Strafaktion gegen christliche Flüchtlinge in Hamburger Erstaufnahme?

BÜRGERSCHAFT
DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
Drucksache
21/3200
21. Wahlperiode
16.02.16
Schriftliche Kleine Anfrage
der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 10.02.16
und
Betr.:
Antwort des Senats
Strafaktion gegen christliche Flüchtlinge in Hamburger Erstaufnahme?
Am 3. Februar 2016 haben die Tagesthemen in dem Bericht „Bedrängte
Christen“ über die Situation christlicher Flüchtlinge unter anderem in Hamburger ZEA informiert. Gegenstand war unter anderem das Schicksal von
zwei christlichen Flüchtlingen, die in der zentralen Erstaufnahme in der
Papenreye, betrieben vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), untergebracht
waren. Diese Flüchtlinge waren nach eigenen Angaben aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit diskriminiert, körperlich bedroht und misshandelt worden
und aus diesem Grund auch in ärztlicher Behandlung gewesen. Sie haben
das von ihnen Erlebte in der Sendung geschildert und auch Aufnahmen aus
ihrer Flüchtlingsunterkunft in der ehemaligen Tennishalle in der Papenreye
der ARD zur Verfügung gestellt. Im Nachgang zu der Sendung wurden die
beiden Flüchtlinge und auch die übrigen aus ihrem mit Leichtbauwänden
abgetrennten Wohnbereich in der Papenreye untergebrachten Flüchtlinge
zur Einrichtungsleitung zitiert. Ihnen soll die Frage gestellt worden sein, ob
sie alle Christen seien und, als diese die Frage bejahten, sollen sie aufgefordert worden sein, ihre Sachen zu packen, da sie verlegt würden. Im
Anschluss wurden die Flüchtlinge gegen ihren Willen getrennt und auf mehrere Flüchtlingsunterkünfte in Hamburg verteilt. Dorthin wurden sie noch am
4. Februar 2016 geschickt, obwohl man sie dort in der Nacht zum Teil nicht
mehr aufnehmen konnte, sodass sie die Nacht auf der Straße beziehungsweise dann in Obhut einer Kirchengemeinde verbringen mussten.
Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:
Der Senat beantwortet die Fragen, teilweise auf der Grundlage von Auskünften des
Betreibers ASB Flüchtlingshilfe (Hamburg) GmbH, wie folgt:
1.
Ist es richtig, dass die in der Sendung aufgetretenen Flüchtlinge im
Nachgang zu der Sendung am Donnerstag, den 4. Februar 2016, zur
Einrichtungsleitung zitiert wurden? Wurden sie in dem Gespräch darauf
hingewiesen, dass sie gegen die Hausordnung verstoßen hätten, in dem
sie über ihr Schicksal in der Flüchtlingseinrichtung berichtet und Fotos
aus der Unterkunft an die ARD weitergegeben hätten?
2.
Ist es richtig, dass auch die übrigen Mitbewohner aus ihrem Wohnbereich zur Einrichtungsleitung gerufen wurden und ihnen die Frage
gestellt wurde, ob sie Christen seien?
3.
Ist es richtig, dass die beiden betroffenen christlichen Flüchtlinge und die
übrigen in ihrem Wohnbereich lebenden Personen gegen ihren Willen in
andere Einrichtungen verteilt wurden?
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Wenn ja, wie viele der Mitbewohner wurden in welche Einrichtung verlegt?
Wenn ja, mit welcher Begründung ist dieses erfolgt?
4.
Stellt aus Sicht des Betreibers und des Senats die Fertigung von Fotoaufnahmen aus der Einrichtung einen Verstoß gegen die Hausordnung
und einen Grund zur Verlegung aus der Einrichtung dar?
Wenn ja, warum und auf welcher Rechtsgrundlage?
5.
Weshalb wurden nicht nur die beiden betroffenen christlichen Flüchtlinge, sondern auch die übrigen aus der Einrichtung in andere Einrichtungen verlegt und warum wurden diese getrennt?
Zwischen den verlegten Iranern und den beteiligten Afghanen kam es in der Vergangenheit mehrfach zu einzelnen Auseinandersetzungen in der Erstaufnahmeeinrichtung Papenreye.
Der Betreiber hielt es in Absprache mit der zuständigen Behörde für ratsam, zur Vermeidung weiterer Konflikte und möglicher unkalkulierbarer Reaktionen auf den TVBeitrag vom 3. Februar 2016 die betroffenen christlichen Bewohner (sowohl die im
Beitrag gezeigten Personen als auch deren Mitbewohner aus demselben Wohnbereich) in andere Einrichtungen zu verlegen.
Die Bewohner des entsprechenden Wohnbereichs wurden am 4. Februar 2016 um 16
Uhr zu einem Gespräch gebeten. Ihnen wurde nahegelegt, dass sie zu ihrem Schutz
in andere Einrichtungen verlegt werden. Zu keiner Zeit konnten jedoch religiöse Gründe als Auslöser identifiziert werden. Vielmehr entfachten sich die Streitigkeiten an
Alltagssituationen, zum Beispiel bei der Essensausgabe. An diesem Gespräch waren
neben der Einrichtungsleitung fünf weitere Mitarbeiter des Betreibers beteiligt, darunter zwei Muttersprachler, die den Bewohnern die Situation erklärten.
Die Gruppe teilte mit, Kenntnis von dem Bericht in den „Tagesthemen“ zu haben. Der
Betreiber wies darauf hin, dass dort auch Aufnahmen von Mitbewohnern aus der Einrichtung gezeigt wurden. Zum Schutz der Privatsphäre aller Menschen, die in der Einrichtung leben und arbeiten, dürfen Film- und Fotoaufnahmen jedoch grundsätzlich
nicht ohne deren Einverständnis angefertigt und veröffentlicht werden dürfen.
Alle Bewohner waren mit einer Verlegung ausdrücklich einverstanden. Darüber hinaus
wünschten sogar zwei weitere Bewohner, mit denen die Gruppe befreundet ist, die
aber in einem anderen Wohnbereich gewohnt haben, ebenfalls mit der Gruppe verlegt
zu werden.
Da nicht für alle ausreichend freie Plätze in einer einzigen Einrichtung frei waren,
mussten sie auf verschiedene Einrichtungen verteilt werden Die Betroffenen teilten
sich dann selbstständig in verschiedene Gruppen für die Verlegung ein und wurden in
die folgenden Unterkünfte gebracht:
-
Kurt-A.-Körber-Chaussee: drei Personen,
-
Jenfelder Moorpark: fünf Personen,
-
Bargkoppelstieg: drei Personen,
-
Ohlstedter Platz: drei Personen.
Die betroffenen Bewohner wurden vom Betreiber gefragt, ob den aufnehmenden Einrichtungen ihre Religionszugehörigkeit mitgeteilt werden solle. Die Bewohner haben
dies ausdrücklich gewünscht.
In den folgenden Tagen haben einige der verlegten Personen den Wunsch geäußert,
wieder in die ursprüngliche Einrichtung zurückverlegt zu werden.
Die unerlaubte Veröffentlichung von Film- und Fotomaterial ist nicht der Grund für die
Verlegung der Personen gewesen. Die Verlegung erfolgte im ausdrücklichen Einverständnis der Betroffenen, um sie vor möglichen weiteren Konflikten, auch aus Anlass
des TV-Beitrags, zu schützen.
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6.
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Ist der Senat der Auffassung, dass der Betreiber ASB in dieser Angelegenheit korrekt gehandelt hat?
Nach Auffassung der zuständigen Behörde: ja.
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