Vereine und Verbände wurden gebeten, eine
Stellungnahme abzugeben. Dieser Bitte kam auch der SFV
nach und übermittelte am 13. Februar 2015 seine Ansichten
zur rechtlichen Handhabung von Einzelfragen in Anwendung des § 61 Abs. 2 sowie Abs. 6 und 7 EEG 2014. Unsere
Stellungnahme ist unter https://www.clearingstelle-eeg.de/
empfv/2014/31 abzurufen.
Die Clearingstelle EEG ist nur für Teilbereiche der EEG-Umlagepflicht zuständig. Sie behandeln Fragestellungen, die
im Zusammenhang mit der Umlagepflicht bei EEG-Anlagen
entstehen.
Da § 61 EEG 2014 auch den Eigenverbrauch aus allen anderen
(nicht- erneuerbaren) Anlagen betrifft, wurde die Bundesnetzagentur (BNetzA) zusätzlich beauftragt, einen Leitfaden
zur Anwendung und Auslegung der EEG-Umlageregelungen
in genereller Weise zu erstellen. Die BNetzA soll insbesondere
Themen wie „Eigenversorgung“ gemäß § 5 Nr. 12 EEG 2014“,
„Stromerzeugungsanlage“ im Sinne des § 61 EEG 2014, das
Kriterium des „unmittelbaren räumlichen Zusammenhangs“
und die Bestandsanlagenregelung in § 61 Abs. 3 und 4 EEG
2014 sowie Fälle des § 61 Abs. 2 Nr. 1-3 EEG 2014 erläutern.
Der Leitfaden wird noch für dieses Jahr in Aussicht gestellt.
Vorab soll es eine Konsultation mit der „Branche“ geben, an
der wir uns aller Voraussicht nach auch beteiligen.
Bevor auf Details der Empfehlung der Clearingstelle EEG
eingegangen wird, sei noch einmal betont, dass wir die
Erhebung der EEG-Umlage auf Eigenverbrauch als eine
schwerwiegende, verfassungsrechtlich fragwürdige Fehlentscheidung ansehen. Sie verzögert dringend notwendige
Investitionen in Erneuerbare Energien, erhöht BürokratieAnforderungen und verunsichert bei der Anwendung gesetzlicher Grundanforderungen zur Messung und Abrechnung.
Zu beachten ist auch, dass die Empfehlungen der Clearingstelle EEG nicht rechtsverbindlich sind. Es ist daher nicht
auszuschließen, dass ein Gericht zu einer anderen Auffassung
gelangen könnte. Dies ist vor allem deshalb wichtig, da
die Empfehlung durch die verfahrensbefassten Mitglieder
der Clearingstelle EEG nicht in allen Punkten einstimmig
beschlossen wurde.
Die Ausführungen der Clearingstelle EEG geben zunächst
wichtige Anhaltspunkte zur Auslegung der komplexen
Rechtsnorm der EEG-Umlage.
Autorin
geb.1966, Dipl.-Ing., 1985-1990 Studium der
Agrarwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin, 1993 - 1995 Zusatzqualifikation Umweltmanagement und -consulting,
seit 1994 hauptberuflich bei SolarenergieFörderverein Deutschland e.V.
Spezialgebiete: Erneuerbares-EnergienRecht, Beratung von Anlagenbetreibern,
Vertreterin des SFV als nichtständiger Beisitzer bei der Clearingstelle EEG
Zur Empfehlung der Clearingstelle EEG
(1) Vollversorgung
Diejenigen, die unter den heutigen mangelhaften Förderbedingungen, z.B. in Solartechnik, investieren wollen, suchen
verständlicherweise nach Lösungen, der EEG-Umlagepflicht
zu entgehen. Eine Idee dabei ist die Vollversorgung mit
Erneuerbaren Energien, denn § 61 (2) Nr. 3 EEG 2014 weist
aus, dass die EEG-Umlage entfällt, (...) „wenn sich der Eigenversorger selbst vollständig mit Strom aus erneuerbaren
Energien versorgt und für den Strom aus seiner Anlage, den er
nicht selbst verbraucht, keine finanzielle Förderung nach Teil 3
in Anspruch nimmt“.
Hieraus erwachsen unterschiedliche Möglichkeiten:
• Der Anlagenbetreiber verbraucht den EE-Strom vollständig
(ev. durch Nutzung eines Stromspeichers). Es wird keine
Kilowattstunde in das öffentliche Netz eingespeist. Der
noch verbleibenden Strombedarf des Betreibers wird durch
Ökostrom eines beliebigen Stromhändlers über das öffentliche Stromnetz abgedeckt oder durch eine Direktleitung z.B.
vom naheliegenden Solarstromproduzenten bezogen.
• Der Anlagenbetreiber verbraucht den gesamten, erzeugten
EE-Strom. Der nicht verbrauchte Teil wird in das Netz eingespeist und KEINE Vergütung beansprucht. Der Reststrom
wird aus dem Stromnetz oder von einem Drittanbieter
bezogen.
Ob diese (oder andere) Vollversorgungs-Ideen nach § 61
(2) Nr. 3 EEG 2014 von der EEG-Umlage befreit sind, war
Gegenstand der ersten Verfahrensfrage der Empfehlung der
Clearingstelle EEG.
Dort kam man zu dem Schluss, dass nur dann eine vollständige Eigenversorgung mit Strom aus Erneuerbaren Energien
im Sinne des § 61 (2) Nr. 3 EEG 2014 gegeben sei, wenn der
Eigenversorger seinen gesamten Strombedarf aus seiner
Anlage - also ohne jeglichen Drittbezug - abdeckt. Sowohl
der ergänzende Bezug von Ökostrom aus dem allgemeinen
Netz der öffentlichen Versorgung als auch ergänzend gelieferter EE-Strom durch eine Direktleitung würde nicht zu einer
vollständigen Eigenversorgung im Sinne der gesetzlichen
EEG-Umlage-Befreiungsregel führen.
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
27
Der SFV teilt diese Rechtsauffassung. Dass Eigenversorger ihren
Strom aus Erneuerbaren Energien auch durch den Zukauf von
Ökostrom abdecken und keine EEG-Umlage zahlen müssen, ist
im Gesetz nicht erkennbar. Da der vom Endkunden bezogene
Ökostrom eines beliebigen Ökostromanbieters durch ein öffentliches Netz geleitet wird, kann man nicht von der geforderten
vollständigen „Eigenversorgung“ ausgehen. Schlussendlich
war es auch nicht deklariertes Ziel der Bundesregierung, eine
zusätzliche Förderung des Ökostromhandels, die indirekt durch
die Befreiung der EEG-Umlage auf Eigenversorgung umgesetzt
würde, auf den Weg zu bringen. Hierfür hätte der Gesetzgeber
einen definierten Anteil für Ökostrom festlegen müssen, denn
die Möglichkeit, einen beliebig großen Anteil an Reststrom über
einen Ökostromanbieter zu beziehen, würde selbstverständlich
von jedem Anlagenbetreiber genutzt werden wollen.
Aus welchen Quellen der bestellte Ökostrom stammt und ob
über den Tarif indirekt auch Atom- und Kohlestrom gefördert
wird, belegen Akteure meist über Zertifikate (Grüne-StromLabel, RECS Zertifikate etc). Vor diesem Hintergrund hätte der
Gesetzgeber sicher zumindest einen Hinweis auf die Notwendigkeit eines Ökostromnachweises formuliert.
Dass die Vollversorgung nach Meinung der Clearingstelle EEG
nicht über eine Direktleitung durch Dritt-Belieferung von EEStrom abgedeckt werden kann, ist zunächst überraschend.
Bedenkt man allerdings, dass „an Dritte“ gelieferter EE-Strom
nach EEG 2014 nach § 60 EEG 2014 immer einer 100%igen
EEG-Umlagepflicht unterliegt, wird die Rechtsauffassung verständlicher.
Die Clearingstelle EEG führt allerdings aus, dass die Verwendung eines Stromspeichers zur Absicherung der Vollversorgung unschädlich wäre, sofern der Speicher ebenfalls durch
den Eigenversorger selbst betrieben wird und ausschließlich
mit Strom aus der eigenen Anlage ohne Nutzung des Netzes
gespeist würde.
Als Zeitraum für die vollständige Selbstversorgung rät die
Clearingstelle EEG auf den Zeitraum eines Kalenderjahres
abzustellen. Dies ist jedoch nicht zwingend und ergibt sich –
wie auch die Clearingstelle EEG richtig erkennt – auch nicht
aus dem Wortlaut der Norm. Diese enthält überhaupt keine
zeitliche Maßgabe.
(2) 10 kW-Bagatellgrenze - „Kleinanlagenregelung“
Nach der sog. „Kleinanlagenregelung“ ist Strom aus Stromerzeugungsanlagen mit einer installierten Leistung von maximal
10 kW bis zu einem Eigenverbrauch von 10 MWh/a von der
EEG-Umlage befreit (§ 61 (2) Nr. 4 EEG 2014).
Für die Bestimmung der installierten Leistung kommt es - so
die Clearingstelle EEG - auf die elektrische (Nenn-)Wirkleistung
der Module in Gleichspannung an. Unserer Rechtsauffassung,
wonach die Anwendung der Wechselrichterausgangsleistung
als nutzbare Wirkleistung der Anlage anzusetzen sei, folgte
man nicht.
Die 10-kW-Grenze sei als Ausschlusskriterium zu verstehen.
Sobald die Leistungsgrenze überschritten werde, sei für den
gesamten, in der Anlage erzeugten und selbstverbrauchten
Solarbrief 2/15
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Strom die nach § 61 (1) EEG 2014 festgelegte EEG-Umlage zu
zahlen. Eine „anteilige“ Anwendung der Befreiungsregel (Der
Stromanteil unterliegt der EEG-Umlagepflicht, der aus dem Anlagenteil über 10 kW stammt.) wird abgelehnt. Anders allerdings
ist die 10 MWh-Grenze anzuwenden. Die EEG-Umlage wird fällig,
sobald der Eigenversorger aus Anlagen bis max. 10 kW mehr
als 10 MWh Strom verbraucht. (Bsp.: Bei einem Verbrauch von
10,1 MWh wird für 100 kWh die EEG-Umlage fällig.)
Für die Bestimmung der installierten Leistung bei mehreren
Anlagen, die innerhalb von 12 Monaten auf demselben Grundstück oder in unmittelbarer räumlicher Nähe errichtet wurden,
Die zur Diskussion gestellten
gesetzlichen Vorschriften im EEG 2014
§ 61 (1) Die Übertragungsnetzbetreiber können von Letztverbrauchern für die Eigenversorgung folgende Anteile der EEG-Umlage nach
§ 60 Absatz 1 verlangen:
1. 30 Prozent für Strom, der nach dem 31. Juli 2014 und vor dem 1.
Januar 2016 verbraucht wird,
2. 35 Prozent für Strom, der nach dem 31. Dezember 2015 und vor
dem 1. Januar 2017 verbraucht wird, und
3. 40 Prozent für Strom, der ab dem 1. Januar 2017 verbraucht wird.
(...)
§ 61 (2) Der Anspruch nach Absatz 1 entfällt bei Eigenversorgungen,
(...)
3. wenn sich der Eigenversorger selbst vollständig mit Strom aus
erneuerbaren Energien versorgt und für den Strom aus seiner Anlage,
den er nicht selbst verbraucht, keine finanzielle Förderung nach Teil 3
in Anspruch nimmt, oder
4. wenn Strom aus Stromerzeugungsanlagen mit einer installierten
Leistung von höchstens 10 Kilowatt erzeugt wird, für höchstens 10
Megawattstunden selbst verbrauchten Stroms pro Kalenderjahr;
dies gilt ab der Inbetriebnahme der Stromerzeugungsanlage für die
Dauer von 20 Kalenderjahren zuzüglich des Inbetriebnahmejahres; §
32 Absatz 1 Satz 1 ist entsprechend anzuwenden.
§ 61 (6) Strom, für den die Übertragungsnetzbetreiber nach Absatz 1
die Zahlung der EEG-Umlage verlangen können, muss von dem Letztverbraucher durch geeichte Messeinrichtungen erfasst werden.
§ 61 (7) Bei der Berechnung der selbst erzeugten und verbrauchten
Strommengen nach den Absätzen 1 bis 6 darf Strom nur bis zu der
Höhe des aggregierten Eigenverbrauchs, bezogen auf jedes 15-Minuten-Intervall (Zeitgleichheit), berücksichtigt werden. Eine Messung
der Ist-Einspeisung ist nur erforderlich, wenn nicht schon technisch
sichergestellt ist, dass Erzeugung und Verbrauch des Stroms zeitgleich
erfolgen. Andere Bestimmungen, die eine Messung der Ist-Einspeisung
verlangen, bleiben unberührt.
§ 32 (1) Mehrere Anlagen gelten unabhängig von den Eigentumsverhältnissen und ausschließlich zum Zweck der Ermittlung des
Anspruchs nach § 19 für den jeweils zuletzt in Betrieb gesetzten
Generator als eine Anlage, wenn
1. sie sich auf demselben Grundstück oder sonst in unmittelbarer
räumlicher Nähe befinden,
2. sie Strom aus gleichartigen erneuerbaren Energien erzeugen,
3. der in ihnen erzeugte Strom nach den Regelungen dieses Gesetzes
in Abhängigkeit von der Bemessungsleistung oder der installierten
Leistung der Anlage finanziell gefördert wird und
4. sie innerhalb von zwölf aufeinanderfolgenden Kalendermonaten
in Betrieb genommen worden sind.
28
ist § 32 Abs. 1 EEG 2014 anzuwenden.
Wenn ein Zubau zu einer oder mehrerer
Bestandsanlagen erfolgte, die bereits
vor dem 1.8.2014 zur Eigenversorgung
genutzt wurden, seien in Hinblick auf
die 10-kW-Grenze nur die zugebauten
Module nach dem 31.7.2014 zu berücksichtigen. Bestandsanlagen, die im
Eigenverbrauch genutzt wurden, sind
bei der Anlagenzusammenfassung
nicht zu berücksichtigen.
Zum besseren Verständnis stellte die
Clearingstelle EEG Fallbeispiele auf, die
in der folgenden Tabelle wiedergegeben werden.
(3) Messkonzepte
Abschließend ging die Clearingstelle
EEG noch umfänglich auf solche Fragestellungen ein, die sich aus § 61 Abs. 7
EEG 2014 ergeben.
EEG-Umlagepflicht auf Eigenverbrauch nach § 61 Absatz 2 Nr. 3 EEG 2014
hier: Zusammenfassung von mehreren Anlagen
„auf einem gemeinsamen Grundstück oder in unmittelbarer räumlicher Nähe“
Bsp. 1
Bsp. 2
Bsp. 3
Bsp. 4
Bsp. 5
Inbetriebnahme der
Anlage
Installierte Leistung
mit Überschusseinspeisung (Ü)
oder Volleinspeisung (V)
EEG-Umlage
auf Eigenverbrauch
5. Jan 15
4 kW (Ü)
befreit bis 5. Dez 15
8. Mär 15
5 kW (Ü)
befreit bis 5. Dez 15
6. Dez 15
2 kW (Ü)
EEG-Umlage
5. Jan 15
4 kW (Ü)
befreit
8. Aug 15
5 kW (Ü)
befreit bis 9. Jan 16
10. Jan 16
7 kW (Ü)
EEG-Umlage
5. Jan 15
4 kW (Ü)
befreit bis 7. Aug 15
8. Aug 15
7 kW (Ü)
EEG-Umlage
10. Jan 16
2 kW (Ü)
befreit
5. Jan 15
4 kW (Ü)
befreit bis 7. Aug 15
8. Aug 15
7 kW (Ü)
EEG-Umlage
10. Jan 16
4 kW (Ü)
EEG-Umlage
1. Feb 14
6 kW (Ü)
befreit
12. Dez 14
7 kW (Ü)
befreit
Die gesetzliche Vorgabe schreibt vor,
Bsp. 6
1. Feb 14
dass „bei der Berechnung der selbst
12. Dez 14
erzeugten und verbrauchten StrommenBsp. 7
1. Feb 14
gen nach den Absätzen 1 bis 6“ nur der
12.
Dez 14
Strom „bis zu der Höhe des aggregierten
Eigenverbrauchs, bezogen auf jedes
12. Dez 14
15-Minuten-Intervall (Zeitgleichheit), beBsp. 8
1. Feb 14
rücksichtigt werden [darf]. Eine Messung
12.
