Alleenschutz zwischen Richtlinienkonformität und Naturschutzinteressen Fachgespräch im Bundestag am 12.10.2015 Mediator / Dipl.-Geogr. / SRL Wulf Hahn RegioConsult. Verkehrs- und Umweltmanagement. Fachagentur für Stadt- und Verkehrsplanung, Umwelt- und Landschaftsplanung Wulf Hahn & Dr. Ralf Hoppe GbR Am Weißenstein 7, 35041 Marburg Tel. 06421/686900 Fax 06421/686910 www.RegioConsult-Marburg.com Kurzvorstellung RegioConsult Fachagentur für Stadt- und Verkehrsplanung, Umwelt- und Landschaftsplanung Tätigkeitsschwerpunkt: Beratung und Vertretung Betroffener von Infrastrukturprojekten (Straße, Schiene, Flughafen, Magnetschwebebahn etc.) in Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren sowie in Dialog- und Mediationsverfahren (A44, B 10, ABS/NBS Hu-FD-Wü) Firmengründung 1996: Standorte in Marburg und Friedrichshafen Wulf Hahn arbeitet seit 2000 im AA 1.1 (Erhebung und Prognose des Verkehrs) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen mit und ist Mitglied in verschiedenen Arbeitskreisen des AA 1.2 und 1.8: AK 1.2.7 (Inputdaten Verkehrsmodelle, 1.2.6, 1.8.4 – Modell-AK PV und GV) Ausbildung zum Mediator bei Mediatio, Heidelberg Gliederung 1. 2. 3. 4. 5. Einleitung Empfehlungen Maßnahmen Maßnahmen Naturschutzinteressen Artenschutz Fachgespräch 12.10.2015: Wie sind Alleenschutz und Verbesserung der Verkehrssicherheit auf Landstraßen miteinander vereinbar? 3 1. Einleitung Alleen •verfügen über ökologische Funktionen und •sind biotopvernetzende Elemente Alleen bzw. Bäume oder andere Hindernisse •erhöhen die Unfallschwere bei von der Fahrbahn abkommenden Verkehrsteilnehmern Fachgespräch 12.10.2015: Wie sind Alleenschutz und Verbesserung der Verkehrssicherheit auf Landstraßen miteinander vereinbar? 4 Literatur • Merkblatt Alleen, 1992 • Empfehlungen für die Einbindung von Straßen in die Landschaft, ESLa 2003 • Empfehlungen zum Schutz vor Unfällen mit Aufprall auf Bäumen, ESAB 2006 „Die ESAB enthalten keine Regelungen, die naturschutzrechtlichen Bestimmungen entgegenstehen. Mit den ESAB ist ein vertretbarer Kompromiss zwischen den Anforderungen der Verkehrssicherheit und damit dem Schutz von Leben und Gesundheit der Verkehrsteilnehmer einerseits und der Landschaftspflege andererseits gelungen“ (ESAB BMV ARS 15/06). „Ziel der Empfehlung ist es deshalb, durch ortsbezogene Maßnahmen insbesondere Unfälle mit Abkommen von der Fahrbahn zu vermeiden sowie die Folgen von Abkommensunfällen auf baumbestandenen Straßen zu vermindern. Dabei sind die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie der Denkmalpflege angemessen in die Abwägung einzustellen.“ Quelle: ESAB 2006 Fachgespräch 12.10.2015: Wie sind Alleenschutz und Verbesserung der Verkehrssicherheit auf Landstraßen miteinander vereinbar? 5 Merkblatt Alleen Ma-StB 1992 „Alleen, Baumreihen und Einzelbäume an Straßen genießen allgemeinen Schutz gemäß §§1 und 2 BNatschG“…. „Ferner ist beim Um-, Aus- und Neubau von Straßen grundsätzlich die Eingriffsregelung zu beachten“… „Funktion & Bedeutung von Alleen: günstiges Kleinklima, Lebensraumfunktion, Filterwirkung“…. „Soweit die ESAB Regelungen beinhalten, die mit den Inhalten des „Merkblatt Alleen“ nicht im Einklang stehen, gehen die in den ESAB enthaltenen Regelungen dem „Merkblatt Alleen“ vor.“ ESAB BMV ARS 15/06 Fachgespräch 12.10.2015: Wie sind Alleenschutz und Verbesserung der Verkehrssicherheit auf Landstraßen miteinander vereinbar? 