Dez 14
der Ist-Einspeisung ist nur erforderlich,
wenn nicht schon technisch sicherge1. Feb 15
stellt ist, dass Erzeugung und Verbrauch
des Stroms zeitgleich erfolgen. Andere
Bestimmungen, die eine Messung der Ist-Einspeisung verlangen,
bleiben unberührt.“
6 kW (Ü)
befreit
11 kW (Ü)
EEG-Umlage
Aus diesen komplexen Anforderungen heraus wurde rechtlich
überprüft,
a) wann der PV-Eigenverbrauch aus PV-Installationen bis 10 kW
messtechnisch erfasst werden muss,
b) unter welchen Voraussetzungen die Zeitgleichheit von Erzeugung und Verbrauch durch eine 1/4h-Messung (registrierende
Leistungsmessung) nicht erforderlich ist,
c) welche Rückschlüsse bei PV-Konzepten mit Speichern gezogen werden müssen und
6 kW (V)
befreit
7 kW (Ü)
EEG-Umlage
(6 kW) (Ü)
EEG-Umlage ab 12. Dez 2014
6 kW (V)
befreit
7 kW (Ü)
befreit bis 31. Jan 2015
(6 kW) (Ü)
EEG-Umlage
Gemeinsame Messeinrichtung
für mehrere Eigenverbrauchsanlagen mit gleichartigen
erneuerbaren Energieträgern
(von denen keine (oder alle) dem Marktintegrationsmodell gemäß §
33 Abs. 1 EEG2012 unterfällt (bzw. unterfallen))
Z
d) wann eine registrierende Leistungsmessung notwendig ist.
zu a) PV-Eigenverbrauchsmessung bei Kleinanlagen
Die Clearingstelle EEG stellt fest, dass der Eigenverbrauch von
Strom aus einer PV-Installation mit maximal 10 kWp messtechnisch nur dann erfasst werden muss, wenn sie mehr als 10 MWh
pro Kalenderjahr erzeugen und der Eigenverbrauch mehr als 10
MWh betragen kann. Das ist nur dann der Fall, wenn aufgrund
der installierten Leistung, des aufgrund der Strahlungswerte am
Standort maximal erwartbaren Jahresertrages und des konkreten Eigenversorgungskonzeptes praktisch nicht auszuschließen
Z
~
~
aus: Empfehlung 2014/31, Anhang 6.3.
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
29
ist, dass der Eigenversorger in seiner Anlage mehr als 10 MWh
pro Kalenderjahr erzeugt und selbst verbraucht.
Nach Annahmen der Clearingstelle EEG kann ein Wert von 1300
kWh pro kWp installierter Leistung und Jahr nicht überschritten
werden. Sie geht deshalb davon aus, dass für die gegenwärtig
verfügbaren Modultypen bei PV-Installationen mit bis zu 7,69
kWp nicht mehr als 10 MWh erzeugt werden können. Bis zu
dieser Leistungsgröße wäre also eine messtechnische Erfassung
entbehrlich, da die Solaranlage nie 10 MWh erzeugen könnte.
zu b) Wann ist eine registrierende Leistungsmessung nicht
erforderlich?
Zunächst ist für alle Anlagen über 7,69 kWp, die zur Abdeckung
eines Strombedarfs von mehr als 10 MWh konzipiert sind, eine
messtechnische Erfassung des Eigenverbrauchs notwendig.
Nach Meinung der Clearingstelle EEG muss zur Gewährleistung der Zeitgleichheit von Erzeugung und Verbrauch bei der
Eigenversorgung gemäß § 61 Abs. 7 EEG2014 nur dann die
Ist-Einspeisung (z. B. durch registrierende Leistungsmessung
oder Zählerstandsgangmessung) erfasst werden, wenn die
Zeitgleichheit von Erzeugung und Verbrauch nicht bereits durch
eine geeignete Anordnung von Arbeitszählern gewährleistet
werden kann.
Der Strombezug aus der EE-Anlage oder dem öffentlichen
Netz basiere auf physikalisch-technischen Gegebenheiten und
erfolge je nach Stromangebot und -bedarf. Eine registrierende
Leistungsmessung im 1/4h-Takt wäre entbehrlich.
Diese Handhabung gilt
• für jeden anderen Grundfall der Eigenversorgung durch einen
Anlagenbetreiber (über 10 kW),
• für den Fall, dass mehrere EE-Anlagen einen Eigenversorger
am Anschlusspunkt versorgen,
• sowie für mehrere Verbraucher bei einer EE-Anlage am Anschlusspunkt.
Bei Messkonzepten, wo nicht nur der Eigenversorger, sondern
auch Letztverbraucher (z.B. Mieter), mit Strom versorgt werden,
muss sichergestellt werden, dass die von Dritten verbrauchte
Strommenge gesondert erfasst wird (Kaskadenmessung). Diese
Strommenge unterliegt der vollen EEG-Umlagepflicht nach §
60 EEG 2014. Eine registrierende Leistungsmessung wäre u.U.
auch hier entbehrlich.
Im Anhang zur Empfehlung 2014/31 stellt die Clearingstelle EEG
diejenigen Messanordnungen vor, bei denen bereits technisch
sichergestellt ist, dass Erzeugung und Verbrauch des Stroms
nach § 61 (7) EEG 2014 zeitgleich erfolgt.
zu c) PV-Konzepte mit Speichern
Die Clearingstelle EEG betrachtete ausschließlich den Fall, bei
dem PV-Anlagen bis 10kWp mit Speichern einer Leistung bis
max.10 kW ergänzt werden. Im Speicher sollte dabei ausschließlich Strom aus der Anlage des Eigenerzeugers zwischengespeichert und vom Eigenerzeuger verbraucht werden. Dabei wäre
eine Personenidentität von Anlagenbetreiber, Speicherbetreiber und Letztverbraucher zwingend.
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Die juristische Betrachtung darüber, ob auch dann eine
Zeitgleichheit zwischen Erzeugung und Verbrauch vorliegen
würde, wenn PV-Systeme mit Speichern genutzt würden, kam
zu folgendem Ergebnis:
Das „Einspeichern“ sei ein Verbrauch im Sinne des EEG. Dieser
„Verbrauch“ durch den Speicher erfolgt zeitgleich mit der Erzeugung des Stroms in der PV-Anlage, so dass kein Verstoß gegen
das Prinzip der Zeitgleichheit vorläge. Das „Ausspeichern“ wiederum rufe aus juristischer Sicht § 5 Nr. 1 EEG 2014 auf den Plan.
Demnach gelten auch solche Einrichtungen als Anlagen, „die
zwischengespeicherte Energie, die ausschließlich aus erneuerbaren
Energien oder Grubengas stammt, aufnehmen und in elektrische
Energie umwandeln“. Der vom Speicher (= Anlage) erzeugte
Strom wird vom Letztverbraucher erneut zeitgleich letztverbraucht, so dass wiederum kein Verstoß gegen die Vorgabe der
Gleichzeitigkeit nach § 61 Abs. 7 EEG2014 vorläge.
Auf Grund dieser juristischen Überlegungen sei es gerechtfertigt, dass der Eigenerzeuger Arbeitszähler nutzt und auf eine
registrierende Leistungsmessung verzichtet.
zu d) Wann ist eine registrierende Leistungsmessung erforderlich?
Wenn am Netzverknüpfungspunkt mehrere Erzeugungsanlagen
verschiedener Betreiber angeschlossen und der erzeugte Strom
von verschiedenen Letztverbrauchern zur Eigenversorgung
verbraucht werden soll, muss zur korrekten Erfassung, Zuordnung und Abrechnung der EEG-Umlage eine Messanordnung
mit registrierender Leistungsmessung eingerichtet werden.
Hier ist das Verfahren der „gewillkürten Vorrangregelung“ vom
Anlagenbetreiber anzuwenden. Dabei wird auf Entscheidung
des Anlagenbetreibers / der Anlagenbetreiber der Strom aus
einer der Erzeugungsanlagen vorrangig als Überschuss- und
folglich der Strom aus der anderen Erzeugungsanlage vorrangig
als Eigenverbrauchsstrom verbucht. Ansonsten würde man
auch mit registrierender Leistungsmessung nicht eindeutig
zugeordnen können, welcher Anteil des eigenverbrauchten
bzw. des ins Netz eingespeisten Stroms aus der einen Anlage
bzw. aus der anderen Anlage stammt.
Fazit
In dieser aktuellen Empfehlung der Clearingstelle EEG sind zwar
sinnvolle Vereinfachungen und anwenderfreundliche Interpretationen zur komplexen Gesetzeslage zu finden.
Die gesetzlichen Regelungen zur Abrechnung und zur Messtechnik, um die Forderung nach EEG-Umlage auf Eigenverbrauch umzusetzen, bleiben jedoch bürokratisch und im
höchsten Maße investitionshindernd.
Empfehlung
„Empfehlungsverfahren 2014/31 - Einzelfragen zur
Anwendung des § 61 EEG 2014 bei EE-Anlagen“
Die Clearingstelle EEG hat am 2. Juni 2015 die
o.g. Empfehlung beschlossen. Der Empfehlung
voraus gingen der Eröffnungsbeschluss und die
Stellungnahmen der akkreditierten Verbände und
registrierten öffentlichen Stellen.
Infos: https://clearingstelle-eeg.de/empfv/2014/31
Speicher und Recht
30
Speicher unter dem EEG 2014
Informationen zum 21. Fachgespräch der Clearingstelle EEG
Von Susanne Jung
Am 8. Juni lud die Clearingstelle EEG zum 21. Fachgespräch
ein. Diesmal ging es um das Thema „Speicher im Kontext des
EEG“. Zur Diskussion gestellt wurden nicht nur energierechtliche Themen sondern auch Statements zu Förderwegen und
Themen zur technischen Einordnung von Speichern. Wie
gewohnt war auch diese Veranstaltung auf einen breiten Dialog - vor allem der noch zu klärenden und bereits bekannten
Rechtsfragen - ausgelegt.
Außerdem sei es für die Speicherintegration hinderlich, dass
Netzbetreiber weder am Speicherausbau noch am Strommarkt teilnehmen könnten. Die EEG-Umlage-Problematik
auf eigenverbrauchten Strom sowie die Netzanschluss-Unsicherheiten bei dezentralen Speicherlösungen erhöhten das
Interesse an Insel- und damit an nicht-gemeinschaftlichen
Lösungen, so Salinger.
Wissenschaftlich begleitet wurde die Veranstaltung durch die
interdisziplinäre Initative der deutschen Wissenschaftsakademien im Projekt „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS). Unter
den ca. 120 Teilnehmern aus Wissenschaft, Energieversorgung, Rechtsanwaltskanzleien, Vereinen, Verbänden und der
Presse war auch der Solarenergie-Förderverein Deutschland
bei diesem Fachgespräch dabei.
Beiträge von Juristen und Verbänden
Beiträge aus Wissenschaft und Politik
Wenig überraschend waren die Einschätzungen der Referenten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. Prof. Dr.
Christian Doetsch, Fraunhofer Institut UMSICHT/ESYS, Herr
Dr. Ralf Sitte, BMWi und Dr. Rainer Salinger, Siemens AG/
ESYS, machten in ihren Beiträgen zwar eindringlich auf die
Problematik fluktuierender Erneuerbarer Energien aus Wind
und Sonne aufmerksam. Sie betonten allerdings auch, dass
die Energiespeicherung nur ein Baustein der Systemintegration von Erneuerbaren sei. Die intelligente Steuerung von
Energieerzeugung und -verbrauch (Smart Grid, virtuelle
Kraftwerke), Demand-Side-Management sowie Netzausbau
und damit verbundenen Optionen zum Stromex-/Stromimport wären weitere wichtige Systemoptionen.
Prof. Doetsch stellte zudem die Metastudie „Die Bedeutung
von Stromspeichern für die Energiewende“ vor. In ihr wurden
zahlreiche Studien aus den Jahren 2006 bis 2014 ausgewertet, um eine, seiner Meinung nach, belastbare Datenlage zu
verschiedenen Energieausgleichsszenarien im Stromsystem
sowie der Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit einzelner Speichertechnologien zu erhalten. Im Ergebnis der
Auswertungen kam das Fraunhofer Institut zu dem Ergebnis,
dass Markteintrittshemmnisse bei Speichern beseitigt werden
müssten und die Schaffung eines einheitlichen Rechts unter
Berücksichtigung anderer Flexibilitätsoptionen dringend
geboten sei. Auf den Einwand, dass die in die Metastudie
eingeflossenen Einzelstudien jeweils nur die vom Auftraggeber vorgeschriebenen Forschungs-Eckpunkte beinhalten
und damit unterschiedlichen Wichtungen unterlägen, ging
er nicht weiter ein. Im Plädoyer kam er zu dem Schluss, dass
Stromspeicher ein notwendiger Baustein der Energiewende
sind. Die technologischen Potenziale seien vorhanden und
der geeignete Rahmen sollte jetzt geschaffen werden.
Auch Dr. Salinger machte eindringlich darauf aufmerksam,
dass ein umfassender rechts-regulatorischer Bedarf bei
Speichern existiere. So wäre es z.B. rechtsstrittig, ob Speicher
als Verbraucher oder Erzeuger eingestuft würden. Daraus
ergäben sich eine Reihe von wesentlichen Rechtsfolgen.
Jurist Frank Sailer, Stiftung Umweltenergierecht, teilte die
allgemeine Forderung nach einem einheitlichen Speicherrecht nicht. In seinem Vortrag stellte er die in Gesetzen und
Vorschriften teilweise widerstreitenden rechtlichen Regelungen vor. Dabei bestätigte er, dass diese in Teilen weder
energiepolitisch noch energierechtlich sachgerecht und damit auslegungsbedürftig und handwerklich nachzubessern
wären. Ein Rechtsbedürfnis nach einem „Speichergesetz“
oder gar „Speicher-EEG“ gäbe es seiner Ansicht nach allerdings nicht. Damit heizte man die Refinanzierungsdebatte
bei Stromverbrauchern nur unnötig an. Vielmehr plädierte
er dafür, die bisherigen Rechtsregeln besser aufeinander
abzustimmen und zu einem späteren „Flexibilitätenrecht“ zu
entwickeln, in dem Speicher als eine der möglichen Optionen
geregelt würde. Außerdem solle man aus seiner Sicht dringend vermeiden, die rechtlich unterschiedlichen SpeicherDefinitionen in Gesetzen und Verordnungen „in ein Korsett“
zu drängen. Eine flexible Handhabung und die dynamische
Weiterentwicklung werde sonst verhindert.
Er wies aus, dass es unter den derzeitigen rechtlichen Rahmenbedingungen für Netzbetreiber bereits in engem Maße
möglich sei, Speicher zu betreiben. Dabei sei es wesentlich,
dass die Speicher ausschließlich zur Stabilisierung des Netzes
und nicht für Stromhandelstätigkeiten genutzt würden.
Den Einwand, dass Rechtsunsicherheiten dazu führen würden, Investoren abzuschrecken, problematisierte er nicht.
Die zahlreichen rechtlichen Fragestellungen waren auch
Gegenstand weiterer Vorträge.
Herr Dipl.-Wi.-Ing. Sönke Dibbern, Mitglied der Clearingstelle
EEG, kam in seinem Beitrag zu „Problemen des Speicherbetriebs unter dem EEG 2014“ zu dem Fazit, dass der derzeitigen
Gesetzeslage viele Fragen und wenige Antworten anhaften
würden. Seine Ausführungen bauten auf der gesetzlichen Regelung auf, dass in den Begriffsbestimmungen nach § 5 Nr. 1
EEG 2014 „auch Einrichtungen, die zwischengespeicherte Energie, die ausschließlich aus Erneuerbaren Energien [. . . ] stammt,
aufnehmen und in elektrische Energie umwandeln“ als Anlage
gelten würden. Dieser - auch aus sprachlicher Sicht - unklare
Speicherbegriff im EEG 2014 führe zu vielzähligen Problemen
bei der Anwendung des EEG-Anlagenbegriffs. Beispielhaft
wurde hier der Netzanschluss, das Einspeisemanagement
und die finanzielle Förderung einer oder mehreren Anlagen
genannt. Der vom SFV in der nachfolgenden Diskussion eingebrachte Einwand, dass viele rechtliche Problemstellungen
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
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im EEG 2014 vom Tisch wären, wenn man den Anlagenbegriff
nicht auf die Generator- sondern die Wechselrichterausgangsleistung beziehen würde, wurde von Dibbern nicht weiter kommentiert. (Infos zum modernen Anlagenbegriff, siehe Artikel im
Solarbrief 3/14, S. 20: „AC statt DC“ oder unter http://www.sfv.
de/artikel/ac_statt_dc_.htm).
Die nachfolgenden Referenten Christoph Weißenborn, BDEW,
und Jörg Mayer, BSW, machten auf weitere Rechtsfragen aufmerksam. Dabei problematisierte Weißenborn u.a. den Anlagenbegriff und die damit einhergehende Förderfähigkeit der
Anlage. Würde nicht exakt nachweisbar sein, dass der Speicher
100% Erneuerbare-Energien-Strom enthielte, wäre die Anlage
nach Rechtsauffassung des BDEW generell nicht förderfähig.
Dieses Rechtsproblem wurde auch von Jörg Mayer aufgegriffen.
Es wäre nicht ausschließbar, dass Stromspeicher zeitweise mit
Strom aus dem Netz geladen werden müssten, um technisch
problematische Tiefenentladungen zu vermeiden. Diese „Wartungsladungen“ aus dem Netz hätten allerdings ggf. den Verlust
der Förderfähigkeit der Anlage zur Folge.
Fachübergreifend
Herr Sebastian Gölz, Fraunhofer ISE, lieferte am späten Nachmittag noch einen interessanten Einblick zur Rolle der Energiespeicher für die Akzeptanz der Energiewende. Nach seiner Einschätzung stehe ein Speicherboom unmittelbar bevor. Er könnte
eine dem Ausbau von PV-Anlagen vergleichbare Entwicklung
durchlaufen. Tragende Elemente dabei seien der Wunsch nach
Autonomie und die Vermeidung von Netzausbau. Hinzu kämen
ökologische und ökonomische Perspektiven. Private PV-Speicher würden dabei einen hohen Grad an Akzeptanz genießen.
Die Akzeptanz von Pumpspeichern sei projektspezifisch und die
Akzeptanz von Druckluft- und Wasserstoffspeichern bedürfe
noch einer grundlegenden Forschung.