6 Parameter der Unfallschwere Tab. 1: Mittlere Unfallschwere bei Unfällen mit Aufprall auf Hindernisse, Abkommen-Unfällen ohne Aufprall auf Hindernis und allen Unfällen 2003 Autobahnen Landstraßen Innerortsstraßen WUa (P,SS) [1 000 EUR/ U] Getötete/ 1 000 U (P,SS) WUa (P,SS) [1 000 EUR/ U] Getötete/ 1 000 U (P,SS) WUa (P,SS) [1 000 EUR/ U] Getötete/ 1 000 U (P,SS) Aufprall auf •Baum •Widerlager •Mast •sonstiges Hindernis 124 199 94 70 63 115 46 28 149 144 68 66 77 74 23 21 70 60 50 45 24 15 15 10 Aufprall auf Schutzplanke 54 19 75 30 56 21 Abkommen ohne Aufprall 50 12 55 12 43 7 Übrige Unfälle 53 18 75 28 35 5 Unfälle insgesamt*) 58 21 81 32 37 6 *) Alle Abkommenunfälle und Zusammenstöße WUa: angepasster Unfallkostensatz (Preisstand 2000) U (P,SS): Anzahl Unfälle mit Personenschaden und schwerwiegende Unfälle mit Sachschaden Quelle: ESAB 2006 Fachgespräch 12.10.2015: Wie sind Alleenschutz und Verbesserung der Verkehrssicherheit auf Landstraßen miteinander vereinbar? 7 2. Empfehlungen „Dem Träger der Straßenbaulast werden deshalb Empfehlungen gegeben, •wie auffällige Bereiche aufgefunden werden können, •welche Maßnahmen zur Vermeidung von Unfällen mit Aufprall auf Bäume sowie zur Verminderung der Unfallfolgen in diesen auffälligen Bereichen möglich und in welchen Situationen angemessen sind und – welche Aspekte zukünftig bei Pflanzungen an bestehenden Straßen berücksichtigt werden sollten.“ Quelle: ESAB 2006 Fachgespräch 12.10.2015: Wie sind Alleenschutz und Verbesserung der Verkehrssicherheit auf Landstraßen miteinander vereinbar? 8 Unfallauffällige Bereiche „Um unfallauffällige Bereiche handelt es sich, wenn es im jeweiligen Kartenzeitraum •an einer Stelle drei oder mehr Unfälle mit Aufprall auf Bäume gegeben hat (Unfallhäufungsstelle UHS(Baum)) oder •auf einer Linie verteilt drei oder mehr Unfälle mit Aufprall auf Bäume gegeben hat und der Abstand zwischen jedem dieser Unfälle 1 km nicht überschreitet (Unfallhäufungslinie UHL(Baum)).“ Quelle: ESAB 2006 Fachgespräch 12.10.2015. Wie sind Alleenschutz und Verbesserung der Verkehrssicherheit auf Landstraßen miteinander vereinbar? 9 Auffinden von auffälligen Bereichen: Sonderkarte der Unfälle mit Aufprall Abb. 1: Auffällige Bereiche mit Unfällen mit Aufprall auf Bäume in einer Sonderkarte der Unfälle mit Aufprall auf Bäume aller polizeilich registrierten Unfälle für 5 Jahre „Die Grenzwerte, bei deren Erreichen oder Überschreiten Bereiche als unfallauffällig (Unfallhäufungsstellen oder Unfallhäufungslinien mit Unfällen mit Aufprall auf Bäume) definiert sind, entsprechen denen des Merkblattes für die Auswertung von Straßenverkehrsunfällen.“ Quelle: ESAB 2006 Fachgespräch 12.10.2015: Wie sind Alleenschutz und Verbesserung der Verkehrssicherheit auf Landstraßen miteinander vereinbar? 10 3. Maßnahmen Mögliche Maßnahmen zur Verringerung von Unfällen mit Abkommen von der Fahrbahn oder Verminderung der Unfallfolgen bei Aufprall auf Bäume: •Bauliche Maßnahmen (z.B. Änderung Kurvenradius) •Betriebliche Maßnahmen (z.B. eishemmende Fahrbahnbeläge) •Verkehrstechnische Maßnahmen (z.B. passive Schutzeinrichtungen: Schutzplanken) •Straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen (z.B. Absenkung Höchstgeschwindigkeit) •Verkehrsüberwachung (Geschwindigkeitsüberwachung) •Kombination von Maßnahmen •Herausnahme der Straße aus einer Allee (Umlenkung der Hauptverkehrsströme) •Entfernung von Bäumen Quelle: ESAB 2006 Fachgespräch 12.10.2015: Wie sind Alleenschutz und Verbesserung der Verkehrssicherheit auf Landstraßen miteinander vereinbar? 11 4. Maßnahmen Naturschutzinteresse „Aus der Sicht des Naturschutzes und der Landschaftspflege sprechen folgende Aspekte gegen das Entfernen von Bäumen: •Grundsätzliche Bedeutung für den Naturhaushalt •Grundsätzliche Bedeutung für die Erhaltung, Pflege, Entwicklung und Wiederherstellung der Vielfalt, Eigenart und Schönheit des Landschaftsbildes •Anforderungen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung •Unterschutzstellung als Naturdenkmal, geschützter Landschaftsbestandteil oder Lage innerhalb relevanter Schutzgebietskategorien des Naturschutzes •Festlegung als gesetzlich geschütztes Biotop. Soweit Bäume nach Landesrecht gesetzlich geschützte Landschaftsbestandteile sind, finden §§ 28– 30 BNatSchG und die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften Anwendung“ Quelle: ESAB 2006 Fachgespräch 12.10.2015: Wie sind Alleenschutz und Verbesserung der Verkehrssicherheit auf Landstraßen miteinander vereinbar? 12 4. Maßnahmen Naturschutzinteresse Neugestaltung: Beispiel für eine „Allee“ im Zuge eines Radweges Quelle: ESAB 2006 nach VTIV Fachgespräch 12.10.2015: Wie sind Alleenschutz und Verbesserung der Verkehrssicherheit auf Landstraßen miteinander vereinbar? 13 4. Maßnahmen Naturschutzinteressen Vermeidung von Wildunfällen „Zur Vermeidung von Wildunfällen sollen bei der Begrünung des Straßenseitenraumes weder fruchttragende Bäume noch für das Wild attraktive Büsche verwendet werden. Zur Verbesserung der Erkennbarkeit querenden Wildes sind auch Büsche stets in ausreichendem Abstand zur Fahrbahn zu pflanzen.“ Quelle: ESAB 2006 Fachgespräch 12.10.2015 Wie sind Alleenschutz und Verbesserung der Verkehrssicherheit auf Landstraßen miteinander vereinbar? 14 ... und der Artenschutz ? • Die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 Nr. 1-3 gelten auch für Alleen • Es ist zu prüfen, ob Arten nach Anhang II und IV der FFHRL und nach Anhang I der VS-RL betroffen sind • Werden die Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 BNatSchG erfüllt, sind die Ausnahmevoraussetzungen zu prüfen • Artenschutzrechtliches Ausnahmeverfahren nach Art. 16 FFH-RL bzw. Art. 9 VS-RL Fachgespräch 12.10.2015 Wie sind Alleenschutz und Verbesserung der Verkehrssicherheit auf Landstraßen miteinander vereinbar? 15 Anforderungen an den Alleenschutz 1. Gleichbehandlung von Bäumen und der technischen Infrastruktur 2. Geschwindigkeitsbeschränkungen anordnen 3. Einsatz von stationären und mobilen Radarmessungen 4. flexible Handhabung bei Neupflanzungen 5. Vorrang von Schutzeinrichtungen vor der Fällung bzw. Rodung von Bäumen 6. Nachpflanzungen in die Linie der Altbäume 7. Berücksichtigung des zwingenden Artenschutzrechtes (§ 44 Abs. 1) sowie § 45 Abs. 7 i. V. m. Art. 16 FFH-RL / Art. 9 VS-RL Quelle: modifiziert nach runder Tisch Allenschutz, 8.9.2015, Büro MdB Göppel, S. 5 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Mediator / Dipl.-Geogr. / SRL Wulf Hahn RegioConsult. Verkehrs- und Umweltmanagement. Wulf Hahn & Dr. Ralf Hoppe GbR Am Weißenstein 7 35041 Marburg / 88045 Friedrichshafen Tel. 06421-686900 www. RegioConsult-Marburg.com Fachgespräch 12.10.2015 Wie sind Alleenschutz und Verbesserung der Verkehrssicherheit auf Landstraßen miteinander vereinbar? 17
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