Resümee
Das 21. Fachgespräch der Clearingstelle EEG bot neben einem
allgemeinen Überblick zu den aktuellen Plänen bei der Integration von Speichern auch einen Einblick in die unbefriedigenden Rechtslage. Die benannten missverständlichen und
interpretationsbedürftigen Rechtsregelungen sind ein Spiegel
dessen, dass derzeit noch kein klares politisches Bekennen
zum schnellstmöglichen Speicherausbau existiert. Unter dem
heutigen Dach der Gesetze und Verordnungen werden Investoren abgeschreckt oder Rechtsanwälte, Gerichte sowie die
Clearingstelle EEG umfassend beschäftigt.
Das Fachgespräch hinterließ damit nicht nur - wie Herr Sönke
Dibbern, Mitglied der Clearingstelle EEG, seinem Vortrag veranstellte - viele Fragen und wenig Antworten. Es reflektierte
die rechtspolitische Realität und bot hinreichend Möglichkeiten
zur Diskussion.
Vorträge
21. Fachgespräch „Speicherbetrieb unter dem EEG 2014“
Unter https://www.clearingstelle-eeg.de/fachgespraeche/21
stehen alle Vorträge zum Download bereit.
Technische Normen beim Einsatz von Speichern
Auswahl, kurz zusammengestellt *
VDE-Anwendungsregel VDE-AR-E 2510-2
FNN-Hinweis
Die Anwendungsregel VDE-AR-E 2510-2 „Stationäre elektrische Energiespeichersysteme vorgesehen zum Anschluss an
das Niederspannungsnetz“ gilt für die Planung, Errichtung,
Betrieb, Demontage und Entsorgung von ortsfesten Energiespeichersystemen mit Anschluss an das Niederspannungsnetz
und enthält die dazu notwendigen Sicherheitsanforderungen.
Damit enthält sie die für Installationsbetriebe zu beachtenden
Netzanschlussbedingungen, soweit diese nicht in der DIN EN
50272-2 berücksichtigt sind. Die VDE-Anwendungsregel wurde
im Dezember 2014 veröffentlicht und gültig.
Der technische Hinweis des FNN „Anschluss und Betrieb von
Speichern am Niederspannungsnetz“ dient der technischen
Umsetzung des Anschlusses und Betriebs von Speichersystemen und dient insbesondere der Umsetzung der Richtlinien
zur Förderung von stationären und dezentralen Batteriespeichersystemen zur Nutzung in Verbindung mit Photovoltaikanlagen. Als technischer Hinweis ist er keine Norm, allerdings als
technischer Leitfaden umfassend und anerkannt.
(Bestellung: https://www.vde-verlag.de/normen/1500048/vde-ar-e-25102-anwendungsregel-2014-12.html)
VDE-Anwendungsentwurf VDE-AR-E 2510-50
Diese Anwendungregel soll im Wesentlichen Sicherheitsanforderungen an die Batterien und Batteriekomponenten von
Energiespeichersystemen und entsprechende Prüfungen und
Annahmebedingungen für Lithium-Ionen Batterien enthalten.
Der Zweck der Anforderungen dieser Norm ist es sicherzustellen, dass Gefährdungen des Bedieners/Benutzers und des
Umgebungsbereichs auf ein vertretbares Maß reduziert werden.
Sie liegt derzeit nur im Entwurf vor und ist noch nicht gültig.
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
(Download: www.vde.com/de/fnn/arbeitsgebiete/Documents/FNN_
Speicher_2014-06.pdf
Sicherheitsleitfaden Li-Ionen-Hausspeicher
In diesem Katalog werden Schutzziele für Batteriespeichersysteme mit und ohne Einbeziehung von Umrichtern auf
Basis von wiederaufladbaren Lithium-Ionenzellen (SekundärLithiumIonenzellen) für die Nutzung als stationäre Heimspeicher aufgestellt - z. B. für die Verwendung in Kombination mit
Photovoltaik-Anwendungen.
Download: http://www.competence-e.kit.edu/img/Sicherheitsleitfaden_LiIonen_Hausspeicher_11_2014.pdf
* ausführlicher im Vortrag von Dipl.-Ing. Andreas Habermehl, Zentralverband
der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke, beim 21.
Fachgesprächs der Clearingstelle EEG
Speichertechniken
32
„Stromspeichertechnologien - Stand der Technik,
Wirtschaftlichkeit, Perspektive“
Veranstaltung der Industrie- und Handelskammern im Rheinland
Von Kerstin Watzke
Die Industrie- und Handelskammern im Rheinland luden am
19.05.2015 zu der Veranstaltung „Stromspeichertechnologien - Stand der Technik, Wirtschaftlichkeit, Perspektive“
ein. Vier Fachreferenten stellten ihre jeweiligen Arbeits- bzw.
Forschungsgebiete vor.
Autorin
• seit Mai 2001 hauptberuflich beim Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
beschäftigt
Spezialgebiete: Beratung von Anlagenbetreibern, Ertragsdatenbank, Bildungsangebote für Kinder und Jugendliche
Nachdem Paul Kurth, Referat „Energie und Umwelt“ der IHK
Aachen, den Stellenwert der Stromspeicher für die Energiewende und eine stabile Stromversorgung erläutert hatte,
begann der erste Fachvortrag von Dr. Leuthold.
1. Vortrag: „Stromspeichersysteme im Markt Technologien, Kosten und Einsatzpotentiale von
dezentralen Stromspeichern“ von Dr. Matthias
Leuthold vom Institut für Stromrichtertechnik
und Elektrische Antriebe RWTH (ISEA) in Aachen
Steigende Strompreise und fallende Photovoltaik-Anlagenpreise eröffnen ein Fenster für den Speichereinsatz, so
die Meinung von Dr. Leuthold. Dieses Fenster sei abhängig
von den Kosten für Stromerzeugung, Strombezug und
Speicher. Da in der letzten Zeit ein massiver Preisverfall für
Lithium-Ionen-Zellen verzeichnet werden konnte, erzeugt
Kerstin Watzke: Dipl.-Biologin, Aufbaustudium Umweltwissenschaften
dies seiner Meinung nach einen Motivationsschub für den
Speichereinsatz. Die Elektromobilität dominiere dabei die
Entwicklung. So könne die Kopplung von Elektromobilität
mit PV-Speichern eine Kostenreduktion durch Doppelnutzung ermöglichen.
Es existieren zur Stabilisierung des Energiesystems eine Vielzahl von Energiespeichern. Dr. Leuthold gab einen Einblick
über die Energiespeichervielfalt:
• Pumpspeicher (Nachteil: begrenztes Potential; Kosten 3-11
ct/kWh – abhängig vom Standort)
• Schwungrad (Nachteil: nur kurzzeitige Speicherung) – weitere Erläuterung: siehe Vortrag 3
Lithium-IonenBatterien
Blei-SäureBatterien
Redox-FlowBatterien
Hochtemperaturbatterien
Kalendarische
Lebensdauer
sehr haltbar (5-20 Jahre)
lange Lagerfähigkeit (5-15 Jahre)
haltbar
(10-15 Jahre)
sehr haltbar
(15–20 Jahre)
Zyklische
Lebensdauer
Zyklenstabil, da nur LiIonen transferiert werden
(1.000 – 5.000 Zyklen)
nicht zyklenstabil
(500 - 2.000 Zyklen)
Zyklenfest
(> 10.000 Zyklen)
5.000 – 10.000 Zyklen
Wirkungsgrad
90-95 %
80-85 %
60-74 %
82-91 %
Vorteile
Schnelles Kostensenkungspotential, massiver
Preisverfall:
2010: 400-700 €/kWh
2015: 200-400 €/kWh
Erfahrungen mit
großen Speichern,
in großer Stückzahl
verfügbar
Nachteile
teuer, Lithiumvorkommen auf wenige Länder
begrenzt
stoffliche Umwandlung; stetige
Verringerung der
elektrochemisch
aktiven Oberfläche
des PbSO4
häufig verwendeter
Inhaltsstoff Vanadium ist teuer
hohe Reinheit erforderlich, thermische Verluste
Energiekosten
180 – 700 €/kWh
80 – 200 €/kWh
150 – 400 €/kWh
250 – 500 €/kWh
Leistungskosten
100 – 200 €/kW
100 – 200 €/kW
100 – 200 €/kW
100 – 200 €/kW
kostengünstige Inhaltsstoffe (Meersalz und
Aluminium)
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
33
• Wasserstoff (Kosten 23 ct/kWh mit langfristigem Kostenreduktionspotential bis 9 ct/kWh), Methan-Speicher (Nachteil:
schlechter Wirkungsgrad)
• Druckluftspeicher (Kosten: 38 ct/kWh mit Potential zur zukünftigen Kostenreduktion bis 22 ct/kWh)
• Supraleitende Magnetspulen
• Super Caps
Einige Speichermöglichkeiten wurden genauer betrachtet
(siehe nebenstehende Tabelle).
Darüberhinaus wies Dr. Leuthold auf die hohe Aktivität in
Forschung und Entwicklung hin. So sind neuartige Batterien
derzeit in der Entwicklung, wie z.B.:
• Natrium-Ionen-Batterien
Pumpspeicherwerk, Harz
Foto: Wikimedia, CC BY-SA 3.0
• Metall-Luft-Batterien
• Lithium-Ionen-Feststoffbatterien
• Lithium-Schwefel-Batterien
• Lithium-Ionen-Batterie mit siliziumhaltiger Anode
Neben den Erläuterungen zu verschiedenen Speichertechnologien nahmen auch die Speicherkosten in den Ausführungen
von Dr. Leuthold eine wichtige Rolle ein. Die Speicherkosten
für den Energiedurchsatz (ct/kWh) sind von vielen Parametern
abhängig. So müssen die Anschaffungskosten für den Umrichter (€/kW) genauso berücksichtigt werden wie die Kosten für
Wartung, Reparaturen und Kapitalkosten. Daneben sind u.a. die
Stromkosten (ct/kWh), der Wirkungsgrad (%), die Selbstentladungsgeschwindigkeit (%/Tag), die Zyklenanzahl pro Tag, die
Zyklenlebensdauer und die Systemlebensdauer zu bewerten.
Die Speicherkosten hängen bei vielen Speichern stark von der
Entladungshäufigkeit (Be- und Entladezyklen) ab, so die Meinung von Dr. Leuthold. Dies verdeutlichte er anhand mehrerer
Kalkulationen:
Während sich die Speicherungskosten für Wasserstoff bei
monatlichem Zyklus von 24 ct/kWh (Stand 2010) auf 9 ct/kWh
(Stand 2020+) reduzieren könnten, würden sich die Kosten im
Vergleich bei täglichem Zyklus von 24 ct/kWh (Stand 2010) nur
auf bis zu 11 ct/kWh (Stand 2020+) verringern. Anders sieht dieser Vergleich jedoch bei Druckluftspeichern aus: Hier könnten
die Speicherungskosten bei monatlichem Zyklus von 38 ct/
kWh (Stand 2010) auf 22 ct/kWh (Stand 2020+) sinken, während
sich die Kosten bei einem täglichen Zyklus von 6 ct/kWh (Stand
2010) sogar auf ca. 3 ct/kWh (Stand 2020+) reduzieren könnten.
Die Speicherungskosten von Pumpspeicherkraftwerken liegen
im Vergleich dazu je nach Standort der Anlage bei einem monatlichen Zyklus bei 3-11 ct/kWh. Wird das Pumpspeicherkraftwerk
täglich betrieben, so sinken die Speicherungskosten auf 3-6
ct/kWh. Die Kosten reduzieren sich also meist durch häufigere
Lade- und Entladevorgänge.
Ähnliche Kalkulationen wurden auch bei den Speicherkosten
von Batteriespeichern gemacht: eine Erhöhung der Zyklenzahl
von eins auf zwei pro Tag ergab in allen Fällen eine Kostenreduktion.
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
September 2014 in Schwerin an das öffentliche Netz angeschlossen: Kommerzieller Lithium-Ionen-Batterie mit einer Kapazität von 5 Megawattstunden; hier: Innenansicht der Akkuhalle,
Betreiber und Foto: WEMAG
Photovoltaik und Speichereinsatz in Gewerbebetrieben?
Im Rahmen des IHK-Seminars sollte Dr. Leuthold auch beurteilen, wie sich die Integration eines Speichers für einen Gewerbebetrieb wirtschaftlich darstellt. Anhand unterschiedlicher
Szenarien (Anlagenpreise/ Strombezugskosten etc.) vertrat er
die These, dass sich eine PV-Anlage in einem Gewerbebetrieb
(Beispiel: Supermarkt) wirtschaftlich betreiben lässt, dass die
Kombination mit einem Speicher jedoch mittelfristig nicht
wirtschaftlich ist.
Das Projekt „M5BAT“
Abschließend wies Dr. Leuthold auf das Projekt „M5BAT“ (Modularer multi-Megawatt multi-Technologie Mittelspannungsbatteriespeicher) hin. Bis 2016 soll im Aachener Stadtteil Rothe
Erde ein 5 MW-Speicher in Betrieb gehen. Die Besonderheit
von „M5BAT“ ist der modulare Aufbau des Speichers, bei dem
unterschiedliche Batterie-Technologien optimal miteinander verknüpft werden. So werden Lithium-Ionen-Batterien
beispielsweise als kurzfristige Leistungsspeicher eingesetzt,
Hochtemperatur-Batterien eignen sich für die Energiebereit-
34
stellung über mehrere Stunden und Bleibatterien kommen
sowohl bei kurzen als auch bei mittleren Entladezeiten zum
Einsatz. So entsteht in Aachen ein weltweit einmaliger modularer Batteriegroßspeicher.
Weitere Informationen unter: http://m5bat.de/
In seinem Resümee vertrat Dr. Leuthold folgende Ansichten:
• Der Ausbau der Erneuerbaren Energien muss seiner Meinung
nach nicht auf die Realisierung von Großspeichern warten. So
sei bis zu einem Anteil von 60 % Erneuerbare Energien die Nutzung der Flexibilität aus steuerbaren Erzeugern und Netztransferkapazitäten günstiger. DSM (Demand Side Management) und
abschaltbare Lasten seien in Grenzen verfügbar.
(SFV: Dieser Ansicht widerspricht der SFV ausdrücklich. Das
Fehlen von Speichern verzögert bereits seit langem den
Ausbau der Erneuerbaren Energien.)
• Die Kostensenkung für Speichersysteme sei sehr dynamisch
(besonders aufgrund der E-Mobilität).
• Speicher kämen schon vor einem Anteil an Erneuerbaren
Energien von 60 % für ausgewählte Märkte in Frage. (Z.B. für
Systemdienstleistungen: PRL (Primärregelenergie), Batterien
in Fahrzeugen und als dezentrale Speicher für PV-Eigenverbrauch)
• Grundsätzlich sei die internationale Entwicklung dynamischer
als die Entwicklung in Deutschland, da die Versorgungssicherheit in Deutschland besser als in vielen anderen Ländern ist und
somit der Handlungszwang andernorts größer erscheint. (Bsp:
USA, Italien, Südamerika, viele afrikanische Staaten)
installiert. 2014 wurden ca. 20 % der neu installierten PV-Anlagen < 10 kWp mit einem Speicher ausgestattet. AC-Systeme
wurden dabei gleich häufig verbaut wie DC-Systeme, genauso
wie die Batterietypen: Li-Ionen 48 % vs. Blei-Säure 52 %. Im PVBatteriespeichersektor konnte währenddessen in den letzten
Jahren ein Preisrückgang von ca. 25 % erzielt werden. Linssen
schätzt sowohl den Bereich Elektromobilität als auch den PVEigenverbrauchsspeicher langfristig als besonders relevant für
die Preisentwicklung von Speichern ein.
Für ihn ist die genaue Planung und Auslegung von PV-Anlage
und Speicher elementar; zu berücksichtigen sind besonders
Anlagengröße, Batteriekapazität und das Erzeugungs- sowie
Verbrauchsprofil. Dies gilt insbesondere für Industrie und Gewerbe mit den jeweils sehr individuellen Lastprofilen. Gerade
realistische Nachfrageprofile sind ein Muss für realistische
Kostenberechnungen.
Die Kosteneffizienz der PV-Batteriesysteme ist auch stark von
der zukünftigen Strompreisentwicklung und der Ausgestaltung
der Eigenstrom-Kostenbelastung (EEG-Umlage, Netzentgelte
etc.) abhängig, betont Linssen. Desweiteren hätten die steuerlich-regulatorischen Rahmenbedingungen einen erheblichen
Einfluss auf die einzelwirtschaftliche Bewertung und die Betriebsweise von PV-Batteriespeichern.
Um einen Eindruck der weltweit installierten Stromspeicherpotentiale zu erhalten, stellte Linssen eine Übersicht aus dem
Jahr 2012 vor:
440 MW Druckluftspeicher
304 MW Natrium-Schwefel-Batterien
127.000 MW
2. Vortrag: „Batteriespeichereinsatz und Rahmenbedingungen“ von Jochen Linssen, Institut für Energie- und
Klimaforschung, Systemforschung und Technologische
Entwicklung, Forschungszentrum Jülich GmbH
Jochen Linssen beschäftigt sich mit Batteriespeichern in verbrauchernahen Anwendungen, besonders mit dem Batterieeinsatz in Kombination mit PV-Systemen. Nach seinen Angaben
sind in Deutschland aktuell rund 10.000 Hausspeicheranlagen
> 100 MW Lithium-Ionen-Batterien
~ 70 MW Blei-Säure-Batterien
Pumpspeicherkraftwerke
27 MW Nickel-Cadmium-Batterien
< 25 MW Schwungrad-Stromspeicher
< 10 MW Redox-Flow-Batterien
Quelle: Electric Power Research Institute (EPRI 2012), Fraunhofer Institute
Unkonventionelle Speicher
Ein weiteres Augenmerk legte Linssen auf unkonventionelle
Speichermethoden, die z.Zt. gerade entwickelt oder bereits in
Pilotanlagen getestet werden:
Pumpspeicher an Bundeswasserstraßen
Vortrag „Batteriespeichereinsatz und Rahmenbedingungen“ von Jochen
Linssen, Institut für Energie- und Klimaforschung, Systemforschung und
Technologische Entwicklung Foto: SFV
So wird z.B. eine Machbarkeitsstudie für ein Pumpspeicherkraftwerk von 5 MW am Elbe-Seiten-Kanal zwischen Uelzen
und Scharnebeck von der Leuphana Universität Lüneburg
durchgeführt. In diesem Bereich soll die vorhandene Infrastruktur an Schleusen genutzt werden, um als Tagesspeicher
zu fungieren. Von Vorteil sind der geringe technische Aufwand
und die niedrigen Kosten für die Nachrüstung der Schleusen.
Als nachteilig erweist sich die geringe Hub- und Fallhöhe sowie
die eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit durch die Priorität der
Nutzung als Schifffahrtsweg. Somit ist das zu erzielende Spei-
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
35
cherpotential dort gering; ebenso wie insgesamt
in der D und der EU.
Unterflurspeicher
Das Speicherprinzip beruht hier auf der Nutzung
unterirdischer Stollen, die durch einen Zulaufstollen mit einem überirdischen Speichersee verbunden sind. Auch die Nutzung unterschiedlicher
Tiefenlagen von Stollensystemen ist denkbar. Es
sollen somit ausgediente Steinkohlebergwerksstollen als unterirdische Pumpspeicherkraftwerke genutzt werden. Eine Machbarkeitsstudie
„Entwicklung eines Realisierungskonzepts für die
Nutzung von Anlagen des Steinkohlebergbaus
als unterirdische Pumpspeicherwerke“ wird als
Verbundvorhaben u.a. von der Universität Duisburg-Essen und der Ruhr-Universität Bochum
durchgeführt.
Solche Speicher wären mittelfristig verfügbar
(5-10 Jahre), könnten als zentrale Tagesspeicher
bzw. auch als Langzeitspeicher dienen, weisen ein mittleres Potential in D/EU bei einem
Wirkungsgrad von 80 % auf. Den Vorteilen des
geringen Platzbedarfs und der Verwendung etablierter Techniken (Maschinen- und Bergwerkstechnik) stehen die hohen Kosten, die unklaren
Genehmigungsverfahren, die standortabhängigen und aufwendigen Machbarkeitsstudien
als Nachteile gegenüber. Das Fazit heißt laut
Linssen: Technisch machbar, aber wirtschaftlich
fraglich auf Grund der hohen Kosten.
Schematische Darstellung eines Unterflur-Pumpspeicherwerks
Quelle: „Universität Duisburg-Essen, Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft“
Hohlkugelspeicher
Ein Hohlkugelspeicher sollte möglichst in
einer Wassertiefe von ca. 2000 Metern eingesetzt werden. Dabei soll im Pump-Betrieb der
Hohlraum der am Meeresgrund abgesetzten
Hohlkugelspeicher im Meer Quelle: © HOCHTIEF Solutions
Beton-Hohlkugel entleert werden. Wird Strom
benötigt, soll das Meerwasser wieder zurück
in die Hohlkugel strömen und gleichzeitig eine
Turbinen-Generator-Einheit antreiben. Dabei kann eine solche und in einem Tank gelagert. Wird Strom benötigt, werden durch
Kugel bis zu 20 MWh Strom speichern. Ein Offshore-Pilotversuch die Verdampfung der verflüssigten Luft (Expansion) die Turbiläuft bis Ende 2015.
nen angetrieben. Kryospeicher sind z.Zt. sehr unwirtschaftlich.
Durch die Nutzung der Abwärme wäre die Erhöhung des WirDiese Speicher wären mittelfristig verfügbar (5-10 Jahre). Wäh- kungsgrades von derzeit 10% auf bis zu 60 % möglich.
rend das Potenzial für die EU als hoch eingeschätzt wird, ist die
Realisierung in Deutschland nicht möglich. Neben einem guten Kryospeicher zeichnen sich durch ein hohes Potential in D und
Wirkungsgrad (~ 80 %) und ohne Flächenverbrauch an Land EU aus, wobei die zeitliche Verfügbarkeit bei 5 bis 10 Jahren
sind große Speicherkapazitäten realisierbar. Allerdings sind sehr liegt. Der geringe Platzbedarf sowie das vorhandene Know How
hohe Bau- und Wartungskosten einzukalkulieren.
zur Kryotechnik bei großen Industrieunternehmen sind Vorteile
dieser Speichermethode. Nachteilig wirken sich dagegen der
hohe Aufwand und die hohen Anlagenkosten für Kryoprozesse
Thermische Stromspeicher
sowie die nur bedingte Nutzbarkeit von Hochtemperaturabwärme aus, so die Einschätzung von Linssen.
In der Nähe von London gibt es seit 2011 eine Prototypanlage
eines Kryospeichers. Luft wird mittels Kompression verflüssigt
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
36
4. Vortrag: „Praxisbeispiel: Kurzvorstellung
LESSY – Lithium-Ionen Energie Speicher System“
von Friedrich Grupe, Digatron Power Electonics
GmbH, Aachen
Das Projekt LESSY (Lithium-Ion Electricity Storage System) sollte
den Nachweis der technischen und wirtschaftlichen Machbarkeit von großformatigen stationären Elektrizitätsspeichern
auf der Basis der Lithium-Ionen-Technologie am Beispiel der
Anwendung ”Primärregelenergie” überprüfen.
Innenansicht eines Speichercontainers mit Schwungradstromspeichern
Foto: STORNETIC GmbH
3. Vortrag: „Schwungradstromspeicher - Stromspeicherung durch Rotationsenergie, modulare
Systemlösungen, Einsatzbereiche und Bedeutung
von Kurzzeitspeichern“ von Thilo Engelmann,
STORNETIC GmbH, Jülich
Der von Thilo Engelmann vorgestellte Stromspeicher basiert auf
dem Schwungrad-Prinzip. Es handelt sich um die Konversion
einer Technologie, die bisher als Ultrazentrifuge für die Urananreicherung genutzt wurde. In einem Gehäuse treibt ein magnetgelagerter Hochgeschwindigkeitsmotor/generator einen
Karbonfaserrotor an. Der Hochgeschwindigkeitsrotor speichert
Rotationsenergie bei bis zu 45.000 Umdrehungen/Minute.
Die Vorteile dieser Speicherart seien die Wartungsfreiheit, die
Zyklenfestigkeit, die lange Lebensdauer (~14 Jahre) sowie eine
hohe Gesamteffizienz (85 %), so Engelmann. Aufgrund der hohen Verlustrate pro Stunde, eignet sich dieser Speicher nur zur
kurzfristigen Stromspeicherung. Ideale Zyklen-Dauer ist somit
wenige Sekunden bis zu einer halben Stunde. Die Zeit dieses
schnell reaktionsfähigen Speichers zum vollständigen Laden
und Entladen beträgt 15 Minuten. Eine Entladungshäufigkeit
von mindestens zehn Zyklen pro Tag macht den Speicher rentabel (z.B. bei Kranarbeiten etc.), weiß Engelmann.
Es gibt eine Test-und Demonstrationsanlage in Jülich. Die
erste kommerziell genutzte „STORNETIC“- Speicheranlage mit
einer Leistung von 600 kW (100 kWh Energieinhalt) wird voraussichtlich im September 2015 in Betrieb gehen, berichtete
Engelmann.
Neben der Bereitstellung von Netzdienstleistungen (Frequenzregulierung, Spitzenleistungsbereitstellung, Netzstabilisierung)
sind industrielle Anwendungen denkbar: Einsparung von Energie bei zyklischen Prozessen mit Rückspeisung (Bahn-EnergieRückgewinnung), Energierückgewinnung und Effizienzsteigerung, Abfangen von Leistungsspitzen und Einspeisespitzen,
Erhöhung des Eigenverbrauchs regenerativer Erzeugung, so
die Ideen von Engelmann.
Lithium-Ionen-Speicherzellen wurden in einem modularen
Aufbau zusammengefasst (5000 Zellen). In einem normalen
Container wurde neben einem Batterieraum mit 14 Batteriesträngen, in einem abgetrennten Containerteil ein Elektronikraum für die Systemsteuerung eingerichtet, berichtet Grupe.
Es sollte eine Primärregelleistung von ~ 1 MW mit einer maximalen Speicherkapazität von ~ 700 kWh erzielt werden. Um
die Haltbarkeit von ~ 10.000 Ladezyklen zu erreichen, sollte die
optimale Ladehöhe eingehalten werden (Voll- und Tiefladung
sollten vermieden werden).
Als Projektergebnis wurden laut Grupe Erkenntnisse für die
Spezifikation, Herstellung, Errichtung und genehmigungstechnische Aspekte inkl. Gefahrenanalyse sowie die Einbindung des
Speichers in den Kraftwerksbetrieb und die Entwicklung von
optimierten Betriebsweisen erzielt. Es erfolgte ein erfolgreicher
mehrmonatiger Test von Primärregelleistungserbringung.
Resümee des Seminars
Das IHK-Speicherseminar zeigte deutlich, welche Forschungsanstrengungen zur Zeit auch in Deutschland zum Thema
Speicher unternommen werden. Eine Vielzahl von universitären
Forschungseinrichtungen, aber auch privaten Unternehmen,
engagieren sich in diesem Bereich und entwickeln viele unterschiedliche Lösungsansätze zur Energiespeicherung. Die
Tatsache, dass Speichertechnologien durch gezielte Förderungsmaßnahmen schneller zur Massenproduktion gelangen
würden, blieb leider unerwähnt.
Download der Vorträge
unter https://www.aachen.ihk.de/innovation/Veranstaltungen/
Vortraege/Energie/Stromspeicher-Technologien/2375706
1. Dr. Matthias Leuthold, RWTH Aachen „Stromspeichersysteme am
Markt“ (PDF,5.462 KB)
2. Jochen Linssen, Forschungszentrum Jülich GmbH „Batteriespeichereinsatz“ (PDF,1.753 KB)
3. Thilo Engelmann, STORNETIC GmbH, Jülich „Schwungrad-Stromspeicher“ (PDF,1.986 KB)
4. Friedrich Grupe, Digatron „LESSY (Lithium-Ion Electricity Storage
System)“ (PDF,946 KB)
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
37
Zellulare Netze für 100 % Erneuerbare Energien
Übersetzung des Kurzbeitrags zur International Renewable Energy Conference (IRENEC) im Mai 2015
Von Prof. Eberhard Waffenschmidt
Eine solche dezentrale Energieerzeugung und -speicherung
öffnet neue Möglichkeiten für eine zuverlässige Struktur des
Stromnetzes. Es wird daher vorgeschlagen, das Stromnetz in
wesentlich kleinere Zellen als das bestehende Netz zu unterteilen. Da alle dieser Zellen dann dezentrale Generatoren
beinhalten, könnten sie in der Lage sein, autark zu arbeiten,
sofern das notwendig werden sollte. Im Falle eines globalen
Black-Outs können solche individuellen Zellen überleben.
Autor
Prof. Dr. Eberhard Waffenschmidt,
seit September 2011 an FH Köln, Fakultät für
Informations-, Medien- und Elektrotechnik,
Institut für Elektrische Energietechnik (IET)
und Mitglied des CIRE - Cologne Institute
for Renewable Energy. Forschungsgebiete:
Dezentrale Speicher, Gleichstromnetze und
Netzregelung mit Erneuerbaren
Er ist seit 2005 Mitglied des SFV.
Wechselrichtern ein, welche sich nicht an der Netzregelung
beteiligen (z.B. Frequenz- oder Spannungsregelung), außer
in extremen Fällen. Daher müssen alle Wechselrichter in die
Lage versetzt werden, eine solche Regelung (wie z.B. Virtuelle
Schwungmasse) anzuwenden. Und schließlich muss das
Leistungsgleichgewicht innerhalb jeder einzelnen Zelle eingehalten werden können. Dazu ist nicht nur eine intelligente
Regelung der Generatoren, sondern auch ausgewählter Lasten notwendig, welche heruntergefahren werden müssen,
wenn zu wenig Leistung vorhanden ist.
Allerdings müssen zunächst mehrere Hindernisse überwunden werden, um davon zu profitieren. Zum einen ist das Das Lösen dieser Probleme für eine individuelle Zelle wird
Fragen aufwerfen und Antworten
aktuelle Netz nicht für einen solchen
Übertragungsnetz
ergeben, die früher oder später
Fall vorgesehen. Vielmehr müssen im
nicht nur in einer einzelnen Zelle
Fall eines Blackouts alle dezentralen Zellen
auftreten, sondern die relevant sind
Einspeiser aus Sicherheitsgründen
Verteilnetz
für das gesamte Stromnetz. Daher
abschalten. Daher muss eine Lösung
können wir mit diesem Bottom-Upgefunden werden, welche einen
Stadtgebiet
Ansatz Schritt für Schritt lernen, ein
Weiterbetrieb bei Beibehaltung der
vollständiges globales Stromnetz
Verteilnetz
Verteilnetz
Sicherheit im Netz ermöglicht.
mit fluktuierenden, dezentralen Erneuerbaren Energien zu betreiben.
Als weitere Herausforderung speisen
Verteilnetz
die meisten erneuerbaren Generatoren die Leistung mit elektronischen
An SFV
Bitte senden Sie ein Werbeexemplar des Solarbriefs an
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Die Zusendung ist kostenfrei. Es gibt keine Verpflichtung zur einem späteren Abonnement.
Post an: Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V., Frère-Roger-Str. 8-10, 52062 Aachen
E-Mail: [email protected]
Online: http://www.sfv.de/sbrief.htm
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Dezentrale Stromerzeugung
Es ist inzwischen allgemein anerkannt, das eine Energieversorgung mit 100% mit Erneuerbaren Energien in Deutschland, in Europa und der ganzen Welt möglich ist. Dies benötigt
jedoch eine dezentrale, verteilte Energieerzeugung. Es wird
sicherlich nicht ausreichen, die Energie nur in den Regionen
zu generieren und zu speichern, in denen die Generierung
am kostengünstigsten ist. Vielmehr muss jede Region ihr
eigenes Potential nutzen und zu ihrer Energieversorgung
selber beitragen. Jedes Dach benötigt eine Solaranlage und
jedes Dorf einen eigenen Windpark. Auch Speicher sind
notwendigerweise dezentral an den Generatoren gelegen,
um das Stromnetz zu entlasten.
37
Bildungsangebot
38
Energeticon
Neues energietechnisches Museum in Alsdorf (Rheinland)
Von Rüdiger Haude
Auf dem Gelände der Zeche Anna im rheinischen Alsdorf
ist im vergangenen Jahr ein spannendes Museum eröffnet
worden, das ein innovatives Konzept verfolgt. Bereits seit
sich in den 80er Jahren das Ende des Steinkohlebergbaus im
Aachener Revier abzeichnete, gab es hier Pläne, die Gebäude
der Zechenanlage zu retten und für ein Bergbaumuseum
zu nutzen. Herausgekommen ist nun aber eine Ausstellung,
welche die alte und die neue Energiewelt gleichermaßen
thematisiert. Dem Museum wurde der Name „Energeticon“
gegeben.
Man betritt das Museum durch das Gebäude der alten
Schmiede. Zunächst gelangt man in Räume, die mit den verschiedensten Energieträgern vertraut machen. Am Anfang
steht die Sonne, deren Energieeinstrahlung nicht nur für die
regenerativen Energien, sondern letztlich auch für die fossilen
Energierohstoffe verantwortlich ist. Sonnenaktivität ist im
ersten Raum in akustische Sequenzen übertragen, während
man unter einer großen leuchtenden Projektion der Sonnenoberfläche steht. Im nächsten Raum führt u.a. eine große
Panorama-Filmprojektion die verschiedenen Energieformen
und ihre Nutzung dynamisch vor Augen.
Von dieser modernen museumsdidaktischen Einstimmung
geht es zunächst in die Vergangenheit des Energiesystems.
Die Bergleute, die hier in den 90er Jahren ihre Jobs verloren
haben, haben minutiös Stollenanlagen nachgebaut, in denen man einen Eindruck von der schwierigen Tätigkeit unter
Tage bekommt. Hier werden auch die Entwicklungen beim
Stollenbau und bei den Abbaumethoden gezeigt, die den
Steinkohlebergbau im Laufe der Jahrzehnte zu einem immer
weniger arbeitsintensiven, dafür selbst immer mehr Energie
verbrauchenden Geschäft machten. Für die verbleibenden
Bergleute blieb die Arbeit unter Tage aber eine starke körperliche Belastung, so erzählen die ehemaligen Kumpel, die
teilweise die Führungen durchs Museum leiten.
Am Ende dieser Stollenerkundungen landet man im Untergeschoss der Waschkaue, wo die Körbe für die Kleidung
und Habseligkeiten der Kumpel noch malerisch unter der
Decke hängen. Hier gibt es eine umfangreiche Fotodokumentation über den Bergbaubetrieb, die u.a. auch an große
Grubenunglücke mit vielen Toten erinnert. Daneben sind
Alltagsgegenstände aus dem Leben der Bergmanns-Familien
ausgestellt.
Es folgt der Übertritt in die Zukunft der Energietechnik. Interaktive Stationen, die die Ressourcen und den Verbrauch
fossiler Energien in den verschiedenen Weltregionen und
damit die Endlichkeit des fossilen Systems veranschaulichen, werden von Berichten über den Klimawandel aus
dem Mund von Betroffenen aus aller Welt flankiert. Damit
wird übergeleitet in einen Raum, in dem direkt mit Energie
experimentiert werden kann. Man setzt sich auf ein Karussell, das man mit einem pedalgetriebenen Propeller selbst
antreiben kann. Betrachtet sich durch eine Infrarot-Kamera.
Produziert kurbelnd Blitzentladungen. Usw., usw. – Schließ-
Blick in den nachgebildeteten Stollengang mit Bergmann
Fotos: K. Watzke, SFV
Die Hinweis- und Verbotsschilder lassen erahnen, wie gefahrvoll die
Arbeit unter Tage war.
An der Decke der Waschkaue hängen die Körbe mit den Kleidern der
Bergleute.
lich gelangt man in den letzten Raum, der ausschließlich den
Erneuerbaren Energien gewidmet ist. Auch hier ist vieles
interaktiv: Ein Föhn demonstriert die unterschiedlichen
Wirkungsgrade verschiedener Windrad-Modelle. Ein kleines
Pumpspeicher-Modell wird mit einer Handpumpe betrieben.
Große Touchscreens geben interaktiv Auskunft über diverse
Aspekte der verschiedenen regenerativen Energietechniken.
Ein Höhepunkt der Ausstellung ist die Station, wo Besucher
auf sechs Fahrrad-Heimtrainern (jeder für eine fossile oder
regenerative Energieart) die Strom-Lastkurve eines Tages
strampelnd befriedigen müssen – Sturm und bewölkten
Himmel inklusive.
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
39
Alles in Allem handelt es sich beim Energeticon um ein frisches
museumsdidaktisches Konzept, die Energiewende anschaulich
zu machen, deren Notwendigkeit nicht in Frage gestellt wird.
Alles wird ergänzt durch große Exponate im Außenbereich, die
teils von der Grube Anna stammen; aber auch die gewaltige
Schaufel eines Braunkohlebaggers oder das Rotorblatt eines
modernen Windrads sind hier zu bestaunen. Im alten Fördermaschinenhaus finden außerdem Kulturveranstaltungen und
Tagungen statt.
Dem Energeticon kommt zugute, dass es in einer Gegend mit
reicher energietechnischer Geschichte steht – im nahegelegenen Braunkohletagebau kann man auch heute noch die immensen ökologischen und gesellschaftlichen Kosten begutachten,
welche das fossile Energiesystem verursacht. Erstaunlich ist, dass
die Atomenergie in der Ausstellung praktisch keine Rolle spielt,
obwohl doch mit der ehemaligen Kernforschungsanlage Jülich,
die den gescheiterten Kugelhaufen-Hochtemperaturreaktor
erprobt hat, ein Exponent dieses Irrwegs der Energietechnik
ebenfalls in unmittelbarer Nachbarschaft liegt. Aber die Gegenüberstellung von fossiler Vergangenheit und regenerativer
Zukunft funktioniert auch so.
Ein Schüler forscht nach dem Energiegehalt verschiedener Substanzen.
Seit Mitte Juni hat der SFV (neben verschiedensten anderen
Akteuren) im Energeticon einen kleinen Informationsstand
eingerichtet. Dort können Interessenten sich nun auch über
die nötigen Schritte zur Beschleunigung der Energiewende
informieren.
Eigendarstellung des Energeticon: http://www.energeticon.
de/web/
Die Kinder bilden durch kräftiges Strampeln in die Pedale die Laststromkurve
eines Tages nach.
Mittwochswerkstatt „Zukunft gestalten“
Veranstaltungsreihe des Evangelischen Erwachsenbildungswerk Aachen und
des Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Unsere in diesem Jahr ins Leben gerufene Veranstaltungsreihe
erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Jeden Mittwoch (außer in
den NRW-Ferien) gibt es um 18 Uhr unter dem Motto „Zukunft
gestalten“ Vortrags- und Gesprächsangebote zu aktuellen Themen aus den Bereichen Ökologie, Ökonomie und Politik. Die
Veranstaltung findet im Haus der Kirche, Frère-Roger-Str. 8-10
in Aachen statt. Die Teilnahme ist kostenfrei, eine Anmeldung
ist nicht erforderlich.
Wer Interesse hat, über die geplanten Themen regelmäßig
informiert zu werden, der kann sich in unseren E-Mail-Verteiler
einschreiben. Hierzu bitte eine E-Mail an [email protected] mit
dem Betreff „Mittwochswerkstatt“. Diejenigen, die gern in sozialen Medien unterwegs sind, bieten wir die Facebook-Seite
https://www.facebook.com/Mittwochswerkstatt. Dort findet
man Infos zu allen bisherigen Veranstaltungen und den Planungen für nächste Events.
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Nach den NRW-Sommerferien vom 29.06. - 11.08. erwarten
Sie wieder spannende Themenangebote, u.a. zum rheinischen
Braunkohletagebau, zur Energiesteuer, zur Sicherheit der Stromversorgung und zur Mieterstromprojekten.
Solarluftfahrt
40
Fliegen mit Solar-Luftschiffen
Geschichte und Perspektiven
Von Rüdiger Haude
Solarluftfahrt lässt sich nicht nur mit Flugzeugen betreiben
(vgl. dazu Solarbrief 1/2015, S.26-28), sondern auch mit
Luftschiffen. Die große Oberfläche dieser meist mit Traggas,
zuweilen auch mit Heißluft gefüllten Aerostaten erscheint
geradezu prädestiniert für die Anbringung von PhotovoltaikModulen.
Vorbemerkung zur Zielsetzung dieses Artikels
Wenn man sich mit diesem Themenfeld beschäftigt, stößt
man auf eine Reihe kühner Projekte, bei denen teilweise
schwer einzuschätzen ist, welche Umsetzungschancen sie
haben. Mancher Enthusiast ist auf diesem Feld unterwegs,
der vielleicht sogar eine brillante Idee hat, aber die technischen, rechtlichen und vor allem finanziellen Schwierigkeiten
unterschätzt, die einer Umsetzung im Wege stehen. Der
nachfolgende Bericht kann deshalb nicht beanspruchen,
einen Ausblick in eine irgendwie wahrscheinliche Zukunft zu
vermitteln. Er ist vielmehr zunächst eine Studie zur Poesie,
eine Hommage an die Phantasie, die sich entwickelt, wenn
zwei Klassiker menschlicher Technikträume – der ‚schwerelose‘ Flug mit großen Aerostaten, und die bewegungslose,
saubere Energieerzeugung aus Sonnenlicht – sich miteinander verbinden. Nicht alle der ernsthaft verfolgten Projekte
sind zum Scheitern verurteilt – und ebensowenig folgen
sie alle nur unterstützenswerten Motiven. Die technische
und die moralische Auseinandersetzung müssten in jedem
Einzelfall noch gesondert vorgenommen werden. Hier geht
es erst einmal darum, eine Welt ‚großer Träume‘ vorzustellen,
und es darf ungeschützt mitgeträumt werden ...
Ein bemerkenswerter Vorläufer
Im Jahre 1934 stellte die populärwissenschaftliche USamerikanische Zeitschrift „Modern Mechanix“ den Entwurf
eines großen Luftschiffs vom Zeppelin-Typ (1) vor, der zwei
spektakuläre Besonderheiten aufwies: Erstens war die Ober-
1
2
seite des Luftschiffkörpers zu einer Ebene abgeplattet, die als
Start- und Landebahn für Flugzeuge dienen sollte. Zweitens
war der Teil dieser Dachfläche, der nicht direkt dem Flugzeugstart diente, mit „solaren Fotozellen“ bedeckt, die den Antrieb
für die Elektromotoren liefern sollten, die in zehn Gondeln
beiderseits des Rumpfs angebracht waren.
Dieser Entwurf war von „jüngsten Experimenten mit der Konversion von Sonnenstrahlen in elektrische Energie“ inspiriert.
Die Fotozellen sollten aus einer „soliden Kupfer-Anode mit
oxidierter Oberseite“ und einem darüberliegenden „transparenten Kupferfilm“ bestehen. Daher die uns ungewohnte rote
Farbe in der künstlerischen Wiedergabe der Idee.
Der Bericht über dieses kühne Vorhaben versucht (übrigens
kaum überzeugend), mit großen Zahlen zu beeindrucken:
„Wissenschaftler schätzen, dass die Sonne volle 86300 Kilowatt
oder 115.000 Pferdestärken pro Stunde auf der Fläche einer Quadratmeile entfalten kann.“ Umgerechnet in nachvollziehbarere
Größenordnungen erhalten wir gut 33 Watt je Quadratmeter.
Da waren die Wissenschaftler damals wohl zurückhaltend
beim Schätzen gewesen. (2) Für das Luftschiff, das vielleicht
10000 Quadratmeter Solarzellenfläche gehabt hätte, hätte
sich dadurch eine Antriebsleistung von 330 kW oder 440
Pferdestärken ergeben, wenn man von einem Wirkungsgrad
von 100 Prozent ausgeht. Bei Annahme eines realistischeren
Wirkungsgrades von einem Prozent und einer Sonneneinstrahlung von 1000 Watt pro Quadratmeter bleiben noch
100 Kilowatt. Damit hätte das Luftschiff noch nicht einmal
einem lauen Lüftchen standgehalten.
Faszinierend ist aber noch etwas anderes an dieser Veröffentlichung aus dem Jahre 1934: zwanzig Jahre bevor in den
Bell Laboratories die ersten brauchbaren Silizium-PV-Zellen
hergestellt wurden, entwickelte der Autor des „Modern
Mechanix“-Beitrags Ansätze der Vision einer dezentralen
regenerativen Energieversorgung: „Photozellen wandeln die
Energie der Sonne in Elektrizität um. Wenn dies anwendungsorientiert ausgenutzt werden kann, dann kann das Dach eines
gewöhnlichen Hauses genutzt werden, die Elektrizität für die
3
(1) Vision eines solarbetriebenen Zeppelins als Flugzeugträger • (2) Detail aus dem zugehörigen Artikel: PV-Zellen aus Kupfer. • (3) Weiteres Detail: Photovoltaik für private Hausdächer.
Veröffentlichung aus dem Jahr 1934 in der amerikanischen Zeitschrift „Modern Mechanix“
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
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Wohnung zu generieren.“ Aus der Gigantomanie des Luftschiffprojekts
war plötzlich die vorausschauende
Vision einer Technik nach menschlichem Maß aufgeblitzt.
Danach war es lange still um die
Idee einer Verknüpfung der Konzepte Luftschiff und Solarantrieb. Teils
vielleicht, weil man die einstweilen
Walden MLA-32-B mit "geodätischer" Gerippegewinnbare Energie genauer durchKonstruktion.
gerechnet hatte; teils weil das Unglück des Zeppelins LZ 129„Hindenburg“ am 6. Mai 1937 in Lakehurst
der Luftschiffbegeisterung weltweit
einen beträchtlichen Dämpfer
verpasste. Noch wichtiger ist aber,
dass nach dem Zweiten Weltkrieg
„Atoms for Peace“ - gigantomanische Phantasien des
für gigantomanische Phantasien ein
Atomzeitalters. Cover des Buches: „Luftschiffe, die nie
anderer Antrieb in den Brennpunkt
gebaut wurden.
des Interesses rückte: die Kernspaltung. Luftschiffprojekte mit Kernre- Walden Enterprise LTA
aktorantrieben sind zwischen den
50er und den 70er Jahren in vielfachen Variationen entwickelt
worden, und wir können von Glück sagen, dass die Quelle, der das unbemannte Solar-Luftschiff LOTTE, das als Testplattform
sich Informationen hierüber am besten entnehmen lassen, den für unterschiedlichste konstruktive Disziplinen diente, darunter
auch die solare Antriebstechnologie. (6) Der Erstflug war 1993; in
Titel trägt: „Luftschiffe, die nie gebaut wurden“. (3)
diesem Jahr nahm LOTTE auch an der „World Solar Challenge“ in
Australien teil, bei der seit 1987 in zweijährigem Turnus solarbetriebene (Straßen-) Fahrzeuge sich ein Rennen quer durch den
Erste praktische Versuche
australischen Kontinent liefern. Hier havarierte LOTTE allerdings
1972, während das amerikanische Naval Research Laboratory aufgrund von Störungen des Fernsteuer-Senders. Sie wurde
den Gigantismus mit dem ZRCVN-Konzept an seine Grenzen durch ein bau- und namensgleiches Luftschiff ersetzt.
trieb – ein atomar angetriebener Koloss mit weit mehr als
einer Million Kubikmeter Traggas, der 75 bis 100 strategische Der an diesem Projekt beteiligte Professor Bernd-Helmut Kröplin
Atombombenflugzeuge an Bord haben sollte (4) - begannen hat über die Anfänge berichtet: „Als wir die Lotte bauten, gab es
die ersten Versuche mit Solarluftschiffen vernünftigerweise keine geeigneten leichten Solarzellen für die Luftschiffhülle. Wir
im kleinen Maßstab. In Las Vegas gründete Michael Walden haben deshalb vorhandene Solarzellen abgeschliffen, bearbeitet
um diese Zeit das Unternehmen „Lighter Than Air Solar“, das und erheblich leichter gemacht. Das waren sozusagen die ersten
1974 mit dem ersten ferngesteuerten Exemplar „XEM-1“ in der inoffiziellen ‚Dünnschichtsolarzellen‘.“ (7) Mit diesen konnte das
Luft war. Die Folgemodelle, die alle die charakteristische Schei- 16 Meter lange Fahrzeug eine solare Leistung von 720 Watt
benform des XEM-1 teilten, wurden sukzessive größer, bis am ernten. (8)
24. Juni 1989 zum ersten Mal eine bemannte Flugscheibe am
Himmel war: Waldens „MLA-32-B“. Dies war das erste bemannte Einer Zusammenarbeit von Studenten verschiedener französiStarrluftschiff, das seit dem Ende der Zeppelin-Ära abhob, aber scher Ingenieur- und Fachschulen entsprang das solarbetriedie Fotos von diesem Start legen nahe, dass dieses Modell nicht bene Versuchsluftschiff „Néphélios“ des Projekts „Sol’R“, der im
Dezember 2009 bei Paris seinen Erstflug absolvierte und im
mit Solarzellen ausgestattet war.
Januar 2010 zweieinhalb Stunden in der Luft war. Néphélios ist
Waldens Solarphantasien wurden indessen immer kühner: damit das erste bemannte Solar-Luftschiff. Der heliumgefüllte
Schließlich legte er den Plan vor, das aus der Science-Fiction- Blimp war 22 Meter lang, und die auf der Oberfläche der Hülle
Serie Star Trek bekannte Raumschiff „Enterprise“ in Original- angebrachten semiflexiblen Solarzellen lieferten 2,4 kW Leisgröße als „Vergnügungsluftschiff“ zu bauen. Ein Hybridantrieb tung. Zu einer geplanten Überfliegung des Ärmelkanals ist es
aus Photovoltaik und „Bio-Treibstoff“ sollte 2000 kW Antriebs- nicht gekommen; seit 2011 hörte man von diesem Projekt nichts
leistung erbringen, die Baukosten wurden mit 300 Millionen mehr. (9) Aus Kreisen des Konstruktionsteams wurde uns aber
Dollar kalkuliert, die sich nach drei Jahren bereits amortisiert kürzlich versichert, dass die bisherigen Erfahrungen mit dem
haben sollten. In letzter Zeit hat man von „Walden Aerospace“ Néphélios Änderungen am Design des Forschungsprogramms
wie auch des Luftschiffs selbst nahelegten, die demnächst
leider nichts mehr gehört. (5)
ausgeführt werden sollen.
Grundlagenforschung
Eine methodischere Herangehensweise legte seit Anfang
der 90er Jahre die „Forschungsgruppe Luftschifftechnologie“
(FOGL) an der Universität Stuttgart an den Tag. Sie entwickelte
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Derzeitige Projekte
Vier Anwendungsbereiche sind es vor allem, die zur Zeit im
Fokus der Planungen von Solar-Luftschiffen stehen (hier gemäß
42
der Reihenfolge ihrer Verwirklichungschancen angeordnet): 1)
die geostationäre Positionierung von Beobachtungsplattformen in großer Höhe („High Altitude – Long Endurance“, HALE);
2) der Frachtgütertransport in infrastrukturell unerschlossenen
Weltgegenden; 3) Luxuspassagierfahrten; und 4) extraterrestrische Raumfahrtmissionen.
Stratosphären-Plattformen
Die Entwicklung von unbemannten stratosphärenbasierten
Plattformen mit langer Verweildauer reicht bis in die 60er
Jahre des vorigen Jahrhunderts zurück. Luftschiffe sind für die
Aufgabe einer geostationären Positionierung in Höhen von
20 bis 30 Kilometern besonders gut geeignet, weil sie mit geringem Energieaufwand auskommen. Ein elektrischer Antrieb
ist für diese Aufgaben aus Gründen der Wartungszyklen, des
Wirkungsgrades und der Abwesenheit von Gewichtswechseln
durch Brennstoffverbrauch das Mittel der Wahl, und für die
Energieversorgung bietet sich ein solares System an. (10)
Erstes erfolgreiches bemanntes Solar-Luftschiff: Die "Nephélios" von Sol'R.
Bereits 1970 stieg ein Luftschiff auf eine Höhe von 20 Kilometer,
wo es zwei Stunden lang mit seinem Solarantrieb navigierte.
Vertreter der Herstellerfirma dieses„High Platform II“ genannten
Vehikels, Raven Industries, schrieben noch im Jahr 2003, dies
sei wahrscheinlich das einzige Luftschiff, das jemals motorisiert
in der Stratosphäre geflogen sei. (11)
Nach dieser Premiere verblieb das Feld der stratosphärischen
Luftschiff-Plattformen lange im Bereich von Entwicklungsstudien. Mit dem wachsenden Bedarf an TelekommunikationsPlattformen wird diese preiswerte Alternative zu weltraumgebundenen Satelliten aber zunehmend interessant. In den USA,
Japan, Südkorea und auch in Europa (durch die Europäische
Raumfahrtagentiur esa) werden seit den 90er Jahren Machbarkeitsstudien durchgeführt.
High Platform II. Die PV-Zellen sind direkt oberhalb der Rumpfnase zu
erkennen.
Am 27. Juli 2011 startete in Akron, Ohio, das vom US-amerikanischen Luftfahrtkonzern Lockheed-Martin entwickelte
Solarluftschiff „HALE-D“ zu seinem Jungfernflug. Mit einer
Länge von gut 70 Metern handelte es sich um eine verkleinerte
Demonstrationsversion der geplanten Plattformen.
In Originalgröße sollte HALE-D über Dünnschicht-Solarzellen
mit einer Leistung von 15 Kilowatt sowie über eine LithiumIonen-Batterien mit einer Kapazität von 40 Kilowattstunden
verfügen, die neben dem Antrieb auch der Nutzlast zur Verfügung stehen würden. Der Demonstrations-Blimp erreichte
die vorgesehene Höhe von etwa 18 Kilometern jedoch nicht,
sondern musste aufgrund technischer Schwierigkeiten in einer
Höhe von knapp zehn Kilometern den Aufstieg abbrechen. Was
die Herstellerfirma als kontrollierte Landung beschrieb, machte
doch eher den Eindruck eines Absturzes – das Luftschiff wurde
in unwegsamem Waldgelände vollständig zerstört. (12)
Von diesem Anwendungsbereich solar betriebener Luftschiffe
wird man in näherer Zukunft wahrscheinlich noch öfters hören,
schon weil er von finanzstarken Akteuren unterstützt wird; aber
es bleibt schwer zu prognostizieren, wie weit diese Technik sich
am Ende durchsetzen wird.
Versorgung unerschlossener Regionen
Die kanadische Firma “Solar Ship Inc.“ entwickelt HybridLuftschiffe, das heißt: Fluggeräte, deren Auftrieb teilweise
durch Traggas und teilweise durch aerodynamische Gestaltung
Solar Ship "Caracal" im Flug.
erzeugt wird. Der Ballonkörper, der mit Helium gefüllt ist, hat
die Form einer Tragfläche. Auf deren Oberseite sind PV-Zellen
angebracht. Jay Godsall, der CEO der Firma, benennt als primäre
Aufgabe dieser Vehikel die Versorgung infrastrukturell unerschlossener Regionen mit wichtigen bzw. eiligen Gütern. Die
Solar Ships, die in drei Größen gebaut werden sollen, werden
mit sehr kurzen Start- und Landebahnen auskommen; da sie
im Unterschied zu klassischen Luftschiffen schwerer als Luft
sind, benötigen sie auch keine Landemasten oder ähnliche
Infrastruktur. Infolge des solaren Antriebs müssen nicht Teile der
Nutzlastkapazität für Treibstoff reserviert werden. Das größte in
Aussicht genommene Modell soll bei einer Geschwindigkeit von
120 km/h eine Nutzlast von 30 Tonnen bis zu 6000 Kilometer
weit transportieren können und bei voller Ladung mit einem
Startstreifen von 200 Metern auskommen.
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
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Mindestens zwei Prototypen des Konzepts sind bereits geflogen
– ein unbemanntes Modell mit zehn Metern, und der bemannte
„Caracal“ mit zwanzig Metern Spannweite – letzterer ist damit
nach dem Néphélios chronologisch das zweite Solarluftschiff,
das bemannt geflogen ist. Trotz rühriger Öffentlichkeitsarbeit
von „Solar Ship Inc.“ sind Details über die Geräte nicht leicht zu
erlangen. Man muss die weitere Entwicklung also aufmerksam
beobachten. (13)
Luxuriöse Passagierfahrten
In Spanien tüftelten vor einigen Jahren zwei junge Männer –
„reich an Visionen, aber knapp an Geldmitteln“ wie so viele
Luftschiff-Erfinder – mit ihrer Garagenfirma namens „Turtle
Airships“ an großen luxuriösen Transatlantik-Luftschiffen, die
ihrerseits in mehrfacher Hinsicht hybrid sein sollten. Erstens
sollten die Vehikel auf dem Wasser wie auf festem Grund landen
können, es handelt sich also um „Amphibien“. Zweitens war
ein Hybridantrieb geplant, bei dem die aus Cadmium-IndiumGermanium-PV-Zellen gewonnenen 45 Kilowatt durch Dieseltriebwerke unterstützt werden sollten. (14) Ein Charakteristikum
war ferner die feste, schalenartige Außenhülle, die den Vehikeln
die namengebende Schildkrötenform verleihen sollte. Neben
dem an die Atlantikfahrten der Zeppeline der Zwischenkriegszeit anknüpfenden Passagierverkehr (ein Liniendienst zwischen
New York und Paris war angedacht) war auch an den Betrieb
von Hospital-Luftschiffen gedacht, die direkt über einem Katastrophengebiet schwebend, die medizinische Versorgung
sicherstellen könnten. (15)
„Turtle Airships“ wurde in der Luftschiffszene offenbar als nicht
besonders seriös eingestuft. (16) Die Internet-Berichterstattung
über das Projekt endet um das Jahr 2009. Zu einem für 2011
angekündigten Demonstrationsflug um die Welt ist es ganz
offensichtlich nicht gekommen. Die Schalenstruktur in Kombination mit Landekissen (und teils auch mit Solarantrieb) ist
jedoch eine Charakteristik, die in verschiedenen Entwürfen zu
finden ist – so z.B. bei der Firma „Millennium Airship“ oder beim
Konzept „Aeroscraft“ der kalifornischen Firma „Worldwide Aeros
Corp“ – und offenbar auch bereits zu Urheberrechtsstreitigkeiten geführt hat. Das Schalen-Konzept ist im Grunde bereits in
den ersten Solarluftschiffen Michael Waldens angelegt, den man
vielleicht als Ahnherrn dieses Bauprinzips ansprechen kann.
Erkundung fremder Himmelskörper
Aufgrund ihrer notwendigen Größe verbindet sich das Nachdenken über Luftschiffe gerne mit weitausholenden Entwürfen
– das zeigen die eingangs erwähnten fliegenden Flugzeugträger
ebenso wie das soeben beschriebene Turtle-Airships-Konzept,
ebenso wie viele auf konventionellen Antrieben beruhende
Großluftschiffprojekte (man denke an den "Cargolifter" seligen
Angedenkens). Eindeutig gehört hierhin natürlich auch Michael Waldens geplanter Nachbau des Raumschiffs Enterprise
als Vergnügungsluftschiff. Dass die Phantasie, wenn sie „im
Großen“ denkt, leicht auch nach den Sternen greift, erscheint
naheliegend.
Interessanterweise leitet sich von Waldens scheibenförmigen
Solarluftschiffen ein ganz seriöses Projekt ab, linsenförmige
Aerostaten (unter anderem) zur Erkundung fremder Himmelskörper einzusetzen. Der für das Deutsche Zentrum für Luftund Raumfahrt (DLR) arbeitende Csaba Singer hat ein solches
Konzept im Jahre 2008 in mehreren Aufsätzen vorgestellt. An
der Außenseite des linsenförmigen Auftriebskörpers sollen
Tragflächen angebracht werden, die entweder nach punktsymmetrischer Logik rotierend wie ein Helikopter-Rotor, oder
nach achsensymmetrischer Logik wie die Tragflächen eines
Flugzeugs eingestellt werden können. Singer denkt ebenfalls
primär an ein solares Antriebssystem. Obwohl er auch diverse
terrestrische Anwendungen diskutiert, betont er vor allem, die
aerostatische Drohne sei „ideal für die bodennahe Erkundung
des Mars“. (17)
Um die wirklich großen Raumfahrt-Ideen zu entdecken, muss
man den Blick zur US-Raumfahrtbehörde NASA lenken. Dort
erwägt eine Konzeptstudie eine bemannte Venus-Expedition
mit Solarluftschiffen, und später ganze stationär in der Venusatmosphäre platzierte aerostatische Städte zur Erkundung des
Nachbarplaneten, dessen Oberfläche absolut unwirtlich ist,
während in einer bestimmten Höhe der Atmosphäre menschenverträgliche Druck- und Temperaturverhältnisse herrschen. Das
NASA-Konzept trägt den Namen „High Altitude Venus Operational Concept“ – wobei die Abkürzung HAVOC übersetzt so viel
wie „Chaos“ oder „Verwüstung“ bedeutet (vielleicht ein Hinweis
auf die mangelnde Ernsthaftigkeit des Vorschlags?).
Wie einem Animationsvideo der NASA zu entnehmen ist, würde
von einem Mutterraumschiff aus eine Sonde in die Venusatmosphäre hinabgeschickt, die eine Kapsel für zwei Piloten
sowie eine sich aus deren Rücken selbst entfaltende und mit
Traggas füllende Luftschiffhülle enthielte. Auf der Oberseite der
Luftschiffhülle befänden sich, wie bei allen terrestrischen Solarluftschiffen, die PV-Zellen, die für die Steuerung des Aerostaten
sowie für den sonstigen Stromverbrauch zuständig wären.
Möglicherweise wäre eine derartige Mission, die technisch wohl
nicht undurchführbar ist, sogar preiswerter als eine bemannte
Marsmission, denn Venus hat einen geringeren Abstand zur
Erde und das Problem der sicheren Landung auf dem Boden
würde wegfallen. Allerdings muss man die Frage stellen, was
eine solche Mission an Ergebnissen erbringen könnte, die
nicht auch mit unbemannten Sonden zu erzielen sind. Das
ist allerdings ein Einwand, dem sich die bemannte Raumfahrt
insgesamt zu stellen hat.
In einem amerikanischen Solarblog wird das Faszinierende der
NASA-Venus-Studie auf überzeugende Weise „geerdet“. Es heißt
dort zugunsten des HAVOC-Projekts: „Man kann dort auch eine
Menge lernen. Während Mars in den vergangenen Jahrzehnten
„Millennium Airship“, ein dem „Turtle Airship“ eng verwandtes Konzept.
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
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Anmerkungen & Quellennachweise
HAVOC beim Eindringen in de Venusatmosphäre. Screenshot aus dem
NASA-Promotionvideo.
Gastgeber für ein Dutzend Sonden war, wurde Venus weitgehend
ignoriert. Wir können nicht nur lernen, wie Venus sich entwickelt
hat, sondern auch, wie ihre dichte Kohlendioxid-Atmosphäre zu
einem galoppierenden Treibhauseffekt führte. Dies wird zunehmend relevant, solange wir fortfahren, hier auf der Erde fossile
Energieträger zu verbrennen.” (18) – Sehr wahr – dennoch fragt
man sich, ob die Milliarden, die eine bemannte Venus-Mission
die Steuerzahler kosten würde, dann nicht effizienter in irdische
PV-Anwendungen zu stecken wären, um die Erde dem Schicksal
der Venus gar nicht erst näher zu bringen …
Schluss
Unser Überblick ist zu Ende. Er erhebt keinen Anspruch auf
Vollständigkeit. Noch kühnere und noch umsetzungsfernere
Konzepte finden sich in den Kapillaren des World Wide Web.
Der Anspruch des Überblicks ist es, die diskursiv wirksamsten
und die aussichtsreichsten Arbeiten auf diesem Feld vorzustellen. Insgesamt zeigt sich, dass PV-angetriebene Flugzeuge
wie der derzeit Schlagzeilen machende „Solar Impulse 2“
wesentlich weiter entwickelt sind als Solarluftschiffe, die doch
das Problem der großen benötigten Fläche lösen würden. Dies
hat offenbar wenig mit dem solaren Antrieb und viel mit den
Schwierigkeiten zu tun, die sich einer Renaissance der Luftschiffe insgesamt – unabhängig vom Antriebsystem – in den
Weg stellen. Ob wir über ein Verkehrs- und Transportsystem
der Zukunft gesprochen haben – ich wage keine Prognose.
Aufgrund der Kombination zweier besonders faszinierender
Technologien – Photovoltaik und Aerostatik – haben wir aber
mit Sicherheit über ein außergewöhnlich spannendes Kapitel
Technikgeschichte gesprochen.
1 Starr-Luftschiff: Bei diesem Typ wird die Formgebung der
Luftschiffhülle durch ein 'Gerippe' erzeugt, innerhalb dessen
mehrere Ballons platziert werden, die das Traggas enthalten.
Demgegenüber erhalten Prall-Luftschiffe ("Blimps") ihre
Form durch den Überdruck des Ballonkörpers. Halbstarre
Luftschiffe verfügen über einen Kiel an der Unterseite des
ansonsten 'prallen' Auftriebskörpers.
2 In Deutschland erhalten wir übers ganze Jahr gemittelt
etwa 125 Watt auf einem Quadratmeter; dabei sind die
Nächte und wolkige Zeiträume mitgezählt. In Kalifornien
z.B. ist der Wert mehr als doppelt so hoch. Die "terrestrische
Solarkonstante" für senkrecht auf den Erdboden gestrahltes
Sonnenlicht wird mit 1 kW/m2 angegeben.
3 Wolfgang Meighörner (Hrsg.): Luftschiffe, die nie gebaut
wurden (Ausstellungskatalog). Friedrichshafen 2002. Darin
besonders der Beitrag von Jürgen Bleibler: Die fünfziger und
sechziger Jahre – Großluftschiffprojekte in Deutschland und
den USA. S.151-175.
4 Don Dwiggins: The Complete Book of Airships – Dirigibles,
Blimps & Hot Air Balloons. Blue Ridge Summit, PA 1980. S.329f.
– Die berühmte LZ 129 “Hindenburg” hatte ein Traggasvolumen von 200.000 m³.
5 Vgl. Homepage v. Walden Aerospace; "Buch der Synergie"
6 Jürgen K. Bock / Berthold Knauer: Leichter als Luft. Transport- und Trägersysteme. Ballone, Luftschiffe, Plattformen.
Hildburghausen 2003. S.92-104.
7 tao-group.de
8 Wikipedia
9 projetsolar.over-blog.com; Wikipedia; inhabitat.com
10 Vgl. Bock/Knauer (wie Anm. 6), S.400ff.
11 Michael S. Smith und Edward Lee Rainwater: Applications of Scientific Ballooning Technology to High Altitude
Airships. Paper für das American Institute of Aeronautics and
Astronautics,ravenaerostar.com. S.1. – Vgl. Bock/Knauer (wie
Anm. 6), S.398f.
12 gizmag.com 1; gizmag.com 2; dailymail.co.uk
13 gizmag.com 3; solarship.com
14 cleantechnica.com; wired.com
15 turtleairships.blogsport.de
16 gadling.com
17 lpi.usra.edu; hybrid-airplane.com
18 cleaneasyenergy.com
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Solar Impulse 2
Kritiker liefern nur Binsenweisheiten
Von Rüdiger Haude
Die Gegner der Solarenergie tun sich schwer mit der Erfolgsgeschichte der Solar Impulse 2. Entweder müssen sie sich als
schlechtgelaunte Technikmuffel bekennen, oder sie müssen
Piccards Botschaft zur Kenntnis nehmen, dass die Zukunft des
Planeten nur mit sauberen, Erneuerbaren Energien gelingt.
Deswegen finden wir bisher nur eine einzige Stellungnahme
zum Weltumrundungsflug aus diesen Kreisen, die dann aber
von unseren Kritikern in den Kommentarspalten unseres
Facebook-Auftritts gerne verlinkt wird. Wir wollen auf diese
Kritik am Weltumrundungsprojekt der Solar Impulse 2 hier
kurz entgegnen.
Der Beitrag verwendet viel Mühe darauf zu zeigen, dass die
technische Lösung von Solar Impulse nicht skalierbar sei;
denn wenn die (mit PV-Zellen bestückte) Fläche in zweiter
Potenz steige, so nehme das Volumen und damit das Gewicht
in dritter Potenz zu. Damit haben die Autoren am Ende nicht
mehr und nicht weniger als eine Binsenweisheit hervorgebracht. Ein Interkontinentalflugzeug für hunderte Passagiere
nur mit On-board-Photovoltaik als Antriebsquelle wird es in
absehbarer Zukunft nicht geben. Allerdings hat das auch
niemand behauptet. Die Zuversicht des Solar-Impulse-Teams,
mit dem Weltumrundungsflug die Erde einer Zukunft mit
sauberer Energie näher zu bringen, fußt auf ganz anderen
Zusammenhängen:
• Für das Projekt wurden viele neue ingenieurstechnische
Lösungen gefunden. Jede der vier Batterien z.B. hat eine
fortschrittliche Energiedichte von 260 Wh/kg. Die Solarzellen
sind 135 Mikrometer dünn und haben einen Wirkungsgrad
von ca. 23%. (Die von den Aegerters behaupteten „150
Watt pro Quadratmeter“ können sich daher nicht auf den
Wirkungsgrad der Solarzellen, sondern nur auf den der gesamten Antriebskette beziehen.) Solar Impulse wirkt so an
einem Prozess technischen Fortschritts mit, der Techniken
der Erzeugung und der Speicherung regenerativen Stroms
effizienter macht – wie verwickelt die Umsetzung in Alltagsprodukte dann auch immer laufen mag. Dasselbe gilt auch für
die neuen Wege, die in der Werkstofftechnik beschritten wurden, um das Gewicht zu reduzieren. Eine künftige elektrisch
betriebene Verkehrsluftfahrt wird ebenfalls vor der Aufgabe
stehen, mit leichten, festen Werkstoffen und leistungsstarken
Batterien sichere Flugzeuge zu produzieren – ob diese nun
zur Ergänzung der Energieversorgung PV-Zellen auf ihren
Tragflächen haben oder nicht. Es ist hier ganz ähnlich wie mit
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Solarflugzeug Solar Impulse 2: seit März 2015 Weltumrundung in
mehreren Etappen; Aktuelle Infos unter http://www.solarimpulse.com/
Foto: wikipedia, CC-BY-SA 4.0
der Luftfahrt in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg, die
aufgrund eines alliierten Verbots der Motorluftfahrt sich auf
die Entwicklung aerodynamisch immer weiter verfeinerter
Segelflugzeuge warf – was eine Ursache für das hohe Niveau
des Flugzeugbaus im „Dritten Reich“ wurde. Diesmal geht es
allerdings um einen wesentlich besseren Zweck.
• Solar Impulse beweist beispielhaft, dass Photovoltaik Aufgaben lösen kann, die Skeptiker für schlechthin unlösbar erklärt
haben. Bertrand Piccard, André Borschberg und ihre vielen
Helfer geben ein Beispiel dafür, wie mit Beharrlichkeit und
Enthusiasmus ein ehrgeiziges Ziel erreicht werden kann. Freilich auch mit viel Geld – aber das Bemerkenswerte ist eben,
dass dieses Geld freiwillig gegeben wurde, von tausenden
von Enthusiasten wie auch von Sponsoren, die ihren Firmennamen mit dem attraktiven Projekt und seiner Botschaft von
einer sauberen Zukunft verbinden wollten.
• Solar Impulse ist nämlich ein fulminanter Werbeträger für
die Photovoltaik und für saubere Energie im Allgemeinen.
Wie heißt es auf der Homepage von Solar Impulse so schön:
„Jede Landung gibt die Gelegenheit, auf Regierungen, NGOs,
Universitäten und Schulen zuzugehen, um die Botschaft von
sauberen Technologien zu verbreiten.” Die Route des Weltumrundungsfluges erscheint insofern sehr passend gewählt: Von
den arabischen Ölfeldern über die Wachstumsländer Indien
und China bis zu dem großen klimapolitischen Sorgenkind
USA und wieder zurück in die alte Öl-Welt. In allen Ländern,
wo Solar Impulse landet, gibt es Akteure, die sich für eine
saubere Energiewende engagieren; und sie alle bekommen
durch das Rekordflugzeug und durch die Vorträge von
Borschberg und Piccard einen mächtigen Auftrieb.
Diese Aspekte sind es – ingenieurstechnischer Fortschritt im
Allgemeinen; ein Lehrstück der Überwindung schwieriger
Probleme; das Werben für eine bessere Energie-Zukunft – wogegen die geradezu schon altklugen „skalentheoretischen“
Erwägungen der Aegerters und ihrer eifrigen Verlinker nicht
ankommen werden. Dass das Flugzeug Solar Impulse 2 nicht
die Blaupause künftigen Massentransports darstellt, können
wir fröhlich lächelnd zugestehen. Die weltweite Energiewende, und damit den Klimaschutz, fördert das Flugzeug
gleichwohl in vorbildlicher Weise – und das ist lobenswert!
Solar Impulse 2
In jenem, in einem Blog veröffentlichten Beitrag argumentieren die Schweizer Irene und Simon Aegerter wie folgt
gegen Piccards Projekt: Solar Impulse 2 demonstriere „die
Grenzen der Photovoltaik so drastisch wie es nur geht“. Um einen
einzigen Menschen als Nutzlast zu transportieren, benötige
das Flugzeug die riesige Spannweite von 72 Metern. Denn
„mehr als etwa 150 Watt pro Quadratmeter lassen sich nicht
aus den Solarzellen herausholen“. Diese Grenze sei „durch die
Natur gegeben“. Bertrand Piccard habe einen an der „Grenze
des Möglichen“ operierenden Apparat, ein „Wunderwerk der
Technik“ geschaffen; das sei bewundernswert. „Aber den Weg
in die Zukunft zeigt er nicht. Im Gegenteil: Er zeigt, wie es nicht
geht. Das ist auch lobenswert!“
45
Internes
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Festakt für Wolf von Fabeck
Ein kurzer Bericht
Von Rüdiger Haude
Der Geschäftsführer des SFV, Wolf von Fabeck, wurde am
10. Juni in Aachen mit einem Festakt geehrt. Anlass war
sein 80. Geburtstag, den von Fabeck einige Wochen vorher
begangen hatte. Die Feier fand im Haus der Evangelischen
Kirche statt, in dem sich auch die Geschäftsstelle des SFV
befindet. Etwa 90 teils von weither angereiste Gäste nahmen
an der Feier teil.
Das Programm begann mit einer persönlich gehaltenen
Laudatio der„Stromrebellin“ aus Schönau, Frau Ursula Sladek,
die die Leistungen des Jubilars im Zusammenhang mit der
Energiewende in Deutschland in Erinnerung rief. Der Wortlaut der Laudatio ist unter http://www.sfv.de/pdf/Laudatio.
pdf nachzulesen.
Prof. Claudia Kemfert, Energieökonomin beim Deutschen
Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), setzte sich anschließend in ihrem Festvortrag mit Mythen und Legenden der
Energiepolitik auseinander. So kritisierte sie die demagogische Kampagne der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“,
die das EEG seit Jahren mit einer verlogenen Kostendebatte
bekämpft. Kemfert betonte die Notwendigkeit der Dezentralität der künftigen Energieversorgung und wies nach, dass
Kohlekraftwerke inkompatibel mit der Energiewende sind;
die mit ihrer Abschaltung gewonnene Emissionsminderung
verbinde sich mit dem zusätzlichen positiven Effekt einer
Marktbereinigung. Für den Kohleausstieg forderte sie eine
Vielzahl von Instrumenten; der derzeitige Emissionsrechtehandel reiche keineswegs aus. Die Überdimensionierung
der derzeitigen Stromnetzausbaupläne führte Kemfert
auf die große Rolle zurück, die Kohleverstromung in den
derzeitigen Planungen noch spiele; optimiere man den
Netzausbau auf die Integration der Erneuerbaren Energien,
dann komme man mit viel weniger Leitungen aus. Als einen
weiteren Mythos, der dekonstruiert werden müsse, wies die
Rednerin auf die Behauptung hin, deutsche Unternehmen
wanderten infolge steigender Energiekosten ins Ausland ab.
Die Energiestückkosten im produzierenden Gewerbe hätten
sich im Vergleich in Deutschland eher günstig entwickelt,
und für Abwanderungen seien andere, z.B. infrastrukturelle
oder steuerrechtliche Faktoren wesentlich gravierender.
Schließlich wies Kemfert noch auf die per saldo positiven
Arbeitsmarkteffekte der Energiewende hin: Für die Erneuerbaren Energien arbeitet ein Vielfaches der Beschäftigten, die
noch in der Kohlewirtschaft tätig sind.
Nach einem musikalischen Intermezzo, bei dem es Sabine
Busse gelang, sämtliche Anwesenden in ein „Energiemix
für Wolf von Fabeck“ genanntes Potpourri aus atom- und
kohlekritischen Chorliedern und dem Kirchenlied „Ein feste
Burg ist unser Gott“ einstimmen zu lassen, folgte eine Reihe
von Grußworten, die teils von ihren Verfassern vorgetragen, teils aus Abwesenheitsgründen verlesen, und teils als
Videobotschaften abgespielt wurden. Folgende Grußworte
können im Original abgerufen werden: Bärbel Höhn MdB,
Bob Johnstone, wissenschaftlicher Schriftsteller, Australien
SFV-Infostelle Nordbayern (www.youtube.com/channel/
UC3fRipmFDMeBYiFKwmq_YUg/videos).
Die Festveranstaltung klang mit einem vegetarischen Büffet
und Sekt-Umtrunk aus, wobei es zu zahlreichen anregenden
Gesprächen kam.
Erste Reihe, v.l.n.r.: Wolf von Fabeck, Claudia Kemfert, Ursula Sladek
Laudatio von Ursula Sladek
Festvortrag von Claudia Kemfert
Redebeitrag von Wolf von Fabeck,
Fotos: K.Watzke, SFV
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
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Dank für Hundert Geburtstagsüberraschungen
Liebe Freunde, Leidens- und Hoffnungsgenossen und Mitstreiter,
zu meinem 80. Geburtstag bin ich mit einer Woge von Zustimmung,
Dankbarkeit und Zuneigung geradezu überflutet worden. Hunderte
von Geschenken und lieben oder nachdenklichen Grüßen aus dem
In- und Ausland sowie aufmunternde Videobotschaften haben mich
erreicht. In meinem Büro wartet noch ein großer Stapel von Post und
unausgepackten Geschenken darauf, dass ich ihn sichte und mich
darüber freue.
Die Mitarbeiterinnen berichteten mir von vielen großzügigen Spenden, die uns helfen werden, unsere Ziele noch nachdrücklicher zu
verfolgen.
Und zu der offiziellen Geburtstagsfeier am 10.Juni sind so viele
Menschen gekommen, dass ich leider, leider gar nicht alle persönlich
begrüßen konnte - die paar Stunden waren viel zu kurz dafür.
Die einfühlsame und herzliche Laudatio von Ursula Sladek kann man
in unter http://www.sfv.de/pdf/Laudatio.pdf nachlesen.
Und das gemeinsame Singen eines Protest- und Vertrauensliedes,
„Und wenn die Welt voll Teufel wär“ - „Abschalten!“ zu dem Sabine
Busse uns alle gebracht hat, ist hoffentlich auf einem Video zu sehen
und zu hören, das mir schon
angekündigt worden ist und
in Kürze allen Interessenten
zur Verfügung steht.
Liebe und herzliche Grüße
an alle!
Ihr, Euer Wolf von Fabeck
Ihnen allen, und besonders den erfindungsreichen Initiatoren und
Mithelfern bei der großen Überraschung danke ich von Herzen.
Die Energiewende braucht mehr Ökostrom
Ankündigung zur Tagung der Bischöflichen Akademie Aachen
Worum geht es?
Zur Anmeldung
Der Ausbau der regenerativen Energieträger in Deutschland
ist in den zurückliegenden Jahren schneller vorangeschritten,
als viele vermutet haben.
Eine Anmeldung ist erforderlich:
[email protected], Telefon: 0241/4799629, Fax: 0241/47996-10 oder online unter http://tinyurl.com/
nbn38n3 (Veranstaltungsnummer: A 23743)
Wann? Wo?
Die Tagung startet am 14.11.2015, ab 13:30 Uhr bis 18 Uhr
und wird am 15.11.2015 bis 14.00 Uhr fortgesetzt. Tagungsort ist die Bischöfliche Akademie, Leonhardstr. 18-20, 52064
Aachen. Die Leitung übernimmt Herr Dr. Georg Souvignier
der Bischöflichen Akademie des Bistums Aachen.
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Tagungsgebühr: mit Übern. u. Verpfl. im EZ € 75
ohne Übern./mit Verpfl. € 44,50
SFV-Mitgliederversammlung 2015
Wann? 14.11.2015, 19 Uhr
im Anschluss an den
ersten Veranstaltungstag der Bischöflichen
Akademie Aachen.
Wo? Bischöfliche Akademie, Leonhardstr. 18-20, 52064 Aachen
Es ist keine Anmeldung erforderlich.
Tagung und Internes
Gegenwärtig zeigen sich jedoch zunehmend Hindernisse auf
dem Weg zum Ziel einer Vollversorgung mit erneuerbaren
Energien. Das reicht von politischen Widerständen - teils
motiviert von Partikularinteressen verschiedenster Art - über
wirtschaftliche bis hin zu technischen Schwierigkeiten, die
vielfach mit dem anstehenden Systemwechsel zu tun haben.
Im Zentrum der Diskussionen stehen dabei bisher vor allem
die Versorgung mit elektrischem Strom und die Frage, wie
der Übergang von fossiler und nuklearer Energie zu den
Erneuerbaren realisiert werden kann. Viel zu wenig beachtet
bleibt dabei, dass für die Verwirklichung einer Vollversorgung
aus erneuerbaren Energieträgern dies für die Sektoren Strom,
Wärme und Mobilität gleichermaßen umgesetzt werden
muss und dabei dringend Konzepte der Integration dieser
Sektoren erarbeitet werden müssen.
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Nachrichten
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„Sonnengesang“ von Papst Franziskus
Papst Franziskus zitiert in seiner veröffentlichten UmweltEnzyklika am 18. Juni den „Sonnengesang“ seines Namenspatrons Franz von Assisi: „Laudato si“. „Angesichts der weltweiten Umweltzerstörung“ wendet Franziskus sich nicht nur
an die Katholiken, sondern an alle Menschen auf unserem
Planeten.
des Papstes hat sich auch die Internationale Energieagentur
IEA - jahrzehntelang im Lobbyismus für fossile Energien erprobt - auf die Seite des Klimaschutzes geschlagen. Gefordert
wird jetzt die Abschaltung der "am wenigsten effizienten
Kohlekraftwerke" und ein Verbot des Neubaus solcher Kraftwerke. Die Subventionen für fossile Energien sollen weltweit
gestrichen und mehr Anstrengungen bei der Förderung
regenerativer Energien gemacht werden.
Der Papst zeigt sich besorgt über den menschengemachten
Klimawandel und bekennt unverblümt: „Wir wissen, dass die
Technologie, die auf der sehr umweltschädlichen Verbrennung
von fossilem Kraftstoff – vor allem von Kohle, aber auch von
Erdöl und, in geringerem Maße, Gas – beruht, fortschreitend
und unverzüglich ersetzt werden muss.“ Er betont die Zusammenhänge zwischen Umwelt- und Klimaschutz einerseits,
und sozialen Fragen andererseits. Unter anderem weist er
auf die „ökologische Schuld“ des Nordens gegenüber dem
Süden hin, die es jetzt abzubezahlen gelte. Das herrschende
Wirtschaftsmodell der ungebremsten Reichtumsanhäufung
hat für ihn keine Rechtfertigung; dagegen postuliert er:
„Das Prinzip der Unterordnung des Privatbesitzes unter die
allgemeine Bestimmung der Güter und daher das allgemeine
Anrecht auf seinen Gebrauch ist eine ‚goldene Regel‘ des sozialen
Verhaltens“.
All dies steht in dem vor wenigen Tagen veröffentlichten
"World Energy Outlook Special Report". Der dort auf S.15
festgehaltenen Grundeinsicht schließen wir uns gerne an:
"The world must quickly learn to live within its means if this
generation is to pass it on to the next with a clear conscience."
("Die Welt muss schnell lernen, nicht über ihre Verhältnisse
zu leben, wenn unsere Generation sie mit gutem Gewissen
an die kommende übergeben will.") Wenn die IEA diese Maxime konsequent zuende denken will, sollte sie aber auch
Technologien, die nachfolgenden Generationen massive
Hypotheken aufbürden - vor allem Atomenergie und die
CCS-Technologie (Abscheidung und unterirdische Speicherung des in Fossilkraftwerken erzeugten CO2) - dringend aus
ihrem gewünschten Szenario herausnehmen, anstatt sie als
'low-carbon' zu unterstützen. (RH)
In allen diesen Punkten sind der derzeitige Papst und seine
neue Enzyklika vorbehaltlos zu unterstützen – unabhängig
von unserer persönlichen Haltung in Glaubens- oder Kirchenfragen. Franziskus setzt seine moralische Autorität hier
in vorbildlicher Weise ein. Dies zeigen gerade auch die wütenden Reaktionen US-amerikanischer Klimawandel-Leugner
aus dem Lager der republikanischen Partei, die Franziskus
raten, „sich um seinen Job zu kümmern und wir kümmern uns
um unseren“. Was sollte denn der„Job“ des Papstes sein, wenn
er nicht vor globaler Ungerechtigkeit und vor der Zerstörung
des Lebens auf unserem Planeten warnen dürfte? (RH)
Klimakonferenz in Paris lässt sich von Klimakillern sponsern
Wortlaut der Enzyklika: http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2015/2015-06-18-Enzyklika-Laudato-si-DE.pdf
Internationale Energieagentur: Vom Saulus zum Paulus?
Während im deutschen Regierungshandeln Klimaschutz zum
folgenlosen Lippenbekenntnis verkommt, tut sich in der Welt
Erstaunliches: Neben der revolutionären Umweltenzyklika
Impressum
Quelle: http://www.iea.org/publications/freepublications/publication/
weo-2015-special-report-energy-climate-change---executive-summary--german-version.html
Einem Bericht der TAZ vom 29. Mai zufolge wird die Klimakonferenz in Paris von Firmen finanziert, die die Erderwärmung
vorantreiben. Zu den Geldgebern zählen unter anderem
die Fluggesellschaft Air France, der Autokonzern RenaultNissan und die Energiekonzerne EDF und Engie/GDF-Suez.
Gemeinsam mit anderen Unternehmen sollen sie bis zu 20
Prozent der Kosten des UN-Gipfels aufbringen, die auf 170
Millionen Euro geschätzt werden.
Offenbar hat man in diesen Industriekreisen keine Sorge,
dass es zu Beschlüssen kommen wird, die den CO2-Ausstoß
wirksam mindern. (SJ)
Quelle: http://taz.de/!5201448/
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV), Bundesgeschäftsstelle, Frère-Roger-Str. 8-10, 52062 Aachen,
Tel: 0241/511616, Fax: - 535786, [email protected], www.sfv.de, Bürozeiten: Mo-Fr 8.30 - 12.30 Uhr
Solarbrief: vierteljährlich, Einzelpreis 6 €, für Mitglieder ist der Bezug des Solarbriefes im Mitgliedsbeitrag enthalten. Spender erhalten den Solarbrief als Dankeschön.
Werbeanzeigen: frei von bezahlten Anzeigen.
Bankverbindung: Pax-Bank e.G., BLZ: 37060193, Kto: 1005415019
IBAN: DE16370601931005415019, BIC: GENODED1PAX
Beiträge von: Thomas Bernhard, Jürgen Döschner, Wolf von Fabeck (WvF), Stephan Grüger, Rüdiger Haude (RH), Susanne Jung (SJ), Eberhard Waffenschmidt, Kerstin Watzke (KW)
Verantwortlich: Wolf von Fabeck (V.i.S.d.P.), Layout: Susanne Jung
Auflage: 4500, Erscheinungsdatum: Juli 2015, (Redaktionsschluss: 2.7.2015)
Druckerei: MediaCologne, gedruckt auf 100% Recyclingpapier, ISSN 0946-8684, Titelbild: Gerhard Mester
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
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Wohnen in Windparknähe kein Gesundheitsrisiko
Eine umfassende Studie des Massachusetts Institute of Technology (Technische Hochschule und Universität in Cambridge)
zeigt, dass Wohnen in der Nähe von Windparks die menschliche
Gesundheit nicht beeinträchtigt. Die Studie fand heraus, dass
es "keine klare oder einheitliche Zuordnung zwischen Lärm durch
die Nähe von Windenergieanlagen" oder "Krankheit oder andere
Indikatoren zur Schädigung der menschlichen Gesundheit" gibt.
(SJ)
Infos zur Studie unter http://journals.lww.com/joem/Abstract/2014/11000/
Wind_Turbines_and_Health__A_Critical_Review_of_the.9.aspx (engl.)
Zum Artenschutz-Report 2015
Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) stellte am 20. Mai zum
ersten Mal einen umfassenden Artenschutz-Report vor. Er
beinhaltet eine Analyse der in Deutschland lebenden Tier-,
Pflanzen- und Pilzarten und gibt einen Überblick, wie viele
Arten in Deutschland leben, wie hoch der Anteil der gefährdeten Arten ist und wie sich die Artenvielfalt in den letzten
Jahren entwickelt hat.
Ab Seite 23 des Artenschutzreports findet man folgende Aussagen zur "Gefährdungsursache Klimawandel": "Berechnungen
zufolge wird der Klimawandel in Mitteleuropa bis zum Ende des
21. Jahrhunderts zu einem Temperaturanstieg um 2,5 bis 3,5 °C
und zu deutlichen Veränderungen der Niederschlagsverteilung
führen. Diese Veränderungen werden regional sehr unterschiedlich
ausfallen. (...) Modellrechnungen und Prognosen (...) gehen davon
aus, dass in den nächsten Jahrzehnten zwischen 5 und 30 % der
bislang heimischen Arten aus Deutschland verschwinden könnten.
(...) Das Überleben vieler Arten wird lang- bis mittelfristig davon
abhängen, ob sie in der Lage sind, sich (denkbar sind direkte Reaktionen, beispielsweise kurzfristige Änderung der Hitzetoleranz
oder genetische Anpassungen) oder ihre Verbreitungsareale den
klimatischen Veränderungen anzupassen und mögliche Arealverschiebungen zu realisieren. " (SJ)
Download unter www.bfn.de/fileadmin/BfN/presse/2015/Dokumente/
Artenschutzreport_Download.pdf
Es geht weiter abwärts
Im vergangenen Jahr (Betrachtungszeitraum Juni 2014 - Mai
2015) wurde in Deutschland nur noch 1,58 GW Solarleistung
zugebaut. Der EEG-"Zubaukorridor" von 2,4 bis 2,6 GW wurde
somit wiederholt deutlich unterschritten. Die Einspeisevergütung für Kleinanlagen wird nun zwar nur noch um 0,25 %
und nicht wie geplant um 1 % für Juli, August und September
abgesenkt. Der Abwärtstrend wird allerdings aller Voraussicht
nach nicht aufzuhalten sein. Die Rahmenbedingungen für
Solarenergie sind so mangelhaft, dass sich immer weniger
Investoren für Solartechnik entscheiden. Selbst das Interesse
an Kleinanlagen bis 10 kW ließ deutlich nach. Im Vergleich zum
Vorjahres-Betrachtungszeitraum sank hier die Kauflust um mehr
als 30 %. Weder der geldwerte Vorteil des Solarstrom-Eigenverbrauchs bei ansteigenden Strombezugspreisen noch die EEGEigenverbrauchs-Umlagebefreiung bis 10 kW-Anlagenleistung
konnten den Abwärtstrend aufhalten.
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Die neuen Solarstromvergütungsätze haben wir wie gewohnt
unter http://www.sfv.de/lokal/mails/sj/verguetu.htm zusammengefasst. (SJ)
Quelle: BNetzA, Datenmeldungen vom 1. August 2014 bis 30. April 2015
unter www.bundesnetzagentur.de
Brandschutz bei PV-Anlagen
Vom Februar 2011 bis Oktober 2014 führte der TÜV Rheinland
und das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) ein
Forschungsprojekt zum Brandschutz bei PV-Anlagen durch. Es
wurde durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
gefördert und führte den Titel „Bewertung des Brandrisikos in
Photovoltaik-Anlagen und Erstellung von Sicherheitskonzepten
zur Risikominimierung“. Ziel dieses Forschungsprojekts war es,
Teilnehmer dabei unterstützen, die Sicherheit von PV-Systemen
in Bezug auf das Lichtbogenrisiko und allgemeine Brandgefahren bzw. Brandweiterleitungsgefahren zu optimieren.
Der im Vorhaben erarbeitete Abschlussbericht wurde nun in
Form eines Industrie-Leitfadens veröffentlicht. Dieser enthält
die Beschreibung der durchgeführten analytischen und labortechnischen Arbeiten, deren Ergebnisse und die daraus
abgeleiteten Empfehlungen für eine brandschutzgerechte
Planung und Installation sowie für einen sicheren Betrieb von
PV-Anlagen. Ein wichtiger Abschnitt ist der Sicherheit der Einsatzkräfte gewidmet. Elektrische, mechanische und toxische
Gefahren werden analysiert und hinsichtlich Minimierung des
Risikos betrachtet. Leitfaden und zahlreiche andere Informationen zur Brandsicherheit stehen kostenfrei unter http://www.
pv-brandsicherheit.de/8/ zum Download bereit. (SJ)
Landung beim fünften Sonnenaufgang.
Am 3. Juli 2015 erreichte das Solarflugzeug "Solar Impulse 2"
den Flughafen von Honolulu (Hawaii), und vollendete damit
erfolgreich die schwierigste Etappe des Weltumrundungsflugs.
Am 28. Juni war der Pilot, André Borschberg, im japanischen
Nagoya zu diesem Flug gestartet. Diese achte Etappe ging über
ca. 7200 Kilometer und dauerte fünf Nächte und fünf Tage. Der
Flug hat eine ganze Reihe von Weltrekorden für Solarflugzeuge,
und auch den Weltrekord für den längsten Nonstop-Soloflug
gebrochen. Der Nachweis für eine prinzipiell unbegrenzte Flugdauer mit einem nur auf Photovoltaik und Speicherbatterien
beruhenden Antrieb ist erbacht.
Solar Impulse landet in Hawaii
Foto: Solar Impulse, Revillard, Rezo.ch
Leserbriefe
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Leserbriefe
Was treiben wir denn heute mit der Umwelt
zum Beispiel durch unsere Energiepolitik?
vorhandene Alternative) Windräder vor ihre Orte und Solarmodule an allen geeigneten Stellen installieren.
Leserbrief von Ralf Ruszynski
Fazit: Es sollte sich jeder Verbraucher fragen, welche Stromerzeugungsanlage er gerne jeden Tag vor seine Haustüre bereit
wäre zu sehen. Gar keine, geht nicht: Denn ohne Strom lebt
heute kein Mensch mehr!
Jeden Tag: rotten wir 150 Tier- und Pflanzenarten aus, vergrößern die Wüsten um 50.000 Hektar, verlieren wir 86 Millionen
Tonnen fruchtbaren Boden, blasen weltweit 150 Millionen Tonnen Treibhausgase in die Luft und werden pro Tag 240.000 mehr.
(aus: „Vom Sinn und Unsinn des Kirchentags“, Franz Alt)
Die Alternative: Es wird schon fast langweilig... 1 kWh PVStrom vom Hausdach kostet 8 Cent - Kohlestrom aus dem
Netz 30 Cent. 1 kWh PV-Wärme vom Hausdach kostet 0,6
Cent - Gas aus Russland 10 Cent. 100 km E-Auto mit PV vom
Hausdach 42 Cent - statt 12 € mit Benzin aus Russland.
Würden wir unsere Energieversorgung intelligent gestalten,
bleibe sogar noch genügend Geld um die Armut zu besiegen.
Um die 5 Billionen jährliche Folgekosten für den Klimawandel
gemäß Stern Report blieben uns auch erspart. Wir müssen
es nur wollen.
Verspargelung? Ja bitte!
Zur Rundmail: CDU-Wirtschaftsrat gibt
Kampf gegen Klimawandel auf
Leserbrief von Henry Risse
Das ist schon ein Armutszeugnis, was CDU-Wirtschaftsrat da
von sich gibt. Aber das entspricht der dem festgefahrenen
Denken, sie sind in dem System von Wachstum und immer
mehr Wachstum gefangen, der Unwille, schon funktionierende Alternativen aufzunehmen, es ist das Hamsterrad,
das immer schneller dreht und aus dem keiner mehr heraus
kommt, es sei denn es wird von außen gebremst. Dies Abbremsung kann kontrolliert erfolgen, aber auch mit einem
Crash. Auf diesen steuert die Gesellschaft hin, wenn die erste
Variante nicht greift.
Leserbrief von Michael Kelber
Der Artikel "Verspargelung? Ja bitte!" im letzten Solarbrief hat
mir sehr gut gefallen. Sie haben sehr richtig erkannt, dass es
an der Umweltwahrnehmung des Vertrauten liegt. Es ging
mir selbst so, als ich die damals neuen Satellitenschüsseln
als Verschandelung empfand. Wobei nüchtern betrachtet:
War der bis dato bestehende "Antennenwald" ästhetisch
wirklich schöner??? Ein (auch politischer) "Vorteil" der alten,
zentralen Energieversorgung besteht in dem wunderbar
funktionierenden St.-Florians-Prinzip. Einigen (im Verhältnis)
"wenigen" Menschen werden Atom- oder Kohlekraftwerke
vor die Nase bzw. Haustüre gesetzt, während dagegen sehr
viele Menschen freie Sicht und sehr schöne Landschaften
genießen können. Würde dagegen jede Stadt und jedes Dorf
selbst für seinen Strombedarf sorgen müssen, würde die
Zustimmung zu Atom- und Kohlestrom oder gar BraunkohleTagebaue, die die Existenz des Dorfes bedrohen, nahe Null
liegen. Diese Menschen würden stattdessen freudig (die
Sonnensteuer
Leserbrief von Ernst Schramm
Der Begriff Sonnensteuer ist in der Tat irreführend. Ich verwende gerne einen anderen Namen. Politiker versuchen sich
über ihren Namen als Produktgeber zu verewigen z.B. Riesterrente, Rüruprente. Nun haben wir die „Gabrielabgabe“.
Sigmar Gabriel ist der erste Politiker, der ein selbst erzeugtes und selbst verbrauchtes Gut steuerlich belastet. Dieser
Politiker hat die Tür für den Staat geöffnet, sich an der
Selbstversorgung der Bürger zu beteiligen. Dafür gebührt
ihm ein Denkmal.
Leserbriefe geben nicht zwangsläufig die Meinung der
Redaktion wieder.
Lokale Infostellen des SFV
Amberg / Amberg-Sulzbach
Vorsitz: Hans-Jürgen Frey, Lorenz Hirsch, Reichstr. 11, 92224 Amberg, Tel.: 09621-320057, Fax.: 09621-33193, www.solarverein-amberg.de, [email protected], [email protected]
Düsseldorf
Vorsitz: Peter Köhling, Sebastiansweg 32, 40231 Düsseldorf, Tel.: 0211-227095, [email protected]
Nordbayern
Vorsitz: Thomas Biber, Herwig Hufnagel, Hechlinger Str. 23, 91719 Heidenheim, Tel.: 09833-989255, [email protected],
www.sfv-nordbayern.de, Bürozeit: Montags 17-19.00 Uhr
Würzburg
Vorsitz: Manfred Dürr, Sascha Behnsen, Spessartstr. 10a, 97082
Würzburg, Tel.: 0931-4174488, Fax: 0931-4174489, [email protected],
Treffen 2. Montag im Monat: 20 Uhr, Gaststätte „Brückenbäck”, Zellerstr.
2, Würzburg.
Wenn ein Vereinsmitglied zusätzlich einer der Info-Stellen zugeordnet sein möchte, so fließen seine vollständigen Spenden und
ein Drittel seines Beitrages dieser Info-Stelle direkt zu. Die Bundesgeschäftsstelle bleibt zentraler Ansprechpartner.
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
51
Mitgliedschaft im Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Firma
...................................................................................................................................................................
Name
.................................................................. Vorname: ..................................................................
Straße: ..................................................................
PLZ/Ort:
..................................................................
Tel.: FAX:
..................................................................
.................................................................. E-Mail:
(Bitte deutlich schreiben!)
Ich möchte Mitglied im SFV werden (stimmberechtigt)
Mein Beitrag beträgt ......................
Beitrag 61,36 Euro/Jahr (regulär), 120 Euro/Jahr (freiwillig), 23,01 Euro/Jahr (reduziert).
Ich bin bereits Mitglied im SFV und möchte
meinen Beitrag freiwillig auf 120 Euro/Jahr erhöhen.
Ich möchte meinen Beitrag freiwillig erhöhen auf .......................... Euro/Jahr
Wir möchten als Firma/Verein/Institution Fördermitglied im SFV werden (ohne Stimmrecht)
unser Beitrag beträgt ................... Euro/Jahr (Höhe selbst bestimmen, mindestens aber 23,01Euro/Jahr)
Ich möchte den SFV durch eine Spende unterstützen
einmalig ................... Euro
jährlich ................. Euro
Formular ausfüllen und per Post / Fax / E-Mail an : SFV, Frère-Roger-Str. 8-10, 52062 Aachen, Fax: 0241-535786, [email protected]
Unser Verein ist gemeinnützig. Alle Mitgliedsbeiträge und Spenden sind steuerabzugsfähig.
Wenn Sie mit Ihrem Beitrag/Spende auch eine der lokalen SFV-Infostellen (siehe linke Seite) unterstützen
möchten, bitte hier eintragen:
Infostelle .........................................................................................................
Der Mitgliedsbeitrag soll eingezogen werden.
Zahlungsempfänger: Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV), Frère-Roger-Str. 8-10, 52062 Aachen
Die Gläubiger ID und die Mandatsreferenz (eine Zeichenfolge, an der man beim SFV meine Zahlungen eindeutig erkennen kann)
wird mir bei der Bestätigung der Mitgliedschaft mitgeteilt.
SEPA-Lastschriftmandat: Ich ermächtige den SFV, Zahlungen von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich
mein Kreditinstitut an, die von dem SFV auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Hinweis: Ich kann innerhalb von acht
Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem
Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.
Meine Bankverbindung ist bereits bekannt.
Neue Bankverbindung:
Name der Bank
IBAN: BIC:
Datum .........................
Unterschrift
......................................................................
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............................................................
Sie wollen keine Einzugsermächtigung erteilen?
Unsere Bankverbindung: PAX Bank Aachen e.G., IBAN: DE16370601931005415019, BIC: GENODED1PAX
Solarbrief 2/15
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
. .
Karikatur: Gerhard Mester
G 8058 - Postvertriebsstück
Deutsche Post AG - Entgelt gezahlt
Absender:
Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V.
Bundesgeschäftsstelle,
Frère-Roger-Str. 8-10 • D - 52062 Aachen